Review: The Gentlemen (Film)

Wie es sich für eine Freitags-Rezension geziemt, habe ich heute mal wieder einen absolut großartigen Film rausgepickt, bei dem ich allerdings auch so sehr hinterher bin wie sonst selten, denn gesehen haben dürften ihn wohl schon die meisten, die es hierher verschlägt, was aber nicht heißt, dass ich nicht dennoch meinen Senf hinzugeben will.

The Gentlemen

The Gentlemen, UK/USA 2019, 113 Min.

The Gentlemen | © Concorde
© Concorde

Regisseur:
Guy Ritchie
Autor:
Guy Ritchie

Main-Cast:

Matthew McConaughey (Michael Pearson)
Charlie Hunnam (Ray)
Henry Golding (Dry Eye)
Michelle Dockery (Rosalind Pearson)
Jeremy Strong (Matthew)
Eddie Marsan (Big Dave)
Colin Farrell (Coach)
Hugh Grant (Fletcher)

Genre:
Action | Komödie | Krimi

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus The Gentlemen | © Concorde
© Concorde

Mickey Pearson hat sich aus eigenem Antrieb und mit persönlichem Einsatz zu einem der größten und einflussreichsten Drogenbarone Englands aufgeschwungen und unterhält gemeinsam mit seiner Frau Rosalind ein regelrechtes Imperium. Doch Pearson will auch – bevor es zu spät ist – die Früchte seiner Arbeit ernten und plant, sein Unternehmen mit allen Kontakten, Standorten, der Logistik zu veräußern, um ein bequemes Leben in der Londoner Oberschicht in Angriff nehmen zu können. Ein interessierter Käufer ist zwar schnell gefunden, doch gilt es natürlich einiges an Detail-Fragen zu klären, derweil auch Triaden-Spross Dry Eye damit liebäugelt, die Geschäfte von Pearson zu übernehmen. Dann aber wird einer der Standorte von Pearsons Marihuana-Imperium verwüstet und eine nicht unbeträchtliche Menge an Gras entwendet, was natürlich den Wert der Unternehmung spürbar schmälert. Der schmierige Schnüffler und Opportunist Fletcher hat so seine ganz eigene Theorie, was dahinterstecken könnte und ist gerne bereit, diese Geschichte gegen entsprechende Belohnung Mickeys rechter Hand Ray zum Besten zu geben. Der ist allerdings von dem unverhofften Besuch alles andere als begeistert…

Rezension:

Klassischer Fall von "Late to the Party", dass ich erst jetzt dazu gekommen bin, mir den derzeit noch aktuellsten Guy-Ritchie-Film zu Gemüte zu führen, bevor bereits im Juli Cash Truck folgen soll. Um den geht es heute aber nicht, sondern eben um den vielgelobten The Gentlemen, den ich natürlich schon viel früher habe sehen wollen. Ein Film dieser Couleur und Klasse reift aber natürlich wie ein guter Whiskey und verliert nichts von seinem Charme, wenn man ihn eben erst zwei Jahre später in Augenschein nimmt und mir war allein schon von der üppigen wie protzigen Besetzungsliste her klar, dass mich das neueste Crime-Flick aus der Ritchie-Schmiede quasi todsicher wieder würde begeistern können, nachdem der Genre-Ausflug King Arthur nun nicht so hundertprozentig mein Fall gewesen ist. Hier orientiert sich Ritchie aber eben auch wieder weit mehr an seinen Frühwerken und zimmert einen herrlich verworrenen wie überhöhten, genüsslich absurden und zuweilen blutigen, ausgemacht britischen gangsterfilm zusammen, der noch dazu mit einem gehörigen Augenzwinkern daherkommt. Maßgeblich verantwortlich für dieses Augenzwinkern ist überraschenderweise Hugh Grant in einer ganz und gar ungewohnten Rolle (auch wenn Codename U.N.C.L.E. von 2015 in diese Richtung schon eine Art Vorgeschmack gegeben hat), denn sein schmieriger wie verschmitzter Fletcher ist nicht lediglich Nebenfigur im Film, sondern gleichsam Erzähler, der sich anschickt, aus dem Leben von Protagonist Michael Pearson einen Film machen zu wollen.

Szenenbild aus The Gentlemen | © Concorde
© Concorde

Für derlei Meta-Spielereien bin ich natürlich immer zu haben, zumal Ritchie es mit den Referenzen mitnichten übertreibt, sondern das Ganze lediglich als kleines Mosaikteil in einem auch sonst bis ins letzte Detail konstruierten Streifen kredenzt. Damit unterstreicht Ritchie einmal mehr, dass niemand bessere Ritchie-Filme dreht als er selbst, denn auch wenn sein Stil oft kopiert und nachgeahmt wird, gelingt es niemandem sonst in dieser Souveränität und Brillanz, absolut karikaturesk anmutende Charaktere dennoch lebensecht und nahbar erscheinen zu lassen und einen Plot zu kreieren, der im Kern gar nicht mal so kompliziert sein mag, durch seine zahlreichen Zusammenhänge und Verwicklungen und eine im Grunde unnötig verkomplizierte Erzählung aber tatsächlich zusätzliche Ebenen sowie Twists and Turns erhält, statt einfach nur gewollt verworren zu wirken. So schildert ebenjener Fletcher quasi in der Rückschau der rechten Hand von Pearson das, was die eigentlich längst wissen müsste, nun aber in einem neuen Licht zu betrachten vermag. Im Kern geht es dabei darum, dass Pearson sich zur Ruhe zu setzen gedenkt und hierzu sein Multi-Millionen-Drogen-Imperium gewinnbringend zu veräußern anstrebt, was allerdings nicht nur konkurrierende Parteien auf den Plan ruft, sondern eben auch sonst einiges an Schwierigkeiten mit sich bringt.

Es versteht sich von selbst, dass Matthew McConaughey (Im Netz der Versuchung) in der Rolle des mondänen Gangsterbosses Pearson gewohnt brilliert, auch wenn er zunächst mehr wie eine Figur in einer Erzählung wirkt, weil eben die Geschichte nicht aus seiner Sicht, sondern der von Fletcher geschildert wird. Der erweist sich ebenso als Szenendieb wie das Konstrukt, dass Fletcher ungebeten bei Michaels rechter Hand Ray (Charlie Hunnam, Outlaws) aufschlägt und die beiden sich bei geistigen Getränken und wohltemperierten Steaks einen verbalen Schlagabtausch liefern, in deren Verlauf die Geschichte von Pearson quasi von Beginn an aufgerollt wird. Und da tummeln sich natürlich so einige zwielichtige Gestalten, die den ungemein männerlastigen Cast vervollständigen, dem einzig Michelle Dockery (Non-Stop) entgegensteht, was zwar in früheren Ritchie-Filmen kaum anders gewesen ist, aber dennoch eine Erwähnung verdient. Alle beteiligten und relevanten Charaktere aufzuzählen würde derweil zu weit führen und einiges vorwegnehmen, doch bleibt festzuhalten, dass Ritchie sich genüsslich vieler Milieus und Klischees bedient und sie gewinnbringend für The Gentlemen ausschlachtet, ob es sich dabei um eine Trainingsjacken tragende Eingreiftruppe unter Führung von "Coach" Colin Farrell (Voyagers) oder den aufstrebenden, asiatischen Gangster Dry Eye (Henry Golding, Last Christmas) handelt, wobei auch hier natürlich die Dialoge wieder vom Allerfeinsten sind und vor trockenem bis tiefschwarzen Humor triefen, während sie mit reichlich Schimpfwörtern gespickt sind.

Szenenbild aus The Gentlemen | © Concorde
© Concorde

So kann sich Ritchie auch hier wieder voll und ganz auf seine ausgesuchte Riege an – vorrangig männlichen – Darstellern verlassen, denen er superb absurde Rollen auf den Leib geschneidert hat, was allerdings nicht bedeutet, dass es dramaturgisch schlechter um The Gentlemen bestellt wäre, denn auch wenn die Story im Kern längst nicht so kompliziert ist, wie sie zunächst scheint, begeistert vor allem die Art des Schilderns, zumal sich Fletcher des Öfteren als höchst unzuverlässiger Erzähler enttarnt und sich Geschehnisse, die er nicht selbst hat beobachten können, mit überbordender Fantasie zusammenreimt, was dann durchaus für die eine oder andere Entgleisung sorgt, die unmittelbar zurückgenommen wird, wenn Fletcher einräumt, es womöglich ein wenig übertrieben zu haben. So ist in einer zweiten Ebene Ritchies Film auch ein stück weit Huldigung an die Filmemacherei an sich, wobei es sich im Kern natürlich vorrangig um eine britische Gangster-Komödie handelt, wie sie eben kein Zweiter so zu inszenieren imstande ist, wie der Regisseur selbst, der nach seinen Ausflügen in andere Gefilde hier zu seinen Wurzeln zurückfindet und damit brilliert wie eh und je.

Fazit & Wertung:

Guy Ritchie stellt mit The Gentlemen eindrucksvoll unter Beweis, dass er noch immer als Koryphäe gelten darf, wenn es um britische Crime-Flicks voller schwarzem Humor und blutiger Shootouts geht. Eine eindrucksvolle Riege namhafter Stars veredelt dabei eine liebevoll und bis ins letzte Detail durchkonstruierte Geschichte, die vor absurden bis aberwitzigen Ideen und selbst augenzwinkerndem Meta-Humor nur so strotzt.

8,5 von 10 sich gegenseitig übers Ohr hauenden Gangstern

The Gentlemen

  • Sich gegenseitig übers Ohr hauende Gangster - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Guy Ritchie stellt mit The Gentlemen eindrucksvoll unter Beweis, dass er noch immer als Koryphäe gelten darf, wenn es um britische Crime-Flicks voller schwarzem Humor und blutiger Shootouts geht. Eine eindrucksvolle Riege namhafter Stars veredelt dabei eine liebevoll und bis ins letzte Detail durchkonstruierte Geschichte, die vor absurden bis aberwitzigen Ideen und selbst augenzwinkerndem Meta-Humor nur so strotzt.

8.5/10
Leser-Wertung 8.5/10 (2 Stimmen)
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DVD:

Blu-ray:

vgw

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