Review: The Menu (Film)

Eigentlich sollte dieser Artikel schon gestern erscheinen, aber wie es der Zufall will, hat natürlich die Technik gestreikt und meine Seite war stundenlang nicht erreichbar. Sei es drum, als Freitagsfilm macht sich die Sache ja eigentlich noch besser und somit freue ich mich eben heute, euch ein wenig von diesem Film vorschwärmen zu können.

The Menu

The Menu, USA 2022, 107 Min.

The Menu | © 20th Century Studios
© 20th Century Studios

Regisseur:
Mark Mylod
Autoren:
Seth Reiss
Will Tracy

Main-Cast:
Ralph Fiennes (Chef Slowik)
Anya Taylor-Joy (Margot)
Nicholas Hoult (Tyler)
in weiteren Rollen:
Hong Chau (Elsa)
Janet McTeer (Lillian)
Judith Light (Anne)
John Leguizamo (Movie Star)

Genre:
Komödie | Horror | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Menu | © 20th Century Studios
© 20th Century Studios

Gespannt warten Tyler und seine Begleitung Margot auf die Fähre, die sie zu einem kulinarisch einzigartigen Erlebnis auf der Insel Hawthorne bringen soll, wo der gefeierte Maître Julian Slowik ein beispielloses Menu zu kredenzen gedenkt. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass Tyler weitaus euphorischer der Erfahrung entgegenblickt als die abgeklärte Margot. Mit ihnen auf dem Weg nach Hawthorne befinden sich eine renommierte Gastrokritikerin und ihre Begleitung, eine Gruppe Business-Leute und selbst ein Filmstar, auch wenn der seine besten Zeiten wohl schon hinter sich hat. Staunend lässt sich die ausgesuchte Schar Gäste ihren Plätzen zuweisen und sich vom Maître begrüßen, der sie gleich zu Beginn ermahnt, bitte nicht "einfach nur zu essen". So vielversprechend das Menu allerdings startet, nimmt der von Slowik akribisch geplante Abend allerdings schnell eine für die Gäste unerwartete Wendung, als ihnen vergleichsweise unverblümt vor Augen geführt wird, dass niemand die Nacht überleben wird…

Rezension:

Mit dem vorgestrigen Erscheinen von The Menu bei Disney+ hat uns der Streamingdienst ein seltenes wie erlesenes Geschenk gemacht, denn selbst die jüngsten Marvel-Blockbuster wie zuletzt Thor: Love and Thunder haben es nicht so schnell vom Kino auf den heimischen TV geschafft wie nun eben diese großartig angelegte und akribisch durchexerzierte Horror-Satire, deren größter Verdienst es ist, in kaum eine Schublade zu passen und dabei ab einem sehr frühen Zeitpunkt keinen Hehl mehr daraus zu machen, wohin die Reise geht. Umso faszinierender und begeisternder, dass man sich dem Sog, den der Film bereits nach wenigen Minuten entfaltet, in keiner Weise entziehen kann. Ein wenig so wie die gut betuchte Klientel des manischen Maître, die noch an eine Inszenierung zu ihren Ehren und ihrer Unterhaltung glaubt, selbst als die erste Person bereits das Zeitliche gesegnet hat. Bis dahin allerdings fühlt und sieht man sich zunächst mit einer Art Hochglanzbildern konfrontiert, die einer Dokumentation der erlesensten kulinarischen Entdeckungen entliehen sein könnten und so wird auch jeder servierte Gang in bildschirmfüllender Opulenz in Szene gesetzt, dass sich jede noch so hochtrabende Kochshow davor neidvoll verstecken müsste, was mich in der Rückschau ein wenig an die ähnlich exquisit in Szene gesetzten Gerichte in der Serie Hannibal denken lässt.

Szenenbild aus The Menu | © 20th Century Studios
© 20th Century Studios

Das titelgebende Menü ist dabei natürlich vor allem ein Vehikel, die Geschichte zu transportieren, die ihrerseits zweifelsohne über die Maßen konstruiert daherkommt, was aber einerseits zum unwirklichen und entrückten Flair des Gezeigten passt, andererseits aber der Figur des Maître zugutekommt, der seinerseits den Abend genauso akribisch geplant und bis ins letzte Detail durchdacht hat, weshalb es ihm ein verständlicher Dorn im Auge ist, wenn seine Inszenierung ins Wanken zu kommen droht. Und das tut sie, spätestens wenn Margot beginnt, ihm Paroli zu bieten, denn wie sich bereits bei der Ankunft auf Hawthorne herausstellt, war nicht sie es, die ursprünglich den Platz an der Seite von Tyler zugewiesen bekommen hatte. Mit der Tatsache, dass ein jeder der Gäste aus einem Grund bei der Veranstaltung gelandet ist, dürfte nicht zu viel vorweggenommen sein, denn auch wenn vieles bei The Menu von vornherein klar zu sein scheint, bleibt doch die spannende Frage der Art der Ausführung und der simplen Unwägbarkeit, wie weit es Regisseur Mark Mylod zu treiben bereit ist. Die simple Tatsache übrigens, dass es sich hierbei um sein Spielfilm-Debüt handelt, lässt für die Zukunft Großes hoffen, denn eine derart selbstbewusste und pointierte Inszenierung findet man selten.

Bemerkenswert ist derweil, mit wie vielen Lesarten man sich The Menu zu eigen machen kann, denn natürlich kann man das Ganze als abgründig-schwarzhumorige Satire betrachten, ebenso wie die Interpretation als vergleichsweise stumpfe Konsum- und Wohlstandskritik nicht von der Hand zu weisen wäre. Doch ebenso sehr beschäftigt die Inszenierung die Frage, was Kunst eigentlich darf, wie Kunst verführt und zu welchem Zweck sie dies tut, was sich wiederum von der "Kunst des Kochens" ganz unmittelbar auch auf die "Kunst des Filmemachens" ummünzen ließe, womit sich Mylods Film bereitwillig einer selbstreflexiven Betrachtung öffnet. Des Weiteren werden hier quasi nebenbei zentrale Fragen behandelt, die sich um Autoritäten-Hörigkeit, Herdentrieb und den Willen zum Widerstand drehen, während auch biblische – die sieben Todsünden – und mythologische –Tantalus – Motive Beachtung finden, ohne sich aufdringlich in den Vordergrund zu spielen. So ließen sich sicherlich schon ganze Abhandlungen über die Deutungsvielfalt des Gezeigten verfassen, derweil die Tatsache wiederum, dass der Film trotz aller erzählerischen Stringenz und Geradlinigkeit voller Überraschungen und Offenbarungen steckt, geradezu dazu einlädt, ihn mit neuem Wissen neu zu entdecken. Bei all der inszenatorischen Raffinesse soll derweil die darstellerische Leistung nicht unerwähnt bleiben, wobei sich hier Ralph Fiennes (Die Ausgrabung) mit seinem intensiven Spiel, seinem Changieren zwischen Genie und Wahnsinn, reserviertem Chef und aufbrausendem Racheengel recht mühelos in den Mittelpunkt drängt und lange Zeit das Geschehen dominiert.

Szenenbild aus The Menu | © 20th Century Studios
© 20th Century Studios

Dem gegenüber steht eine gewohnt stark aufspielende Anya Taylor-Joy (Last Night in Soho), deren Margot sich zunächst als Fremdkörper in dem Reigen der gutsituierten Egomanen präsentiert und später zu einem echten Störfeuer wird, wie insbesondere der von seinem Konzept besessene Julian Slowik lernen und akzeptieren muss. Da erscheint die Rolle von Nicholas Hoult (The Favourite) als Margots Begleiter Tyler beinahe undankbar, doch auch er vermag manch starken Moment für sich zu verbuchen. Die wahre Faszination entspinnt sich allerdings zwischen Taylor-Joy und Fiennes, deren Figuren und Rollen auf den ersten Blick so gar nichts gemein zu haben scheinen und sich dennoch ähnlicher sind, als man meinen würde. Diesbezüglich möchte ich aber gar nicht weiter vorgreifen, denn The Menu zeichnet sich ja gerade dadurch aus, ein so feinsinnig austariertes Vexierspiel zu sein, dass sich die allgemeine Stimmung und das, was man über einzelne Personen in dem Reigen zu wissen glaubt, in Sekundenschnelle ins Gegenteil verkehren kann. Und dennoch bleibt Zeit und Raum für eine gelungene, garstige und auch hier wieder virtuos dargebrachte Schlusspointe, die gemeinsam mit einem schwer faszinierenden Film sicher noch eine ganze Weile nachhallt.

Fazit & Wertung:

Regisseur Mark Mylod empfiehlt sich in seinem Spielfilm-Debüt The Menu prompt für Großes und lässt insbesondere Ralph Fiennes und Anya Taylor-Joy zu Höchstform auflaufen. Darüber hinaus gelingt ihm eine überzeugend durchkomponierte und mit viel Feinsinn inszenierte Horror-Satire voller faszinierender Zwischentöne und Seitenhiebe.

8,5 von 10 ausgeklügelten Menü-Komponenten

The Menu

  • Ausgeklügelte Menü-Komponenten - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Regisseur Mark Mylod empfiehlt sich in seinem Spielfilm-Debüt The Menu prompt für Großes und lässt insbesondere Ralph Fiennes und Anya Taylor-Joy zu Höchstform auflaufen. Darüber hinaus gelingt ihm eine überzeugend durchkomponierte und mit viel Feinsinn inszenierte Horror-Satire voller faszinierender Zwischentöne und Seitenhiebe.

8.5/10
Leser-Wertung 7/10 (5 Stimmen)
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The Menu ist seit dem 18.01.23 bei Disney+ verfügbar.
vgw

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Kommentare (3)

  1. Samira 22. Januar 2023
  2. mwj 22. Januar 2023
  3. nicci trallafitti 23. Januar 2023

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