Review: Marco Polo | Staffel 1 (Serie)

Nicht mehr lange und der Countdown läuft quasi, aber wie gesagt, lasse ich mich ja von nahenden Silvester-Festivitäten nicht beirren und blogge weiter vor mich hin, bis das Jahr sich dann tatsächlich dem Ende neigt, weshalb ich euch heute einlade, mit mir dem Hof des Kublai Khan einen Besuch abzustatten.

Marco Polo
Staffel 1

Marco Polo, USA 2014-, ca. 55 Min. je Folge

Marco Polo | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Serienschöpfer:
John Fusco
Showrunner:
John Fusco

Main-Cast:
Lorenzo Richelmy (Marco Polo)
Benedict Wong (Kublai Khan)
Joan Chen (Empress Chabi)
Rick Yune (Kaidu)
Amr Waked (Yusuf)
Remy Hii (Prince Jingim)
Zhu Zhu (Kokachin)
Tom Wu (Hundred Eyes)
Mahesh Jadu (Ahmad)
Olivia Cheng (Mei Lin)
Uli Latukefu (Byamba)
Chin Han (Jia Sidao)
in weiteren Rollen:
Pierfrancesco Favino (Niccolò Polo)
Tan Kheng Hua (Empress Dowager)
Claudia Kim (Khutulun)
Shu An Oon (Jing Fei)
Lawrence Makoare (Za Bing)
Corrado Invernizzi (Maffeo Polo)

Genre:
Historie | Abenteuer | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Im Jahre 1270 begibt sich der junge Marco Polo mit seinem ihm fremd gewordenen Vater aus Abenteuerlust und Neugier auf eine Reise von Venedig aus in das ferne Asien, über die Seidenstraße bis an den Hof des Kublai Khan und völlig unerwartet ist es Marcos Vater Niccolò, der seinen eigenen Sohn bereitwillig dem Khan als Pfand anbietet, um auch weiterhin die Handelsroute entlang der Seidenstraße nutzen zu dürfen. Kaum kommt Marco dazu, seinen Protest kundzutun, wird er von den Wachen abgeführt und sieht sich plötzlich sowohl als Gefangener wie gleichsam Gast des Khan an dessen Hof. Der entwickelt bald ein reges Interesse an dem jungen Mann und trägt ihm auf, verschiedenen Treffen beizuwohnen, Botengänge zu erledigen und ihm aus seiner Sicht seine Eindrücke und Erlebnisse zu schildern.

Szenenbild aus Marco Polo | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Während Kublai Khan Marco Polo zu dem taoistischen Mönch Hundert Augen bringen lässt, bei dem Marco die Kunst des Kung Fu erlernen soll, erstrecken sich gleich eine Vielzahl Intrigen quer durch das Herrschaftsgebiet des Khan, von denen dieser bis dato kaum etwas ahnt, zumal er im offenen Konflikt mit der südchinesischen Song-Dynastie steht, die von einem kindlichen Kaiser regiert wird, so das de facto der machtgierige und überambitionierte Kanzler Jia Sidao die Zügel in der Hand hält und seinerseits das Reich der Mongolen zu Fall bringen will. Damit nicht genug, zieht der neugierige und wissbegierige Marco mehr und mehr den Zorn von Jingim, Kublais Sohn, auf sich, je weiter er in der Gunst des Khans steigt.

Rezension:

Als eine der ersten auch hierzulande großflächig beworbenen Eigenproduktionen seitens des Streaming-Anbieters Netflix stand spätestens zur Veröffentlichung der DVD- und Blu-ray der ersten Staffel Marco Polo eine Sichtung weitestgehend außerfrage, wussten mich insbesondere historische Stoffe schon seit jeher zu faszinieren, wenngleich ich für meinen Teil hier doch deutlich mehr auf den Unterhaltungswert denn auf historische Akkuratesse achte, was speziell dieser Serie natürlich auch wieder zugutekommt, denn über den Grad geschichtlicher Detailgenauigkeit ließe sich gerade hier sowohl streiten als auch diskutieren, existieren schließlich einerseits verschiedenste Variationen der Reiseberichte Marco Polos, während sich andererseits nicht leugnen lässt, dass hier vieles zugunsten dramaturgischer Überspitzung mal mehr mal minder zurechtgebogen worden ist, wohingegen der Ausgang der Chose im Grunde bekannt sein mag, doch sind das eben alles Dinge, die man bei einer derartigen Serie durchaus erwarten darf und die keinen Anlass für Kritik geben. Nichtsdestotrotz ist allein schon in der zehn Episoden ersten Staffel das Leben des Marco Polo selbst in akuter Gefahr, was man aber achselzuckend hinzunehmen bereit ist, steht hier das Überleben der im Grunde einzigen Hauptfigur schließlich niemals zur Debatte, was dann doch die Spannung einzelner Szenen zu mindern weiß.

Szenenbild aus Marco Polo | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Davon abgesehen präsentiert sich die erste Staffel Marco Polo insbesondere optisch und inszenatorisch aber von seiner besten Seite, so dass man durchaus merkt, dass eine Menge Geld in die Hand genommen worden sein muss, um die zahllosen opulenten Kulissen, die durch die Bank weg überzeugenden Kostüme, vor allem aber auch hinsichtlich des Make-Up die physiognomischen Unterschiede der vergleichsweise grobschlächtiger und kantiger wirkenden Mongolen im Vergleich zu den Süd-Chinesen Wirklichkeit werden zu lassen, wenn ich aber auch bei all dem Budget und den dennoch vorhandenen Problemen bei einer Serienproduktion enttäuscht war, als eine über mehrere Folgen und großspurig angekündigte Schlacht schließlich in einer knappen Szenen-Montage mit Voice-over-Kommentar mündete, was der aufgebauten Erwartungshaltung schlichtweg nicht gerecht wurde, was man wiederum aber auch aus beispielsweise der ersten Staffel Game of Thrones noch kennt, wo sich die eigentliche Schlacht zwischen den Folgen sozusagen im Off abspielt, statt wirklich gezeigt zu werden. Immerhin wird man für diese Entscheidung im ungleich mitreißenderen Finale entschädigt, wo man anscheinend extra noch einige Milliönchen reserviert hatte, um zumindest diese Folge erwartungsgemäß überbordend und spektakulär inszenieren zu können.

Wo Marco Polo aber auf optischer Seite alles richtig macht, krankt die Serie gerade zu Beginn an einem recht holprigen Einstieg, so dass es für mich persönlich bis zu Der vierte Schritt (1.04) dauern sollte, bis ich wirklich warm wurde mit dem Geschehen, denn gerade Marco Polo wirkt doch anfänglich extrem zurückhaltend und spielt in der breit angelegten Fehde zwischen Mongolen und Chinesen eine kaum mehr untergeordnete Rolle, wohingegen die Szenen, in denen er von Kublai Khan aufgefordert wird, in blumiger Art und Weise seine Eindrücke zu schildern, durchaus zu gefallen wussten, doch während sich Marco Polo eben ab der vierten Folge als eigenständige Figur mit Bewandtnis zu emanzipieren weiß, nehmen im gleichen Maße diese Schilderungen ab, was überaus bedauerlich ist, da man aus diesem Kniff sicherlich noch weitaus mehr hätte machen können, zumal er dann zum Ende hin mehr und mehr wie eine Variation des ähnlich frei interpretierten Leonardo Da Vinci aus Da Vinci’s Demons wirkt.. So ist die Serie aber von Anfang an auch vielmehr ein Ensemble-Stück als dass man das Gefühl hätte, der junge Polo stände hier im Mittelpunkt der Ereignisse, was zwar einerseits zu begrüßen ist, da er hier mehr als Beobachter denn als Schlachtenführer inszeniert wird, doch irgendwann scheinen sich auch in diesem Fall die Autoren gedacht zu haben, dass es doch irgendwie cooler wäre, Marco Polo als draufgängerischen Krieger zu inszenieren, was in eine teils extrem holprigen Charakterentwicklung mündet, wenn man sich einmal vor Augen führt, wie schnell er allein seine Kampfkünste zu verbessern imstande ist.

Szenenbild aus Marco Polo | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Für diese Kampfausbildung derweil verantwortlich ist der von Tom Wu verkörperte taoistische und blinde Mönch Hundert Augen – im Original Hundred Eyes – , der in punkto Coolness sicherlich einer der heimlichen Helden der Serie ist und einerseits in Die Feder des Gelehrten (1.07), andererseits in der finalen Folge Das Himmlische und das Ursprüngliche (1.10) zwei denkwürdige Auftritte haben darf, wobei dessen Martial-Arts-Kampfkünste wie die gesamte Konzeption der Figur an sich als purer Fan-Service gewertet werden darf, denn eigentlich handelte es sich um einen mongolischen General, der für Kublai Khan gegen die Song-Dynastie ins Felde zog, also eine ganz und gar andere Rolle bekleidete, als er es hier in der Serie tut. Ebenfalls als Fan-Service werten darf man natürlich auch die hier in so gut wie jeder Folge beinahe obligatorischen Nacktszenen vornehmlich weiblicher Figuren, die hier anders als in ähnlich gearteten Serien gefühlt weitaus weniger zur Handlung beitragen und sich oftmals als purer Blickfang zu erkennen geben, aber damit rechnet man ja heutzutage beinahe schon, ebenso wie mit mancher auch hier vorhandenen Gewaltspitze, wobei die weitaus sorgsamer und spärlicher gesetzt worden sind.

Darstellerisch zuletzt präsentiert sich der Cast von Marco Polo grundsätzlich solide, doch während beispielsweise Benedict Wong als oft wankelmütig wirkender Kublai Khan die meiste Zeit überzeugt, wirkt er gerade in seiner aufbrausenden Art auch manchmal etwas unglaubwürdig, gibt derweil Amr Waked (Lucy) als Yusuf eine durchweg charismatische, überzeugende Vorstellung abliefert und man sich für die Figur des Kaidu vom Hause Ögedei, dargestellt von Rick Yune (Olympus Has Fallen) gerne etwas mehr Screentime gewünscht hätte, ebenso wie seiner Tochter Khutulun (Claudia Kim), die mit viel Tamtam als große Kriegerin eingeführt wird und dann herzlich wenig zu tun bekommt, was umso ärgerlicher ist, da es sich um die mitunter spannendste Frauenfigur der Produktion handelt, denn wenn auch die anderen weiblichen Charaktere durchaus ihre Szenen zugestanden bekommen, allzu oft ansonsten aber das Gefühl vorherrscht, die Frauen dienen nur als obligatorisches Eye-Candy, was nicht gerade für eine vielschichtige Charakterzeichnung spricht. Last but not least aber die charismatischste und furchterregendste Erscheinung ist Chin Han als chinesischer Kanzler Jia Sidao, der zwar wie so oft übertrieben kampferfahren und schlagkräftig inszeniert wird, zusammen mit seiner kaltherzig berechnenden Art dadurch aber auch einen Antagonisten erster Güte abgibt.

Szenenbild aus Marco Polo | © Ascot Elite
© Ascot Elite

Summa summarum ist die erste Staffel Marco Polo nach einem unglücklich gewählten Einstieg durchaus überzeugend geraten, doch ist hier in dramaturgischer Hinsicht noch merklich Luft nach oben, wohingegen zumindest die faszinierenden Kulissen und Kostüme über jeden Zweifel erhaben sind, was aber eben nicht immer ausreicht, um über die zuweilen etwas schwerfällige Handlungsentwicklung hinwegzutäuschen. Immerhin nimmt die Serie aber von Folge zu Folge zunehmend an Fahrt auf und auch wenn man sich daran stören mag, dass gerade gegen Ende zugunsten eines spektakulären Finales die historisch verbrieften Gegebenheiten doch weitaus mehr als nur ein wenig zurechtgebogen worden sind, bietet der Ausflug in die Mongolei des 13. Jahrhunderts doch durchaus lohnenswerte und vor allem unverbrauchte Unterhaltung mit einigen teils gehörigen Schauwerten.

Fazit & Wertung:

Zwar orientiert sich Marco Polo teils nur grob an verbrieften geschichtlichen Ereignissen und legt in der zehn Episoden umfassenden Handlung eine teils doch sehr sprunghafte Entwicklung hin, doch ist diese nach einem etwas holprigen Start auch zuweilen bitter nötig. In der Summe allerdings weiß der Ausflug an den Hof von Kublai Khan durchaus zu gefallen, was aber zuvorderst an den Schauwerten, einigen Martial Arts-Einlagen und einer stimmigen Inszenierung liegen mag denn an dramaturgischer Raffinesse, da man hier noch weitaus mehr in die Tiefe hätte gehen können, statt sich oftmals auf plakative Nacktheit und Gewalt als Zugpferde zu verlassen.

8 von 10 eloquent vorgetragenen Schilderungen des jungen Marco Polo

Marco Polo | Staffel 1

  • Eloquent vorgetragene Schilderungen des jungen Marco Polo - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Zwar orientiert sich Marco Polo teils nur grob an verbrieften geschichtlichen Ereignissen und legt in der zehn Episoden umfassenden Handlung eine teils doch sehr sprunghafte Entwicklung hin, doch ist diese nach einem etwas holprigen Start auch zuweilen bitter nötig. In der Summe allerdings weiß der Ausflug an den Hof von Kublai Khan durchaus zu gefallen, was aber zuvorderst an den Schauwerten, einigen Martial Arts-Einlagen und einer stimmigen Inszenierung liegen mag denn an dramaturgischer Raffinesse, da man hier noch weitaus mehr in die Tiefe hätte gehen können, statt sich oftmals auf plakative Nacktheit und Gewalt als Zugpferde zu verlassen.

8.0/10
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Episodenübersicht: Staffel 1

01. Der Reisende (7/10)
02. Vom Wolf und vom Hirsch (7,5/10)
03. Das Fest (7,5/10)
04. Der vierte Schritt (8/10)
05. Assassinen (8,5/10)
06. Der Weiße Mond (8/10)
07. Die Feder des Gelehrten (8,5/10)
08. Die Abbildung (8/10)
09. Die Gefangenen (8,5/10)
10. Das Himmlische und das Ursprüngliche (9/10)

 
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Marco Polo | Staffel 1 ist am 12.12.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Ascot Elite erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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