Review: 7 Psychos (Film)

Auf Drängen von Dominik habe ich vergangenes Wochenende alles stehen und liegen lassen und mir postwendend 7 Psychos angesehen, denn diese freundliche Bitte seinerseits konnte ich schlichtweg nicht ignorieren. Um nun also meine Schuldigkeit zu tun, kommt hier meine Kritik zu ebenselbigem Film, denn die wurde ja schließlich verlangt. Viel Spaß!

7 Psychos

Seven Psychopaths, UK 2012, 110 Min.

7 Psychos | © Euro Video
© Euro Video

Regisseur:
Martin McDonagh
Autor:
Martin McDonagh

Main-Cast:

Colin Farrell (Marty)
Sam Rockwell (Billy)
Woody Harrelson (Charlie)
Christopher Walken (Hans)
Tom Waits (Zachariah)
Abbie Cornish (Kaya)
Olga Kurylenko (Angela)

Genre:
Krimi | Komödie

Trailer:

 

Inhalt:

Marty befindet sich in einer regelrechten Schaffenskrise. Seit einer gefühlten Ewigkeit nun schon sitzt er an seinem neuen Drehbuch, das den Titel Seven Psychopaths trägt, doch außer dem Titel hat er allerdings auch noch nichts zu Papier gebracht. Stattdessen verbringt er die Tage damit, sich Bier, Wein und sonstige Alkoholika einzuflößen und seine Freundin Kaya wird merklich ungehaltener über Martys Verhalten. Auch sein bester Freund Billy versucht ihn zu überzeugen, weniger zu trinken und wartet mit immer neuen Ideen für das Skript auf. Dann kommt es zum Eklat und Marty bezeichnet seine Freundin betrunken auf einer Party als Fucking Bitch, woraufhin diese ihn verständlicherweise postwendend vor die Tür setzt.

Szenenbild aus 7 Psychos | © Euro Video
© Euro Video

Marty kommt zunächst bei Billy unter, der sich als arbeitsloser Schauspieler damit über Wasser hält, gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Hans die Hunde reicher Leute zu entführen und gegen Finderlohn wieder auszuliefern. Doch als Billy den Shih Tzu Bonny entführt, der rein zufällig dem Gangsterboss Charly gehört, geraten die Dognapper schnell ins Visier des Psychopathen und mit ihnen Marty, der unfreiwillig als Komplize des merkwürdigen Duos betrachtet wird. Immerhin eröffnet ihm die abstruse Situation gänzlich neue Impulse, was die Ideen für sein Drehbuch anbelangt; denn an Psychopathen mangelt es im Wirkungskreis von Billy und Hans beileibe nicht.

Rezension:

7 Psychos, das Zweitwerk des Regisseurs Martin McDonagh, der mit Brügge sehen… und sterben? als Debüt prompt einen Kult-Film rausgehauen hat, steht ganz eindeutig in der Tradition des Erstlings, wirft jedoch alle formalen Hemmnisse und Konventionen über Bord und ergeht sich von der ersten Minute an in einem überbordenden Feuerwerk der Fantasie. Wir lernen zwei Mafia-Killer kennen, deren Zwiegespräch während eines zu erledigenden Jobs die beiden dermaßen gefangen nimmt, dass sie die herannahende Gefahr nicht kommen sehen und prompt von Psychopath Nr. 1 niedergemacht werden, der uns später als der Jack-of-Diamonds-Killer vorgestellt werden wird. Der wiederum kommt dem Drehbuchautoren Marty, der die meiste Zeit des Tages mit dem Genuss alkoholischer Getränke verbringt und sich mehr und mehr darüber wundert, warum seine Freundin stets so ungehalten ist, gerade recht, denn es gilt, ein Drehbuch über sieben Psychos zu verfassen und bis dato steht nur die Figur des buddhistischen Psychos, der nicht an Gewalt glaubt, aber was der genau in dem Film dann machen soll, das weiß Marty auch nicht recht, so eröffnet er seinem besten Freund Billy.

Szenenbild aus 7 Psychos | © Euro Video
© Euro Video

Billy ist es auch, der Marty auf den Jack-of-Diamonds-Killer aufmerksam macht und später eine Zeitungs-Annonce aufsetzt, die alle Psychos aufruft, sich zu melden und ihre Geschichten zum Besten zu geben. Das hört sich jetzt skurril an, ist aber noch nicht einmal ein Bruchteil der Essenz von 7 Psychos denn fernab des Drehbuch-Plots tritt in Gestalt von Woody Harrelson ein weiterer Psycho auf den Plan, der seinen Hund zurückhaben möchte und bald unerbittlich Jagd auf die Dognapper Billy und Hans sowie den unfreiwillig in die Sache hineingezogenen Marty macht. Der Film selbst wiederum wird immer wieder unterbrochen, um in kleinen Geschichten die Stories unterschiedlicher Psychos zu erzählen, die entweder dem Geiste Martys entstammen oder auch der „realen“ Welt. Nach etwas mehr als vierzig Minuten offenbart sich mit einem Paukenschlag übrigens ein weiterer Psycho und lässt die Geschichte noch abgedrehter und verworrener werden.

Man könnte 7 Psychos vorwerfen, kein Maß zu kennen und dramaturgische Konventionen gänzlich zu ignorieren, doch gerade aus diesem Umstand zieht er seine wahre Stärke, weil man wirklich zu keinem Zeitpunkt auch nur erahnen kann, wie die Geschichte sich weiterentwickeln wird, zumal gerne auch Alternativ-Szenarien im Geiste durchgespielt werden. Der Ton des Films pendelt dabei ebenso von brüllend komisch zu tragisch, zurück zu überbordend durchgedreht bis hin zu leiser Melancholie. Ein Schema oder Rhythmus lässt sich da nicht erkennen, doch so in etwa muss es sein, wenn man mit einem Haufen Psychos unterwegs ist, wie McDonagh sie charakterisiert. Diese Psychos, bei denen man gerne auch den Überblick zu verlieren droht, hätten durchaus beinahe allesamt einen eigenen Film verdient, so liebevoll bemüht man sich, ihren Figuren eine angemessene Motivation und Hintergrundstory zu liefern. Und wenn dem nicht so ist, wird dieser Part eben in den Meta-Plot des Drehbuchschreibens eingebettet und von den handelnden Figuren während der eigentlichen Filmhandlung quasi nebenbei erledigt.

Szenenbild aus 7 Psychos | © Euro Video
© Euro Video

McDonagh schafft durch dieses Film-im-Film-Szenario und die teils abstrusen Diskussionen und Dialoge auch spielend eine oftmals brüllend komische Meta-Ebene, die gerade diese dramaturgischen Konzepte so anprangert, die der Film so gekonnt durchbricht, ebenso wie Autor Marty eben keinen Film über die üblichen Psychos schreiben will, sondern einen Film, in dem es zuvorderst um die Liebe geht, was seinem besten Freund Billy übrigens gehörig gegen den Strich geht, doch Marty entpuppt sich damit im Grunde als der Pazifist der Erzählung, so dass Colin Farrell auch mit viel Freude gegen sein Image anspielen darf. Nicht unerwähnt bleiben dürfen auch die teils unnötig blutigen Gewalt-Exzesse, derer sich der Film immer wieder bedient, jedoch auf eine dermaßen übertriebene Art und Weise, dass man den satirischen Unterton kaum übersehen kann. Überhaupt präsentiert sich der gesamte Film mit weit mehr als nur einem selbstironischen Augenzwinkern und demontiert so ziemlich alle Sehgewohnheiten des Zuschauers mit Genuss.

Funktionieren kann 7 Psychos aber nur dank des glänzend aufgelegten Darsteller-Ensembles, von dem neben Farrell vor allem der meiner Meinung nach noch immer zu Unrecht unterschätzte Sam Rockwell hervorgehoben werden muss, ebenso wie Urgestein Christopher Walken, der lange nicht mehr so gut war wie hier und nicht zuletzt Woody Harrelson, dem solche abgedrehten Rollen immer wieder sichtlich Freude bereiten, zumal man hier einmal ungehemmt dem Overacting frönen darf, ohne dass es falsch wirken würde. Einzig die Frauenrollen, in dem Fall besetzt von Abbie Cornish und Olga Kurylenko, bleiben mehr eine Randnotiz und gewinnen kaum an Profil, doch selbst das greift der Film auf und weiß es für seine Zwecke zu nutzen, wenn Hans Marty eröffnet, dass er noch nie so schwach geschriebene Frauen wie in dessen Drehbuchskript gesehen hat, die kaum einen ganzen Satz zu formulieren imstande sind.

Szenenbild aus 7 Psychos | © Euro Video
© Euro Video

Alles in allem präsentiert sich 7 Psychos als Ideenfeuerwerk allererster Güte und punktet gerade mit seinem kruden und wirr scheinenden Plot, der sich dennoch schlussendlich zu einem großen Ganzen fügt und nicht nur auf der Meta-Ebene vortrefflich funktioniert. Mit viel Blut muss man rechnen, ebenso mit einem abgedrehten Humor und einer nicht annähernd stringenten Handlung, dafür aber mit einigen genialen Twists und Einfällen sowie einem – ich erwähnte es bereits – bestens aufgelegten Ensemble, dem die Freude ins Gesicht geschrieben steht, in diesem so außergewöhnlichen Film mitgewirkt haben zu dürfen.

Fazit & Wertung:

7 Psychos vereint eine reichlich verworrene Handlung mit einer Vielzahl genial verrückter Einfälle und nimmt nicht nur sich selbst sondern auch das Film-Business augenzwinkernd aufs Korn. Ein besseres Zweitwerk hätte McDonagh kaum abliefern können, weil sich der Film nicht beim Publikum anzubiedern versucht und gänzlich eigene, bis dato unbeschrittene Wege geht, die bei aller Absurdität eine Menge Spaß machen und durchweg überzeugen.

9 von 10 entführten Hunden

7 Psychos

  • Entführte Hunde - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

7 Psychos vereint eine reichlich verworrene Handlung mit einer Vielzahl genial verrückter Einfälle und nimmt nicht nur sich selbst sondern auch das Film-Business augenzwinkernd aufs Korn. Ein besseres Zweitwerk hätte McDonagh kaum abliefern können, weil sich der Film nicht beim Publikum anzubiedern versucht und gänzlich eigene, bis dato unbeschrittene Wege geht, die bei aller Absurdität eine Menge Spaß machen und durchweg überzeugen.

9.0/10
Leser-Wertung 9/10 (1 Stimme)
Sende

7 Psychos ist am 17.04.13 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Euro Video erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

Sharing is Caring:

Kommentare (5)

  1. Dominik Höcht 19. September 2013
    • Wulf | Medienjournal 20. September 2013
  2. Niels 21. September 2013
    • Wulf | Medienjournal 22. September 2013

Hinterlasse einen Kommentar