Review: The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window (Serie)

So, wenn ich schon den Rest der Woche nichts von mir habe hören lassen, dann kann ich heute doch wenigstens noch eine Serien-Rezension nachschieben, bevor es nachher mit dem neuen Media Monday weitergeht.

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window, USA 2022, ca. 26 Min. je Folge

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window | © Netflix
© Netflix

Serienschöpfer & Autoren:
Rachel Ramras
Hugh Davidson
Larry Dorf
Regisseur:
Michael Lehmann

Main-Cast:
Kristen Bell (Anna)
Michael Ealy (Douglas)
Tom Riley (Neil)
Mary Holland (Sloane)
Cameron Britton (Buell)
Samsara Leela Yett (Emma)
in weiteren Rollen:
Brenda Koo (Carol)
Shelley Hennig (Lisa)
Christina Anthony (Detective Lane)
Benjamin Levy Aguilar (Rex)

Genre:
Drama | Komödie | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window | © Netflix
© Netflix

Anna hat schon einiges an Tragödien hinter sich in ihrem Leben und lebt nunmehr allein in ihrem großen und zuweilen knarzenden Haus, verbringt ihre Tage im Sessel und mit randvoll gefüllten Rotweingläsern, während sie sich ansonsten mit Kriminalliteratur und Blicken aus dem Fenster abzulenken versucht. Interessant wird dieser Blick aus dem Fenster dann, als gegenüber ein neuer Nachbar einzieht, offenkundig attraktiv und alleinstehend, gleichsam fürsorgender Vater für seine Tochter. Anna beginnt, sich zu engagieren und freundet sich schnell mit Neil und dessen Tochter Emma an, doch geraten darüber die immensen Probleme und Traumata in Annas Leben natürlich kaum in Vergessenheit. Während sie in der Nachbarschaft schon längst als abhängig, verrückt und unzurechnungsfähig gehandelt wird, macht es das für sie natürlich kaum leichter, als sie eines Nachts im Haus gegenüber einen mutmaßlichen Mord beobachtet und panisch den Notruf wählt, denn aus irgendeinem Grund behaupten sowohl Neil als auch die Polizei, dass es keinen Mord gegeben haben und niemand zu Schaden gekommen sein soll. Ungeachtet der Mengen an Rotwein und Tabletten aber weiß Anna, was sie gesehen hat, und beginnt auf eigene Faust, Ermittlungen anzustellen…

Rezension:

Gerne würde ich ja behaupten können, ich hätte mich schon lange im Vorfeld auf The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window gefreut, doch ist es so, dass ich das erste Mal überhaupt erst von der Serie gehört habe, als dem Tag der Veröffentlichung nur noch wenige Tage vorausgehen sollten. Klar, dass ich auch von der Verwirrung las, die der Trailer wohl im Allgemeinen hinterlassen haben soll, wenn es darum ging, zu verorten, ob es sich wohl um ernstgemeinten (Psycho-)Thriller oder doch eher eine Art Persiflage handeln sollte. Um mir selbst den Spaß nicht zu verderben, habe ich dann besagten Trailer auch im Vorfeld nicht in Augenschein genommen, da mir als ausgewiesenem Kristen-Bell-Fan ja ohnehin klar war, dass ich die Serie schauen würde. Aus dem neugierigen Reinschalten ist dann eine abendfüllende Binge-Veranstaltung geworden, denn wie sich das so gehört (in dem Fall ja auch beinahe anbietet), habe ich die insgesamt acht Episoden der ersten Staffel (die sich doch eher ausnimmt und anfühlt wie eine Miniserie) am Stück verschlungen und auch grundsätzlich sehr genossen, wenn The Woman in the House … auch einiges an (kleineren) Problemen mit sich bringt, die da Vergnügen hier und da doch merklich trüben.

Szenenbild aus The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window | © Netflix
© Netflix

So kommt es natürlich nicht von ungefähr, dass der Titel frappant an den doch unsäglichen The Woman in the Window erinnert, wobei es natürlich irritiert, dass Netflix seinen eigenen Einkauf persifliert, denn immerhin haben die vor gar nicht so langer Zeit eine Menge Geld geboten, um diesen Film ins Repertoire aufnehmen zu können. Gedanklich verknüpft ist vom Titel her selbstredend auch House at the End of the Street oder Girl on the Train womit wir auch schon ganz grob das Genre oder thematische Metier umrissen hätten, in dem TWITHATSFTGITW zu wildern gedenkt, wie die Serie so schön genannt wird, wenn man zu faul ist, diese Verballhornungsaneinanderreihung nun, aneinanderzureihen. Wenn sich erzählerisch ein Großteil der Haupthandlung tatsächlich erst einmal darauf stützt, dass eine alkoholkranke und depressive Frau am Fenster einen mutmaßlichen Mord beobachtet, wird derweil doch relativ schnell klar, dass man sich weit weniger Gedanken um die Tonalität der Serie gemacht hat als um deren Titel. So hatte ich schon in der ersten Folge des Öfteren das "Problem", dass ich nicht genau wusste, ob dieses oder jenes nun ein Witz oder schon irgendwie ernst gemeint sein soll, was es extrem schwer macht, sich wirklich emotional zu involvieren. Beispielhaft seien hier die Pluviophobie – Angst vor Regen – der Hauptfigur genannt oder auch die erste Erwähnung von "Massaker Mike" die ich da noch als schlechten Witz abgetan habe.

Dennoch, ich kann es nicht verhehlen oder beschönigen, will man – oder zumindest ich – wissen, wie es weitergeht und auch wenn es ein paar erzählerische Unstimmigkeiten geben mag, hatte mich The Woman in the House … bereits nach der ersten Episode am Haken und apropos Haken, schlägt auch die Geschichte mit zunehmender Laufzeit immer mehr von ebenselbigen und offenbart dann auch Schicht um Schicht mehr die absurde Skurrilität der Gesamtsituation und der Story an sich. In der Beziehung muss dann auch einmal ausdrücklich Kristen Bell (The Good Place) gelobt werden, denn egal, was man im Endeffekt von dieser Serie halten mag, ist Bells Darstellung einmal mehr formidabel und vielschichtig wie eh und je, was von dieser Warte aus der doch sehr wankelmütigen und wenig durchschaubaren Protagonistin Anna einiges an Tiefe und Profil verleiht. Ähnlich verhält es sich bei Tom Riley (Da Vinci’s Demons), auch wenn der als gegenüber eingezogener Nachbar und fürsorglicher Vater Neil zunächst weit weniger zu tun bekommt, was spätestens dann ad acta gelegt werden darf, wenn Anna zu ihren Tagträumen aufbricht. Was nun aber zunächst wirkt, als würde man schlicht einen weiteren versuch starten, die Geschichte von The Woman in the Window zu erzählen, eröffnet schnell weitere Ebenen, Ansätze und Versatzstücke, die von dem eigentlichen Mysterium oder Mordfall wegführen und ihrerseits ganz neue Baustellen eröffnen, denen sich Anna mit Einsatz, Rotwein und Tabletten intus zu widmen gedenkt, was in dieser exzessiven Art sicherlich eine Trigger-Warnung rechtfertigen würde, hier aber vornehmlich aus einerseits dramaturgischen, andererseits humoristischen Zwecken eingesetzt wird, was eben wieder die Unwägbarkeit unterstreicht, was die verantwortlichen Autor*innen oder Regisseur Michael Lehmann nun eigentlich damit bezwecken wollten.

Szenenbild aus The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window | © Netflix
© Netflix

Ich mag diese Art von unangepasstem Storytelling, weil es einfach mal wieder erfrischend anders und nicht annähernd so festgefahren wirkt wie vergleichbare Produktionen, wenn sie einen Mystery-Thriller zum Besten geben möchten, doch gefällt dieser Ansatz verständlicherweise nicht allen und ruft auch einiges an Unmut hervor. Dieser gilt wohl insbesondere der finalen Episode, denn wenn man zwischenzeitlich den Fehler begangen hat, das Geschehen in The Woman in the House … dann doch zu ernst zu nehmen, wird man von der doch sehr trashig und aberwitzig anmutenden Auflösung sicherlich sehr vor den Kopf gestoßen werden. Ich für meinen Teil hatte enormen Spaß an diesem absurd überhöhten und merkwürdig fremdartig wirkenden Finale und mochte auch das Outro, das zwar einerseits die Türe offen hält für eine mögliche Fortsetzung dieser zur Miniserie prädestinierten Erzählung, andererseits ein wenig wirkt wie eine Verbeugung vor der durchaus artverwandten Serie The Flight Attendant, die in mancherlei Hinsicht auch Inspiration für das geliefert haben dürfte, was Anna hier im Verlauf von acht mehr als wendungs- und abwechslungsreichen Folgen erlebt, auch wenn beide Geschichten ansonsten in gänzlich andere Richtungen driften. Also ja, für Freunde ungewöhnlicher Serienunterhaltung vergebe ich eine Empfehlung, auch wenn TWITHATSFTGITW in vielen Belangen leider längst nicht so überraschend oder geistreich geraten ist, wie man es sich vielleicht wünschen würde.

Fazit & Wertung:

Mit The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window wagt Netflix einiges, denn so sperrig sich der Titel dieser parodistisch angehauchten Mystery-Mär gibt, so eigenwillig ist das Storytelling dieser einerseits zwar einnehmenden und neugierig machenden, andererseits aber auch merkwürdig unstet wirkenden Produktion. Hätten die unterschiedlichen Genre-Akzente und der dramaturgische Überbau auch besser herausgearbeitet werden können, brilliert doch immerhin Kristen Bell in der Hauptrolle und auch sonst ist die Story um manch aberwitzig-unterhaltsamen Schlenker nicht verlegen und kokettiert zuweilen gekonnt mit den Klischees gängiger Kriminalgeschichten.

7,5 von 10 mit Rotwein begossene Spuren

The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window

  • Mit Rotwein begossene Spuren - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window wagt Netflix einiges, denn so sperrig sich der Titel dieser parodistisch angehauchten Mystery-Mär gibt, so eigenwillig ist das Storytelling dieser einerseits zwar einnehmenden und neugierig machenden, andererseits aber auch merkwürdig unstet wirkenden Produktion. Hätten die unterschiedlichen Genre-Akzente und der dramaturgische Überbau auch besser herausgearbeitet werden können, brilliert doch immerhin Kristen Bell in der Hauptrolle und auch sonst ist die Story um manch aberwitzig-unterhaltsamen Schlenker nicht verlegen und kokettiert zuweilen gekonnt mit den Klischees gängiger Kriminalgeschichten.

7.5/10
Leser-Wertung 7/10 (8 Stimmen)
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Episodenübersicht:

01. Folge 1 (7/10)
02. Folge 2 (7/10)
03. Folge 3 (7,5/10)
04. Folge 4 (7,5/10)
05. Folge 5 (7,5/10)
06. Folge 6 (7,5/10)
07. Folge 7 (7/10)
08. Folge 8 (7,5/10)

 
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The Woman in the House Across the Street from the Girl in the Window ist seit dem 28.01.22 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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