Auch diese Woche habe ich freilich wieder einige Film-Kritiken in petto und kann schon jetzt verraten, dass bis einschließlich Freitag sämtliche Werke – selbst die morgige Buch-Rezension – mit "B" beginnen werden, wobei ich jetzt nicht wirklich sagen könnte, inwieweit diese Information euch weiterhelfen mag.
Black 47
Black ’47, IE/LU 2018, 100 Min.
© Ascot Elite
Lance Daly
Lance Daly
P.J. Dillon
Pierce Ryan
James Frecheville (Feeney)
Stephen Rea (Conneely)
Freddie Fox (Pope)
Moe Dunford (Fitzgibbon)
Sarah Greene (Ellie)
Jim Broadbent (Lord Kilmichael)
Historie | Drama
Trailer:
Inhalt:
© Ascot Elite
Im Jahre 1847 kehrt Martin Feeney als Deserteur aus Afghanistan zurück, wo er unter britischer Flagge gekämpft hat, um daheim in Irland seiner Familie beizustehen, doch die grüne Insel wird geplagt von "An Gorta Mor", der Großen Hungersnot, die zwischen 1845 und 1852 rund eine Million Menschen dahinraffen sollte. Feeney muss erfahren, dass seine Mutter bereits am Hunger gestorben ist, während sein Bruder von den Briten zum Tode verurteilt und hingerichtet worden ist. Schließlich muss Feeney noch erleben, wie sein Neffe erschossen wird und findet schlussendlich seine Schwägerin erfroren in ihrem mutwillig zerstörten Heim. Aller Verbindungen zu seinem früheren Leben beraubt, startet der wortkarge Kriegsheimkehrer einen Rachefeldzug quer durch die politischen und gesellschaftlichen Instanzen der britischen Besatzer, die ihrerseits den geächteten Hannah auf den Deserteur ansetzen, mit dem er einst Seite an Seite gekämpft hat…
Rezension:
So ganz einig bin ich mir nicht, was ich von Lance Dalys Black 47 halten soll, denn einerseits widmet sich das ambitionierte Filmprojekt einem gern ignorierten, quasi totgeschwiegenen Kapitel der irischen Geschichte, andererseits versäumt der Filmemacher aber auch immer wieder Chancen, sich diesem Thema abseits teils drastischer, erschreckender Bilder wirklich eingehend zu widmen. Der Plot des Films wird dabei als überschaubar stringenter Genre-Beitrag in Form eines Rache-Trillers angelegt, in dessen bewusstem Minimalismus sich zwar die Ohnmacht und Wut des Protagonisten Feeney widerspiegelt, dessen Distanziertheit aber eher dem außenstehenden Kolonialisten Hannah hätte vorbehalten bleiben dürfen. So erblickt man zwar aus sowohl Feeneys als auch Hannahs Augen all die Gräuel, denen sich die irische Bevölkerung ausgesetzt sieht, doch verhindert die stilisierte, entsättigte Inszenierung eher, dass man sich in deren Lage versetzen kann, als dass es das Elend unterstreichen würde.
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Eines der großen Probleme aber, die ich mit der Handlung von Black 47 hatte, war, dass dieser Martin Feeney – dargestellt von James Frecheville – nicht nur bis zuletzt unnahbar und damit wenig greifbar bleibt, sondern als Protagonist auch über die Maßen blass, so dass die reinen Gründe für sein Handeln und den angestrebten Rachefeldzug zwar nachvollziehbar skizziert werden, mich aber auf emotionaler ebene kaum zu erreichen wussten. Nun mag es sicherlich beabsichtigt gewesen sein, Feeney möglichst emotionslos und resigniert zu zeigen, doch erschwert das den Zugang zu der Figur erheblich, derweil seine Figur anfänglich weit mehr im Vordergrund steht als der von Hugo Weaving (Hacksaw Ridge) verkörperte Hannah. Was hingegen gelingt, ist das gegenläufige Spannungsverhältnis zwischen den beiden ehemaligen Kriegskameraden, obwohl und gleichsam gerade weil sie sich in den seltensten Fällen am selben Ort befinden, denn während Feeney seine Resignation in ohnmächtige Wut verwandelt, wandelt sich Hannahs anfängliche Distanziertheit in langsames Begreifen, Erkenntnis und Betroffenheit, während die Umstände ihm vermehrt die irische Sicht der Dinge nahebringen.
In weiteren Rollen wissen insbesondere Freddie Fox (The Riot Club) als arroganter Emporkömmling Pope sowie Stephen Rea (V wie Vendetta) als spitzzüngiger Reiseführer und Übersetzer Conneely gekonnt Akzente zu setzen, derweil Jim Broadbent (Brooklyn) seine Rolle als Lord Kilmichael und damit Quasi-Verkörperung all dessen, was Feeney an den britischen Besatzern anprangert, gewohnt souverän ausfüllt. Der Fokus von Black 47 liegt aber ganz klar auf den Kontrahenten Feeney und Hannah, deren sich langsam offenbarende Gemeinsamkeiten den Kern des emotionalen Gefüges bilden, wobei man in Anbetracht der teils bis heute bestehenden Konflikte zwischen Iren und Engländern mitnichten auf eine Katharsis hoffen sollte, denn die bleibt den Handelnden – ihr eigenes Verderben schon von langer Hand im Blick – beinahe ausnahmslos verwehrt, derweil zumindest die den Film beschließende Szene gehörigen Symbolcharakter besitzt.
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Dennoch ist Black 47 aber auch ein Film der verpassten Chancen geworden, denn das simple Konstrukt des Rache-Plots verhindert es geradezu offensiv, dass Daly sich eingehender mit den Folgen und Hintergründen der Hungersnot auseinandersetzt, denn nach der teils regelrecht plakativ inszenierten Trisstesse wird es für Feeney stets Zeit für den nächsten Mord, derweil auch Hannah nebst Pope und Conneely kaum länger an einem Ort verweilen, um dem selbsternannten Rächer auf den Fersen zu bleiben. So ermöglicht diese Rahmenhandlung es dem Regisseur zwar, einen Western zu inszenieren, der gänzlich untypisch auf einer grünen Insel spielt (die hier wie erwähnt aber kaum als grün zu bezeichnen ist), verwehrt ihm in dieser Art der Stilisierung des Geschehens aber auch die Chance, noch weit mehr aus dem Kontext der Geschichte herauszuholen, denn das eigentliche Leid der irischen Bevölkerung verkommt hier doch allzu oft zu leisem Hintergrundrauschen. Gleichwohl ein durchaus sehenswerter Film mit einem überzeugend aufspielenden Hugo Weaving, doch liegen die Qualitäten hier oft mehr im Subtext, denn zu vieles bleibt – getreu dem propagierten Western-Flair – unausgesprochen.
Black 47
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Momente allumfassender Resignation - 6.5/10
6.5/10
Fazit & Wertung:
Der irische Regisseur Lance Daly liefert mit Black 47 ein grundsätzlich überzeugendes Historien-Drama ab, doch tut sich der Film mit seinem simplifizierten Rache-Plot nicht immer einen Gefallen, denn aus dem Kontext der Geschichte hätte man noch weit mehr machen können, wenn die überstilisierte, an einen Western gemahnende Inszenierung nicht den Zugang zum Stoff erschweren würde.
Black 47 erscheint am 14.12.18 auf DVD und Blu-ray bei Ascot Elite. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
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