Und da bin ich natürlich auch gleich noch mal mit einer neuen Film-Kritik, wobei es um den Film schon echt schade ist, denn ich hätte ihn gerne weitaus besser gefunden und besser bewertet, doch verrennt sich die eigentlich so vielversprechende Geschichte leider gleich mehrfach. Aber gut, das habe ich ja alles in der nun folgenden Rezension erörtert.
Freeheld
Jede Liebe ist gleich
Freeheld, USA 2015, 103 Min.
© Universum Film
Peter Sollett
Ron Nyswaner
Steve Carell (Steven Goldstein)
Biografie | Drama | Romantik
Trailer:
Inhalt:
© Universum Film
Laurel Hesters wird als Polizistin von ihren Kollegen und ihrem Partner Dane Wells hochgeachtet, doch als sie sich in die deutlich jüngere Automechanikerin Stacie Andree verliebt und sich schlussendlich outet, schlägt ihr die geballte Homophobie des Polizeireviers entgegen, während Dane hauptsächlich an ihrem scheinbar mangelnden Vertrauen zu ihm zu knabbern hat. Gemeinsam richten sich Laurel und Stacie dennoch häuslich ein, doch die Idylle ist nicht von langer Dauer, als bei Laurel Krebs diagnostiziert wird, denn im Angesicht des sicher scheinenden Todes muss sie lernen, dass auch die Gesellschaft längst nicht so aufgeschlossen ist, wie man es sich wünschen würde, denn ihrem mit Nachdruck vorgetragenen Wunsch, ihre Pensionsbezüge auf ihre eingetragene Lebenspartnerin Stacie zu übertragen – wie es bei Ehepartnern üblich ist – wird seitens des Gemeinderates nicht entsprochen, was schlussendlich den LGBT-Aktivisten Steven Goldstein auf den Plan ruft, der den Fall in die Öffentlichkeit zu bringen plant. Während Laurels Kräfte zu schwinden beginnen, starten sie einen verzweifelten Kampf gegen ignorantes und borniertes Systemdenken…
Rezension:
Der von Peter Sollett inszenierte Freeheld – im Deutschen mal wieder um den reichlich plakativen Untertitel Jede Liebe ist gleich ergänzt – macht auf gleich mehrere Arten traurig, denn einerseits mag es sich um eine berührende und dramatische Geschichte handeln, bei der man sich nah an der Realität orientiert hat, doch andererseits verkommt der kaum hundert Minuten dauernde Film in vielen Teilen zu einer bloßen Aneinanderreihung gewollt emotionaler Szenen, die es selten schaffen, sich zu einem großen Ganzen zu verbinden und manchmal ein wenig wirken wie das Best-Of melancholischer, trauriger, berührender, die Tränendrüse kitzelnder Klischee-Versatzstücke, was natürlich weder dem Thema noch der Tragweite des Films gerecht wird. Was tummeln sich hier nämlich nicht vielversprechende Themen, von Gleichbehandlung, Gerechtigkeit im Allgemeinen, Ignoranz und Starrsinn bis hin zuletzt natürlich einer tiefen Liebe, doch anstatt all diese Zutaten zu nehmen und daraus ein wichtiges, ein zeitgemäßes, ein überzeugendes Melodram zu schaffen, werden all diese Themen nur angerissen, finden kaum Platz in der dahinrasenden Erzählung, die sich von Moment zu Moment, von Szene zu Szene hangelt und bei der es offenbar ist, dass hier die einzelnen Teile tatsächlich mehr sind als deren Summe, denn gerade bei einem nur marginal distanzierten Blick wird klar, dass sich das Drehbuch von Philadelphia-Autor Ron Nyswaner – der also beinahe prädestiniert gewesen wäre für den Job – immer wieder verrennt und einzig mit starken Einzelszenen, nie aber einer konsistenten Geschichte zu punkten versteht.
© Universum Film
Was den Film dann am Ende doch sehenswert macht ist nicht nur einerseits die zugrundeliegende Geschichte, sondern vor allem der erwartungsgemäß hochkarätige Cast, der ohne Ausnahme im Rahmen der Möglichkeiten sein Bestes gibt, die Figuren mit Leben zu erfüllen, was den einzelnen Darstellerinnen und Darstellern zwar nicht immer gelingt, doch gibt es hier wahrhaft viele einprägsame und packende Szenen zu bestaunen, ob es sich um die zunächst resolute und später immer schwächer werdende Julianne Moore (The Kids Are All Right) handelt, den wie eh und je großartigen Michael Shannon (Midnight Special) als grimmig-zynischen Polizei-Partner von Moores Figur oder auch die so zerbrechlich wie gleichermaßen burschikos wirkende Ellen Page (Super) und nicht zuletzt Steve Carell (Ganz weit hinten), dessen Figur einzig zuweilen ein wenig over-the-top wirkt, damit aber auch einen interessanten Konterpart zu den ansonsten sehr geerdeten Figuren gibt. Das täuscht allerdings nur in Maßen darüber hinweg, dass insbesondere in den ersten vierzig Minuten eine schon hundertmal gesehene Geschichte erzählt wird, vom ersten Aufeinandertreffen zwischen Laurel und Stacie, zaghafter Annäherung, aufkeimender Liebe bis hin zum späteren Hauskauf nebst Haustieranschaffung, deren einziges Alleinstellungsmerkmal es ist, dass es hier eben zwei Frauen sind, wobei um diesen Aspekt angenehm wenig Aufhebens gemacht wird, wenn man einmal von der Heimlichtuerei gegenüber Laurels Arbeitskollegen absieht, was ja aber auch Teil des Plots ist.
Wenn ich nun aber kritisiere, dass hier zu häufig auf Pathos und Klischee gesetzt wird, dass sich Freeheld oft anfühlt wie eine Aneinanderreihung beinahe schon obligatorisch zu nennender Szenen, dann muss ich doch im selben Atemzug einen Aspekt der Inszenierung sehr loben, denn einer der Ankerpunkte in der zweiten Hälfte des Films ist eben das sich stetig wiederholende Vorsprechen beim Gemeinderat, um für Laurels Rechte und insbesondere deren Gleichbehandlung einzustehen und wo andere Filme hier die Gunst der Stunde genutzt hätten, flammende und hochtrabende Plädoyers zu halten und sich dafür der Präsenz ihrer DarstellerInnen versichert hätten, sind diese Ansprachen hier weit weniger flammend geraten und ob sich nun eine Figur beim Reden verhaspelt, sich in der Ansprache verzettelt, Wörter merkwürdig betont oder dergleichen mehr, hat man wirklich das Gefühl, hier echte Menschen zu sehen, die es eben nicht gewohnt sind, vor Publikum zu sprechen, die nervös sind, persönlich betroffen, befangen und das allein gibt dem Film schon eine sehr menschliche Note, ebenso wie der Verzicht auf allzu ausgelatschte Szenen, so dass man beispielsweise der Krebsdiagnose selbst zumindest gegenüber Laurel überhaupt nicht beiwohnt und auch beim Krankheitsverlauf und ihrer schwindenden Stärke nicht allzu sehr auf Pathetik gesetzt wird, was man aber eben leider nicht von allen Einstellungen behaupten kann, so dass auch der Score zuweilen reichlich schwülstig daherkommt.
© Universum Film
Nichtsdestotrotz endet Freeheld versöhnlich und unaufgeregt, offeriert neben den schon obligatorischen Texttafeln über die weiteren Errungenschaften in punkto Gleichbehandlung und Akzeptanz noch einige Bilder der "echten" Laurel und Stacie und verfehlt damit sein Ziel, die Emotionalität des Gezeigten zu unterstreichen, nicht im Mindesten, weshalb man den Film eigentlich mögen will, doch angesichts der vielen narrativen und inszenatorischen Unwägbarkeiten, bleibt hier die dem Werk innewohnende Prägnanz und Bedeutung eben leider weit hinter ihren Möglichkeiten zurück und man selbst als Zuschauer darf lediglich dankbar für die nichtsdestotrotz formidable Besetzung sein, die den Film ohne Zweifel davor bewahrt, im filmischen Nirwana der 08/15-Produktionen zu verschwinden.
Freeheld - Jede Liebe ist gleich
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Verzweifelte Anträge beim Gemeinderat - 6.5/10
6.5/10
Fazit & Wertung:
Peter Solletts Freeheld hätte ein regelrecht mitreißender und über die Maßen lohnenswerter Film werden können und bringt auch fernab des ausgesuchten Ensembles alle Anlagen dafür mit sich, doch verrennt sich der Plot des Streifens ein ums andere Mal und schafft es nicht, die vielen gewichtigen Themen innerhalb der Erzählung mehr als nur anzureißen und begnügt sich in weiten Teilen damit, für sich genommen durchaus überzeugende Versatzstücke aneinanderzureihen, womit der Film leider weit hinter sowohl seinen Möglichkeiten als auch Ambitionen zurückbleibt.
Freeheld – Jede Liebe ist gleich ist am 26.08.16 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!