Reden wir heute mal ein wenig über die zweite Staffel dieser Amazon-Serie, die zumindest ein wenig aus den Fußstapfen des Film-Vorbilds zu treten vermag und mich zumindest ein wenig mehr hat überzeugen können als die erste Staffel, wenn hier auch noch merklich Luft nach oben sein mag.
Hanna
Staffel 2
Hanna, USA 2019-, ca. 50 Min. je Folge
© Amazon Studios
David Farr
David Farr
Esmé Creed-Miles (Hanna)
Mireille Enos (Marissa Wiegler)
Dermot Mulroney (John Carmichael)
Áine Rose Daly (Sandy Phillips)
Ellen Evans (Laura – Girl 261)
Pia Hagen (Charlie – Girl 228)
Severine Howell-Meri (Helen Young)
Mia Jenkins (Danielle Marks)
Ria Lopez (Nina – Girl 256)
Clea Martin (Jessie – Girl 233)
Yasmin Monet Prince (Clara Mahan)
Cherrelle Skeete (Terri Miller)
Anthony Welsh (Leo Garner)
Action | Drama | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Amazon Studios
Gemeinsam mit Clara – vormals Auszubildende 249 – konnte Hanna aus der UTRAX-Einrichtung fliehen und versteckt sich seither in den rumänischen Wäldern, wie es ihr Vater Erik sie gelehrt hat. Clara allerdings hofft noch immer ihre Mutter zu finden und setzt sich letztendlich ab, derweil auch Hanna einsehen muss, dass sich einfach nur zu verstecken nicht die Lösung sein kann, zumal sie sich längst für Clara verantwortlich fühlt. Unterdessen setzt UTRAX-Leiter John Carmichael die Agentin Marissa Wiegler darauf an, die umtriebige Clara dingfest zu machen und in die Einrichtung "The Meadows" zu bringen, ein Mädcheninternat, in dem die Ausbildung und Indoktrination seitens UTRAX fortgeführt wird. Marissa hat allerdings längst Zweifel an dem Projekt bekommen, macht zunächst aber gute Miene zum bösen Spiel, insbesondere um Hanna zu helfen, die schließlich jüngst selbst Erik als Vaterfigur verloren hat und ganz auf sich allein gestellt ist. Hanna wiederum derweil kann Marissa nicht unumstößlich vertrauen, setzt es aber darauf an, mehr über "The Meadows" in Erfahrung zu bringen…
Rezension:
Nachdem es sich bei der ersten Staffel Hanna noch um eine – durchaus großzügig und ambitioniert abgewandelte – Nacherzählung des Films von 2011 gehandelt hat, der hierzulande als Wer ist Hanna? vermarktet wurde, geht die Amazon-Original-Serie nunmehr in der zweiten Staffel eigene Wege. So fulminant und mitreißend, wie eine Fortführung der Ereignisse allerdings hätte geraten können, ist die Serie in ihrem zweiten Jahr leider meines Erachtens nicht geworden, obwohl sie vielversprechend startet, was aber nicht heißt, dass man ihr nicht dennoch bei entsprechenden Genre-Präferenzen Zeit und Aufmerksamkeit widmen könnte. Dabei ist insbesondere der Auftakt noch recht gelungen und die ersten paar Episoden überzeugen mit gelungenem Katz-und-Maus-Spiel, derweil insbesondere die wankelmütig-einsichtige Marissa Wiegler (erneut: Mireille Enos, Good Omens) überzeugt, die aus nunmehr anderen Gründen auf der Suche nach Hanna ist, die sich zunächst, wieder einmal, in den Wäldern versteckt. Doch es haben sich Dinge geändert und bei ihr befindet sich Clara (Yasmin Monet Prince), die sie jüngst aus der UTRAX-Einrichtung gerettet hat, derweil ihr Vater ihr aus naheliegenden Gründen nicht mehr zur Seite stehen kann.
© Amazon Studios
Doch schnell wird für Hanna klar, dass es ihr nicht hilft, einfach die Manierismen ihres Vaters zu kopieren und die Flucht in den Wald kann nur eine zeitweilige Lösung sein, zumal Clara sich alsbald absetzt und hofft, in Bukarest ihrer Mutter zu begegnen. Parallel hierzu wird eine durchaus interessante und spannende Nebenhandlung um Sandy (Áine Rose Daly) und Jules (Gianna Kiehl)eröffnet, die sich in "The Meadows" verorten lässt, einer weiteren Einrichtung, die es sich auf die Fahnen geschrieben hat, effiziente Killermaschinen zu kreieren. Nichtsdestotrotz ist dieser Ort tatsächlich eines der zweischneidigen Schwerter der Staffel, denn einerseits ist es immens wichtig, mehr über das Ausbildungsprogramm der jungen Frauen zu erfahren und nun einmal quasi hinter die Kulissen zu blicken, andererseits ist der Ort dafür verantwortlich, dass die Staffel in ihrem Mittelteil einen erzählerisch tiefen Durchhänger hat, denn gleich zwei Episoden, namentlich Willkommen Mia (2.04) und Jeder trauert auf seine Weise (2.05) wirken im direkten Vergleich wenig zielführend und reichlich entschleunigt, was den vielversprechend positiven Eindruck der Staffel doch schmälert, nachdem sie zuvor noch mit The Meadows (2.03) zu dramaturgischer Höchstform aufgelaufen ist.
Gemessen daran, dass kurz nach der Veröffentlichung der Staffel aber auch schon die Order einer dritten bestätigt worden ist, ist es umso erfreulicher, dass Hanna nach diesem Mittelteildurchhänger erneut zu Hochform aufläuft und die Geschichte mit ein paar spannenden Twists und Ereignissen abzuschließen weiß, auch wenn dem reinen Gefühl nach in den insgesamt acht Episoden doch irgendwie wenig passiert ist. Die von David Farr ersonnene Serie hat es also leider nur bedingt geschafft, sich nun vom Vorbild freizuspielen und bleibt noch hinter den Möglichkeiten zurück, zumal die Welt trotz wechselnder Schauplätze und dergleichen merkwürdig winzig und überschaubar wirkt, ohne dass man mit dem Finger drauf zeigen könnte. Wo sie allerdings ihr Potential zu entfalten vermag, ist bei den durchweg gelungenen und überzeugend, teils überragend inszenierten Kampf-Choreografien, in denen insbesondere Esme Creed-Miles als Hanna begeistert, die zudem auch hier wieder ihr Talent und ihre Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt. So kauft man ihr die Rolle nicht einfach nur ab, sie lebt sie regelrecht und positioniert sich spätestens hier auf einer Stufe mit Saoirse Ronan aus der Filmfassung.
© Amazon Studios
Dennoch geht die von Farr beabsichtigte Emanzipation der Figur (und Serie) – auch durch das Loslösen vom stets behütenden, stets wachenden Vater – nur langsam voran und hätte deutlicher herausgearbeitet werden können, zumal auch hier die titelgebende Figur manches Mal ins Hintertreffen gerät, wenn es stattdessen um Clara, Sandy oder Jules, andernorts Marissa oder auch den neu hinzugestoßenen UTRAX-Leiter John Carmichael (Dermot Mulroney, Stoker) geht, der hier den Part des Strippen ziehenden Widersachers geben darf, nachdem Marissa ja nun nicht mehr als lupenreines Feindbild fungieren kann. So fehlt auch hier wieder das letzte Quäntchen Überzeugungskraft und Stilwille, um aus Hanna eine durchweg empfehlenswerte Serie zu machen, weil einmal mehr die Mixtur aus Coming-of-Age-Drama und Agenten-Thriller nicht in hundert Prozent der Fälle aufgehen mag, doch werde ich die Serie auch weiter begleiten und beobachten, zumal sie durchaus das Potential hätte, noch ganz groß zu werden.
Hanna | Staffel 2
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Geheimnisse um Hannas Vergangenheit - 7.5/10
7.5/10
Fazit & Wertung:
Die zweite Staffel Hanna geht durchaus neue Wege und punktet mit gelungener Dramaturgie und überzeugender Inszenierung, fällt im Mittelteil allerdings in ein durchaus gravierendes, erzählerisches Loch, was die Staffel einiges an Drive und Verve einbüßen lässt, auch wenn ein Großteil der Episoden – und insbesondere auch das letzte Drittel – wieder durchweg gelungen und packend inszeniert ist. Noch nicht die große, erhoffte Emanzipation vom filmischen Vorbild, aber durchaus ein Schritt in die richtige Richtung und vielversprechend für die dritte Staffel, die unlängst bestätigt worden ist.
Episodenübersicht: Staffel 2
02. Die Studie (7/10)
03. The Meadows (8/10)
04. Willkommen Mia (6,5/10)
06. Du gehörst jetzt zu uns (7,5/10)
07. Tacitus (8/10)
08. Die Liste (8,5/10)
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Hanna | Staffel 2 ist seit dem 03.07.2020 exklusiv bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.