Und wieder neigt sich ein Donnerstag langsam aber stetig dem Ende und ich komme mit der nächsten Film-Kritik ums Eck, derweil es mich ganz akut auf die Couch zieht, weil der Tag mich doch arg geplättet hat. Bleibt nur noch abzuwarten, was es zu essen geben wird, denn ich habe ja für eines der einschlägigen Ps (Pizza, Pommes, Pfannkuchen) plädiert, doch es ist davon auszugehen, dass meine bessere Hälfte diesbezüglich ihr General-Veto einlegen wird. Nunja, ich werde berichten. Jetzt aber erst einmal zum Film, dessen Titel ja auch mit einem P beginnt. Vielleicht könnte das eine Argumentationsbasis für mich sein…
Paper Man
Zeit erwachsen zu werden
Paper Man, USA 2009, 110 Min.
© Koch Media
Kieran Mulroney
Michele Mulroney
Michele Mulroney
Kieran Mulroney
Jeff Daniels (Richard Dunn)
Ryan Reynolds (Captain Excellent)
Emma Stone (Abby)
Lisa Kudrow (Claire Dunn)
Kieran Culkin (Christopher)
Hunter Parrish (Bryce)
Komödie | Drama
Trailer:
Inhalt:
© Koch Media
Auf Drängen seiner Frau Claire wird der gescheiterte Schriftsteller Richard über den Winter nach Long Island verfrachtet, um dort seine Schreibblockade zu überwinden und zu lernen, auf eigenen Füßen zu stehen, denn Richard ist nie richtig erwachsen geworden und wird – sehr zum Leidwesen seiner Frau – tagein, tagaus von seinem imaginären Freund, dem kostümierten Helden Captain Excellent begleitet. In Long Island lernt Richard dann alsbald die junge Abby kennen, die durch eine familiäre Tragödie weitaus erwachsener und reifer ist, als man das von einem Mädchen ihres Alters erwarten würde, weshalb die beiden sich trotz ihres Altersunterschiedes bald näherkommen, da Richard als Babysitter engagiert, ungeachtet dessen, dass dort kein Baby ist, um das man sich kümmern könnte. Doch natürlich ist die eigentlich so harmlos-naive Freundschaft für Außenstehende leicht zu missdeuten, während Captain Excellent seinen Einfluss auf Richard langsam schwinden sieht…
Rezension:
Es ist immer wieder schön zu wissen, dass man fernab des Mainstream auch immer wieder so manche Indie-Filmperle mit teils dennoch namhafter Besetzung entdecken kann, denn genauso verhielt es sich mit Paper Man, den ich insbesondere wegen Emma Stone und Ryan Reynolds schon länger auf dem Radar hatte und nun endlich habe kaufen und gucken können, denn so skurril man schon anhand des Plakates zu wissen meint, dass der Film wird, genauso ist er auch, nur eben nicht – wie es oft und gerne der Fall ist – der reinen Skurrilität wegen oder einer offensiven Schrulligkeit, sondern schlichtweg in den Figuren begründet, die einem schnell ans Herz wachsen und eine wirklich wunderschöne, absolut ungewöhnliche und für meine Begriffe gar einmalige Coming-of-Age-Geschichte erzählen, denn ein Mitte fünfzig Jahre alter Mann wie Jeff Daniels zur Zeit des Drehs wirkt nun nicht etwa prädestiniert als Hauptfigur für einen Film über das Erwachsenwerden, doch gerade deshalb geht die Mischung eben so gut auf.
© Koch Media
Auch wenn man meinen würde, die Zutaten alternder Schriftsteller trifft junges Mädchen, Schreibblockade, tragische Kindheit, imaginäre Freunde und so weiter hätte man schon tausendmal ähnlich zusammengewürfelt erlebt, liegt man damit zwar nicht grundsätzlich falsch, doch wird das alles hier so liebevoll arrangiert und verknüpft, dass man schon ein Herz aus Stein haben müsste, das Ganze als prätentiöses Getue abzutun, wenngleich man natürlich eine gewisse Vorliebe für diese Art Film mitbringen sollte, der in vielen Punkten doch recht beschaulich erzählt wird und ein Freund der leisen Zwischentöne, ebenso des leisen Humors ist, der sich gegen Ende auch gerne zeitweise verabschiedet, ganz so, wie es sich für eine Tragikomödie gehört. So braucht Paper Man zwar seine Zeit, um an Fahrt aufzunehmen und erzählt dem Grunde nach keine allzu spektakuläre Geschichte, doch insbesondere Jeff Daniels als Hauptfigur Richard Dunn gewinnt hier alle Sympathiepunkte, was durchaus eine Gratwanderung bedeutet, denn allein seine Entscheidung, ein minderjähriges Mädchen als Babysitterin zu engagieren, obwohl er nicht einmal ein Kind hat, auf dass man aufpassen könnte, hätte auch schnell gänzlich falsche Signale senden können, was dann wiederum das Verhalten von Abby – der Figur von Emma Stone (Einfach zu haben) – ad absurdum geführt hätte, doch so wie es ist, erscheint alles homogen, unschuldig vor allem und zu keinem Zeitpunkt fragwürdig oder verurteilenswert, zumindest für den Zuschauer, denn das die Bewohner des Ortes und insbesondere Richards Frau Claire gänzlich anders über die Freundschaft denken, versteht sich ja wohl von selbst, doch wollen wir hier ja gar nichts vorwegnehmen.
Emma Stone derweil gelingt es mit ihren seinerzeit gerade einmal rund zwanzig Jahren und noch vergleichsweise geringen Schauspielerfahrungen tatsächlich auch jederzeit, mit dem mehr als doppelt so alten und über die Maßen versierten Daniels in direkte Konkurrenz zu treten und sich nicht von ihm an die Wand spielen zu lassen, was für sich genommen schon eine Leistung ist, während Ryan Reynolds (The Voices) hier einmal mehr seinem Spleen für ungewöhnliche Rollen frönen konnte und den absolut lächerlich wirkenden Captain Excellent geben darf, der Richard seit seiner Kindheit zur Seite gestanden hat, was zu spürbaren Ermüdungserscheinungen bei dem imaginierten Helden geführt hat, aber mein Gott sind das herrliche Szenen, wenn der Kerl im Strampelanzug in Erscheinung tritt. Ja, wie gesagt, einen Hang zum Exzentrischen sollte man schon mitbringen, sonst wird man sich Paper Man bereits nach wenigen Minuten verweigern, doch alle anderen erwartet eine herrlich melancholische Indie-Chose mit vielen liebenswerten Miniaturen, die aufzuzählen den Rahmen sprengen würde.
© Koch Media
Doch auch fernab der Hauptfiguren ist der von den Eheleuten Michele und Kieran Mulroney inszenierte, gleichsam auch eigens verfasste Streifen vortrefflich besetzt und während Lisa Kudrow als Richards Frau ganz neue Facetten erkennen lässt, überzeugt auch Kieran Culkin als Abbys Freund Christopher, während der zuvorderst aus Weeds bekannte Hunter Parrish hier einen regelrechten Kotzbrocken geben darf. Wer also meint, dieser Art Indie-Drama etwas abgewinnen zu können und sich für melancholisch-verträumte, manchmal über die Maßen surreal-skurrile Filme begeistern kann, der sollte sich Paper Man unbedingt einmal näher ansehen, denn die größte Schwäche des Films mag noch am ehesten sein viel zu geringer Bekanntheitsgrad sein.
Paper Man - Zeit erwachsen zu werden
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Versuche, ein neues Buch zu beginnen - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Der von Michele und Kieran Mulroney geschriebene und inszenierte Paper Man erzählt eine höchst ungewöhnliche Coming-of-Age-Story im Indie-Gewand über imaginierte Helden, tragische Verluste und die Macht der Freundschaft. Mit Jeff Daniels, Emma Stone und Ryan Reynolds ist der Film noch dazu überaus hochkarätig besetzt und strotzt nur so vor herrlich melancholischen, herzerwärmenden Szenen.
Paper Man – Zeit erwachsen zu werden ist am 10.06.11 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Koch Media erschienen und wurde am 29.10.15 bei KNM neu aufgelegt. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
Sehr netter kleiner Film mit Emma Stone, Jeff Daniels und Ryan Reynolds. Konnte mich von vorn bis hinten ganz gut unterhalten, zum Ende hin sogar nochmal richtig ueberraschen. Definitiv eine Sichtung wert!
Schoen, dass Du ihn auch magst :D
Ja, ging mir ganz genauso. Allein vom Cast her hatte ich den Film schon lang auf dem Schirm und trotz entsprechender Erwartungen wusste bei mir die Geschichte auf Anhieb zu zünden.