Heute also wie angekündigt die ursprünglich für Mittwoch angedachte Graphic Novel, die ich mittlerweile selbstredend beendet habe und von der ich mehr als begeistert war!
Turf
Turf, USA 2011, 164 Seiten
© Panini Comics
Jonathan Ross
Tommy Lee Edwards
Panini Verlag
978-3-862-01406-4
Horror | Krimi | Science-Fiction
Inhalt:
Wir schreiben das Jahr 1929 und New York steht seit dem vor zehn Jahren verabschiedeten Volstead-Act unter dem Bann der Prohibition. Doch natürlich umgehen zahlreiche Banden, Gangster und auch die korrupte Polizei die herrschenden Gesetze, um das begehrte Gut unters Volk zu bringen und heftige Bandenkriege erschüttern immer wieder die Stadt. Doch erst als Don Bava den Tod findet, werden die anderen Parteien hellhörig, während die Reporterin Susie Randall eine der ersten ist, die eine Verbindung zu den Dragonmir-Brüdern Stefan und Gregori sieht, die vor nicht allzu langer Zeit in eine viktorianische Villa in New York gezogen sind. Tatsächlich hat sie damit mehr als Recht, denn Stefan und Gregori sind Vampire und planen erst die Stadt und dann die Welt zu unterjochen, zumindest wenn es nach Stefan geht, der den Einflüsterungen Vaselis erlegen ist, während Gregori das Geheimnis um seine Rasse zu schützen sucht.
Durch Stefans Alleingang gegen Don Bava ist genau dieses Unterfangen Gregoris zum Scheitern verurteilt und ruft unter anderem den Gangster Eddie Falco auf den Plan, der bald hinter das Geheimnis der Blutsauger kommt. Doch damit nicht genug, stürzt in dieser ereignisreichen Zeit ein Frachtschiff vom Planeten Anth auf Coney Island ab. An Bord der Außerirdische Squeed, der bald die Bekanntschaft Eddie Falcos machen wird und womöglich die letzte Chance der Menschheit gegen die vampirische Bedrohung sein könnte, denn diese planen den Menschentöter zu erwecken, den Urvater der Vampire, der sich unter der Dragonmir-Villa in seinem ewigen Schlummer wiegt. Noch.
Rezension:
So abstrus die Mischung anfänglich auch klingen mag, denn Vampire in New York zur Zeit der Prohibition, die im Clinch mit den zahlreichen Banden liegen und letztlich mit einem Alien namens Squeed aneinandergeraten, so sehr geht das Konzept auf, wenn man nach wenigen Seiten in den Bann von Turf geraten ist, was freilich wie ein wahrgewordener Traum wilder Nerd-Fantasien daherkommt. Doch die fünf Teile umfassende Geschichte löst ihr Versprechen ein und präsentiert wirklich durchdachten, optisch wie inhaltlich anspruchsvollen Edeltrash im Amerika der 1920er Jahre. Freilich gehören dazu auch Stereotypen wie die rasende Reporterin und der geläuterte Gangsterboss, ebenso wie der brutale Polizeispitzel und der zwielichtige Vampirberater, aber diese Figuren werden so liebevoll in die Geschichte eingebunden und entsprechen so sehr ihren Rollen, dass es wirklich eine wahre Freude ist.
Die Geschichte selbst strotzt gleichsam vor neuen Entwicklungen und überraschenden Wendungen und insbesondere das Foreshadowing am Ende eines jeden Kapitels hat mir ausnehmend gut gefallen und unterstützt den Retro-Charme ein ums andere Mal. Auch zeichnerisch macht Turf enorm was her, was sich in düsteren, teils nur skizzierten, aber sorgfältig kolorierten Bildern widerspiegelt, die eine rohe Kraft ausstrahlen und gleichsam wie aus einem anderen Jahrhundert wirken. Zuweilen geht in kleineren Panels ein wenig die Übersicht flöten, aber solche kleinen Ausrutscher verzeiht man gerne, wenn man dem entgegenhält, dass die Story ansonsten extrem stimmig und einheitlich dargebracht wird und insbesondere in den größeren Bildern beeindruckende, künstlerische Panoramen abliefert, beispielsweise wenn die Schemen der Vampire zu erkennen sind, wie sie auf der Brooklyn Bridge den wartenden Polizisten entgegenfliegen und alsbald darauf ein erbitterter und blutiger Kampf entbrennt.
Durch die Vampir-Thematik und ihr nicht gerade zimperliches Vorgehen ist Turf natürlich nichts für zartbesaitete Gemüter, aber diese kämen sicher auch nicht unbedingt auf die Idee, sich einen Comic-Band zu gönnen, in dem Vampire gegen Gangster und einen Alien antreten. Der Alien übrigens wirkt anfänglich schon wie ein Fremdkörper und tatsächlich hätte die Geschichte auch ohne den Außerirdischen funktioniert, wäre aber bei weitem nicht so gut und einfallsreich gewesen! Natürlich hält auch diese Geschichte am Ende einen Twist wie auch eine neue Bedrohung bereit, ganz so, wie es sich für derlei Geschichten gehört, aber da ich nicht spoilern möchte, lasse ich das jetzt einfach mal so im Raum stehen.
Bis dahin allerdings wird der Leser von Turf aufs Vorzüglichste unterhalten und bekommt eine dreckiges New York voller sinisterer Gestalten, einen verschlagenen Vampirclan im Blutrausch, einen Außerirdischen mit tragischer Vergangenheit, eine Reporterin, die mit allen Mitteln die Story ihres Lebens ergattern möchte, einen verstoßenen Vampir und eine Freundschaft, wie man sie so garantiert noch nicht erlebt hat präsentiert und das alles führt natürlich dazu, dass man sich wünscht, dass dies noch nicht das Ende war. Doch wer weiß, welche Geschichten sich Jonathan Ross noch ausdenken wird in seinem spleenigen und mit übernatürlichen Wesen bevölkerten Universum im New York zur Zeit der Prohibition; ich nicht, doch kann ich garantieren, dass ich sicherlich auch weitere Stories im Stile von Turf verschlingen werde!
Turf
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Durch außerirdische Strahlenwaffen pulverisierte Vampire - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Turf ist das Konglomerat so zahlreicher Genres und Einflüsse, dass es im Grunde zum Scheitern verurteilt sein müsste. Stattdessen schnappt es sich das Beste aus allen Welten und verquickt es zu einer spannenden – zugegebenermaßen ziemlich abgedrehten – Story, die einfach nur vor Spannung, Action und trockenem Witz strotzt.
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