Review: Ready Player One | Ernest Cline (Buch)

Heute erzähle ich euch dann mal von einem Roman, den der Bullion schon im vergangenen Jahr gelesen hat und der nun auch in deutscher Fassung bei uns erhältlich ist und wieder einmal dem Verlag entstammt, dessen Bücher ich im Moment ja quasi in einer Tour verschlinge.

Ready Player One

Ready Player One, USA 2011, 544 Seiten

Ready Player One von Ernest Cline | ©  FISCHER Tor
© FISCHER Tor

Autor:
Ernest Cline
Übersetzer:
Hannes Riffel
Sara Riffel

Verlag (D):
FISCHER Tor
ISBN:
978-3-596-29659-0

Genre:
Science-Fiction | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Jeder in meinem Alter erinnert sich daran, wo er war und was er gerade getan hat, als er zum ersten Mal von dem Wettbewerb hörte. Ich saß in meinem Versteck und schaute Zeichentrickfilme, als mir der Newsfeed dazwischenfunkte: In der vergangenen Nacht war James Halliday gestorben.
Natürlich wusste ich, wer Halliday war. Jeder wusste das. Er hatte das Massively Multiplayer Online Game OASIS entwickelt, ein Computerspiel, aus dem nach und nach eine global vernetzte Virtuelle Realität hervorgegangen war, die von den meisten Menschen tagtäglich genutzt wurde. Der beispiellose Erfolg der OASIS hatte Halliday zu einem der reichsten Menschen der Welt gemacht.

Im Jahr 2044 ist die Welt wahrlich kein schöner Ort und während die Reichen in prunkvollen Anwesen residieren, leben große Teile der Bevölkerung in behelfsmäßig zusammengeflickten und übereinandergestapelten Trailerparks, während Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen vor die Hunde gehen. Mitunter einziger Lichtblick in dieser tristen Zeit ist die virtuelle Welt der OASIS, die von dem berühmten James Halliday erschaffen worden ist und längst nicht mehr nur Spiele-Fans anlockt, sondern zu einem weltumspannenden Phänomen geworden ist. Als Halliday verstirbt, erreicht der Hype um die OASIS nie gekannte Ausmaße, denn in seinem online veröffentlichten Testament ruft Halliday – seines Zeichens eingeschworener Nerd und großer Fan der 80er – zu einer virtuellen Schnitzeljagd auf, deren Gewinner sein gesamtes Vermögen erben soll. Während über die Jahre hinweg aber kein einziger Hinweis gefunden wird, ist es ausgerechnet der junge Wade – der sich in der OASIS selbst Parzival nennt – der den ersten Schlüssel findet und prompt zu einer Berühmtheit wird, was ihm allerdings auch die skrupellosen Schergen des Konzerns IOI auf den Hals hetzt, die ihrerseits alles daran setzen, die OASIS in ihren Besitz zu bekommen und bestmöglich zu kommerzialisieren…

Rezension:

Ich hatte ja bekanntermaßen bereits mit der Lektüre von Ready Player One begonnen, bevor ich Ernest Clines Nachfolgeroman Armada rezensiert habe und bin noch immer dankbar für diesen Umstand, den direkten Vergleich habe anstellen zu können, denn umso offensichtlicher ist, wie sehr der Autor versucht haben mag, an seinen Überraschungs-Hit anzuknüpfen, der übrigens im kommenden Jahr unter selbem Titel und Regie von Steven Spielberg die hiesigen Kinos erreichen und uns Tye Sheridan als Wade/Parzival und Olivia Cooke als Samantha/Art3mis präsentieren wird. Beworben als Roman für alle Gamer und Nerds kann ich dem entgegenhalten, dass ich mich weder als klassischen Nerd, geschweige denn als Gamer sehen würde und den Roman trotzdem enorm abgefeiert habe, was sich allein darin äußert, dass ich weite Teile des über 500 Seiten zählenden Romans an einem Stück konsumiert habe, was nicht unbedingt meinem gängigen Habitus entspricht, doch so simpel die Geschichte in ihrem Kern auch sein mag, entwickelt Cline eine regelrechte Sogwirkung, der sich zu entziehen wahrhaftig schwer fällt.

Bei der Videobotschaft handelte es sich genau genommen um einen unglaublich raffinierten Kurzfilm mit dem Titel "Anoraks Einladung". Exzentrisch, wie Halliday war, hatte er sein ganzes Leben lang eine Obsession für die 1980er gehegt, jenes Jahrzehnt, in dem er ein Teenager gewesen war, und in "Anoraks Einladung" wimmelte es nur so von obskuren popkulturellen Anspielungen, die ich zum Großteil gar nicht mitbekam, als ich den Film zum ersten Mal sah.

Dabei entwirft Ernest Cline mit Ready Player One eine der optimistischsten Dystopien überhaupt – mir ist bewusst, dass das ein Widerspruch in sich ist – und zeichnet das Bild einer Zukunft, die sich dank des OASIS-Schöpfers Halliday voll und ganz auf die popkulturellen Erzeugnisse der 80er versteift hat, doch gemessen daran, wie Cline die Zukunft des Jahres 2044 skizziert, fällt es nicht schwer zu glauben, dass da in punkto medialer Erzeugnisse nicht mehr viel passiert sein mag, was die nostalgische Fokussierung auf "damals" durchaus erklären könnte, ganz davon zu schweigen, dass Halliday mit einem unvorstellbaren Vermögen lockt, wenn man sich denn bereitwillig mit seinen Obsessionen auseinandersetzt. So verstehen sich weite Teile des Romans als Huldigung an die 80er an sich, doch macht Cline damit noch lange nicht Halt und strukturiert gar seinen gesamten Roman nach diesem Schema, so dass man sich hier auf gute alte Schwarz-Weiß-Zeichnung in Sachen Gut und Böse verlassen darf, was auf den ersten Blick stereotyp erscheinen mag, im Grunde aber exakt dem Geist der damaligen Zeit entspricht.

Nun hatte ich schon erwähnt, dass ich mich weder als versierten Gamer noch Nerd betrachte und folglich konnte ich mit vielen der Anspielungen – speziell bei den Spielen – herzlich wenig anfangen konnte, doch trübt das den Spaß an der Sache in keiner Weise, auch wenn ich nie einen Atari besessen habe, ist schließlich im Grunde der gesamte Roman wie eine (mehrstufige) Quest aufgebaut und derlei Dinge sind schließlich zeitlos, während es nicht gerade schwerfällt, sich in die fiktive Welt der OASIS hineinzuversetzen, die gar über ein Firefly-Universum verfügt, was noch die letzten Zweifel beseitigen sollte, während sich selbst die nicht so versierten LeserInnen über allerlei Star Wars und Zurück in die Zukunft-Anspielungen freuen dürfen. Cline begnügt sich aber mitnichten damit, hier ein Schaulaufen prominenter Namen zu veranstalten und erzählt darüber hinaus eine ungemein spannende Geschichte, die wie gesagt nicht von ungefähr ebenfalls an ein Computerspiel erinnert, denn schließlich ist die OASIS ja nichts anderes als das.

Hallidays "Easter Egg" wurde mit der Zeit zu so etwas wie einer urbanen Legende, und die schwindende Zahl der Jäger war zunehmend der Lächerlichkeit preisgegeben. Wenn sich Hallidays Todesjahr wieder einmal jährte, berichteten Nachrichtensprecher spöttisch, dass niemand auch nur einen Schritt weitergekommen sei. Und jedes Jahr schmissen mehr Jäger ihre Tastatur hin, weil sie zu dem Schluss gekommen waren, dass Hallidays Ei tatsächlich unauffindbar war.
Ein weiteres Jahr verstrich.
Und noch eines.
Und dann, am Abend des 11. Februar 2045, erschien der Name eines Avatars auf dem ersten Platz des Scoreboards, und die ganze Welt konnte ihn lesen. Nach fünf langen Jahren war der Kupferschlüssel endlich gefunden worden, und zwar von einem achtzehn Jahre alten Jungen, der am Stadtrand von Oklahoma City in einem Trailerpark lebte.
Dieser Junge war ich.

Hierbei ist dennoch auffällig, wie optimistisch Cline seine Zukunftsvision inszeniert, denn wenn ich da allein an artverwandte Werke wie Gamer denke, die mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren sehr eindrücklich aufzuzeigen wussten, wofür genau eine virtuelle Realität ähnlich der OASIS genutzt werden würde, wirkt Clines Version trotz der dystopischen Einschläge vielmehr wie die kindgerechte und familientaugliche Variante des Themas, ungeachtet dessen, dass er mit dem Megakonzern "Innovative Online Industries" – IOI – ein unbestreitbar faschistoid angehauchtes Feindbild erschafft, doch hätte hier alles weitaus düsterer und fatalistischer ausfallen können, als es letztlich der Fall ist, was aber nicht als Kritik verstanden werden soll, liegt es schließlich schlichtweg nicht im Interesse des Autors, all die Negativität seiner Zukunftsvision zu visualisieren, sondern stattdessen eine Abenteuergeschichte zu inszenieren, wie sie kein Computerspiel schöner hätte abbilden können, während derer es sich ergibt, dass allerhand Filme zitiert und Spiele reminisziert, Kämpfe ausgefochten und Hindernisse überwunden werden, während alles und jedes danach strebt, das "Easter Egg" des OASIS-Schöpfers Halliday zu finden und glaubt mir, diesem Abenteuer wollt ihr euch anschließen, ob ihr mit den Auswüchsen der 80er vertraut seid oder nicht, ob ihr euch Gamer nennen würdet oder nicht, denn ungeachtet dieser Aspekte macht Ready Player One auch fernab seiner Reminiszenzen gehörig Spaß und liefert entgegen dem Trend möglichst abgründiger und fatalistischer Zukunftsszenarien eine zwar ebenso düstere, aber ungleich hoffnungsvollere Vision künftiger Zeiten.

Fazit & Wertung:

Ohne Zweifel ist Ernest Cline mit Ready Player One ein Instant-Klassiker gelungen, dem sich nicht nur Nerds, Gamer und 80er-Enthusiasten verpflichtet fühlen dürften, denn ungeachtet seiner zahllosen Anspielungen handelt es sich davon ab um eine ungemein einfalls- wie wendungsreiche Abenteuergeschichte voller Esprit und Verve, die gelesen zu haben man sich nicht entgehen lassen sollte.

9 von 10 herausfordernden Quests

Ready Player One

  • Herausfordernde Quests - 9/10
    9/10

Fazit & Wertung:

Ohne Zweifel ist Ernest Cline mit Ready Player One ein Instant-Klassiker gelungen, dem sich nicht nur Nerds, Gamer und 80er-Enthusiasten verpflichtet fühlen dürften, denn ungeachtet seiner zahllosen Anspielungen handelt es sich davon ab um eine ungemein einfalls- wie wendungsreiche Abenteuergeschichte voller Esprit und Verve, die gelesen zu haben man sich nicht entgehen lassen sollte.

9.0/10
Leser-Wertung 6.29/10 (7 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
moviescape.blog: 10/10

Weitere Details zum Buch und dem Autor findet ihr auf der Seite von FISCHER Tor.

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Ready Player One ist am 27.04.17 bei FISCHER Tor erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Kommentare (2)

  1. bullion 10. Mai 2017
  2. Gnislew 11. Mai 2017

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