Review: Pink Hotel | Anna Stothard (Buch)

Heute bekommt ihr einmal ungewohnt früh meine neueste Review präsentiert, was aber schlicht daran liegt, dass ich mir gleich in einem frisch eröffneten Café bei uns in der Stadt die Zeit vertreiben werde, nur um danach eine Stadt weiterzuziehen und dem sonntäglichen Shopping zu frönen, um letztendlich in einer Kneipe einzukehren, in der sie Pizza-All-You-Can-Eat anbieten. Ihr seht also, dass später keine Zeit mehr bliebe um zu schreiben, daher heute halt jetzt schon. Bis dahin ein angenehmes Restwochenende und einen schönen, geruhsamen Wochenstart!

Pink Hotel

The Pink Hotel, UK 2011, 355 Seiten

Pink Hotel von Anna Stothard
© Diogenes Verlag

Autorin:
Anna Stothard

Verlag (D):
Diogenes Verlag
ISBN:
978-3-257-86221-8

Genre:
Drama

 

Inhalt:

Mit siebzehn Jahren erfährt die namenlos bleibende Protagonistin in London von dem Tod ihrer Mutter Lily, der Frau, die sie vor vierzehn Jahren verlassen hat und die nie zurückgeblickt hat, sich ein neues Leben in L. A. aufgebaut hat, ein Leben, von dem ihre eigene Tochter nichts wusste, bis zu dem Moment, als sie die Kreditkarte ihrer Mutter stibitzte, in die Vereinigten Staaten flog und dort das Pink Hotel am Venice Beach aufsuchte, das Hotel ihrer Mutter, um dort der Totenwache beizuwohnen, die sich alsbald als drogen- und alkoholgeschwängerte Abschiedsparty entpuppt. Dort angekommen stiehlt sich das siebzehnjährige Mädchen in das Zimmer ihrer Mutter und entwendet einen Koffer in dem Versuch, der fremd gewordenen Person post mortem mittels gesammelter Erinnerungsstücke näherzukommen.

Es beginnt eine Reise durch die Straßen L. A.s und in die Vergangenheit von Lily, während der die zurückgebliebene Tochter nicht nur die Wahrheit, Schmerz und Liebe erfahren wird, sondern sich gleichsam aufmacht, sich selbst zu finden und ihr bisheriges Leben zu reflektieren, um einen neuen Anfang wagen zu können.

Rezension:

Wenn ich bedenke, dass die Autorin Anna Stothard läppische zwei Lebensjahre mehr auf dem Buckel hat als meinereiner ist es erstaunlich, beachtlich und beeindruckend, mit welch überraschender Weisheit und literarischer Bedachtsamkeit sie in Pink Hotel zu Werke geht. Hier stimmt jeder Satz, passt jede Formulierung, kein Wort zu viel oder zu wenig und all das ergibt in der Summe einen zutiefst poetischen, berührenden, ja beeindruckenden Roman über die Suche nach der eigenen Herkunft und das Erwachsenwerden an sich.

Die namenlose Protagonistin, aus deren Sicht die Geschichte von Pink Hotel erzählt wird ist ein von Unsicherheiten und Schüchternheit geplagtes Mädchen, eine junge Frau ohne Identität oder rechten Platz im Leben und da hilft es auch nicht, dass sich ab und wann aus der englischen Heimat der Vater meldet und versucht, die Tochter zur Heimkehr zu bewegen. Zwar wird nicht großartig thematisiert, wie sie es über Wochen und Monate schafft in L. A. durchzukommen, doch ist dies im Grunde auch völlig belanglos für den Fortgang der Geschichte, denn genauso egozentrisch wie Jugendliche sich verhalten ist auch das Wirken der siebzehnjährigen Tochter geprägt von einem grenzenlosen, wenngleich durchaus nachvollziehbaren Egoismus.

Dabei sieht sie sich sämtlichen Problemen einer typischen Heranwachsenden gegenüber wie etwa der eigenen Unsicherheit, der Unzufriedenheit mit dem eigenen Selbst und auch der sexuellen Selbstfindung, wie die ihrer mehr als extrovertierten, verstorbenen Mutter, auf die sie voll Neid blickt. Doch bei all dem wie auch den ausufernden Eskapaden während Lilys Totenwache im Pink Hotel, der Jagd nach dem Geheimnis ihrer Vergangenheit, verliert Anna Stothard und somit auch ihre Protagonistin niemals das Leben aus den Augen und so stolpert die Tochter mal mehr mal weniger zielstrebig, neugierig, verschüchtert und verwirrt durch das ihr unbekannte L.A., sinnt den wenigen Erinnerungen an ihre Mutter und den vielen prägenden Erinnerungen an ihre Kindheit in London nach und versucht für sich selbst zu ergründen, welches Leben Lily geführt haben mag, mit wem sie sich abgegeben hat und warum, was für eine Art Mensch sie war und natürlich, ob sie ihr Glück gefunden hat.

Am Ende von Pink Hotel stehen nicht die weitreichenden Einblicke oder spektakuläre Erkenntnisse im Vordergrund, sondern die Tatsache, dass die Tochter der toten Mutter durch das Bild, was ihre Freunde und Verflossenen von ihr zu zeichnen wussten nähergekommen ist, näher, als sie es sich je zu träumen gewagt hätte und damit selbstverständlich auch sich selbst näher gekommen ist, sich quasi gefunden hat, bereit, nun ein eigenes und selbstbestimmtes Leben zu führen, nun, da sie ihre Wurzeln kennt.

Fazit & Wertung:

Pink Hotel ist ein poetisches, kraftstrotzendes, beinahe restlos überzeugendes Buch einer Autorin, die schreibt, als hätte sie fünfzig Jahre lang nichts anderes getan und dabei keine dreißig Lenze zählt. Ich wünsche mir noch zahllose und gleichsam überzeugende Bücher von ihr, so dass ich der Liste meiner Lieblingsautorinnen und –autoren einen weiteren Namen hinzufügen kann.

9,5 von 10 Erinnerungen, ans Licht gebracht aus dem roten Koffer der toten Mutter

Pink Hotel

  • Erinnerungen, ans Licht gebracht aus dem Koffer der toten Mutter - 9.5/10
    9.5/10

Fazit & Wertung:

Pink Hotel ist ein poetisches, kraftstrotzendes, beinahe restlos überzeugendes Buch einer Autorin, die schreibt, als hätte sie fünfzig Jahre lang nichts anderes getan und dabei keine dreißig Lenze zählt. Ich wünsche mir noch zahllose und gleichsam überzeugende Bücher von ihr, so dass ich der Liste meiner Lieblingsautorinnen und –autoren einen weiteren Namen hinzufügen kann.

9.5/10
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Stellt sich nur noch die Frage, wann sich ein deutscher Verlag – vielleicht ebenfalls Diogenes? – dazu herablässt, auch Anna Stothards eigentliches Debüt Isabel and Rocco dem deutschen Leser zugänglich zu machen. Und falls der Verlag dies lesen sollte und derlei tatsächlich geplant ist, reserviert mir doch bitte schon einmal ein Rezensionsexemplar, danke! ;-)

– – –

Weitere Details zum Buch und der Autorin findet ihr auf der Seite des Diogenes Verlages. Dort findet sich übrigens auch eine Leseprobe als PDF.

– – –

Pink Hotel ist am 28.08.12 als Paperback im Diogenes Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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Eine Reaktion

  1. caterina 4. September 2013

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