Review: Eine Geschichte von Liebe und Finsternis (Film)

Heute etwas später als üblich gibt es eine Film-Kritik zu einem für mich leider eher enttäuschenden Werk, von dem ich mir durchaus mehr erhofft hatte. Warum, lest ihr jetzt.

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis

A Tale of Love and Darkness, IL/USA 2015, 95 Min.

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis | © Koch Media
© Koch Media

Regisseurin:
Natalie Portman
Autoren:
Natalie Portman (Drehbuch)
Amos Oz (Memoiren)

Main-Cast:
Natalie Portman (Fania)
Gilad Kahana (Arieh)
Amir Tessler (Amos)

Genre:
Biografie | Drama

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Eine Geschichte von Liebe und Finsternis | © Koch Media
© Koch Media

Der Zweite Weltkrieg hat jüngst sein Ende gefunden und die nach Palästina gereisten Juden hoffen nun auf die Entstehung eines jüdischen Staates. Unter ihnen befinden sich auch der sechsjährige Amos und dessen Mutter Fania sowie sein Vater Arieh. Während Arieh als Schriftsteller Erfolge feiert, fällt es Fania deutlich schwerer, sich mit ihrem neuen Leben in Jerusalem zu arrangieren, was mit ein Grund dafür sein dürfte, dass sie nicht müde wird, ihrem Sohn Amos Geschichten zu erzählen, die sie an ihre alte Heimat, ihre Vergangenheit erinnern. Während die ersten Jahre des Staates Israel verstreichen und Fania sich müht, in ihrer neuen Heimat Fuß zu fassen, lassen sie doch die Erinnerungen nicht los, sind ihre Träume schon zerschmettert, bevor ein weiteres, einschneidendes Ereignis ihr die letzten Kräfte zu rauben beginnt und der fürsorgliche Amos nur tatenlos zusehen kann…

Rezension:

Lange Zeit habe ich das Regie-Debüt von Natalie Portman aus dem Jahre 2015 vor mir hergeschoben und ich beginne zu ahnen, warum ich das – anscheinend intuitiv – getan habe. Denn so sehr ich Portman als Schauspielerin schätze und beinahe ausnahmslos alles mit ihr kenne oder zu kennen anstrebe, muss ich doch sagen, dass sie mich mit Eine Geschichte von Liebe und Finsternis weder auf dem Regiestuhl noch als Drehbuchautorin hat überzeugen können. Zum Teil mag das an den Regie-Tipps gelegen haben, die sie sich von Terrence Malick am Set von Knight of Cups eingeholt hat, doch scheint mir eher, dass sie sich mit der Verfilmung der Memoiren von Amos Oz schlichtweg übernommen hat und mit einer geradlinigeren, zugänglicheren Plot-Struktur besser beraten gewesen wäre.

Szenenbild aus Eine Geschichte von Liebe und Finsternis | © Koch Media
© Koch Media

So merkt man Eine Geschichte von Liebe und Finsternis durchaus die Ambitionen und Hingabe an, spürt, dass es Portman ein echtes Anliegen gewesen sein muss, diese Geschichte – beziehungsweise Geschichtsfragmente und Episoden – auf die Leinwand zu bringen, nachdem sie bereits 2007 die Rechte an dem Buch erworben hat, doch scheitert sie in vielerlei Hinsicht am eigenen Anspruch. Das beginnt mit dem eigentlichen Aufbau der Story, die in knapp neunzig Minuten Gesamtlänge gleich etliche Jahre umreißen soll, dabei aber immer wieder unterbrochen wird von Geschichten der Mutter Fania, die mal surreal, mal düster, mal nachdenklich, mal friedlich daherkommen und für sich genommen durchaus poetisch sind, immer mal wieder aber auch ins Kitschige zu kippen drohen. Während Fania also im Rahmen der eigentlichen Handlung verschiedene Geschichten zum Besten gibt, wird das Geschehen zudem noch begleitet von einem Off-Kommentar, denn wir erleben die Geschichte der Kindheit von Amos als filmumspannenden Rückblick des gealterten Amos.

Diese Art verschachtelter Erzählweise ist fraglos extrem ambitioniert und hört sich vielleicht auf dem Papier interessant an, doch führt das bei Eine Geschichte von Liebe und Finsternis im Grunde meines Erachtens nur dazu, dass man zu keiner der gezeigten (oder schildernden) Figuren eine echte Beziehung aufbauen kann. So müssten diese Memoiren ja schließlich ungemein bewegend und berührend sein, ließen mich aber trotz der Thematik überraschend kalt, weil ich mich nie so richtig in die Geschichte zu finden wusste oder überhaupt ausmachen konnte, wo genau der Fokus denn nun liegen soll. An der Darstellung von Portman als Fania und deren Alter Ego in den unterschiedlichen Geschichten habe ich zwar auch diesmal nichts auszusetzen, doch mit so viel Gefühl sie die Rolle sich auch zu eigen macht, konnte sie dieses Gefühl diesmal nicht bis zu mir transportieren.

Szenenbild aus Eine Geschichte von Liebe und Finsternis | © Koch Media
© Koch Media

Ich für meinen Teil hoffe aber dennoch, dass sie beizeiten noch einmal einen Versuch als Regisseurin wagen wird, denn meinem Empfinden nach hat sie sich schlichtweg mit dem zugrundeliegenden Stoff verhoben, der in dieser Art – und ohne die Memoiren von Amos Oz zu kennen – wohl auch von ungleich erfahreneren Filmemachern nur schwerlich überzeugend zu realisieren gewesen wäre. Trotzdem ist es natürlich bedauerlich, dass sie ausgerechnet ein solches Herzensprojekt wie Eine Geschichte von Liebe und Finsternis so vor die Wand gesetzt hat, was zumindest die Dramaturgie des Gezeigten betrifft. Inszenatorisch findet sich hier immerhin vielerorts eine schöne Bildsprache, die Kulissen und Kostüme wissen zu überzeugen und ebenso Portman als Darstellerin, doch reicht eben selbst all das nicht aus, um einen gelungenen oder überzeugenden Film zu garantieren. Und in der vorliegenden Form eignet sich das Werk dann wohl tatschlich am ehesten, sollte man mal die Lust nach einem Mallick-Light-Film verspüren, der sich der Geschichte Israels und der Macht der Erinnerung widmet.

Fazit & Wertung:

In ihrem Regie-Debüt Eine Geschichte von Liebe und Finsternis scheitert die renommierte Schauspielerin Natalie Portman an ihren eigenen Ambitionen und verhebt sich merklich, die autobiografischen Erinnerungen von Schriftsteller Amos Oz auf Film zu bannen. Das mag zum einen an der Vorlage der Memoiren selbst gelegen haben, doch auch das Drehbuch seitens Portman bleibt zu fragmentarisch und sprunghaft, als dass man wirklich in die Geschichte eintauchen könnte. Mögen zwar einzelne Bildkompositionen gelungen sein, die von der Protagonistin geschilderten Geschichten gefallen, vermag das Gesamtwerk leider nicht zu überzeugen.

5 von 10 fantasievoll-surrealen Erzählungen

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis

  • Fantasievoll-surreale Erzählungen - 5/10
    5/10

Fazit & Wertung:

In ihrem Regie-Debüt Eine Geschichte von Liebe und Finsternis scheitert die renommierte Schauspielerin Natalie Portman an ihren eigenen Ambitionen und verhebt sich merklich, die autobiografischen Erinnerungen von Schriftsteller Amos Oz auf Film zu bannen. Das mag zum einen an der Vorlage der Memoiren selbst gelegen haben, doch auch das Drehbuch seitens Portman bleibt zu fragmentarisch und sprunghaft, als dass man wirklich in die Geschichte eintauchen könnte. Mögen zwar einzelne Bildkompositionen gelungen sein, die von der Protagonistin geschilderten Geschichten gefallen, vermag das Gesamtwerk leider nicht zu überzeugen.

5.0/10
Leser-Wertung 5/10 (1 Stimmen)
Sende

Eine Geschichte von Liebe und Finsternis ist am 23.03.17 auf DVD und Blu-ray bei Koch Media erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Eine Reaktion

  1. Stepnwolf 8. Juni 2019

Hinterlasse einen Kommentar