Heute freue ich mich sehr, euch von meinen Eindrücken zu dieser großartigen Serie berichten zu können, die sich mir direkt ins Herz gespielt und mich schwer begeistert hat in ihrer skurril-aberwitzigen Andersartigkeit, die zwar nicht jedem gefallen wird, mir dafür umso mehr!
The Umbrella Academy
Staffel 1
The Umbrella Academy, USA 2019-, ca 55 Min. je Folge
© Netflix
Steve Blackman
Jeremy Slater
Gerard Way (Comic-Vorlage)
Gabriel Bá (Comic-Vorlage)
Jeremy Slater
Scott Stuber
Beau Bauman
Mike Richardson
Keith Goldberg
Peter Hoar
Jeff F. King
Steve Blackman
Ellen Page (Vanya)
Tom Hopper (Luther)
David Castañeda (Diego)
Emmy Raver-Lampman (Allison)
Robert Sheehan (Klaus)
Aidan Gallagher (Number Five)
Mary J. Blige (Cha-Cha)
Cameron Britton (Hazel)
John Magaro (Leonard Peabody)
Adam Godley (Pogo)
Colm Feore (Sir Reginald Hargreeves)
Sheila McCarthy (Agnes)
Justin H. Min (Ben)
Jordan Claire Robbins (Grace)
Ashley Madekwe (Detective Eudora Patch)
Rainbow Francks (Chuck Beamen)
Peter Outerbridge (The Conductor)
Kate Walsh (The Handler)
Action | Drama | Krimi | Komödie | Fantasy | Science-Fiction
Trailer:
Inhalt:
Am 1. Oktober 1989 brachten 43 Frauen Kinder zur Welt, ohne am Morgen zuvor überhaupt schwanger gewesen zu sein und der Exzentriker Sir Reginald Hargreeves macht sich auf, die Kinder in seine Obhut zu nehmen. Er bekam sieben. Diesen Kindern wiederum wohnten außergewöhnliche Kräfte inne und unter dem strengen Regiment ihres Ziehvaters wuchsen sie innerhalb seiner "Umbrella Academy" zu regelrechten Superhelden heran, die so manche Geiselnahme beendeten und so manches Leben retteten. Mit den Jahren allerdings zerbrach die Gemeinschaft und nicht zuletzt aufgrund der eigenwilligen wie kaltherzigen Art von Hargreeves suchten die Kinder eins nach dem anderen das Weite.
© Netflix
Die Gegenwart: Vanya, das einzige der Kinder ohne besondere Kräfte, ist mittlerweile Berufsmusikern und spielt Violine, während Allison zu einem Filmstar avanciert ist, woran ihre Kräfte allerdings nicht ganz unschuldig sind. Luther derweil hat es gar auf den Mond verschlagen, während Diego sich noch immer als eine Art Held für das Gute einzusetzen versucht. Klaus – der mit den Toten zu kommunizieren imstande ist – hat sich ob seiner oft verstörenden Gabe einem schier immerwährenden Drogenrausch hingegeben und Ben ist auf tragische Weise verstorben, während Nummer Fünf – die Kinder hatten von Hargreeves nur Nummern, keine Namen zugewiesen bekommen – seit Jahren als vermisst gilt. Und dann erreicht sie alle die Nachricht vom Tod ihres Vaters und wenn auch widerwillig machen sich die einstigen Helden auf, in die "Umbrella Academy" zurückzukehren – die einen, um ihrem Vater die letzte Ehre zu erweisen, die anderen, um sicherzugehen, dass er auch wirklich tot ist…
Rezension:
Etwa seit Jahresanfang bereits habe ich händeringend auf die Veröffentlichung der ersten Staffel The Umbrella Academy gewartet und gerade nach der jüngst – für mich – doch sehr enttäuschenden Auftaktstaffel Titans war ich sehr gespannt, wie sich Netflix mit einer "eigenen" Comic-Adaption würde behaupten können, die sich fernab der großen Franchises von Marvel und DC bewegt. Und tatsächlich ist die nicht von ungefähr zunächst recht skurril anmutende Story bei mir ziemlich eingeschlagen, wobei man auch sagen muss, dass die Geschichte zugegebenermaßen recht eigen daherkommt und sicherlich nicht jedem zusagen wird, denn die Art Skurrilität und Exzentrik, die hier beherrschendes Element darstellt, geht in vielerlei Hinsicht schon in Richtung von beispielsweise Dirk Gently und ist nicht eben das, was man sich spontan von einer Superhelden-Serie erwarten würde. Da hat es eben nicht nur eine zutiefst dysfunktionale Familie – und daraus erwachsendes Drama – sondern auch einen sprechenden Affen, Zeitreisen, eine drohende Apokalypse, ein spleeniges Auftragskiller-Gespann und auch sonst allerhand Absurdes, dass zu einem ganz und gar ungewöhnlichen Konglomerat aus Stimmungen, Einflüssen und Zusammenhängen verrührt wird.
© Netflix
So ist The Umbrella Academy dann auch weit weniger Superhelden-Origin, zumal die mittlerweile erwachsenen Adoptivkinder des Exzentrikers Hargreeves – ein fabulös distinguiert und verschroben aufspielender Colm Feore (Thor) – ihre aktive Heldenzeit längst hinter sich gelassen haben, sondern in vielerlei Hinsicht beinahe mehr Familiendrama, was aber auch der Emotionalität des Ganzen zugutekommt. Und die von Hargreeves seinerzeit "eingesammelten" Kinder und deren Lebenskonzepte und -erwartungen könnten unterschiedlicher nicht sein, so dass Reibereien auch nach dem Tod des Ziehvaters ohnehin vorprogrammiert sind. Nach Sichtung des Trailers hatte ich mir zwar eine schnellere, peppiger inszenierte Geschichte erwartet, doch das zunächst langsame Thema hat sich letztlich in meinen Augen als zusätzliches Qualitätsmerkmal entpuppt, denn im Vorfeld hätte ich nicht gedacht, mich den Figuren so verbunden fühlen zu können und so viel Anteilnahme an ihrem oft schwierigen Leben zu entwickeln. Diesen Szenen wohnt eine so tiefgreifende Melancholie inne, dass es wirklich zu Herzen geht, wobei derlei Einschübe dann natürlich gerne aufgebrochen werden durch die nächste actionreichere Passage. Die gibt es freilich auch hier zuhauf und wie bei vielen anderen Produktionen scheint man auch hier erkannt zu haben, dass mit möglichst peppigen Rock- und Popsongs unterlegte Auseinandersetzungen erstaunlich gut zu unterhalten wissen, was man dann gleich mehrfach in Augenschein nehmen kann, wenn von einem amerikanischen Diner über ein Kaufhaus bis hin zu einer Bowling-Halle so ziemlich alles demoliert wird, was einem an "üblichen" Schauplätzen so einfällt, so dass auch an dieser Stelle für Abwechslungsreichtum gesorgt wird, zumal allein das Finale in dieser Hinsicht durchaus noch einmal eine Schippe Kreativität und Extravaganz drauflegt.
Ansonsten bietet aber natürlich auch und vorrangig das Zeitreise-Thema noch einiges an Möglichkeiten, die ausgiebig genutzt werden, wie sich speziell an den quasi als Doppelfolge ausgelegten Episoden Der Tag, den es nicht gab (1.06) und Der Tag, den es gab (1.07) wunderbar belegen lässt. Vor allem aber bringt dieser Aspekt der Story neben dem von Aidan Gallagher wunderbar verkörperten Nummer Fünf auch die zwei Auftragskiller Hazel (Cameron Britton) und Cha-Cha (Mary J. Blige; Rock of Ages) ins Spiel, die sich zu den nicht ganz so heimlichen Highlights der Staffel mausern und weit mehr sind als gesichtslose Schurken, was insbesondere für den wunderbaren Hazel gilt, der nicht nur eine Schwäche für Donuts zu haben scheint. Die mitunter größte Entwicklung macht aber ohne Frage der von dem aus Misfits bekannten Robert Sheenan (Mortal Engines) verkörperte Klaus durch, dessen Fähigkeit, mit Toten kommunizieren zu können, ihn in eine handfeste Drogensucht getrieben hat. Diese gilt es freilich in den Griff zu bekommen, um überhaupt wieder zielgerichtet seine Kräfte nutzen zu können, wobei dazu auch zählt, dass ihn oftmals sein längst verstorbener Bruder Ben (Justin H. Min) begleitet, was ein weiteres, gleichermaßen spannendes wie skurriles Element hinzufügt. Ähnlich verhält es sich mit dem sprechenden Affen Pogo, hinter dessen Visage sich der aus Powers bekannte Adam Godley verbirgt, denn die Figur hätte freilich schnell albern und deplatziert wirken können, wird hier aber so natürlich ins Geschehen eingebunden, dass sich der einfühlsame Affen-Butler schnell als Bezugsperson und Vaterersatz für die Kinder herauskristallisiert. Als wäre dem nicht genug, hat es mit der von Jordan Claire Robbins dargestellten Grace auch noch eine Art Roboter, der im Laufe der Jahre zur Mutter für die mit Zuneigung nicht gerade reich beschenkten Kinder geworden ist, was hier absolut plausibel und nachvollziehbar in Szene gesetzt wird.
Das mag ohnehin eine der Stärken schlechthin der Serie zu sein, bei aller Absurdität darüber nie die Figuren und das Herz zu vergessen, so dass ich bei The Umbrella Acadamy spürbar mitzufiebern bereit war und mir die Schicksalsschläge und Verfehlungen der Figuren sehr zu Herzen gingen, was natürlich auch für Luther, die vermeintliche Nummer Eins des Teams der Academy gilt, der hier von einem im Muscle-Suit steckenden Tom Hopper (Northmen) verkörpert wird und zu Beginn der Serie bereits seit Jahren auf dem Mond stationiert ist. Natürlich will ich zu dessen Geschichte nichts vorwegnehmen, doch gefiel mir auch hier der eingeschlagene Weg ausnehmend gut. Insbesondere das erneute Zusammentreffen mit seiner früheren Flamme Allison (Emmy Raver-Lampman) ist überaus gefühlvoll und nuanciert geraten. Allison derweil hat eine der mitunter wohl interessantesten Kräfte, denn allein ihr Wort reicht aus, ihr Gegenüber davon zu überzeugen, zu tun, was sie will, weshalb sie – relativ konsequent weitergedacht – im Laufe der Jahre zum waschechten Star avanciert ist. Ganz anders hingegen sieht das bei der von Ellen Page (Into the Forest) verkörperten Vanya aus, denn sie ist die einzige dieser ungewöhnlichen Familie, die keine Kräfte zu haben scheint, wobei es kaum ein Spoiler sein dürfte, anzudeuten, dass dies freilich nur die halbe Wahrheit ist. Last but not least wäre da noch der von David Castañeda verkörperte Diego, der den Arsch vom Dienst zu geben scheint und den Macho markiert, wobei auch seine Schwäche in dem zunehmend anspruchsvoller und verschachtelter werdenden Reigen schnell offenbar wird.
© Netflix
So kann ich jeden verstehen, der diesem munteren Mischmasch aus Genres und Ideen, Konzepten und Einfällen wenig abgewinnen kann, weil es zu abgehoben, zu überdreht, zu überladen wirken mag, doch finden die Verantwortlichen meines Erachtens nach immer den schmalen Grat, den es zu gehen gilt, um das in The Umbrella Academy gezeigte Treiben auf Spur zu halten. Großes Lob gebührt hierbei zudem noch einerseits den Effekten, die sich die meiste Zeit wirklich sehen lassen können sowie dem übergeordneten Konzept der Staffel an sich, denn auch wenn längst nicht jedes Geheimnis gelöst und jede Unklarheit beseitigt wird, greift hier doch alles schlussendlich auf wundersame Weise ineinander und bringt das Geschehen gar zu einem Abschluss, der einerseits die Türe für eine hoffentlich bald angekündigte Fortsetzung offen lässt, andererseits die Geschichte aber auch nicht auf einem Cliffhanger sondergleichen enden lässt, wie man sie im Verlauf der zehnteiligen Staffel bereits mehrfach hat erleben dürfen. Für mich eine ganz und gar großartige, hochspannende wie emotionale Serie, die weit weniger witzig ist als erwartet, dafür aber dramaturgisch umso ausgewogener, derweil sie sich jeder Genre-Einordnung wirklich kategorisch verweigert.
The Umbrella Academy | Staffel 1
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Bestens gehütete Familiengeheimnisse - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Mit der ersten Staffel The Umbrella Academy haben die Verantwortlichen einen echten Überraschungs-Hit abgeliefert, der zwar weit weniger Superhelden-Story ist, als man das erwarten würde, der aber ungemein treffsicher Familien-Drama, Zeitreise-Thriller und Fantasy-Abenteuer in Einklang bringt und ein wirklich einmaliges Serienerlebnis offeriert, dem ich bereits nach wenigen Minuten vollends verfallen war.
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Run Boy Run (8,5/10)
03. Außer gewöhnlich (8,5/10)
04. Mann auf dem Mond (8,5/10)
05. Nummer Fünf (9/10)
07. Der Tag, den es gab (9/10)
08. Ich habe das Gerücht gehört (9,5/10)
09. Veränderungen (9/10)
10. Die weiße Geige (9,5/10)
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The Umbrella Academy | Staffel 1 ist seit dem 15.02.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.
Ich hasse Superheldengrütze aber diese Truppe ist einfach saugeil. Die Staffel habe ich mehr oder minder durchgebinged :)
Ich habe jetzt einige Rezis gelesen, die nach den ersten 3 bis 4 Folgen abgebrochen haben. Das macht mich wiederum neugierig. Bisher teilen wir aber oft den Geschmack. Ich schaue in die Serie auf jeden Fall rein!