Schon naht wieder das Wochenende und ich werde nicht müde, weiter neue Sachen zu präsentieren, so wie heute eben meine Film-Kritik zum jüngst erschienen The Gambler, bei der ich euch viel Freude wünsche. Ich für meinen Teil werde mich jetzt erst einmal auf die Couch fläzen und den verdienten Feierabend genießen.
The Gambler
The Gambler, USA 2014, 111 Min.
© Paramount Pictures
Rupert Wyatt
William Monahan (Drehbuch)
James Toback
Mark Wahlberg (Jim Bennett)
John Goodman (Frank)
Brie Larson (Amy Phillips)
Michael Kenneth Williams (Neville Baraka)
Jessica Lange (Roberta)
Krimi | Drama | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Paramount Pictures
Jim Bennett könnte als Literaturprofessor und geachteter Buchautor, zudem aus wohlhabenden Verhältnissen stammend, ein angenehmes Leben führen, doch der Reiz, die Sucht, das Verlangen treiben ihn des nachts in illegale Glücksspiel-Etablissements und frei nach dem Motto Alles oder nichts hat er sich bereits mehr als einmal verzockt und schuldet dem Veranstalter der Spiele, Mister Lee, bereits die horrende Summe von 250.000 Dollar, doch als er sich auch noch mit dem Gangster Neville einlässt und sich von diesem ebenfalls Geld leiht, spitzt sich die Lage für ihn dramatisch zu, zumal Mister Lee ihm eröffnet, binnen sieben Tagen sein Geld haben zu wollen. Wiederwillig wendet Jim sich an seine Mutter Roberta, doch die sieht zunächst nicht ein, ihrem Sohn erneut aus der Misere zu helfen, doch auch ein Besuch bei dem Kredithai Frank bringt ihn nicht weiter, da sein Stolz ihm einen Strich durch die Rechnung macht.
Die Zeit allerdings läuft unaufhaltsam ab und auch wenn es Bennett in seinem fatalistischen und destruktiven Denken beinahe egal zu sein scheint, was mit ihm passiert, trifft dies doch nicht auf seine Studentin Amy zu, mit der er, noch während er seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen versucht, eine Liaison beginnt. Doch auch als Jim unverhofft doch noch zu Geld kommt, scheint sich die Lage nicht zu bessern und er erliegt erneut dem Reiz des wahnhaften Glücksspiels. Einzig ein gewagter Coup könnte ihn jetzt noch davor bewahren, von den Gangstern zur Rechenschaft gezogen zu werden, die längst damit begonnen haben, die Daumenschrauben anzuziehen.
Rezension:
Wieder einmal hatte ich bei Rupert Wyatts The Gambler keine bis kaum Erwartungen und stellte mich auf ein handelsübliches Spieler-Drama mit Thriller-Elementen ein, wurde dann aber doch von der beinahe poetisch zu nennenden Ausgestaltung des Films einerseits überrascht, andererseits aber von dem Umstand, dass es sich vielmehr um das Psychogramm eines fatalistischen Literaturprofessors und Spielers handelt, dem Mark Wahlberg in seiner Darstellung gehörige Ecken und Kanten verpasst hat, so dass man auf der einen Seite beinahe versucht ist, diesen zutiefst unsympathischen Typ zu mögen, auf der anderen Seite aber nur schwerlich begreifen kann, wie er sich so mut- wie bereitwillig in Gefahr begibt, nicht nur sich selbst, sondern auch seine Familie gefährdet und unter dem Credo nicht geduldeter Mittelmäßigkeit – denn für Wahlbergs Jim Bennett kann es nur ganz oder gar nicht geben – auf den Schirm gleich mehrerer Gangster gerät, denen er nicht nur ein paar lächerliche Dollar, sondern gleich einen ganzen Haufen Geld schuldet und die im Laufe der exakt sieben Tage umfassenden Erzählung – das Ultimatum für die Rückzahlung der Viertelmillion – immer zudringlicher und aggressiver werden, um den ob dieser Geschehnisse schockierend lethargisch wie teilnahmslos wirkenden Bennett aus der Reserve zu locken.
© Paramount Pictures
Das alles würde aber noch keinen guten Film machen, wenn das existentialistische Dilemma des Protagonisten nicht seine Entsprechung in dessen Job als Literaturprofessor finden würde, wo er vor einem Haufen gelangweilter Studenten gezwungen ist zu dozieren, während er gleichwohl der unumstößlichen Meinung ist, dass keiner von ihnen – abgesehen von der durch Brie Larson verkörperten Amy Phillips – in der Lage ist, eine literarische Karriere zu starten, geschweige denn Erfolg damit zu haben. Die Rolle der Amy bleibt zwar vergleichsweise blass in dem Gangsterreigen und wirkt wie kaum mehr als eine nette Zugabe zum Geschehen, doch verkörpert sie auch den Lichtblick in der gelebten Tristesse von Bennett, dem nichts lieb und teuer zu sein scheint, der keinen Deut auf seine Anstellung, Wohlstand oder Gesundheit zu geben scheint, der regelrecht getrieben durch sein Leben wandelt, zwar nicht den Exzess, nicht das Vergessen, aber den Nervenkitzel sucht und sich dafür bereitwillig in Gefahr begibt, obgleich man ihm unterstellen könnte, es als verkapptes Genie aus gutem Hause besser wissen zu müssen, doch kommt er eben gegen seine Natur nicht an, was auch auf visueller Ebene immer wieder deutlich kommuniziert wird.
Überhaupt sieht The Gambler durch den gezielten Einsatz von Unschärfen – in der Fotografie auch Bokeh-Effekt genannt – und den daraus resultierenden traumwandlerischen Touch auch einfach wahnsinnig gut aus, während sich stimmungsvolle Kamerafahrten bei exquisiter musikalischer Untermalung sowie abrupte Szenenabbrüche die Klinke in die Hand geben, was hier aber in keiner Weise stümperhaft oder unpassend wirkt, sondern durchweg virtuos inszeniert und kunstvoll, dem Film eine ganz eigene, merkwürdige Ästhetik verleiht, die man so nicht häufig zu Gesicht bekommt. Dazu kommen die Nahaufnahmen der Blackjack-Tische und der stoisch rollenden Roulette-Kugeln, so dass Wyatts Film tatsächlich zwar auf erzählerischer Seite – handelt es sich schließlich auch um ein Remake des gleichnamigen Films von 1974, der wiederum lose auf Dostojewskis Roman beruht – objektiv nur wenig Neues zu bieten hat, dafür aber in visueller Hinsicht rundherum zu überzeugen versteht.
© Paramount Pictures
Hinzu kommen Wahlbergs unbestritten überzeugende Darstellung des innerlich zerrissenen, selbstzerstörerischen Mannes, vor allem aber auch die großartig besetzten Nebenrollen, wo vor allem Michael Kenneth Williams (Boardwalk Empire) als Gangsterboss Neville Baraka zu gefallen weiß, dem allerdings von John Goodman als Kredithai Frank trotz nur geringer Screentime spielend die Show gestohlen wird, spätestens wenn der seinen Monolog zum Fuck-You-Status zum Besten geben darf. Einzig die sonst so überzeugende Jessica Lange (American Horror Story) als Bennetts Mutter Roberta kann ihrer Rolle kaum Profil verleihen, was allerdings mehr der stiefmütterlichen Behandlung der Figur allgemein geschuldet sein mag. Last but not least sind es aber die Dialoge, die The Gambler noch einmal gehörig aufwerten, denn auch wenn zugegebenermaßen manches Gespräch vor Plattitüden nur so strotzt, sind doch insbesondere die Vorträge Bennetts und sein sich Echauffieren stilvoll in Szene gesetzt, während wiederum andere Aussagen speziell seiner Figur von einem herrlich beißenden Sarkasmus durchzogen sind und – wie erwähnt – speziell Goodmans Monolog allein das Potential zur Kultszene hätte. Wyatts Interpretation des klassischen Stoffes ist sicherlich kein Meisterwerk geworden, doch in seiner eigenwilligen und einzigartigen Inszenierung, der gelebten Unnahbarkeit zu der Figur und der allgemeinen Ausgestaltung des Films ist es zumindest weit mehr als nur ein üblicher Genre-Vertreter.
The Gambler
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Verzockte Vermögen - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Weit weniger Zocker-Thriller als sich The Gambler weithin präsentiert, ist Regisseur Rupert Wyatt ein bestechendes Psychogramm eines existentialistisch denkenden Intellektuellen gelungen, dessen fatalistisches Handeln zwar nicht in jedem Moment nachvollziehbar scheint, die innere Zerrissenheit der Person aber treffend transportiert, was nicht zuletzt Mark Wahlbergs bestechender Darstellung geschuldet ist.
The Gambler ist am 28.05.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Paramount Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
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