Mein Zeit-Management war zugegebenermaßen schon mal besser, aber macht ja irgendwie auch nichts, so spät zu bloggen und so gibt es diesmal eben meine Serien-Kritik zur vorgerückten Stunde.
Utopia
Staffel 1
Utopia, UK 2013-2014, ca. 53 Min. je Folge
© polyband
Dennis Kelly
Karen Wilson
Jane Featherstone
Dennis Kelly
Marc Munden (#1-3)
Alex Garcia Lopez (#4-6)
Wayne Che Yip (#4-6)
Dennis Kelly
James Fox (Assistant)
Paul Higgins (Michael Dugdale)
Geraldine James (Milner)
Emilia Jones (Alice Ward)
Neil Maskell (Arby)
Simon McBurney (Donaldson)
Alistair Petrie (Geoff)
Stephen Rea (Letts)
Alexandra Roach (Becky)
Nathan Stewart-Jarrett (Ian)
Oliver Woollford (Grant)
Drama | Mystery | Science-Fiction | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Channel Four
Eine Gruppe Fans der Graphic Novel "The Utopia Xperiments" trifft sich regelmäßig zum Debattieren und Fachsimpeln in einem Online-Forum und dort erfahren sie auch von einem der Mitglieder, dass ein zweiter Teil erschienen sein soll, was sie veranlasst, ein Treffen zu vereinbaren. Keiner von ihnen ahnt, was es mit dem Manuskript wirklich auf sich hat, denn die darin enthaltenen Hinweise und Prophezeiungen beziehen sich auf nur allzu reale Ereignisse und deuten in Richtung der Geheimorganisation "The Network", die ihrerseits die Auftragskiller Arby und Lee ins Feld schickt, um die Graphic Novel sicherzustellen und Jessica Hyde ausfindig zu machen. Die steht nämlich ebenfalls im Zusammenhang mit den Offenbarungen, die das Manuskript enthält und nimmt ihrerseits Kontakt mit dem Quintett an Fans auf. Das "Network" allerdings ist mächtig und ihnen längst auf den Fersen…
Rezension:
Es ist noch gar nicht lange her, dass ich das erste Mal Wind davon bekommen habe, dass anscheinend ein amerikanisches Remake der englischen Serie Utopia in der Mache ist, die es in 2013/2014 auf immerhin – aber auch leider nur – zwei Staffeln gebracht hat. Entsprechend froh bin ich, mich nun auch dieser von ausgewiesenen Fan-Kreisen teils frenetisch bis kultisch verehrten Serie gewidmet zu haben bevor die Neuinterpretation ins Haus steht, die ich mir allein schon deshalb nicht entgehen lassen werde, um zu sehen, ob die es schafft, über die hier und in der Folgestaffel abgedeckte Handlung hinauszukommen. Bis dahin kann die von Dennis Kelly ersonnene Show aber selbstbewusst auf eigenen Füssen stehen und nachdem nun die erste, insgesamt sechs Episoden und somit auch etwa genauso viele Stunden umfassende erste Staffel hinter mir liegt, kann ich sagen, dass es schwer werden wird, an dieses Faszinosum von Serie heranzureichen. Das beginnt mit der Prämisse, dass es eine Graphic Novel namens "Utopia Xperiments" gibt, aus der sich Hinweise auf eine ominöse Firma, einen Mann namens Rabbit und allerhand Verschwörungen ableiten lassen und findet seinen konsequenten Fortgang in der surrealen, oft bewusst kruden Bildsprache, übersteuerten Farben und einem aberwitzigen Plot.
© Channel Four
Die eigenwillige Inszenierung findet allerdings im Grunde schon mit dem Score seitens Cristobal Tapia de Veer ihren Anfang, der ihm auch – verdient – einen RTS Craft & Design Award eingebracht hat und das Geschehen auch fernab des "Utopia Overture" betitelten Themes mit einem einzigartigen Klangteppich versieht. Die – ebenfalls prämierte – Farbverfremdung, die im Grunde in einer übersteigerten Form heutiges HDR vorwegnimmt, tut hierbei ihr Übriges, um Utopia ganz ungeachtet seiner Prämisse schon einmal zu einem audiovisuellen Erlebnis werden zu lassen, dem man sich nur schwer wird entziehen können. Natürlich wird es aber auch hier – wie sonst auch – jene geben, die mit dem Gezeigten und dem Ansatz allgemein überhaupt nichts anfangen können, doch wird man sich bereits nach der ersten Episode darüber im Klaren sein, ob man diese Serie lieben oder hassen wird. Wie unschwer herauszulesen, zähle ich mich zu ersterer Fraktion, was nicht heißen soll, dass ich nicht auch die Mängel bemerken oder die Show vorbehaltlos in den Himmel loben würde, doch haben Kelly und Team hier ohne Frage etwas geschaffen, was in seiner Darbietung in vielerlei Hinsicht einzigartig ist.
So eigenwillig sich aber die Inszenierung gibt, präsentiert sich auch die Handlung von Utopia, die eben darauf fußt, dass ein jüngst aufgetauchtes Graphic-Novel-Manuskript den Schlüssel bereithält, eine weltweite Verschwörung aufzudecken, während eine Handvoll unbescholtener Fans des ersten Teils der Graphic Novel dadurch unverschuldet zwischen die Fronten geraten und ihrerseits ergründen müssen, was es mit den kryptischen Zeichnungen auf sich hat. Und genauso durchgeknallt wie es klingt, ist auch die Ausführung geraten, zumal die zunächst im Verborgenen bleibenden Hintermänner mit Arby (Neil Maskell, Open Windows) einen reichlich merkwürdigen, aber auch erschreckend skrupellosen Handlanger ins Feld schicken, um das Manuskript sowie die ominöse Jessica Hyde (Fiona O’Shaughnessy) ausfindig zu machen, die ebenfalls in die Sache verstrickt ist und alsbald Kontakt zu den Mitgliedern des Online-Forums aufnehmen wird. Vom Fortgang der Geschichte möchte ich aber gar nicht viel vorwegnehmen, zumal die Autoren sich einiges an überraschenden Wendungen und absurden Ideen haben einfallen lassen, die man bestmöglich unvorbelastet erlebt. Es kann aber festgehalten werden, dass die Serie ein Fest für jeden Verschwörungs-Theoretiker sein dürfte, denn egal ob es sich um BSE oder SARS handelt, vieles wird hier aufgegriffen und den dubiosen Gestalten zugeschrieben, die sich innerhalb der Gesellschaft verstecken und aberwitziges Ziel verfolgen, dass nicht nur Großbritannien, sondern gleich die gesamte Welt in Gefahr bringt.
© Channel Four
Verschwörungen und Verdächtigungen gibt es also zuhauf und entsprechend blüht die Paranoia, bis niemand mehr dem anderen zu trauen vermag, was sich sowohl auf die bunt gemischte Truppe Unwissender bezieht, die sich in einen regelrechten Alptraum geraten sehen, als auch die Mitglieder der schlicht "The Network" betitelten Geheimorganisation, während nicht nur Jessica Hyde und Arby ihre ganz eigenen Ziele zu verfolgen scheinen. Abgesehen von der zweiten Episode, die hinsichtlich Handlung beinahe einem kleinen Durchhänger gleichkommt, hagelt es fortan auch Erkenntnisse und Offenbarungen, ohne dass man am Ende der Staffel meinen würde, es wäre auch nur ein Bruchteil der Geheimnisse aufgedeckt worden. Nicht nur aufgrund der teils regelrecht überbordenden Gewalt und der kompromisslosen Inszenierung, sondern auch aufgrund des allgemein vorherrschenden Gefühls, nichts und niemandem trauen und sich auf absolut nichts verlassen zu können, ist Utopia eine phantasmagorische Erlebnisreise geworden, deren Entwicklungen und erschütternde Offenbarungen noch lange nachhallen. Dankenswerterweise ist seinerzeit aber zumindest noch eine zweite Staffel realisiert worden, denn auch wenn man einen gewissen Abschluss des Handlungsbogens geboten bekommt, bleibt doch das Schicksal beinahe jeder Figur in der Schwebe und so freue ich mich jetzt schon auf einen baldigen Trip mit der zweiten Staffel Utopia der unzweifelhaft noch tiefer in den Kaninchenbau führen wird.
Utopia | Staffel 1
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Erschütternde Verschwörungstheorien - 8.5/10
8.5/10
Fazit & Wertung:
Die erste Staffel Utopia bietet bereits nach wenigen Minuten einen gleichsam verstörenden wie faszinierenden Ausblick darauf, auf welch surrealen wie morbiden Höllentrip man sich einzulassen bereit ist, der zunehmend von der stets vorherrschenden Paranoia und einer nur allzu realen Gefahr durch eine übermächtig scheinende Geheimorganisation befeuert wird. Aufgrund der Thematik und teils expliziter Gewalt vielleicht nicht unbedingt mainstreamtauglich, in seiner Darbietung aber definitiv einzigartig in punkto seriellen Erzählens.
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Episode 2 (8/10)
03. Episode 3 (8,5/10)
05. Episode 5 (8,5/10)
06. Episode 6 (9/10)
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Utopia | Staffel 1 ist am 27.02.15 auf DVD und am 27.03.15 auf Blu-ray im Vertrieb von polyband/WVG Medien erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!