Review: Goyas Geister (Film)

Hier nun die versprochene Enttäuschung für diese Woche, denn während ich noch so dachte, bestimmt einen ganz tollen Film serviert zu bekommen, regte sich zunehmender Unmut in mir und am Ende wusste mich Formans Werk in kaum einem Belang wirklich zu überzeugen.

Goyas Geister

Goya’s Ghosts, USA/ES 2006, 113 Min.

Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
Milos Forman
Autoren:
Milos Forman
Jean-Claude Carrière

Main-Cast:
Javier Bardem (Lorenzo)
Natalie Portman (Inés / Alicia)
Stellan Skarsgård (Francisco Goya)
in weiteren Rollen:
Randy Quaid (King Carlos IV)
José Luis Gómez (Tomás Bilbatúa)
Michael Lonsdale (Inquisitor General)

Genre:
Biografie | Historie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Nachdem sich die Kirche von den Werken des Malers Francisco de Goya provoziert fühlt, ist es für Pater Lorenzo ein Leichtes, die Kirchenoberen zu überreden, die alten Foltermethoden der Inquisition wieder aufleben zu lassen. Als eine der ersten fällt die junge Ines diesen Methoden zum Opfer und wird fälschlicherweise der Ketzerei bezichtigt und inhaftiert. Gleichwohl sowohl Ines‘ Vater als auch Goya gegen diese falschen Anschuldigungen vorzugehen versuchen, gelingt es ihnen doch selbst mit der erzwungenen Hilfe von Lorenzo nicht, Ines‘ Freilassung zu erwirken. Das allerdings wird schnell im Licht der verstreichenden Jahre relativiert und erst sechzehn Jahre später, nachdem Napoleons Truppen Spanien erobert haben, erhält Ines ihre Freiheit zurück und stolpert orientierungslos in eine neue Welt. Verzweifelt wendet sie sich an den mittlerweile tauben Goya, der sie zunächst kaum erkennt. Als er erfährt, dass Ines in ihrer Gefangenschaft nach eigenen Angaben ein Kind zur Welt gebracht haben soll, setzt er alles daran, der verzweifelten Mutter zu helfen…

Rezension:

Tatsächlich war ich im Vorfeld der Meinung, mich mit Goyas Geister einem lange vernachlässigten, filmischen Kleinod zu widmen, wofür nicht zuletzt die formidable Besetzung zu sprechen schien, doch weit gefehlt, vermag der Film selbst seine wenigen vielversprechenden Ansätze kaum zu verwandeln und verschießt sein bestes Pulver bereits in der ersten Hälfte der Kostüm-Schmonzette, so dass es hier wenigstens noch ein bis zwei starke Szenen mit Natalie Portman zu bestaunen gibt und ein ungewöhnlich verlaufendes Abendmahl kurz so etwas wie Dynamik suggeriert, bevor der von Milos Forman inszenierte Film schnell in staubtrockener Langatmigkeit und Beliebigkeit versandet. So ist die Kritik an der spanischen Inquisition sicherlich ein hochspannender Aspekt des Geschehens, doch scheint man das Thema nie so recht greifen zu können und wenn es sich abzeichnet, dass sich dies noch ändern könnte, überrascht der Regisseur mit einem siebzehn Jahre umfassenden Zeitsprung, nach dem dramaturgisch betrachtet plötzlich wirklich alles im Argen liegt, zumal man, wenn geschichtlich nicht so bewandert, quasi keine Informationen an die Hand bekommt, was in der Zwischenzeit alles passiert sein mag.

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

So handelt Goyas Geister auch im Grunde überhaupt nicht von Goya selbst, weshalb Stellan Skarsgård (Thor) als dessen Verkörperung nicht von ungefähr erst an dritter Stelle genannt wird, sondern vielmehr von der zu Unrecht der Ketzerei bezichtigten Ines und dem opportunistischen Lorenzo. Zwar wird Goya zwischenzeitlich als eine Art Held-Ersatz inszeniert und führt insbesondere in der zweiten Hälfte quasi durch die Geschichte, doch hat weder seine Kunst noch sein Charakter sonderlichen Einfluss auf die Geschichte, wodurch Goya selbst ausnehmend blass bleibt und Skarsgård sich selbst in den besten Momenten mit einer zutiefst undankbaren Rolle konfrontiert sieht. Natalie Portman (Auslöschung) trifft es da als unbedarft-naive Ines nicht wirklich besser, denn ihre Figur bleibt nicht weniger rudimentär skizziert und verkommt zum puren Plot-Device, wobei Portman hier wie gesagt zumindest kurz in wahrhaft emotionalen Momenten zu punkten versteht, spätestens nach der "Siebzehn Jahre später"-Einblendung unverschuldet zur melodramatischen Lachnummer verkommt.

So wird all das, was zumindest in irgendeiner Form Interesse und Neugierde wecken könnte in der zweiten Hälfte genussvoll an die Wand gefahren und dank der oberflächlichen Figurenzeichnung haben mich auch die jeweiligen Schicksale trotz all ihrer Tragik kaum bis gar nicht tangiert, während es wie gesagt unverständlich bleibt, wieso die Wahl überhaupt auf Goya als Protagonisten fiel, denn allein seine Kunst hätte schließlich allerlei Möglichkeiten geboten, sich inszenatorisch beim eigentlichen Film daran zu orientieren und ein wahrhaft phantasmagorisches Manifest zu schaffen, doch stattdessen bekommt man es lediglich mit den üblichen Kostümfilm-Versatzstücken zu tun, die noch dazu im schlechtesten Sinne altbacken wirken und dadurch das Gefühl einer "staubtrockenen" Inszenierung noch verstärken. Javier Bardem (The Gunman) hat da als Lorenzo zwar noch den dankbarsten Part erwischt, doch bleibt auch seine Figur wenig greifbar und hätte gerne ein paar erklärende Szenen spendiert bekommen können.

Szenenbild aus Goyas Geister | © Universum Film
© Universum Film

Der Fortgang der Geschichte mag in dieser Hinsicht zwar konsequent sein, doch hatte mich Goyas Geister eben schon zu einem viel früheren Zeitpunkt als interessierten Zuschauer verloren, zumal dank der zunehmenden Melodramatik der Streifen nicht nur als Biografie, sondern selbst als Drama kaum zu gebrauchen, geschweige denn zu empfehlen ist. Da hilft es dann auch nicht, dass Portman später sogar noch in einer Doppelrolle aufspielen darf, denn auch dieser Teil der Geschichte wirkt wie behelfsmäßig drangeschustert, statt sich stimmig in die Erzählung zu fügen, die meines Erachtens inszenatorisch an so ziemlich allen Ecken krankt und schließlich – immerhin konsequent – genauso unaufgeregt und belanglos zu Ende geht. Fiele die Frage nach einem Film der verpassten Möglichkeiten, kann ich immerhin fortan diesen hier benennen, denn nicht nur in Anbetracht der Besetzung hätte ich mir niemals träumen lassen, dass das, was einem filmisch hier geboten wird, mich so kalt lassen würde, wie dieses fragmentarisch wirkende, sich später vor Kitsch und Klischee überschlagende Werk es letztlich getan hat. Das Beste an dem Film mag dann vielleicht noch der Abspann sein, in dem man immerhin noch einige Gemälde von Goya präsentiert bekommt und darüber ins Träumen geraten kann, was für ein visuelles "Vergnügen" der Film hätte sein können, hätte man sich zumindest von Goyas außergewöhnlicher Kunst ein wenig für Look und Set-Design inspirieren lassen.

Fazit & Wertung:

Milos Forman liefert mit Goyas Geister nur dem Namen nach die Geschichte des Malers Francisco de Goya, denn der bleibt hier ein auffallend blass bleibender Pseudo-Protagonist, der mehr schlecht als recht durch eine zunehmend zerfahrener und melodramatischer wirkende Geschichte führt, ansonsten aber herzlich wenig Belang für Stil, Inhalt und Optik des Films hat. Die eigentlich im Zentrum stehende Geschichte um Pater Lorenzo und die junge Ines derweil vermag allerdings auch nicht mehr aus diesem staubtrockenen Historien-Drama herauszuholen.

4 von 10 argwöhnisch beäugten Gemälden

Goyas Geister

  • Argwöhnisch beäugte Gemälde - 4/10
    4/10

Fazit & Wertung:

Milos Forman liefert mit Goyas Geister nur dem Namen nach die Geschichte des Malers Francisco de Goya, denn der bleibt hier ein auffallend blass bleibender Pseudo-Protagonist, der mehr schlecht als recht durch eine zunehmend zerfahrener und melodramatischer wirkende Geschichte führt, ansonsten aber herzlich wenig Belang für Stil, Inhalt und Optik des Films hat. Die eigentlich im Zentrum stehende Geschichte um Pater Lorenzo und die junge Ines derweil vermag allerdings auch nicht mehr aus diesem staubtrockenen Historien-Drama herauszuholen.

4.0/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Goyas Geister ist am 25.06.07 auf DVD und am 28.10.11 auf Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar