Review: The Sea of Trees (Film)

Morgen erscheint Gus Van Sants neuester Film hierzulande auf DVD und Blu-ray, weshalb ich die Gunst der Stunde nutze, ein paar wohlwollende und damit relativierende Worte für sein von der Kritik zerrissenes Werk zu finden, denn mir persönlich ging die offerierte Geschichte erstaunlich nahe, aber das ist natürlich auch immer eine Frage des Timings und der Einstellung. Aber was rede ich, folgt jetzt ja noch einmal alles in ausführlich.

The Sea of Trees

The Sea of Trees, USA 2015, 110 Min.

The Sea of Trees | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Regisseur:
Gus Van Sant
Autor:
Chris Sparling

Main-Cast:
Matthew McConaughey (Arthur Brennan)
Ken Watanabe (Takumi Nakamura)
Naomi Watts (Joan Brennan)
in weiteren Rollen:
Katie Aselton (Gabriella Laforte)
Jordan Gavaris (Eric)
Bruce Norris (Dr. Howerton)

Genre:
Drama

Trailer:

 

Szenenbild aus The Sea of Trees | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Inhalt:

Ohne Gepäck, Rückflugticket oder Hoffnung begibt sich Arthur Brennan zum Sterben nach Tokio und von dort in den Aokigahara-Wald – besser bekannt als "Selbstmörder-Wald". Inmitten der malerischen Kulisse plant Arthur gerade seinem Leben ein Ende zu setzen, als der Geschäftsmann Takumi Nakamura verletzt an ihm vorbeitaumelt und verzweifelt versucht, aus dem Wald herauszufinden. Widerwillig hilft Arthur ihm und verwirft dafür kurzzeitig seine Selbstmordpläne, während er sich an die Zeit vor dem Aokigahara-Wald und an seine unglückliche Ehe mit Joan zu erinnern beginnt, doch der Wald scheint die ungleichen Weggefährten nicht so einfach ziehen lassen zu wollen…

Rezension:

Es ist ja schon bezeichnend, wenn man mit einer Regie-Arbeit von vor der Jahrtausendwende – in diesem Falle Good Will Hunting – dieser Tage für einen Film zu werben müssen meint und auch die IMDb-Ratings sprechen nicht gerade für Gus Van Sants The Sea of Trees, wobei ich dessen auch erst im Nachhinein gewahr wurde und gelinde gesagt erstaunt war, auch darüber, dass der Film in Cannes ausgebuht worden ist, denn die Story eines sich im sogenannten Selbstmörderwald verirrenden Ehemannes hat mich nach einem zugegebenermaßen etwas arg beschaulichem Einstieg tief bewegt und berührt und das, obwohl die Story zunehmend kitschiger wird im Verlauf der knapp zwei Stunden Laufzeit und die finale Auflösung spätestens nach der Hälfte der Zeit zehn Meilen gegen den Wind zu riechen ist.

Szenenbild aus The Sea of Trees | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Es beginnt damit, dass der von Matthew McConaughey (Dallas Buyers Club) gespielte Arthur Brennan sein Auto unverschlossen am Flughafen stehen lässt, ein One-Way-Ticket nach Tokio löst und unterwegs mehr als einmal sein Ehering zu sehen ist, den er voller Melancholie betrachtet. Ohne etwas auszuformulieren oder totzureden ist mit diesen stilsicheren Aufnahmen und Momenteindrücken alles gesagt, was man als Zuschauer wissen muss, bevor Arthur den Aokigahara-Wald – besser bekannt als Selbstmörderwald – betritt, um seinem Leben ein Ende zu setzen, bevor ihm der verletzte japanische Geschäftsmann Takumi Nakamura begegnet, der verzweifelt versucht, einen Weg aus dem Wald herauszufinden. Von diesem Punkt ausgehend beginnt die Geschichte fortan in einem Rhythmus von jeweils fünf bis sieben Minuten zwischen der gegenwärtigen Situation im Aokigahara-Wald und Arthurs Vergangenheit mit seiner Frau Joan zu wechseln, die – so nimmt es das Skript geradezu vorweg – nicht mehr am Leben ist.

Nichtsdestotrotz bietet dieser perspektivische Wechsel viele Vorteile, denn durch die abrupten Schwenks droht bei keinem der Handlungsstränge Langeweile aufzukommen, derweil jeder Part für sich eine intensive Atmosphäre zu erzeugen versteht, wobei die Geschichte spürbar auf Arthur Brennan und somit McConaughey fokussiert und seine Co-Stars, Ken Watanabe (Godzilla) im Aokigahara-Wald, Naomi Watts (Birdman) als Joan in Arthurs Vergangenheit, spürbar ins Hintertreffen geraten und ihre Figuren nicht annähernd so ausformuliert werden, wie man sich das vielleicht gewünscht hätte. Damit einhergehend ist der Wald von einem spürbar surrealen Einschlag geprägt, derweil sich Arthurs Erinnerungen farbenprächtiger, in ihrer Erzählweise aber auch schroffer präsentieren, denn allein die sich aus dem Nichts ergebenden Streitereien zwischen Arthur und Joan treffen, so man sich denn mit dieser irrationalen Art der Auseinandersetzung nur ein Stück weit identifizieren kann, bis tief ins Mark. Sicherlich lässt sich aber auch nicht abstreiten, dass hier bei der Auswahl der Szenen doch tief in die Mottenkiste der Soap-Operas gegriffen worden ist und das, was einem dort serviert wird, in seiner konstruierten Art von einer objektiven Warte kaum überzeugen kann, doch fernab dieser Tatsache habe ich es sowohl McConaughey als auch Watts schlicht weg abgekauft und folglich mitgelitten, derweil insbesondere Hauptdarsteller Matthew McConaughey überhaupt nicht hoch genug gelobt werden kann für seine darstellerische Intensität in The Sea of Trees, denn was er hier an emotionalen Ausbrüchen unterschiedlichster Couleur zum Besten gibt, sucht seinesgleichen.

Szenenbild aus The Sea of Trees | © Ascot Elite/Universum Film
© Ascot Elite/Universum Film

Ähnlich verhält es sich mit der überzeugenden Kameraarbeit seitens Kaspar Tuxen, der den in den Wäldern von Massachusetts ein bedrohliches Flair verleiht. Über das zuweilen wirklich sehr kitschige und übertrieben dramatische Drehbuch wiederum darf man allerdings durchaus geteilter Meinung sein und gemessen daran, dass der, beziehungsweise die Twists sich von langer Hand abzuzeichnen beginnen, hätte ich mir hier auch weniger vor Süßholz triefende Holzhammermetode gewünscht, um die Story aufzulösen, doch muss ich trotz des Kitschs zugeben, dass ich in einer Szene – Stichwort "Gelber Winter" – kurz wortwörtlich zu Tränen gerührt war, was mir bei Filmen eigentlich extrem selten passiert und so kann ich trotz dramaturgischer Mängel nicht darüber hinwegsehen, dass The Sea of Trees mich schlicht und ergreifend gepackt hat wie lange kein Film mehr. Während ich also einerseits von einer objektiven Warte aus die Kritik und Schelte an Gus Van Sants neuestem Film durchaus nachvollziehen kann, komme ich doch auf emotionaler Ebene zu einem gänzlich anderen Schluss und kann daher nur die Empfehlung aussprechen, dem Film eine Chance zu geben, auch auf die Gefahr hin, es hinterher zu bereuen.

Fazit & Wertung:

Gus Van Sants The Sea of Trees hat viel Kritik einstecken müssen und kommt insbesondere im Feuilleton nicht gerade gut weg, doch hinter dem vor Kitsch starrenden Drehbuch verbergen sich insbesondere dank der eindrücklichen Leistung Matthew McConaugheys emotionale Glanzmomente, derweil der wunderschön fotografierte Film auch in inszenatorischer Hinsicht zu überzeugen versteht. Für mich persönlich eine filmische Perle, deren dramaturgische Schwächen ich aber nicht wegreden kann und möchte.

7 von 10 Brotkrumen im finsteren Wald

The Sea of Trees

  • Brotkrumen im finsteren Wald - 7/10
    7/10

Fazit & Wertung:

Gus Van Sants The Sea of Trees hat viel Kritik einstecken müssen und kommt insbesondere im Feuilleton nicht gerade gut weg, doch hinter dem vor Kitsch starrenden Drehbuch verbergen sich insbesondere dank der eindrücklichen Leistung Matthew McConaugheys emotionale Glanzmomente, derweil der wunderschön fotografierte Film auch in inszenatorischer Hinsicht zu überzeugen versteht. Für mich persönlich eine filmische Perle, deren dramaturgische Schwächen ich aber nicht wegreden kann und möchte.

7.0/10
Leser-Wertung 7/10 (1 Stimmen)
Sende

The Sea of Trees erscheint am 13.01.17 auf DVD und Blu-ray bei Ascot Elite im Vertrieb von Universum Film. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar