Review: Fairwater | Oliver Plaschka (Buch)

Auch heute entlasse ich euch freilich nicht ohne buch-Kritik in den wohlverdienten Feierabend, auch wenn ich gerne bezüglich des heute vorzustellenden Werkes euphorischer gewesen wäre, nachdem ich schon jahrelang damit geliebäugelt hatte, hier mal einen Blick zu riskieren.

Fairwater
Die Spiegel des Mr. Bartholomew

Fairwater, DE 2007, 480 Seiten

Fairwater von Oliver Plaschka | © Droemer Knaur
© Droemer Knaur

Autor:
Oliver Plaschka
Übersetzer:
entfällt; Originalausgabe

Verlag (D):
Droemer Knaur
ISBN:
978-3-426-52169-4

Genre:
Mystery | Fantasy

 

Inhalt:

Der Name der Reporterin war Gloria. Sie hasste ihn. Sie hasste den ganzen verfluchten Tag und diese Reise. Grund mochte sein, dass ihr treuer Chevy gerade den Geist aufgegeben hatte, kaum dass sie die erste Ausfahrt auf sich hatte zu-kommen sehen.

Nach Jahren der Abwesenheit kehrt Reporterin Gloria anlässlich der Beerdigung ihres Jugendfreundes Marvin in ihre Heimatstadt Fairwater zurück. Mysteriös ist dabei nicht nur, dass Marvin nie gefunden, sondern nun nach Jahren schlichtweg für tot erklärt wurde, denn in Fairwater hat sich im Laufe der Jahrzehnte so einiges ereignet, dem die Reporterin nachzugehen gedenkt. Und viele der Ereignisse, von einem seit Jahren im Delirium liegenden Verkehrsopfer bis hin zu mehreren Trinkwasser-Skandalen, scheinen mit dem örtlichen Atomkraftwerk Lifelight in Zusammenhang zu stehen. Doch noch ehe Gloria auch nur halbwegs hinter die Fassade des von Geheimnissen und Mysterien durchwirkten Fairwater zu blicken vermag, sieht sie sich einer ganz neuen Bedrohung ausgesetzt. Wie das alles aber mit Marvin, einer vom Himmel gestürzten Prinzessin oder dem mysteriösen Mr. Bartholomew und den omnipräsent scheinenden Spiegeln in Verbindung steht und welche Geheimnisse sich noch in den Chroniken der Stadtgeschichte verbergen, ahnt sie derweil nicht einmal…

Rezension:

Jahrelang bereits bin ich immer wieder um Fairwater – Die Spiegel des Mr. Bartholomew herumgeschlichen und bin doch schlussendlich froh gewesen, eben gerade nicht zugeschlagen zu haben, denn das mit dem Deutschen Phantastikpreis ausgezeichnete Werk erschien ursprünglich bereits 2007 bei Feder & Schwert, um mehr als eine Dekade später in überarbeiteter Fassung neu bei Knaur zu erscheinen. Diese Neuausgabe ist es auch, bei der ich nun schlussendlich schwach geworden bin, denn Urban Fantasy ist ja durchaus meins, wobei ich gestehen muss, dass ich mir durchaus etwas Anderes oder sagen wir mal Spektakuläreres erwartet hätte. Dabei beginnt der Roman durchaus vielversprechend mit der in Fairwater eintreffenden Reporterin Gloria, die einigen mysteriösen Vorkommnissen dort auf den Grund zu gehen gedenkt, doch bereits ein Blick auf die "Dramatis Personae" und in das Inhaltsverzeichnis lässt bereits erahnen, dass es dabei nicht bleiben wird. Denn Plaschkas Werk besteht aus insgesamt sieben, je nach Betrachtungsweise, Blickwinkel und Aufmerksamkeit mehr oder minder zusammenhängenden Fragmenten, die quasi Auszüge einer Chronik darstellen und jedes für sich eine eigene Geschichte erzählen.

Es fiel nicht schwer, die Trauergesellschaft zu finden. Es war eine merkwürdige Ansammlung betretener Verwandter, die zu Glorias Erleichterung fast noch deplatzierter wirkten als sie selbst; und dazwischen, hingestreut wie Konfetti nach einer Party, bunt gekleidete Hippies, Freaks, ein oder zwei Gruftis, verwahrloste, alterslose, zeitlose Wesen.

Das mag nicht verwerflich sein, doch nach der noch gut nachvollziehbaren und durch Zeitungsartikel und Tonband-Abschriften angereicherten Ermittlungsarbeit seitens Gloria in Die Fairwater-Affäre ist der stilistische Bruch doch immens, wenn es in Lucias Spiegel und den darauffolgenden Kapiteln ungleich verwirrender und entrückter wirkt. Wer derweil hofft, dass sich dies im weiteren Verlauf bessern würde und dass Plaschka eine zufriedenstellende Auflösung offeriert, wird sich – zumindest ging es mir so – aber auch leider enttäuscht sehen, denn auch wenn sich zwischen den Zeilen einige Zusammenhänge herauslesen lassen, fügt sich Fairwater bis zuletzt meinem Gefühl nach nicht zu einem stimmigen Ganzen. Auch der nachgelagerte Versuch einer Chronik mag zwar einiges an Kontext herstellen, spart aber ebenso wichtige Zusammenhänge aus, nachdem insbesondere das letzte Kapitel Lysander mit seinen wiederum sieben Teilabschnitten zunehmend in sphärische wie assoziative Prosa abdriftet, die mehr verwirrt denn unterhält.

Dabei gelingen Autor Oliver Plaschka tatsächlich so einige großartige Satzkonstruktionen und Metaphern, die für sich genommen wunderschöne Miniaturen schaffen, derweil auch ein Großteil der Kapitel für sich genommen überzeugt und fasziniert, doch verrührt er für meinen Geschmack hier schlichtweg zu viele Zutaten, um am Ende noch überzeugen zu können. So mag zwar einerseits der Mystery-Anteil immens und quasi omnipräsent sein, doch sind auch Horror-, Fantasy-, Krimi- und Drama-Einschübe nicht von der Hand zu weisen, die sich mit allerhand seltsamen, unerklärlichen und teils übernatürlichen Begebenheiten befassen. Im Grunde bietet da das Kapitel um Reporterin Gloria schon einen breit gefächerten Abriss, wenn es um ominöse Kraftwerke, Umweltverschmutzung, Sekten, Mordfälle und dergleichen mehr geht und die "Regendunklen", quasi die obligatorischen Trenchcoat-Träger, erstmalig ihre Aufwartung machen. Mit Beendigung dieses noch vielversprechenden Kapitels wird es aber leider zunehmend diffuser und nicht nur der stete Wechsel von Handlungsort und -zeit sowie Akteuren macht es nicht eben leicht, in der Materie und am Ball zu bleiben, denn selbst ganze Kapitel tun sich schwer, so etwas wie eine stringente Handlung zu etablieren.

Der Kater litt unter der Hitze; dem Menschen, auf dessen Schoß er lag, schien sie dagegen nichts auszumachen.
Besagter Mensch war die ihr von Jeremiah angeratene Kompetenz auf dem Gebiet der Lokalhistorie, ein stumpfschwarzer Greis von Farbe und Duft einer alten Kaffeebohne, der mit einem Bartwuchs gesegnet war, den sich manche Männer auf der Brust, aber kaum im Gesicht gewünscht hätten. Er trug zerschlissene Kleidung und saß in einem noch zerschlisseneren Sessel.

Für viele mag diese Eigenwilligkeit und das durchaus anspruchsvolle Storytelling großartig sein, doch mir persönlich fiel es schlichtweg zu schwer, all die gedanklichen Ansätze, Ideen, Einschübe und Andeutungen im Blick zu behalten, während Plaschka sich zeitweise in seiner blumigen Sprache und zwar schönen, aber eben auch wenig zielführenden Satzbauten zu verlieren droht. In der dargebrachten Form allerdings wirkt diese Zusammenstellung aus beinahe allen typischen Versatzstücken der Urban Fantasy, die einem nur in den Sinn kommen mögen, ein wenig zu gewollt, ein wenig zu überladen, ein wenig zu forciert. Im Übrigen sollte der Sinn von Mystery meines Erachtens sein, den Leser zu faszinieren, voller Neugierde ins Grübeln zu bringen und nicht in letzter Konsequenz zum reinen Selbstzweck zu verkommen, der nur sporadisch Auflösung und Erklärung spendiert bekommt, sondern sich in den meisten Fällen in den Pfuhl dessen zu stürzen, was bis zuletzt rätselhaft und unaufgelöst bleibt. Anerkennung verdient haben zweifelsohne die sprachliche Finesse von Fairwater ebenso wie die Ambitionen dieser Zusammenstellung, doch als Roman, als zusammenhängendes Werk, wusste mich dieser Band nur mäßig zu überzeugen.

Fazit & Wertung:

Sprachlich macht Fairwater – Die Spiegel des Mr. Bartholomew einiges her und weiß mit gelungenen Assoziationsketten und Metaphern zu punkten. Doch über den eloquenten Stil vernachlässigt das von Oliver Plaschka verfasste Werk leider zunehmend einen nachvollziehbaren, in sich schlüssigen oder zumindest erkennbar zusammenhängenden Plot, was die Lektüre zunehmend schwieriger und fordernder werden lässt, aber nicht eben zur Faszination dieses vielversprechend startenden Urban-Fantasy-Vertreters mit Mystery-Breitseite beiträgt.

6 von 10 mysteriösen Vorkommnissen in Fairwater

Fairwater – Die Spiegel des Mr. Bartholomew

  • Mysteriöse Vorkommnisse in Fairwater - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Sprachlich macht Fairwater – Die Spiegel des Mr. Bartholomew einiges her und weiß mit gelungenen Assoziationsketten und Metaphern zu punkten. Doch über den eloquenten Stil vernachlässigt das von Oliver Plaschka verfasste Werk leider zunehmend einen nachvollziehbaren, in sich schlüssigen oder zumindest erkennbar zusammenhängenden Plot, was die Lektüre zunehmend schwieriger und fordernder werden lässt, aber nicht eben zur Faszination dieses vielversprechend startenden Urban-Fantasy-Vertreters mit Mystery-Breitseite beiträgt.

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Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von Droemer Knaur.

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Fairwater ist zunächst im Oktober 2007 bei Feder & Schwert erschienen und wurde am 03.04.18 bei Droemer Knaur in überarbeiteter Fassung – die diesem Artikel zugrundeliegt – neu aufgelegt. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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