Review: Puncture – David gegen Goliath (Film)

Heute erzähle ich euch mal von einem Film, der mich, nachdem ich ihn dereinst von einem Grabbeltisch ergattert habe, durchaus positiv überrascht hat, was sicherlich auch an Chris Evans gelegen haben mag, der sich hier noch recht unbedarft an einer ernsten und dramatischen Rolle versucht und dabei doch ziemlich überzeugt, auch wenn der Film leider Schwächen ganz anderer Art aufweist.

Puncture
David gegen Goliath

Puncture, USA 2011, 100 Min.

Puncture - David gegen Goliath | © Great Movies
© Great Movies

Regisseure:
Adam Kassen
Mark Kassen
Autoren:
Chris Lopata (Drehbuch)
Paul Danziger (Story)
Ela Thier (Story)

Main-Cast:
Chris Evans (Mike Weiss)

in weiteren Rollen:

Mark Kassen (Paul Danziger)
Brett Cullen (Nathaniel Price)
Marshall Bell (Jeffrey Dancort)
Michael Biehn (Red)
Jesse L. Martin (Daryl King)
Roxanna Hope Radja (Sylvia)
Tess Parker (Jaime Weiss)
Kate Burton (Senator O’Reilly)
Vinessa Shaw (Nurse Vicky Rogers)

Genre:
Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Puncture - David gegen Goliath | © Great Movies
© Great Movies

Mike Weiss ist ein extrem ambitionierter und gleichermaßen schwer drogensüchtiger Anwalt, der gemeinsam mit seinem Kollegen Paul Danziger eine Kanzlei betreibt, die sich mit Versicherungsfällen und kleineren Streitigkeiten mühsam über Wasser hält. Weiss jedoch träumt von Größerem und riecht Lunte, als er von der Krankenschwester Vicky erfährt, die sich aus Versehen mit einer kontaminierten Nadel gestochen und dadurch mit HIV infiziert hat. Die nämlich erzählt den Junganwälten, dass ein Mann namens Jeffrey Dancort längst eine Sicherheitsspritze entwickelt hat, die derartige Unfälle im Krankenhaus – die Zahl der unabsichtlichen Infizierungen von Pflegepersonal geht jährlich in die Abertausende – vermeiden könnte, jedoch von der Lobby der Pharmaindustrie boykottiert wird. Ungeachtet der schieren Zahl an Anwälten, die sich ihnen entgegenstellen, giert Weiss darauf, gegen die Lobbyisten und ihre Geschäftspraktiken ins Feld zu ziehen…

Rezension:

Bei dem von den Brüdern Adam und Mark Kassen inszenierten Puncture – David gegen Goliath bin ich mir mal wieder nicht sicher, ob nicht unter anderem auch schlechtes Marketing der Grund gewesen sein mag, dass der Film hierzulande direkt auf der runden Scheibe gelandet ist und auch in den Vereinigten Staaten nur mäßig zur Kenntnis genommen worden ist. Allein vom Cover ausgehend nämlich, hätte ich mir nie und nimmer die Art ernsthaften Film auf Tatsachen basierend erwartet, sondern weit eher einen mittelmäßigen Low-Budget-Movie, den ich mir, weil für wenige Euros ergattert und mit Chris Evans in der Hauptrolle, beizeiten mal ansehen wollte. Mit der Annahme einer Low-Budget-Produktion mag ich derweil sogar Recht gehabt haben, doch hatte mich nichts auf den thematisch hochbrisanten, menschlich tragischen und tatsächlich überraschend wirkungsvoll inszenierten Film vorbereitet, der mich erwartete.

Szenenbild aus Puncture - David gegen Goliath | © Great Movies
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Der deutsche Untertitel an sich suggeriert natürlich schon, dass sich ein kleiner Anwalt – in diesem Fall sind es zunächst eher zwei – gegen ein übermächtig scheinendes System auflehnt, was durchaus Erinnerungen an beispielsweise Erin Brockovich hochkommen lässt, auch wenn sich Puncture zugegebenermaßen nicht in denselben qualitativen Gefilden bewegt. So mögen gerade die Szenen vor Gericht überaus generisch geraten sein und auch der Kampf des kleinen Mannes gegen die große Lobby lässt viele Entwicklungen des sich anbahnenden Prozesses beinahe minutiös vorhersehen, doch sind es dafür der Enthusiasmus und Feuereifer von Hauptfigur Mike Weiss, mit der sich Chris Evans (Snowpiercer) nicht nur im dramatischen Fach überzeugend positioniert, sondern die auch das Interesse an dem brisanten Thema aufrechterhält. Denn die perfide Art und Weise, wie hier wortwörtlich und wissentlich Menschenleben geopfert oder zumindest gefährdet werden, um nur ja den höchstmöglichen Profit zu erreichen und nicht etwa Cent-Beträge für eine gesteigerte Sicherheit investieren zu müssen, sorgt schon das eine oder andere Mal für einen gehörigen Kloß im Hals.

Schade, dass man sich bezüglich der Infektionsgefahr, den unhaltbaren Machenschaften der Pharmaindustrie, dem verworrenen und oft aus schlichtweg unerfindlichen Gründen regelrecht mauerndem Rechtssystem nicht noch eingehender hat widmen können, denn erzählerische Tiefe bleibt dann oft nur bloße Behauptung, während einem zumindest Protagonist Weiss fernab des Gerichtssaals näher gebracht wird, was in dem Fall allerdings übersteigerten Drogenkonsum und reichlich Abstürze beinhaltet, die aber immerhin nicht dem reinen Selbstzweck dienen, sondern die Figur umreißen, die man schon beinahe als tragischen Helden verstanden wissen will. Dem gegenüber liefert Brett Cullen (Person of Interest) als Sprachrohr der Lobbyisten eine zwar nicht so differenzierte, aber durchaus eindringliche Darstellung ab, während Weiss‘ Anwaltskollege, der von Regisseur Mark Kassen verkörperte Paul Danziger dann in weiten Teilen doch bloß Stichwortgeber bleibt, bevor er sich zumindest im letzten Drittel des Films noch einmal wird behaupten können dürfen. Überzeugend dagegen der Ansatz, die realen Folgen einer unbeabsichtigten Infektion anhand der Krankenschwester Vicky Rogers (Vinessa Shaw, Cold in July) zu verdeutlichen, die sowohl den Film eröffnet, als auch den eigentlichen Fall in Gang bringt, derweil ich nicht habe ermitteln können, ob es sich um eine reale Person handelt.

Szenenbild aus Puncture - David gegen Goliath | © Great Movies
© Great Movies

So gestaltet sich Puncture inszenatorisch ziemlich durchwachsen und selten gelingt es, den Prozess und die Ermittlungen, Mikes Drogensucht und die Thematik an sich in wirklich überzeugenden Einklang zu bringen, doch lohnt der Film im Grunde allein aufgrund seiner gesellschaftlichen Relevanz, zumal ich bis dato von dem behandelten Fall absolut keine Kenntnis hatte, auch wenn das sicherlich mit Alter und Staatsangehörigkeit zusammenhängen mag. Nichtsdestotrotz bring der Film zum Nachdenken und läuft vor allem zum Ende hin noch einmal zu dramaturgischer Hochform auf, die vereinzelten Leerlauf im Mittelteil beinahe vergessen lässt. Sofern man sich für Gerichts-Dramen erwärmen kann oder auch einfach nur mal Evans in einer etwas anderen, etwas anspruchsvolleren Rolle sehen möchte, könnte sich ein Blick hier auf alle Fälle lohnen, denn auch wenn das Skript an der einen oder anderen Stelle noch ausbaufähig gewesen wäre, ändert das nichts an der Botschaft und dem Thema des Films – und die sind gleichermaßen erschreckend.

Fazit & Wertung:

Die Regisseure und Brüder Adam und Mark Kassen offerieren mit Puncture – David gegen Goliath ein vielversprechendes Justiz-Drama mit einer polarisierenden Hauptfigur. Ihre Wucht erhält die Erzählung ohne Frage dadurch, dass sie auf realen Ereignissen beruht, bis hin zu einem überraschenden Ende, das den bis dahin inszenatorisch doch oft durchwachsenen Film auf einer nachdenklich stimmenden Note ausklingen lässt.

7 von 10 aussichtslos scheinenden Anträgen

Puncture – David gegen Goliath

  • Aussichtslos scheinende Anträge - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Die Regisseure und Brüder Adam und Mark Kassen offerieren mit Puncture – David gegen Goliath ein vielversprechendes Justiz-Drama mit einer polarisierenden Hauptfigur. Ihre Wucht erhält die Erzählung ohne Frage dadurch, dass sie auf realen Ereignissen beruht, bis hin zu einem überraschenden Ende, das den bis dahin inszenatorisch doch oft durchwachsenen Film auf einer nachdenklich stimmenden Note ausklingen lässt.

7.0/10
Leser-Wertung 10/10 (1 Stimmen)
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Puncture – David gegen Goliath ist am 17.11.11 auf DVD und Blu-ray bei Great Movies erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Blu-ray:

vgw

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