Neuer Tag, neues Spiel, neues Glück – oder in dem Fall hier jetzt auch einfach nur eine neue Film-Kritik, aber das ist ja auch was feines wie ich finde, auch wenn ich dem Film selbst jetzt nicht so viel abgewinnen konnte, wie ich mir im Vorfeld eigentlich erwartet hatte. Aber jut, muss es ja auch mal geben und auf Regen folgt Sonnenschein, so dass ich zuversichtlich bin, dass der nächste Film wieder eher meinem Geschmack entsprechen wird.
Young Adam
Dunkle Leidenschaft
Young Adam, UK/FR 2003, 98 Min.
© Alive
David Mackenzie
Alexander Trocchi (Buch-Vorlage)
David Mackenzie (Drehbuch)
Emily Mortimer (Cathie Dimly)
Thriller | Drama
Trailer:
Inhalt:
© Alive
Nicht lange, nachdem Aushilfsarbeiter Joe auf dem Kahn von Ella und ihrem Mann Les angeheuert hat, der im England der fünfziger Jahre allerorten Kohle ausliefert, fischen Les und Joe die Leiche einer jungen Frau aus dem Wasser und während Les ob der unverhofften Aufmerksamkeit begeistert ist, in der Zeitung erwähnt worden zu sein, will Joe von der Sache nichts wissen. Und während Les in den hiesigen Kneipen mit seinem Abenteuer zu prahlen beginnt, beginnt Joe wiederum eine Affäre mit dessen Frau Ella. Während Les hiervon zunächst nichts ahnt, werden die beiden immer forscher und mutiger in ihren heimlichen Treffen, doch ebenso bald, wie die Affäre aufzufliegen droht, wird klar, dass die junge, tote Frau für Joe mitnichten eine Unbekannte war…
Rezension:
Gemessen daran, dass ich mir vor gar nicht allzu langer Zeit David Mackenzies jüngeres und ungleich einfallsreicheres sowie last but not least ebenfalls mit Ewan McGregor in der Hauptrolle besetztes Werk Perfect Sense zu Gemüte geführt habe, vor allem aber, wie oft ich schon auf eine Erwähnung von Young Adam gestoßen bin, der ja wohl nicht von ungefähr den internationalen Durchbruch für Regisseur (und hier auch Drehbuchautor) Mackenzie bedeutet haben möge, hatte ich doch gewisse Erwartungen an den Film, was möglicherweise auch schon erklären dürfte, weshalb er mich letztendlich so gar nicht zu packen wusste und das, obwohl es sich unbestreitbar um ein sperriges, unbequemes, in weiten Teilen intensives Drama handelt, das durchaus das Potential gehabt hätte, mich zu begeistern, doch krankt die Chose möglicherweise einmal mehr an ihrer Herkunft, der literarischen Vorlage von Alexander Trocchi, die sicherlich ungleich intensiver geraten ist und es besser vermögen dürfte, an dem Innenleben der Hauptfigur teilnehmen zu lassen, was Ewan McGregor – mutige Rolle und starkes Schauspiel hin oder her – nur bedingt gelingt, auch wenn man ihm selbst da gar nicht unbedingt den Vorwurf zu machen braucht.
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Dabei beginnt Young Adam durchaus vielversprechend bedrückend und getragen, während man sich lange Zeit fragt, was es mit McGregors Figur des Joe Taylor auf sich haben mag und welche Geheimnisse er verbirgt. Doch während der Film um eine möglichst unbequeme Perspektive und nebulöse Andeutungen bemüht ist, beginnt man sich auch unweigerlich irgendwann zu fragen, worauf die Chose hinausmöchte, wobei erste Rückblenden und Zeitsprünge darüber nach und nach Aufschluss zu geben vermögen, doch geschieht dies erst zu zaghaft, später zu übereilt, so dass man zunächst gänzlich im Dunkeln tappt, wiederum aber kaum nach der Hälfte des Films die Story bereits beinahe zur Gänze durchschaut hat, so dass alles, was folgt, kaum mehr ist als gefällige Makulatur, die in einem anderen Kontext kaum notgetan hätte. So finden sich auch durchaus intensive, teils regelrecht verstörende Szenen im Film, doch statt zum Ende hin werden diese bereits im Mittelteil verbraten und die schlussendliche Auflösung, die man kaum als richtige Auflösung bezeichnen kann, dümpelt in weiten Teilen so vor sich hin wie bereits der Anfang des Films, doch konnte man zu diesem Zeitpunkt noch darauf bauen, dass sich demnächst Erstaunliches oder zumindest Erschreckendes abspielen würde.
So wird Hauptfigur Joe ganz bewusst als Mann ohne Eigenschaften charakterisiert, als Figur ohne Leidenschaft und Hingabe, der es zwar gelingt, ein ums andere Mal diverse Frauen ins Bett zu kriegen, darin aber auch keine spürbare Befriedigung oder Erfüllung zu finden, während die unterschiedlichen Lebenskonzepte des Herumtreibers schon von vornherein zum Scheitern verurteilt scheinen, was zwar einerseits eine interessante Ausgangslage schafft, andererseits aber auch nicht konsequent zu Ende gedacht wird, so dass sein Egozentrismus schlussendlich in einer zwar schockierend sadistischen Szene kulminiert, der Story an sich aber nichts Substanzielles hinzuzufügen weiß, zumal die Verwirrung dominiert, wie so eine Gestalt die Faszination einer Frau erregen, geschweige denn aufrecht erhalten kann, auch wenn man hier in abgewandelter Form sicherlich das Stockholm-Syndrom bemühen könnte, um die Hörigkeit zu erklären, doch schweifen wir nicht zu weit abund konzentrieren uns auf die eigentliche Handlung von Young Adam. Die nämlich ließe sich in wenigen Sätzen zusammenfassen und so scheint das Spiel mit den Rückblenden auch mehr wie ein notwendiger Kniff, um dem Konstrukt der Erzählung noch einen dramaturgischen Unterbau zu verpassen, der ansonsten kaum vorhanden wäre.
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So macht Ewan McGregor im Rahmen seiner Möglichkeiten und der Vorgaben zwar das Beste aus seiner Rolle und sowohl Peter Mullan (Enemies) als auch und insbesondere Tilda Swinton (Der seltsame Fall des Benjamin Button) wissen zu überzeugen, doch werden die Figuren kaum je richtig greifbar, während Emily Mortimer (Our Idiot Brother) mehr aufgrund mangelnder Screentime nicht nachhaltig in Erinnerung bleiben will, zumal die Intensität der Szenen mit ihr einzig von McGregors Joe auszugehen scheint , doch liegt das wie gesagt in seiner Gänze wohl weit weniger an den durch die Bank weg gut gewählten und fähigen Darstellern, sondern mehr am Drehbuch von Mackenzie, der sicherlich sein Bestes gegeben haben mag, den Trocchi-Roman stil- und sinnvoll zu adaptieren, doch trägt er dabei dem Innenleben seiner Figuren zu wenig Rechnung und konzentriert sich mehr auf eine regelrecht ungemütliche Atmosphäre, die zwar gerade in ihrer rohen und selbstzweckhaften, auf Urtriebe reduzierten Darstellung von Sexualität durchaus ihre Momente hat, neben den zeitweise vorhandenen sadistischen Einschlägen aber auch sonst nicht viel vorzuweisen hat, um polarisieren zu können, so dass man sich sicher sein darf, dass Young Adam bei weniger namhafter Besetzung weitaus unbemerkter in der Versenkung verschwunden wäre, was gemessen an den Möglichkeiten schade ist, denn zumindest atmosphärisch ist hier eigentlich ein großer Wurf gelungen, doch vermag die Geschichte in ihrer künstlich konstruierten Art dem kaum Rechnung zu tragen und versandet insbesondere im letzten Drittel in regelrechter Belanglosigkeit, auch wenn man sich zugegebenermaßen am Ende ziemlich beklommen und schlecht fühlt ob der Taten und Versäumnisse von Joe Taylor.
Young Adam
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Kaum erklärliche Osessionen - 6/10
6/10
Fazit & Wertung:
David Mackenzies damaliger internationaler Durchbruch Young Adam wartet zwar durchaus mit einer intensiven und bedrückenden Atmosphäre auf und ist stilsicher inszeniert, doch offenbart sich das Geheimnis um Joe leider viel zu schnell und weite Teile des letzten Drittels wirken wie ein zwar notwendiges, aber kaum noch packendes, geschweige denn zu überraschen wissendes Übel, woran dann auch die durchaus prominenten und vor allem bis dato intensiv aufspielenden Darsteller nichts mehr zu ändern vermögen.
Young Adam – Dunkle Leidenschaft ist am 29.09.05 auf DVD und am 27.09.13 auf Blu-ray im Vertrieb von Alive erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
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