Review: Straße der Toten | Joe R. Lansdale (Buch)

Auch heute beehre ich euch freilich wieder mit einer buch-Rezension und freue mich, mal wieder etwas von Lansdale berichten zu können, nachdem ich mit den Storys rund um Hap und Lenard jüngst ein wenig pausiert habe. Mit denen geht es heute auch (noch) nicht weiter, doch dafür darf ich euch Reverend Jebidiah Mercer vorstellen.

Straße der Toten

Deadman’s Road, USA 2010, 285 Seiten

Straße der Toten von Joe R. Lansdale | © Golkonda Verlag
© Golkonda Verlag

Autor:
Joe R. Lansdale
Übersetzer:
Robert Schekulin
Doreen Wornest

Verlag (D):
Golkonda
ISBN:
978-3-942-39656-1

Genre:
Western | Horror | Fantasy | Thriller

 

Inhalt:

Es war ein Albtraum voller verzerrter Erinnerungen, die in den Tiefen seines Gehirns umherspukten wie Gespenster. Und am schlimmsten quälte ihn die Spinne. Das spinnenartige Ding. Als ob es irgendetwas verkörperte oder ihn vor etwas warnen sollte.

Als Prediger hat Reverend Jebidiah Mercer seine besten Tage längst hinter sich und betreibt die Gottesarbeit bloß noch zum Broterwerb, als er in dem verschlafenen Örtchen Mud Creek eintrifft. Dabei wird Mercer nicht nur von Alpträumen und seiner Vergangenheit geplagt, sondern glaubt auch längst nicht mehr, dass Gott den Menschen in irgendeiner Weise wohlgesonnen wäre. Als die ersten merkwürdigen Ereignisse in Mud Creek ihren Gang nehmen und erste Todesopfer fordern, sieht Jebidiah sich schnell bestätigt und mit Hilfe des Dorfarztes und dessen Tochter gelingt es ihm, den okkulten Ursachen des zunehmend bedrohlicher werdenden Treibens auf die Spur zu kommen, was aber längst nicht bedeutet, dass es ihnen auch gelingen wird, diesen dämonischen Kräften Einhalt zu gebieten. Doch im Wilden Westen lauern darüber hinaus noch weit mehr übernatürliche Gefahren, denen der mit dem Revolver und Bibel ausgestattete Wanderer sich wird stellen müssen, ob es ihm gefällt oder nicht…

Rezension:

Nachdem ich vor einigen Monaten im ziemlichen Hap & Leonard-Rausch gewesen bin und damit die Lektüre an Büchern des großartigen Joe R. Lansdale in ungeahnte Höhen getrieben habe, stieß ich unter anderem auch dort (auf den jeweils letzten Seiten) auf Straße der Toten und fühlte mich von Thematik und Aufmachung prompt angesprochen, zumal ich mit Lansdale ja eigentlich noch nie daneben gelegen habe. Hier nun finden sich insgesamt fünf Storys um den revolverschwingenden Prediger und Monsterjäger Reverend Jebidiah Mercer, die zwischen 1983 und 2010 an unterschiedlichen Stellen veröffentlicht worden sind und wie so oft erst mit dieser Ausgabe überhaupt gesammelt in deutscher Form vorliegen, wobei die den Band beschließende Geschichte Tief unter der Erde in dieser Sammlung ihre Erstveröffentlichung erlebt hat. Freilich darf man sich hier nicht dieselbe sprachliche Finesse wie bei Lansdales gefeierten Romanen späterer Zeit erwarten, doch ähnlich wie schon die Drive-In-Trilogie gelingt ihm hier eine zwar trashige, aber ungemein unterhaltsame und stilistisch gelungene Exkursion, die sich diesmal im Metier des Fantasy-Western umtut.

Es gab keinen Gott. Seine Gebete waren bloße Worte, die er in den Wind sprach und die vom Winde verweht wurden wie Steppenläufer.
Er rutschte vom Bett und holte seine Bibel aus der Manteltasche. Ein ziemlich zerlesenes Exemplar. Allerdings hatte er die Liebe zu ihr längst verloren. Das Predigen war nur noch sein Brotberuf, sonst nichts. Er musste zugeben, dass dies schon längere Zeit so war.

Den Auftakt derweil macht der Kurzroman Dead in the West und der funktioniert als Einstand formidabel (war ja auch die erste Geschichte um den Reverend), da sie einem die Figur doch deutlich näher bringt und sozusagen die Origin erzählt, wie es dazu kam, dass der Reverend eben nicht mehr nur predigend, sondern auch Monster jagend durch den Wilden Westen zieht. Dramaturgisch ist das alles ebenfalls nicht unbedingt ausgefeilte Kost und Lansdale bedinet sich genüsslich an allerhand Klischees, doch macht das eben auch zu großen Teilen den Unterhaltungswert des Ganzen aus, wenn beispielsweise ein unbedarfter Dorfarzt mal eben allerhand okkulte Werke aus der Schublade zaubert und prompt eine stimmige Theorie parat hält, warum die Toten sich aus ihren Gräbern erheben. Mit dem namensgebenden Straße der Toten schließt sich aber prompt eine zwar weitaus knapper, dafür aber auch stringenter gehaltene Geschichte an, die auch gleich mit einem ungleich einfallsreicheren und ungewöhnlicheren Antagonisten auflauert, den der Reverend in die Schranken zu weisen hat.

Grundsätzlich haben mir hier sogar die insgesamt vier Kurzgeschichten sogar besser gefallen als die eröffnende Story, denn die actionlastige Auslegung des Geschehens und die doch sehr kompakte Figurenzeichnung passen einfach wesentlich besser zu den deutlich zielgerichteter inszenierten Geschehnissen, die hier thematisiert werden. Dabei lässt sich Lansdale wahrlich nicht lumpen und führt in Straße der Toten einen dämonischen Imker ins Feld, lässt Mercer in Das Gentleman’s Hotel gegen ein Rudel Werwölfe antreten, erzählt die Geschichte eines aus einem Brunnen kriechenden Dämons in Der schleichende Himmel und entwirft zuletzt in Tief unter der Erde ein Bergwerk, das von einer Horde Kobolde schier überrannt worden ist. Was die Geschichten in ihrer Gesamtheit allerdings noch merklich hätte aufwerten können, wäre der gewohnt lakonisch-trockene Humor, den man von Lansdale gewohnt ist und der sich hier doch arg bedeckt hält, wenn man einmal von Tief unter der Erde absieht, der durchaus einiges an Lachern und Augenzwinkern parat hält, im Vergleich zu den vorangegangenen Geschichten aber auch "erst" 2010 entstanden ist.

Als die Sonne fort war und stattdessen der Mond wie eine Goldmünze am Himmel stand – ein Mond, der beinahe unnatürlich hell auf Mud Creek und die umliegende Landschaft herabschien -, da setzen sich die Nachtgestalten in Bewegung.
Die Pferdestation entließ ihren Gast; das Vorhängeschloss schmolz wie Butter dahin und fiel herunter, landete jedoch heil auf dem Boden und kehrte hinterher fest und verschlossen wieder an seinen Platz zurück.

Nichtsdestotrotz handelt es sich bei Straße der Toten um einen rundherum gelungenen, lohnenswerten und extrem kurzweiligen Sammelband, den ich für meinen Teil in gerade einmal anderthalb Tagen durchgelesen hatte, weil es schwer fällt, sich der Sogwirkung dieses wortkargen Reverend länger zu entziehen, auch wenn ich mir wünschen würde, dass es dereinst noch mehr Abenteuer um Mercer geben würde, denn insbesondere der Ausblick am Ende des Bandes wie auch das lesenswerte Vorwort machen durchaus Lust auf mehr. Zumindest wohlgemerkt, wenn man denn auch Lust auf diese trashige Adaption des Flairs von Western-B-Movies vergangener Dekaden hat, denn anspruchsvoll sieht freilich anders aus. Die wertige Aufmachung des Buches seitens Golkonda tut hierbei ihr Übriges, die heraufbeschworene Atmosphäre zu unterstreichen und ist sowohl in Sachen Aufmachung als auch Artwork erwartungsgemäß erneut sehr gelungen.

Fazit & Wertung:

Die Kurzgeschichtensammlung Straße der Toten vereint insgesamt fünf Storys um den revolverschwingenden Reverend Jebidiah Mercer, dessen Mission es ist, unterschiedlichste Dämonen und Monster im Wilden Westen zur Strecke zu bringen. Das hört sich genauso trashig an, wie es auch ist, doch dadurch kommt auch der enorme Unterhaltungswert zustande, den Kultautor Joe R. Lansdale in dieser mehr als ungewöhnlichen Geschichtensammlung offeriert.

8 von 10 übernatürlichen Bedrohungen im Wilden Westen

Straße der Toten

  • Übernatürliche Bedrohungen im Wilden Westen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Die Kurzgeschichtensammlung Straße der Toten vereint insgesamt fünf Storys um den revolverschwingenden Reverend Jebidiah Mercer, dessen Mission es ist, unterschiedlichste Dämonen und Monster im Wilden Westen zur Strecke zu bringen. Das hört sich genauso trashig an, wie es auch ist, doch dadurch kommt auch der enorme Unterhaltungswert zustande, den Kultautor Joe R. Lansdale in dieser mehr als ungewöhnlichen Geschichtensammlung offeriert.

8.0/10
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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Golkonda. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe.

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Straße der Toten ist am 31.03.13 als Klappenbroschur im Golkonda Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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