Review: Wo die Erde bebt (Film)

Heute geht es mit einem zwar vergleichsweise neuen, aber leider gar nicht mal so guten Film ins Wochenende, aber das lässt sich ja nun einmal kaum vermeiden, gleichwohl ich mir ungleich mehr von dem Werk erwartet hätte.

Wo die Erde bebt

Earthquake Bird, USA 2019, 107 Min.

Wo die Erde bebt | © Netflix
© Netflix

Regisseur:
Wash Westmoreland
Autoren:
Wash Westmoreland (Drehbuch)
Susanna Jones (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Alicia Vikander (Lucy Fly)
Riley Keough (Lily Bridges)
Naoki Kobayashi (Teiji Matsuda)

Genre:
Krimi | Drama | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Wo die Erde bebt | © Netflix
© Netflix

Lucy Fly hat bewusst ihr altes Leben und ihre tragische Vergangenheit hinter sich gelassen und ist nach Japan ausgewandert, wo sie sich nun als Übersetzerin betätigt. Obwohl sie die meiste Zeit für sich bleibt, macht sie eines Tages unerwartet die Bekanntschaft des Hobby-Fotografen Teiji, der sie nur zu gern in seinem Atelier ablichten würde, sich ansonsten aber auffällig zurückhaltend gebärdet. Nicht viel später begegnet Lucy aber auch der quirligen Amerikanerin Lily, die prompt um ihre Hilfe ersucht, weil sie kein einziges Wort Japanisch kann. Während Lucy dem charmanten Teiji langsam näher kommt, hat sie durchaus auch etwas für Lily übrig, was die Situation erschwert, als sie die beiden ebenfalls miteinander bekannt macht. Denn auch Teiji ist von Lily angetan und in Lucy regt sich Eifersucht, ohne dass sie genau benennen könnte, auf wen und warum genau. Doch als Lily nach einem gemeinsamen Ausflug verschwindet und Lucy unter Verdacht gerät und auf die Wache gebeten wird, hat diese freilich mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen…

Rezension:

Im vergangenen Jahr hat mich Wash Westmoreland gleich zwei Mal mit seinen Arbeiten zu überzeugen beziehungsweise begeistern gewusst und sowohl Colette als auch Still Alice werde ich in guter bis bester Erinnerung behalten, weshalb ich auch schon sehr gespannt auf den Netflix-Film Wo die Erde bebt war, ganz davon abgesehen, dass der allein schon aufgrund der Tatsache, dass Alicia Vikander die Hauptrolle innehat, bereits im Vorfeld auf meine Watchlist gewandert ist. Nun ist die Buch-Adaption seit einiger Zeit verfügbar und vor kurzem fand ich dann auch die Zeit, mich dem Werk zu widmen, das mich allerdings leider ziemlich ratlos und mittelschwer enttäuscht zurückgelassen hat. Nicht nur durch die unnötig sperrige Erzählweise, nach dem Verschwinden von Lily einzusetzen und die Geschichte überwiegend – aber immer wieder von Gegenwarts-Einsprengseln unterbrochen – in Rückblenden zu erzählen, schafft Distanz zum Geschehen, sondern auch die vergleichsweise nüchterne Erzählweise, die dem Thema nicht ganz angemessen scheint.

Szenenbild aus Wo die Erde bebt | © Netflix
© Netflix

So agiert Westmoreland mehr nach Prinzip des "Show, don’t tell", was grundsätzlich begrüßenswert ist, doch hier führt es dazu, das wenig über das gesprochene Wort und viel über Mimik und Gestik transportiert werden soll, doch ausgerechnet die sonst so fähige Alicia Vikander (Liebe zwischen den Meeren) hat es hier nicht geschafft, mir das Innenleben ihrer Figur zu vermitteln. So rätselt man öfter über die Beweggründe und Gedanken von Lucy Fly, als gut für den Film sein würde und hinzu kommt, dass Lucy ihre lange Zeit nebulös bleibende Vergangenheit mit sich herumschleppt und sich nicht nur diesbezüglich wortkarg gibt, weshalb es schwerfällt, sich emotional auf den Charakter einzulassen. Daran wiederum scheitern in Wo die Erde bebt dann in letzter Konsequenz auch die Liebesbeziehung oder Schwärmerei, denn gegenseitige Anziehung oder auch nur ein leises Knistern bleiben pure Behauptung, wodurch die im Mittelteil viel Raum einnehmende Dreiecksbeziehung einiges an Längen aufweist.

Nach einem durchaus vielversprechenden Start und der sich langsam legenden Irritation, wenn die Filmhandlung in der Zeit zu springen beginnt, macht Lucy dann die Bekanntschaft mit dem Fotografen Teiji, der von Naoki Kobayashi aber leider sehr stereotyp undurchsichtig-mysteriös angelegt wird und ebenfalls kaum tiefe verliehen bekommt, selbst wenn sich zwischen ihm und Lucy langsam eine Liebelei anbahnt oder er später ein Auge auf die nunmehr zu Beginn des Films als vermisst geltende Lily wirft. Die wiederum wird verkörpert von Riley Keough (The Girlfriend Experience), die in der Rolle der quirligen und lebensfrohen Amerikanerin beinahe noch den dankbarsten Posten hat, da sie eben ein wenig mehr zu tun hat, als nur wahlweise bedeutungsschwanger oder melancholisch in die Gegend zu schauen, doch der Prämisse des Films geschuldet ist ihre Leinwandzeit vergleichsweise knapp bemessen. So krankt Wo die Erde bebt dramaturgisch leider an nur jeder erdenklichen Stelle und ich für meinen Teil musste mich wundern, wie ausgerechnet ein doch durchaus fähiger und vor allem mittlerweile routinierter Regisseur wie Westmoreland die Sache so an die Wand hat fahren können.

Szenenbild aus Wo die Erde bebt | © Netflix
© Netflix

Wer nämlich meint, dass wenn schon die Dreiecksgeschichte nicht zu zünden weiß, der Film das über den Thriller-Part wettmachen könne, der täuscht sich leider ebenso. Denn nicht nur ist – nach Kenntnisnahme der gesamten, in der Vergangenheit liegenden Vorgeschichte – der weitere Verlauf und die schlussendliche Auflösung recht vorhersehbar geraten, nein, Westmoreland scheint sich – diesmal in der Funktion als Drehbuchautor – dieses Umstandes durchaus bewusst gewesen zu sein und versucht recht hilflos, mit Traumsequenzen und einer Vermischung aus Schein und Sein darüber hinwegzutäuschen, dass der Plot einerseits recht profan vorangetrieben wird und die Protagonistin Lucy sich in dessen Kontext auch noch ausgemacht dumm verhält. So überzeugt Wo die Erde bebt leider an keiner Front so wirklich und punktet im Grunde einzig mit wirklich schöner, ungewöhnlicher und ansehnlich in Szene gesetzter Japan-Kulisse, wohingegen die Geschichte zwar mysteriös sein will, meist aber nur ermüdend wirkt. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern es ist auch schade um die vielversprechende Prämisse und die überwiegend hochkarätige Besetzung, die aber eben auch nicht gegen das uninspirierte und zunehmend verworrene Skript ankommen.

Fazit & Wertung:

So vielversprechend der Ansatz und die Ausgangslage der von Wash Westmoreland inszenierten Buch-Adaption Wo die Erde bebt auch sein mögen, wird aus dem vermeintlich erotischen und mysteriösen Thriller eine sehr zähe und behäbige Angelegenheit, deren im Mittelteil befindliche Längen nur noch getoppt werden von einer haarsträubend inszenierten und wenig überraschenden Finale.

4,5 von 10 melancholischen Blicken in die Vergangenheit

Wo die Erde bebt

  • Melancholische Blicke in die Vergangenheit - 4.5/10
    4.5/10

Fazit & Wertung:

So vielversprechend der Ansatz und die Ausgangslage der von Wash Westmoreland inszenierten Buch-Adaption Wo die Erde bebt auch sein mögen, wird aus dem vermeintlich erotischen und mysteriösen Thriller eine sehr zähe und behäbige Angelegenheit, deren im Mittelteil befindliche Längen nur noch getoppt werden von einer haarsträubend inszenierten und wenig überraschenden Finale.

4.5/10
Leser-Wertung 8/10 (2 Stimmen)
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Wo die Erde bebt ist seit dem 15.11.19 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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