Review: Alles Geld der Welt (Film)

Heute hole ich dann mal einen lange vernachlässigten Ridley-Scott-Film nach, bevor ich euch mit den besten Wünschen ins Wochenende entlasse (und mich trotzdem natürlich auch morgen wieder melden werde).

Alles Geld der Welt

All the Money in the World, USA/UK/IT 2017, 132 Min.

Alles Geld der Welt | © Tobis
© Tobis

Regisseur:
Ridley Scott
Autoren:
David Scarpa (Drehbuch)
John Pearson (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Michelle Williams (Gail Harris)
Christopher Plummer (J. Paul Getty)
Mark Wahlberg (Fletcher Chace)
in weiteren Rollen:
Romain Duris (Cinquanta)

Genre:
Biografie | Krimi | Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Alles Geld der Welt | © Tobis
© Tobis

Am 10. Juli 1973 wird der sechzehnjährige Paul Getty auf der Piazza Farnese in Rom entführt. Dessen Großvater, der als reichster Mann der Welt geltende Jean Paul Getty, weigert sich jedoch, auch nur einen Cent der geforderten 17 Millionen Dollar Lösegeldsumme zu zahlen und konstatiert, dass er insgesamt 14 Enkel habe, die, würde er den Forderungen nachgeben, alsbald alle selbst Entführungsopfer würden. Pauls Mutter Gail Harris derweil setzt alles daran, die erforderliche Summe aufzubringen und die Entführer dazu anzuhalten, ihrem Sohn nichts anzutun, derweil niemand zu verstehen scheint, dass ihr nach der Scheidung von Gettys Sohn keinerlei finanzielle Mittel der Familie Getty mehr zur Verfügung stehen. Immerhin hat der Kunstliebhaber und Knauser J. Paul Getty dahingehend ein Einsehen, dass er Gail den Ex-CIA-Agenten Fletcher Chace zur Seite stellt, der ihr helfen soll, die Sache zu regeln. Dumm nur, dass der alsbald zu dem Schluss kommt, die ganze Geschichte wäre vom entführten Paul selbst eingefädelt worden, um seinen Großvater auszunehmen, denn währenddessen kommt den Entführern langsam die Geduld abhanden…

Rezension:

Nach langer Zeit habe ich nun auch einmal den von Ridley Scott inszenierten Alles Geld der Welt nachgeholt, der weniger wegen seinem Inhalt oder seiner Qualität zwischenzeitlich in aller Munde war, sondern weit mehr aufgrund der Tatsache, dass der ursprünglich als J. Paul Getty besetzte Kevin Spacey nachträglich komplett aus dem Film gestrichen und durch Christopher Plummer ersetzt worden ist, nachdem im Fahrwasser des Weinstein-Skandals und der daraus hervorgegangenen MeToo-Bewegung auch erste Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegenüber Spacey laut wurden. Ironisch für Scotts derzeit noch aktuellsten Spielfilm, dass er gerade durch die Nachdrehs und Neubesetzung der Rolle einer entsprechenden Stigmatisierung entgehen wollte, letztlich aber noch immer das mitunter erste sein dürfte, was einem im Zusammenhang mit dem tiefen und rapiden Fall von Spacey in den Sinn kommt. Verdient hat es der Film mitnichten, dem Plummer in der Rolle des exzentrischen wie eigenbrötlerischen Getty mehr als gut tut, denn auch wenn einen hier mitnichten das nächste Meisterwerk des Regisseurs erwartet, bietet sein biografisch geprägter Entführungs-Thriller doch auch einiges an Qualitäten, weshalb man ihm getrost Zeit und Aufmerksamkeit widmen kann.

Szenenbild aus Alles Geld der Welt | © Tobis
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Dabei ist der Film im Grunde immer dann am faszinierendsten, wenn er – gleichwohl vergleichsweise kurz und knapp skizziert – den Werdegang von J. Paul Getty nachzeichnet oder sich ganz allgemein dem Kunstliebhaber und Öl-Magnaten widmet, den Christopher Plummer (Beginners) so trefflich zu verkörpern weiß. Weite Teile des Films hingegen widmen sich derweil – logischerweise – der Entführung seines Enkels und hier meint Ridley Scott es teils zu gut, denn zugunsten des dramatischen Effekts wurde hier doch einiges überspitzt und neu arrangiert, derweil man sich hinsichtlich Entführungsfall ein wenig zu sehr auf einschlägige Klischees stürzt. Das wäre nicht so verwerflich, wenn es sich auch ähnlich zugetragen hätte, doch allein ein Blick in den entsprechenden Wikipedia-Eintrag reicht, um zu erkennen, dass bei Pauls Gefangenschaft einiges hinzugedichtet worden ist, wahrscheinlich, um diesen Part des Plots spannender und abwechslungsreicher zu gestalten. Abgesehen davon aber, dass man sich der Figur durch ihre Präsenz deutlich verbundener fühlt, hätte dieser Teil bedenkenlos ausgespart oder zusammengestaucht werden können, zumal Alles Geld der Welt mit seinen über zwei Stunden ohnehin eine Spur zu lang geraten ist.

Hingegen weit überzeugender und mitreißender ist die Darstellung seitens Michelle Williams (Manchester by the Sea) geraten, die hier in die Rolle der aufbegehrenden Mutter Gail Harris schlüpft, die mit wachsender Verzweiflung alles daran setzt, das Herz von Getty zu erweichen oder anderweitig einen Weg zu finden, ihren Sohn zu retten. Ihre Aufopferungsbereitschaft, ihr Schmerz wie auch ihr ungebrochener Wille sind ihr dabei jederzeit ins Gesicht geschrieben und obwohl sie aus der Rolle ihrer Figur heraus die meiste Zeit zur Untätigkeit verdammt scheint und sich dem Willen des überlebensgroß gezeichneten Patriarchen Getty zu beugen hat, haben ihr Charisma und ihre Willensstärke eine umso größere Strahlkraft. Unterstützt wird sie bei ihren Bemühungen alsbald von Ex-CIA-Agent Fletcher Chace, seinerseits verkörpert von Mark Wahlberg (Boston), der allerdings – gerade im direkten Vergleich – kaum an Profil gewinnt und in Anbetracht seiner Rolle mehr wie ein notwendiges Bindeglied zwischen Gail und Getty wirkt, ein Stichwortgeber und Plot-Device, wobei er zumindest in dieser Hinsicht einen grundsoliden Job abliefert und es zugegebenermaßen auch schwer hat, sich im Schatten von Williams und Plummer zu behaupten.

Szenenbild aus Alles Geld der Welt | © Tobis
© Tobis

Wo Alles Geld der Welt allerdings uneingeschränkt zu punkten weiß, ist die grundsätzliche Art der Darbietung, der Look, die Kostüme, der szenische Aufbau, die Ridley Scott gewohnt souverän und mit viel Liebe fürs Detail zu inszenieren versteht. Erzählerische Kniffe, wie etwa, den entführten Paul aus dem Off referieren zu lassen, wie es J. Paul Getty zu seinem immensen Reichtum und Einfluss gebracht hat, runden das Gesamtbild stimmig ab, wobei es eben im weiteren Verlauf leider weit weniger solcher Highlights gibt. Nach vielversprechendem Start wird das Geschehen – auch durch den erzählerisch künstlich aufgeblähten Entführungsfall – leider merklich generischer und vor allem vorhersehbarer, wobei hier natürlich der Weg das Ziel sein dürfte, denn den Ausgang der Entführung kann man mit wenig Mühe nachlesen. Insbesondere dank der Ausnahmeleistungen seitens Williams und Plummer ist aber auch Scotts fiktionalisierte Tatsachen-Abhandlung allemal sehenswert, nur eben längst nicht so wertig und durchgehend packend, wie es hätte werden können.

Fazit & Wertung:

Ridley Scotts Aufarbeitung der Getty-Entführung in Alles Geld der Welt stand von vornherein nicht unter dem besten Stern, derweil sich die nachträgliche Besetzung von Christopher Plummer als echter Glücksfall für das Werk erweist. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die reale Entführung um zu viele ausgedachte Klischees angereichert worden ist, um wirklich überzeugen zu können, derweil sich auch so manche Länge und pathetische Geste in dem mehr als zweistündigen Reigen nicht vermeiden ließ. Dank routiniert-wertiger Inszenierung und einer hervorragend aufspielenden Michelle Williams in der Summe aber ein immer noch sehenswerter Film.

7,5 von 10 vermehrt verzweifelten Verhandlungen

Alles Geld der Welt

  • Vermehrt verzweifelte Verhandlungen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Ridley Scotts Aufarbeitung der Getty-Entführung in Alles Geld der Welt stand von vornherein nicht unter dem besten Stern, derweil sich die nachträgliche Besetzung von Christopher Plummer als echter Glücksfall für das Werk erweist. Das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass die reale Entführung um zu viele ausgedachte Klischees angereichert worden ist, um wirklich überzeugen zu können, derweil sich auch so manche Länge und pathetische Geste in dem mehr als zweistündigen Reigen nicht vermeiden ließ. Dank routiniert-wertiger Inszenierung und einer hervorragend aufspielenden Michelle Williams in der Summe aber ein immer noch sehenswerter Film.

7.5/10
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