Review: Wilderness (Serie)

Nachdem ich die letzten Tage hier wenig zustande gebracht habe, bin ich dafür diesmal ausnahmsweise wieder ziemlich aktuell unterwegs und versuche eine Lanze für diese zu Unrecht vielerorts vergleichsweise mies bewertete Miniserie zu brechen.

Wilderness

Wilderness, UK 2023, ca. 52 Min. je Folge

Wilderness | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Serienschöpferin:
Marnie Dickens

Regisseurin:
So Yong Kim
Autorinnen:
Marnie Dickens
B.E. Jones (Buch-Vorlage)

Main-Cast:

Jenna Coleman (Liv Taylor)
Oliver Jackson-Cohen (Will Taylor)
Ashley Benson (Cara)
Eric Balfour (Garth)
Morgana Van Peebles (Ash)
Claire Rushbrook (Caryl)
Marsha Stephanie Blake (Det. Rawlins)
Talia Balsam (Bonnie)
Jonathan Keltz (Det. Wiseman)
Natalie Sharp (Marissa)

Genre:
Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Wilderness | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Zumindest für kurze Zeit waren Liv und Will wohl das Paradebeispiel des erfolgreichen Vorzeige-Ehepaares, das dem Ruf nach Geld und Ansehen folgend nach New York zieht und dort den amerikanischen Traum lebt. Dumm nur, dass es gar nicht lange dauert, bis Liv gewahr wird, dass ihr Mann sie betrogen hat und so zerbricht der schöne Schein nur allzu schnell und nachhaltig. Wills Beteuerungen, es handele sich um einen einmaligen Ausrutscher, gehen einher mit einer Einladung an seine Frau, mit ihm den Trip ihres Lebens zu machen, eine Art nachgeschobene Hochzeitsreise, die die beiden wieder zueinander finden lassen soll. Liv macht gute Miene zum bösen Spiel und willigt ein, auch wenn der Ausrutscher ihres Mannes dann doch wohl nicht so einzigartig gewesen sein dürfte, doch in der Wildnis kann einem ja ohnehin allerhand zustoßen und womöglich schaffen es ja gar nicht alle wieder wohlbehalten nach Hause…

Rezension:

Literarisch dürfte ich wahrscheinlich nicht einmal zur ausgewiesenen Zielgruppe des Romans von B.E. Jones zählen, der die Vorlage zur neuen Amazon-Miniserie Wilderness liefert, doch dank der Besetzung der wie stets wunderbaren bis großartigen Jenna Coleman hatte ich die Buch-Adaption bereits seit einigen Monaten auf der Watchlist. Dabei verlässt sich der Rache-Thriller zwar auf so manch bekannte Trope und bemüht auch das eine oder andere Klischee, doch der Umstand allein, dass ich die sechs Episoden zu je rund 50 Minuten in zwei längeren Sessions weggeschaut habe, spricht dann schon für den hohen Unterhaltungswert der Serie, denn auch wenn die dramaturgisch ein klassischer Slow-Burner ist, kommt doch keineswegs Langeweile auf, wenn man mich fragt. Gleichwohl muss man einräumen, dass einen hier sicherlich nicht die anspruchsvollste Charakterzeichnung und das cleverste Storytelling erwarten werden, so dass es wahlweise etwas vorhersehbar oder ziemlich oberflächlich bleibt, was in Anbetracht der zur Verfügung stehenden Zeit natürlich schade ist.

Szenenbild aus Wilderness | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Dennoch, Wilderness gefällt in der Art und Weise, wie hier mit einigen Verschachtelungen, Vor- und Rückblenden eine Geschichte erzählt wird, die auf den ersten Blick weit offensichtlicher wirkt und ist, als das, was sich im Laufe der Staffel entspinnt, denn die namensgebende Wildnis ist dann eben doch auch oft mehr eine metaphorische, denn (leider) nimmt der Trip in Richtung Yosemite Park nicht annähernd so viel Raum ein, wie man meinen würde, ganz zu schweigen von der Stippvisite in Vegas, die man sich im Grunde auch gleich hätte schenken können. Aber auch hier gilt natürlich, dass es darum im Kern gar nicht geht, denn auch wenn die Charaktere auf den ersten Blick ein wenig schablonenhaft wirken mögen, legen wir doch Schicht um Schicht weitere Zusammenhänge und Geheimnisse offen und loten nicht allein Livs gestörtes Verhältnis zu ihrer Mutter aus. Pikant auch, wenn die Eheleute Taylor in der Wildnis fast wie zufällig seiner Affäre begegnen, die sich ihnen gemeinsam mit ihrem nichtsahnenden Freund anschließt. Klar, das riecht schon sehr nach Soap, ist aber einfach ziemlich gut inszeniert, wozu auch So Yong Kim nachhaltig beiträgt, die bei allen sechs Episoden Regie geführt und so dem Reigen ein einheitliches, überzeugendes Flair spendiert hat, was in Anbetracht der wechselnden Schauplätze und Perspektiven ein nicht zu unterschätzender Vorteil ist.

Ansonsten ist es aber natürlich Erzählerin und Protagonistin Liv Taylor, die dafür sorgt, dass alles aus einem Guss wirkt und man am Ball bleiben möchte, selbst wenn die Geschichte ein paar aberwitzige Haken schlägt. Hier wird übrigens meines Erachtens ein wenig Potential verschenkt, indem man auf eine zuweilen selbstironische, augenzwinkernde Sichtweise beinahe gänzlich verzichtet und sich doch ziemlich ernst nimmt, obwohl eben manches schon als eher abwegig zu bezeichnen sein dürfte. Aber hey, dafür steht Jenna Coleman (Victoria) hier jederzeit im Fokus und meistert die Rolle freilich mit Bravour, zumal es ihr jederzeit gelingt, die Sympathie auf ihrer Seite zu behalten, obwohl sie doch im weiteren Verlauf ein paar moralisch fragwürdige Entscheidungen trifft. Denn seien wir mal ehrlich, ohne da jetzt eine Lanze für die Untreue des Ehemanns brechen zu wollen, steht (angedachter) Mord nicht wirklich in adäquater Relation zum Fremdgehen. In dem Zusammenhang ist das gedankliche Durchexerzieren möglicher Todesumstände eines der frühen und schwarzhumorigen Highlights, so dass man diesen Ansatz gerne noch hätte ausbauen können und dürfen.

Szenenbild aus Wilderness | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Ein besonderer Coup ist den Verantwortlichen dafür aber allein mit dem Titelsong gelungen, denn auch wenn es naheliegen mag, Taylor Swifts Look What You Made Me Do zum Titelsong, nein, zur Hymne von Wilderness zu machen, ist der Effekt doch ein besonderer und gibt gekonnt die Tonalität der folgenden Dreiviertelstunde vor, weshalb ich gar nicht verhehlen möchte, dass diese clevere Kombination sicherlich zum positiven Gesamteindruck beiträgt. Schade hingegen ist, dass Co-Star Oliver Jackson-Cohen als betrügender Ehemann Will dem Geschehen nicht allzu viel beizufügen hat, denn der offenbart seine eigene Dummheit allein dadurch, was er glaubt, seiner Frau auftischen zu können, ohne dass diese hellhörig oder argwöhnisch werden würde. So ist es doch ein sehr ungleiches Duell und die Fronten früh klar, doch hat das wahrscheinlich wiedermehr mit einer gewissen Erwartungshaltung zu tun, während sich die Serie dann doch eher in unerwartete Fahrwasser begibt. Und da kann ich ganz ohne Reue oder Scheu verlauten lassen, dass, wer sich von der ersten Episode abgeholt und neugierig gemacht fühlt, getrost dranbleiben kann bei diesem Reigen, der mir das vergangene Wochenende durchaus kurzweilig und mit einer gehörigen Prise Abgründigkeit versüßt hat.

Fazit & Wertung:

Die sechsteilige Miniserie Wilderness macht als Adaption des gleichnamigen Rachethrillers eine überzeugende Figur, auch wenn nichts gegen ein wenig mehr Selbstironie und eine zusätzliche Prise schwarzen Humor gesprochen hätte. Dafür überzeugt Jenna Coleman in jedem einzelnen Moment und lässt selbst die schwächeren – weil klischeebeladenen – Momente noch sehenswert erscheinen.

7,5 von 10 imaginierten Todesarten

Wilderness

  • Imaginierte Todesarten - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Die sechsteilige Miniserie Wilderness macht als Adaption des gleichnamigen Rachethrillers eine überzeugende Figur, auch wenn nichts gegen ein wenig mehr Selbstironie und eine zusätzliche Prise schwarzen Humor gesprochen hätte. Dafür überzeugt Jenna Coleman in jedem einzelnen Moment und lässt selbst die schwächeren – weil klischeebeladenen – Momente noch sehenswert erscheinen.

7.5/10
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Episodenübersicht:

01. Glücklich bis ans Lebensende (7,5/10)
02. Die andere Frau (7,5/10)
03. Alibi (7/10)
04. Schuldgefühle (7/10)
05. Wie die Mutter, so die Tochter (7/10)
06. Beute oder Raubtier? (7,5/10)

 
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Wilderness ist seit dem 15.09.23 exklusiv bei Amazon Prime verfügbar.

vgw

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