Bevor es wieder so spät wird wie vergangene Woche, komme ich diesmal mit einer Serien-Kritik zu einer lange vernachlässigten Show daher, bei der es noch einiges an Staffeln nachzuholen gilt.
Shameless
Staffel 4
Shameless, USA 2011-, ca. 50 Min. je Folge
© Warner Bros.
Paul Abbott
John Wells
William H. Macy (Frank Gallagher)
Emmy Rossum (Fiona Gallagher)
Jeremy Allen White (Lip Gallagher)
Ethan Cutkosky (Carl Gallagher)
Shanola Hampton (Veronica Fisher)
Steve Howey (Kevin Ball)
Emma Kenney (Debbie Gallagher)
Cameron Monaghan (Ian Gallagher)
Noel Fisher (Mickey Milkovich)
Emma Greenwell (Mandy Milkovich)
Jake McDorman (Mike Pratt)
Joan Cusack (Sheila Jackson)
Emily Bergl (Sammi Slott)
Regina King (Gail Johnson)
Vanessa Bell Calloway (Carol Fisher)
Nick Gehlfuss (Robbie Pratt)
Isidora Goreshter (Svetlana)
Alex Borstein (Lou Deckner)
Justin Chatwin (Jimmy / Jack)
Jeffrey Dean Morgan (Charlie Peters)
Drama | Komödie
Trailer:
Inhalt:
© Warner Bros.
Während es für Fiona nicht besser laufen könnte in ihrem neuen Job – Kunststück, immerhin schläft sie ja auch mit ihrem Chef Mike – fällt es Lip am College nicht gerade leicht, mit allem am Ball zu bleiben, denn trotz Stipendium muss er notgedrungen Arbeit und Lernen irgendwie unter einen Hut bringen, zumal er sich für schulische Erfolge bislang nie hat anstrengen müssen. Und während Ian Gallagher weiter verschwunden bleibt, taucht bei einer Razzia Familienoberhaupt Frank wieder auf und wird in reichlich verlotterten Zustand zu den Gallaghers gebracht, die allerdings wenig Interesse daran haben, ihn erneut aufzunehmen. Als sich herausstellt, dass Franks Leber kurz vor dem Versagen steht, will dann auch keins der Kinder für ihn den Kopf hinhalten und Spender werden, weshalb sich Frank auf die Suche nach seiner ältesten Tochter begibt, von der die anderen freilich zum ersten Mal hören. Unterdessen vermacht Barbesitzer Stan seinem Ziehsohn Kevin "The Alibi Room". Das kommt ihm durchaus zupass, denn Veronica wird unerwartet schwanger, doch ein Blick in die Bücher verspricht nicht gerade ein florierendes Gewerbe. Gut, dass Mickey Milkovich bereits mit einer Geschäftsidee aufzuwarten weiß…
Rezension:
Fast könne man meinen, ich wolle alte Fernsehjahrzehnte wieder aufleben lassen, wo man wirklich noch ein ganzes Jahr – oder teils weitaus länger – auf eine neue Serienstaffel hat warten müssen, denn während die produzierten Staffeln der Showtime-Serie Shameless mittlerweile bereits zweistellig sind und eine der Hauptdarstellerinnen (Emmy Rossum) bereits ausgestiegen ist, bin ich nun tatsächlich mehr als zweieinhalb Jahre nach Rezension der dritten Staffel dazu gekommen, mir doch zumindest das vierte Jahr mit den Gallaghers um die Ohren zu schlagen. Dabei irritiert es zunächst, wie gut es für die Gallaghers zu laufen scheint, aber wie zu erwarten ist dieses Hoch nicht von langer Dauer, wie niemanden überraschen wird, wobei es schön ist zu sehen, wie insbesondere Lip am College dann doch ins straucheln gerät und mit seiner forsch-dreisten Art eben nicht überall Anklang findet. Ein wenig hat das was von Fish-out-of-Water, wobei grundsätzlich die Staffel den Fokus ein wenig mehr auf Drama denn Witz zu legen scheint, auch wenn die ungemein erfolgreiche Showtime-Produktion noch immer artverwandten Serien zu zeigen vermag, wie man eine nahezu perfekte Dramedy zu inszenieren hat.
© Warner Bros.
Ansonsten liegt der Fokus natürlich weiterhin auf Fiona – und ich wage mir noch kaum auszumalen, wie Shameless je ohne sie funktionieren soll – und auch hier offenbaren sich einmal mehr selbstzerstörerische Tendenzen, die sie im weiteren Verlauf zunehmend in ein Desaster geraten lassen, wie sie es kaum je erlebt hat, was schlussendlich sogar weite Teile der Familie dazu bewegt, ihr zumindest zeitweise den Rücken zu kehren. Ungeachtet dessen, dass es freilich auch in diesem Jahr oder dieser Staffel herrlich abgedreht und überzeichnet zur Sache geht, stehen diesmal also auch wieder vermehrt persönliche Verfehlungen oder Schicksalsschläge im Vordergrund, während die Verantwortlichen sich weiterhin bewusst sind, welch mannigfaltige Storylines sich aus der vielköpfigen Familie generieren lassen. Während Frank also – zuweilen mit Unterstützung durch Sohn Carl – auf der Jagd nach einer neuen Leber ist, Lip sich am College zu behaupten versucht und Fiona gleichermaßen Job wie Beziehung selbst sabotiert, rauscht Debbie mit Vollgas in die Pubertät, was sich ja auch zuvor schon angekündigt hat, hier aber gänzlich neue Ausmaße annimmt, zumal ihre Freundinnen nun nicht gerade der beste Umgang sein dürften für jemanden, der gerade die Faszination für Jungs entdeckt.
Leider, einer der wenigen, kleinen Wermutstropfen der Staffel, wird aber dieser Fokus auf einzelne Handlungsstränge auch dadurch erreicht, dass Ian Gallagher (Cameron Monaghan) zunächst mit auffallender Abwesenheit glänzt und erst zur Mitte der Staffel hin wieder zum Geschehen hinzustößt, derweil ich auch das Gefühl hatte, dass der Art von Kevin und Veronica, immer noch beseelt von einem ausgeprägten Kinderwunsch, hier inmitten der der ganzen Turbulenzen ein wenig stiefmütterlich behandelt wird, was insbesondere auch die Leihmutterschaft durch Veronicas eigene Mutter Carol anbelangt. Aber gut, derlei bleibt bei einem dermaßen umfangreichen Cast, der sich eben längst nicht mehr nur auf die Gallaghers konzentriert, natürlich nicht aus, fällt aber auch kaum störend ins Gewicht, wenn man nicht gerade großer Fan einer bestimmten Figur oder Figurenkonstellation ist. Für eine Extraportion Skurrilität ist hier derweil einmal mehr Joan Cusack als spleenige Sheila Jackson verantwortlich, die zunächst zwar nur sporadisch in Erscheinung tritt, im weiteren Verlauf aber auch eine herrlich absurde Affäre mit dem Indianer Roger Runningtree unterhalten wird.
© Warner Bros.
Tatsächlich fängt die vierte Staffel Shameless bereits ungemein stark an und weiß sich dennoch mit beinahe jeder weiteren Episode erneut zu steigern, was dann auch in eine der großartigsten Finalfolgen überhaupt mündet, die gekonnt wie spielend die zahllosen Fäden zusammenführt und in vielerlei Hinsicht auch locker als Serienfinale hätte taugen können, auch wenn bekanntermaßen natürlich noch längst nicht Schluss ist und allein die Mid-Credit-Scene bereits einen Teil des Plots der Nachfolgestaffel vorwegnimmt, wenn eine lange verschwundene Figur zu ihrer Rückkehr ansetzt. Ansonsten kann ich die Macher nur einmal mehr für die jeweils vorangestellten Zusammenfassungen loben, die mittels durchbrechen der vierten Wand von verschiedenen Figuren eingeläutet werden und einen knappen wie hilfreichen Abriss dessen präsentieren, was sich bislang zugetragen hat, denn wenn man berücksichtigt, dass mein letzter Besuch bei den Gallaghers rund 30 Monate (!) zurückliegt, ist es schon erstaunlich, wie schnell und umfassend ich mich wieder in das Geschehen habe einfinden können. Bleibt für mich persönlich nur zu hoffen, dass nicht wieder so eklatant viel Zeit vergeht, bevor ich mich dazu aufraffe, mit der fünften Staffel dieser ungebrochen empfehlenswerten und einzigartigen Chose fortzufahren.
Shameless | Staffel 4
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Durchzechte Nächte mit einem bösen Erwachen auf der Parkbank – oder im Straßengraben - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
In der vierten Staffel Shameless schwingt sich die Showtime-Serie zu neuen Höhen auf und überzeugt mit einer durchgehend überzeugenden, unterhaltsamen wie dramatischen Storyline, die einerseits gekonnt auf vorangegangene Ereignisse baut, andererseits neue Wege einzuschlagen vermag und einmal mehr mit derbem Witz, absurden Ideen aber eben auch reichlich Tragikomik und Ernsthaftigkeit zu begeistern vermag.
Episodenübersicht: Staffel 4
02. Eine geht noch (8,5/10)
03. Blutlinien (8,5/10)
04. Sucht nach mehr (8,5/10)
05. Rubbelfieber (9/10)
06. Lebenslänglich (9/10)
08. Keine Zeit für Hoffnung (9/10)
09. Bonnie und Carl (9/10)
10. Eins vor, zwei zurück (9/10)
11. Emily (9,5/10)
12. Jetzt erst recht (10/10)
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Shameless | Staffel 4 ist am 07.05.15 im Vertrieb von Warner Bros. erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
Blu-ray:
Ich bin dir ein wenig voraus und schaue gerade die 7. Staffel. Es ist doch immer wieder verblüffend, wie schnell man wieder in die Gallagher-Welt findet, egal wie lange man abstinent war.