Heute möchte ich mal über eine Serienstaffel sprechen, die meinem Gefühl nach ein wenig untergegangen ist. Ansonsten kommt mir erst einmal gut ins Wochenende, auch wenn das Wetter – hier zumindest – ja alles andere als schön oder einladend ist.
Hanna
Staffel 3
Hanna, USA 2019-2021, ca. 50 Min. je Folge
© Amazon Studios
David Farr
David Farr
Mireille Enos (Marissa)
Ray Liotta (Gordon Evans)
Dermot Mulroney (John Carmichael)
Gabriel Akuwudike (Max Kaplan)
Áine Rose Daly (Sandy Phillips)
Chloe Pirrie (Brianna Stapleton)
Justin Salinger (Carl Meisner)
Cherrelle Skeete (Terri Miller)
Action | Drama | Thriller
Trailer:
Inhalt:
© Amazon Studios
Hanna kehrt nach "The Meadows" zurück, derweil John Carmichael, Leiter des UTRAX-Programms, gezwungen ist, ihr zu helfen und sie zu decken. So atmet auch er ein Stück weit auf, als Hanna nach Paris geschickt wird, um einen jungen Aktivisten auszuschalten. Hanna allerdings ist natürlich längst nicht mehr Teil des Programms und hat die Indoktrination hinter sich gelassen, weshalb sie dem Aktivisten Abbas Naziri hilft und seinen Tod lediglich vortäuscht. Unterdessen droht man, Carmichael auf die Schliche zu kommen und Marissa muss ihrerseits erkennen, wer hinter dem Eliminierungsprogramm Pioneer steckt und wie weit dessen Einfluss wirklich reicht. Dennoch setzen Hanna und Marissa weiterhin alles daran, das UTRAX-Programm zu stoppen, wissend, dass ihnen vorher keine Verschnaufpause vergönnt sein wird. Gut, dass sie unerwartete Verbündete in den Reihen des geheimen Programms haben, doch heißt das nicht, dass es einfach würde, eine Organisation dieser Größe und Durchschlagskraft zu stoppen…
Rezension:
Insbesondere in den letzten Monaten scheinen sich die Streaming-Anbieter allesamt zu überschlagen, allerhand Hit-Serien anzukündigen oder fortzusetzen, zumindest was meine Bubble des Streaming-Geschehens betrifft. Da geraten dann kleinere Produktionen gerne unter die Räder und geraten in Vergessenheit. So ergangen beispielsweise auch der dritten Staffel Hanna, denn während allerorten fleißig für Fantasy in unterschiedlichster Couleur geworben wird, ist die Drama-Thriller-Mischung recht unbemerkt bei Amazon aufgeschlagen und steht nun bereits seit anderthalb Monaten zum Abruf bereit. Nun muss ich natürlich auch einräumen, die Serie in der Vergangenheit recht stiefmütterlich behandelt zu haben, was aber auch daran lag, dass sich die Adaption des Films Wer ist Hanna? aus 2011 in ihrer ersten Staffel noch nicht von der Vorlage freispielen konnte und folglich viel altbekanntes aus neuen Blickwinkeln (und natürlich in aufgefächerter Form) präsentierte. Die zweite Staffel mag mich jetzt zwar dramaturgisch auch nicht vom Hocker gerissen haben, markierte aber durchaus einen Aufwärtstrend, zumal die Geschichte um Hannas Ausbildung durchaus stimmig und spannend fortgeführt wurde. Die gute Nachricht vorab: der positive Aufwärtstrend ist intakt und die dritte Staffel die bisher beste, wobei das auch so bleiben wird, weil man sich hier für ein kontrolliertes und geplantes Serienende entschieden hat, was ich durchaus begrüße.
© Amazon Studios
Insbesondere aufgrund des nachlassenden – seien wir ehrlich; kaum vorhandenen – Hypes um die Serie hätte ich mich auch nicht sehr gewundert, wenn es keine dritte, finale Staffel gegeben hätte (auch wenn die bereits früh angekündigt worden ist), zumal die Konkurrenz (I look at you, Netflix) ja noch deutlich schneller dabei ist, den Rotstift anzusetzen. So aber gibt es nun einen zwar nur sechs Episoden umfassenden Handlungsstrang, der dafür aber auch angenehm dicht und stringent inszeniert ist Schließlich war es ja auch einer der größten Kritikpunkte für mich, dass die vorangegangene Staffel gleich zwei "Durchhänger-Episoden" hatte und die sind hier quasi herausgekürzt worden, während die nun endlich die Emanzipation der Hauptfigur und der Serie als solchen merklich vorangetrieben wird. Das gilt gleichermaßen auch für die erneut von Mireille Enos (Good Omens) verkörperte Marissa Wiegler, die seit ihrem ersten Treffen mit Hanna eine ebenfalls enorme Wandlung durchlaufen hat. Zu diesem Zweck hat man sich hier mit Ray Liotta (Kill the Messenger) einen weiteren, hochkarätigen Darsteller verpflichtet, der als Gordon Evans der neue, große Widersacher ist, den zudem einiges mit Marissa verbindet. Man mag unken können, dass es Sinn gemacht hätte, ihn zumindest früher einmal bereits erwähnt zu haben, doch abgesehen davon ist er eine mehr als gelungene Ergänzung für den Agenten-Thriller mit Coming-of-Age-Einschlag.
Es wird wohl niemanden wundern, dass der Coming-of-Age-Part hier allerdings ein wenig hintenanstehen muss, denn bei gerade einmal sechs Episoden und dem Willen, die ganze Geschichte zu einem zufriedenstellenden Abschluss zu bringen, bleibt nicht allzu viel Zeit, sich Hannas Privat- und Liebesleben zu widmen, das allerdings dennoch unerwartet viel Aufmerksamkeit von Seiten des Aktivisten Abbas Naziri (Adam Bessa) bekommt, in den Hanna sich ebenfalls prompt verguckt. Großartig vertieft werden mag das nicht, aber es ist doch ein wichtiges Indiz, wie sich Hanna immer weiter von ihrer Programmierung entfernt, im Verlauf der Staffel aber auch ihre wahre Natur erkennt und damit zu leben lernen muss. Obwohl die Handlung von also wieder vollgestopft ist mit Lug, Betrug, Intrige und Hinterhalt, bleibt dennoch Raum, dass Hanna sich schlussendlich von ihrer Vergangenheit zu lösen vermag und das Erlebte hinter sich lässt, was einerseits einen ungemein befriedigenden, bittersüßen Abschluss der Erzählung nach drei Staffeln bildet, andererseits aber auch alle Türen offenhält, sollte man sich entschließen, Hanna in einer wie auch immer gearteten Form dereinst zurückkehren zu lassen.
© Amazon Studios
Beinahe mehr noch als das Finale Wolfsjagd (3.06), das im Original ungleich poetischer als Do Not Sleep betitelt worden ist, begeistert allerdings eine Schnittmontage in der vorletzten Folge, die das Erlebte Revue passieren lässt und einmal sehr effektiv und überraschend vor Augen führt, was Hanna schon alles er- und vor allem überlebt hat. Dass einen das alles so mitnimmt, man mit der Protagonistin derart mitfiebert, liegt aber auch hier wieder vor allem anderen an Esmé Creed-Miles, die zwar schon in der ersten Staffel zu überzeugen wusste, aber mit jeder Episode mehr in ihre Rolle und an der Herausforderung gewachsen ist, so dass ich es kaum erwarten kann, demnächst zu sehen, in welchen Rollen sie sich zu beweisen gedenkt, denn nach der Performance hier stehen ihr – meines Erachtens – alle Türen offen. Also ja, auch wenn ich anfänglich nicht voller Begeisterung für Hanna war und die Serie eher im Mittelklasse-Bereich startet, kann ich das Gesamtwerk nun guten Gewissens empfehlen. Zuletzt vermerke ich die von David Farr ersonnene und betreute Show nun unter den Positiv-Beispielen der Serien, die sich von Jahr zu Jahr entwickelt und es dann noch geschafft haben, auf der Höhe ihrer Zeit einen gelungenen, befriedigendem Abschluss zu finden; sieht man dieser Tage auch eher selten.
Hanna | Staffel 3
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Geheimnisse um Hannas Vergangenheit - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Mit der dritten Staffel Hanna findet die Adaption des Joe-Wright-Films ihr geplantes – und überzeugendes – Ende. Für das sechs Episoden umfassende Finale werden noch einmal alle Stärken der Show betont, die erneut sowohl hinsichtlich Drama als auch Thrill überzeugen kann, vor allem aber einmal mehr Hauptdarstellerin Esmé Creed-Miles brillieren lässt.
Episodenübersicht: Staffel 3
02. Weinstöcke und Orangenbäume (7,5/10)
03. Nadiya (7,5/10)
05. Väter und Töchter (8/10)
06. Wolfsjagd (8,5/10)
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Hanna | Staffel 3 ist seit dem 24.11.21 exklusiv bei Amazon Prime verfügbar.