Heute – so dachte ich mir – wird es mal wieder Zeit für Altlasten, denn schon vor ich weiß nicht wie langer Zeit habe ich mir die Blu-ray der zweiten Staffel dieser Serie zugelegt und sie doch immer wieder links liegen lassen, was sich nun zum Glück endlich geändert hat.
A Young Doctor's Notebook
& Other Stories
Staffel 2
A Young Doctor’s Notebook & Other Stories, UK 2012-2013, ca. 23 Min. je Folge
© polyband
Clelia Mountford
Clelia Mountford
Jon Hamm (Older Doctor Vladimir Bomgard)
Daniel Radcliffe (Young Doctor Vladimir Bomgard)
Rosie Cavaliero (Pelageya)
Adam Godley (The Feldsher)
Vicki Pepperdine (Anna)
Daniel Cerqueira (Vlas)
Margaret Clunie (Natasha)
Charles Edwards (The Colonel)
Tom Forbes (Anatoliy)
Drama | Komödie
Trailer:
Inhalt:
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Moskau, 1935: Dr. Vladimir Bomgard wird aus dem Hospital entlassen und scheint seine Morphium-Sucht hinter sich gelassen zu haben, ganz anders verständlicherweise als sein jüngeres Ich von 1918, das noch immer im Krankenhaus in der Nähe des Provinzkaffs Muryevo residiert und nunmehr eine Beziehung zu der Krankenschwester Pelageya unterhält, nicht ganz uneigennützig natürlich, da sie ihm das dringend benötigte Morphium besorgen kann, das ihn durch die tristen Wintertage bringt. Doch alsbald wird der Krieg in dem abgeschiedenen Hospital Einzug halten und Soldaten der einen wie der anderen Seite werden die Hilfe des jungen Dr. Bomgard erbitten, während der – ganz davon abgesehen, dass sich die Morphium-Vorräte alsbald dem Ende neigen – mit ganz anderen Problemen zu kämpfen hat, denn nicht nur erscheint ihm weiterhin sein älteres Ich, nein, er hat zu allem Überfluss auch noch ein Auge auf die mit den Soldaten angereiste Natasha geworfen…
Rezension:
Lange ist es her, dass ich mir Mitte 2014 die erste Staffel A Young Doctor’s Notebook angesehen habe und noch länger, dass bereits 2013 die zweite und nach aktuellem Stand letzte Staffel – nun unter dem Titel A Young Doctor’s Notebook & Other Stories – über den Bildschirm flimmerte, denn auch wenn die Serie, soweit ich das sehen konnte, nie offiziell abgesetzt worden ist, scheinen weitere Staffeln doch eher unwahrscheinlich, zumal man diesbezüglich ja auf Zeit und Lust von sowohl Jon Hamm als auch Daniel Radcliffe angewiesen wäre. Das soll aber nicht daran hindern, die mit erneut vier Folgen zu je rund 22 Minuten nicht gerade üppige zweite Staffel trotzdem mit Genuss zu goutieren. Diese schließt sich inhaltlich an ihren Vorgänger an und widmet sich nun noch weitaus stärker der Morphium-Abhängigkeit des von Radcliffe beziehungsweise Hamm verkörperten Doktor Vladimir Bomgard, während weite Teile des Geschehens sich wie gewohnt in dem abgeschiedenen Krankenhaus abspielen, womit erneut eine regelrecht kammerspielartige Atmosphäre erzeugt wird.
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Das doch eher reduzierte Ensemble wird diesmal allerdings ergänzt um eine Schar Soldaten und – ungleich gewichtiger und interessanter – die von Margaret Clunie verkörperte Natasha, auf die – obschon verheiratet – Bomgard alsbald ein Auge wirft, was eine ganz neue Komponente hinzufügt, denn als liebestoll hat man den Doktor doch bislang nicht erlebt. Sich darauf aber nicht ausruhend, ist diese Schwärmerei, die durchaus für einige skurrile Momente und gar Gesangseinlagen sorgt, nur eine von mehreren Komponenten, die auch die zweite Staffel von A Young Doctor’s Notebook zu einem Genuss machen. Das Zusammenspiel zwischen Radcliffe und Hamm allerdings ist diesmal noch besser, noch prägnanter und zielgerichteter als in der ersten Staffel, was aber auch damit zusammenhängt, dass nun die ältere Variante des Doktors vom Morphium weggekommen ist und sich erst langsam erinnert, was sich in dem abgeschiedenen Krankenhaus ereignet hat. Sinn und Unsinn der Begegnung zwischen älterem und jüngerem Ich sollte man dabei nicht infrage stellen, doch wissen die Autoren hier ein paar wirklich großartige Momente zu kreieren.
Allerdings muss auch gesagt sein, dass der schwarzhumorige und zuweilen extrem skurrile Humor diesmal deutlich zurückgefahren wird und A Young Doctor’s Notebook & Other Stories eine merklich ernstere Grundstimmung hat, womit das Geschehen weitaus dramatischer vor allem aber emotionaler daherkommt, denn auch wenn zahllose Filme – und auch hier einige Szenen – suggerieren mögen, dass eine Drogensucht auch großer Spaß sein kann, sind die Folgen doch in Wahrheit viel bitterer und markerschütternder, was sich hier speziell in den letzten zwei Episoden äußert, die tatsächlich auch ein zufriedenstellendes Ende zu dem Reigen offerieren, obwohl es die Serie doch in ihrer Gesamtheit kaum auf drei Stunden Spielzeit gebracht hat. Unter Berücksichtigung dieses Umstandes ist es dann allerdings auch wieder erstaunlich, wie viele Konflikte, wie viel Drama, Witz und Emotion die Macher in die wenige Zeit zu packen gewusst haben, die ihnen zur Verfügung stand, denn hier setzt wirklich jeder Schnitt, passt jede Dialogzeile aufs Wort, wirkt keine Szene, keine Einstellung verschwendet oder überflüssig.
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All dieses Lobes aber ungeachtet sind es ohne Frage die beiden Hauptdarsteller, mit denen A Young Doctor’s Notebook & Other Stories steht und fällt und während sich Daniel Radcliffe (Swiss Army Man) erneut die Seele aus dem Leib spielt und sich für keine Peinlichkeit zu schade ist, voller Herzblut sowohl die Verzweiflung seines jungen Bomgard als auch dessen Schwärmerei sowie nicht zuletzt dessen Ignoranz und Opportunismus verkörpert, gibt Jon Hamm (Mad Men) als distinguiertes wie desillusioniertes älteres Ich eine nicht minder großartige Vorstellung ab, nur dass diese eben im Kontext der Erzählung weitaus kleiner ausfällt, denn abgesehen von seinen "Erscheinungen" und einem die jeweilige Folge umrahmenden Intro sowie Outro ist er eben kein Teil der Handlung, wobei es – wenn er denn zu sehen ist – diesmal sehr schön gelungen ist, ihn mit seiner Umwelt interagieren zu lassen, obwohl dies gar nicht möglich sein dürfte, existiert er schließlich nur im Kopf des jungen Bomgard oder wirft einen Blick in seine eigene Vergangenheit, je nachdem, wie man das Gezeigte interpretieren möchte. Auf alle Fälle ist dieses Serienkleinod trotz seiner Kürze und vergleichsweise geringen Popularität auch im zweiten und mutmaßlich letzten Jahr eine echte Empfehlung, zumal es meines Erachtens keine auch nur annähernd vergleichbare Produktion geben dürfte, was wirklich wenige Serien heutzutage von sich behaupten können.
A Young Doctor’s Notebook & Other Stories | Staffel 2
-
Zwiegespräche mit dem älteren Selbst - 8.5/10
8.5/10
Fazit & Wertung:
In der zweiten Staffel A Young Doctor’s Notebook & Other Stories wird zwar der tiefschwarze Humor zuweilen zurückgefahren, weicht aber lediglich zugunsten einer weitaus dramatischeren Note, denn die Tragik der Figur des Dr. Bomgard wird hier mehr denn je – aber gewohnt pointiert – herausgearbeitet, während selbstredend der eigenwillig skurrile Ton der Serie gänzlich erhalten bleibt und das Duo aus Radcliffe und Hamm auch hier wieder restlos begeistert.
Episodenübersicht: Staffel 2
02. Episode 2 (8,5/10)
04. Episode 4 (9/10)
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A Young Doctor’s Notebook & Other Stories | Staffel 2 ist am 27.02.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von polyband erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
Blu-ray: