Review: Hanna | Staffel 1 (Serie)

Immer wieder samstags – und so auch heute – erzähle ich euch von einer der Serien, die ich kürzlich gesehen habe, auch wenn ich im Moment weder mit dem einen (sehen) noch dem anderen (rezensieren) hinterherzukommen scheine, denn allein gestern sind vier (!) neue Staffeln erschienen, die ich mir baldigst anzuschauen gedenke. Aber gut, heute geht es erst einmal um eine der neuen Amazon-Produktionen, die ich durchaus ein wenig zwiespältig – aber grundsätzlich doch überraschend positiv – betrachte.

Hanna
Staffel 1

Hanna, USA 2019-, ca. 50 Min. je Folge

Hanna | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Serienschöpfer:
David Farr
Showrunner:
David Farr

Main-Cast:
Esme Creed-Miles (Hanna)
Mireille Enos (Marissa)
Joel Kinnaman (Erik)

in weiteren Rollen:

Rhianne Barreto (Sophie)
Khalid Abdalla (Jerome Sawyer)
Justin Salinger (Carl Meisner)
Félicien Juttner (Olivier)
Giles Norris-Tari (Benoit)
Lyndsey Marshal (Rachel)
Kemaal Deen-Ellis (Jay)
Phaldut Sharma (Tom)
Benno Fürmann (Dieter)
Joanna Kulig (Johanna)
Noah Taylor (Dr. Kunek)

Genre:
Action | Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Hanna | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Nachdem Hanna als Baby von einem Mann namens Erik Heller aus einer streng geheimen Forschungseinrichtung entwendet worden ist, wächst sie fernab der Zivilisation und der Kenntnis der sie verfolgenden Soldaten und Wissenschaftler in der Abgelegenheit der Wälder auf. Erik seinerseits lehrt sie alles, was es zum Überleben in der Wildnis benötigt, doch die mittlerweile jugendliche Hanna testet – von Neugier getrieben – zunehmend ihre Grenzen und macht alsbald die Bekanntschaft mit einem Jungen. Das allerdings bringt die Mitarbeiter der Einrichtung auf ihre Fährte und nach all der Zeit scheint es, als würden sie Hanna doch noch schnappen. Erik tut alles Menschenmögliche, um dies zu verhindern und notgedrungen trennen sich die beiden. Eine gnadenlose Jagd beginnt, an der sich auch Marissa Wiegler beteiligt, eine der früheren Verantwortlichen des Utrax-Programms, zu dem auch Hanna einst gehört hat…

Rezension:

Schon seinerzeit beim Kinofilm – hierzulande als Wer ist Hanna? vertrieben – konnte man davon sprechen, dass allein die Prämisse der Handlung exakt der Stoff ist, aus dem Agentenfilme gemacht werden, denn der Aufhänger einer geheimen Einrichtung, die Kinder für ihre Zwecke "heranzüchtet" und erzieht, ein Mädchen, das mit ihrem Vater beinahe anderthalb Dekaden allein im Wald gelebt hat, das sind natürlich Dinge, die man erst einmal schlucken – sprich hinnehmen – muss, um mit der Geschichte von Hanna überhaupt warmwerden zu können, die nun, knapp acht Jahre nach dem theoretisch gleichnamigen Kinofilm, ihre Serien-Adaption spendiert bekommen hat. Natürlich könnte man diesen Schachzug seitens Amazon auch als schlichte Trittbrettfahrerei abtun, doch ist hier zumindest einer der seinerzeit verantwortlichen Drehbuchautoren – David Farr – mit an Bord und war wohl nicht so zufrieden mit der doch märchenhaft angehauchten Atmosphäre in dem von Joe Wright inszenierten Film. Vor allem aber bietet natürlich eine Serie deutlich mehr Zeit, Raum und Möglichkeiten, eine geschichtliche und charakterliche Entwicklung zu zeigen und um diese Chance wahrzunehmen, ist Farr nun eben als Serienschöpfer, Drehbuchautor der meisten Episoden und zuletzt ausführender Produzent an Bord, um seine Version der Geschichte zu erzählen.

Szenenbild aus Hanna | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Nichtsdestotrotz ist es für Hanna natürlich gehörig von Nachteil, dass es den Film gegeben hat, denn auch ich habe mich des Öfteren dabei ertappt, die eine mit der anderen Variante zu vergleichen und insbesondere die Auftaktepisode wusste mich noch nicht so recht zu fesseln, denn obwohl Farr hier mit der Entführung von Baby-Hanna den Einstieg wagt, was man im Film so (früh) nicht zu sehen bekommen hat, ist die Zeit im Wald, die Exposition von Hanna und Erik doch dem Gefühl nach zu lang, zu ausführlich, wobei das freilich nur für Kenner der Filmfassung gilt. Ähnlich verhält es sich mit den drei prägnanten Hauptfiguren, ihres Zeichens Hanna selbst, die von der neunzehnjährigen Esme Creed-Miles verkörpert wird, ihrem Ziehvater Erik und zuletzt Antagonistin Marissa Wiegler. Für die beiden letztgenannten hat man wiederum den zuletzt noch in Altered Carbon brillierenden Joel Kinnaman als Erik sowie die charismatische Mireille Enos (World War Z) gewinnen können und sie allesamt machen wirklich einen hervorragenden Job bei der Verkörperung ihrer Figuren, müssen sich aber dummerweise mit Saoirse Ronan, Eric Bana und Cate Blanchett "duellieren", wodurch sie zu beinahe jedem Zeitpunkt das Nachsehen haben.

So muss ich leider bereits an dieser Stelle attestieren, dass wer den Film gesehen hat, sich – insbesondere in Anbetracht des Überangebots an Serien heutzutage – vielleicht besser anderweitig umsieht und das, obwohl Hanna keineswegs schlecht oder dröge geraten wäre. Nein, der Ansatz, die Geschichte diesmal ohne märchenhaften Unterton zu erzählen und stattdessen auf eine gleichberechtigte Mischung aus Coming-of-Age-Drama und Thriller-Hatz zu setzen, macht sich sogar durchaus bezahlt und insbesondere die durchaus ruppig inszenierten Action-Szenen wissen zu gefallen, wenn sie ihren Reiz auch größtenteils daraus beziehen mögen, dass hier ein "kleines Mädchen" die versammelte Mannschaft vermöbelt. Ansonsten bleibt wie gesagt deutlich mehr Zeit, die Story zu entwickeln und so wirkt die Serienfassung durchaus breiter aufgestellt, trotz ihrer Herkunft als TV-Format zuweilen sogar imposanter, denn man sieht deutlich, dass Amazon sich die Show einiges hat kosten lassen. Allerdings wäre die Staffel womöglich mit einem sechs (statt wie hier acht) Episoden umfassenden Aufbau besser geraten gewesen, denn Figurenentwicklung hin oder her, schleichen sich auch immer wieder kleinere Längen ins Geschehen, die sich bei einer strafferen Inszenierung hätten vermeiden lassen können.

Szenenbild aus Hanna | © Amazon Studios
© Amazon Studios

Die größte Chance, das beste Argument für Hanna dürfte allerdings sein, dass die Geschichte nach nur einer Staffel noch längst nicht auserzählt sein muss und man sich künftig noch weitaus deutlicher vom Film-Vorbild emanzipieren könnte, wodurch die Sache dann möglicherwiese auch für Film-Kenner wieder interessant werden könnte. Ebenfalls ein Vorteil ist hier derweil, dass obwohl Film und Serie keine zehn Jahre trennen, die Ereignisse hier deutlich aktueller scheinen, derweil sich Hanna für meinen Geschmack dann doch zu schnell und sprunghaft an die Zivilisation anpasst, was auch durch Eriks sorgsame Vorbereitung nicht wirklich logisch erklärt werden kann. In dieser Hinsicht kann also auch die Serie ihre märchenhafte Art nicht ganz ablegen, derweil das Geschehen ansonsten angenehm rau, dreckig und packend in Szene gesetzt worden ist. Einzig die echten Highlights sucht man hier ein wenig vergebens, aber könnte das natürlich auch wieder damit zusammenhängen, dass die Geschichte – wenn auch hier zuweilen abgewandelt und deutlich weitschweifiger erzählt – in ihren Grundzügen bekannt ist und folglich kaum mit echten Überraschungen aufwarten kann, wenn Details zu Hannas Vergangenheit, Utrax oder der Verbindung zwischen Marissa Wiegler und Erik Heller offenbart werden. Dessen ungeachtet, sollte eine weitere Staffel produziert werden, werde ich auf alle Fälle einen Blick riskieren, allein nur, weil ich dort dann kaum noch wüsste, was mich erwartet und was David Farr und sein Team noch zu erzählen haben werden.

Fazit & Wertung:

Schöpfer, Schreiber und Produzent David Farr liefert mit der ersten Staffel Hanna eine durchaus gelungene Variation des Films von 2011 ab, die sich allerdings zu spät von der Vorlage zu emanzipieren beginnt und auch mit der einen oder anderen Länge aufwartet. Im direkten Vergleich hat die Serie zwar das Nachsehen, dafür aber auch das Potential, die Geschichte noch weiter und umfangreicher fortzuführen.

7 von 10 Geheimnissen um Hannas Vergangenheit

Hanna | Staffel 1

  • Geheimnisse um Hannas Vergangenheit - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Schöpfer, Schreiber und Produzent David Farr liefert mit der ersten Staffel Hanna eine durchaus gelungene Variation des Films von 2011 ab, die sich allerdings zu spät von der Vorlage zu emanzipieren beginnt und auch mit der einen oder anderen Länge aufwartet. Im direkten Vergleich hat die Serie zwar das Nachsehen, dafür aber auch das Potential, die Geschichte noch weiter und umfangreicher fortzuführen.

7.0/10

Episodenübersicht: Staffel 1

01. Wald (7/10)
02. Freund (7/10)
03. Großstadt (7,5/10)
04. Vater (7,5/10)
05. Stadt (6,5/10)
06. Mutter (7/10)
07. Strasse (7,5/10)
08. Utrax (7,5/10)

 
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Hanna | Staffel 1 ist seit dem 29.03.19 exklusiv bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.

vgw

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Eine Reaktion

  1. Wortman 8. April 2019

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