Und da wäre ich auch schon wieder an diesem lauschigen Samstag, um euch meine nächste, folglich neueste Serien-Kritik zu präsentieren und da sind wir diesmal wieder in fantastisch angehauchten Gestaden unterwegs, sehr zu meiner Freude gleichsam aber mit gehörig Western-Flair und extrem toughen Frauen.
Wynonna Earp
Staffel 1
Wynonna Earp, USA/CA 2016-, ca. 42 Min. je Folge
© Syfy
Emily Andras
Beau Smith (Comic-Vorlage)
Emily Andras
Melanie Scrofano (Wynonna Earp)
Shamier Anderson (Agent Dolls)
Tim Rozon (Doc Holliday)
Dominique Provost-Chalkley (Waverly Earp)
Michael Eklund (Bobo Del Rey)
Katherine Barrell (Nicole Haught)
Greg Lawson (Sheriff Nedley)
Natascha Girgis (Gus)
Natalie Krill (Eve)
Dylan Koroll (Hardy Champ)
Rayisa Kondracki (Constance Clootie)
David LeReaney (Judge Cryderman)
Sasha Barry (Bethany)
Kate Drummond (Agent Lucado)
Ryan Belleville (Dr. Reggie)
Peter Skagen (Shorty)
Joris Jarsky (Whiskey Jim Byers)
Dana Hollenbach (Chrissy)
Action | Drama | Fantasy | Western
Trailer:
Inhalt:
© Syfy
Nachdem sie vor Jahren ihrem Heimatort Purgatory den Rücken gekehrt hatte, kehrt Wynonna Earp nun aufgrund eines Todesfalls dorthin zurück, doch der Empfang ist alles andere als herzlich, zumal es ihre jüngere Schwester Waverly ihr immer noch nachträgt, sie zurückgelassen zu haben. Das allerdings ist nicht Wynonnas größtes Problem, denn als Nachfahrin von Wyatt Earp ist sie Teil eines Fluchs und auserwählt, gegen die Bösewichte ins Feld zu ziehen, die Wyatt Earp seinerzeit gerichtet hat und die nun als Wiedergänger zurückkehren, um dem Erben – in diesem Fall Wynonna – das Leben schwer zu machen. Zu ihrem Glück befand sich Wyatts mit magischen Kräften versehener Revolver in sicherer Verwahrung und ein Agent namens Dolls von der sogenannten Black Badge Division entpuppt sich als unerwarteter Verbündeter. Den hat sie auch bitter nötig, hat sich mit ihrer Rückkehr schließlich auch Wyatts früherer Weggefährte Doc Holliday aus dem Grab – genauer gesagt einem Brunnen – erhoben und verfolgt seine ganz eigenen Ziele…
Rezension:
Es begann damit, dass ich bei Amerdale (siehe "Meinungen aus der Blogosphäre") von Wynonna Earp las und nach anfänglicher Skepsis war mein Interesse geweckt. Einige Zeit sollte vergehen, bis die erste Serienstaffel auch bei Netflix auf meine Watchlist wandern sollte und eines Abends – auf der Suche nach nicht zu schwerer, gerne beiläufiger Unterhaltung – wollte ich der Serie eine Chance geben. Dennoch, die Skepsis überwog, denn dass hier eine Nachfahrin von Wyatt Earp auf Dämonenjagd geht mit einem magischen Colt, um all die Wiedergänger auszuschalten, die – nachdem sie von Wyatt zur Strecke gebracht worden sind – mit jedem Nachfahren ins Reich der Lebenden zurückkehren, das hört sich schon nach gehörigem Trash an, zumal ich auch erst später erfahren sollte, dass es tatsächlich eine Comic-Vorlage gibt, die ich zu meiner Schande (logischerweise) nicht kenne, doch könnte sich dies über kurz oder lang ja noch ändern.
© Syfy
Dessen ungeachtet sollte ich mich zunächst einmal in meiner doch sehr überschaubaren Erwartungshaltung bestätigt sehen, denn die Auftaktepisode Purgatory (1.01) ist durchaus unterhaltsam und kurzweilig, doch ist es vielleicht einfach zu viel, was man hier in eine einzige Folge zu pressen versucht hat, so dass man einerseits eine gute Handvoll an Figuren einzuführen hat, aber auch die zugrundeliegende Mythologie umreißen muss, ohne dabei die obligatorische Action außenvor zu lassen, die es natürlich auch in einer Auftaktfolge zu geben hat, die noch dazu mit einem reichlich überflüssigen wie vorhersehbaren Intro beginnt, nach dem ich schon kurz versucht war, wieder abzuschalten. Zum Glück aber konnte ich dem Drang widerstehen, denn Wynonna Earp entwickelt sich tatsächlich von Folge zu Folge weiter und das im besten Sinne, wobei in den ersten Folgen ein sich durchziehender roter Faden noch kaum zu erkennen ist und die Wiedergänger reichlich beliebig und austauschbar wirken, was die falsche Vermutung eines typischen Procedurals – in diesem Fall mit dem Wiedergänger der Woche – noch untermauert.
Jede einzelne Folge wird aber auch konsequent und zielführend zur Figurenentwicklung genutzt und während man über die wahren Motive des ebenfalls von den Toten zurückgekehrten Doc Holliday lange im Unklaren gelassen wird, ist es auch Dolls von der Black Badge Division, der sich zu Wynonnas Kampfegefährte und Unterstützer mauert, der ebenfalls einige Leichen im Keller hat. Der Fokus liegt hier aber ganz klar auf Wynonna und in kaum geringerem Maße ihrer Schwester Waverly, die sich alsbald in ihrer gutherzig-aufgeweckten, mitfühlenden Art zum heimlichen Star der Serie mausert, während es Wynonna weit eher liegt, mit Lärm und Krawall die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, womit sie nicht von ungefähr zuweilen an Serienheldin Jessica Jones erinnert und auch eine vergleichbare Trinkfestigkeit an den Tag legt. So wirkt also anfangs der Genre-Mix aus Western, Fantasy-Trash und Untoten-Procedural noch reichlich krude, doch wie es sich für ein Serial gehört sind es die vielschichtig gezeichneten Figuren, die den Karren aus dem Dreck ziehen und die Serie spannender und packender werden lassen.
© Syfy
Im letzten Drittel der Staffel dann, spätestens mit der Folge She Wouldn’t Be Gone (1.10) drehen die Serienmacher dann aber noch einmal gehörig auf und liefern eine regelrechte Achterbahnfahrt, aus der Wendungen und Twists man locker auch noch einige Folgen mehr hätte stricken können, was erwartungsgemäß in einem temporeichen Finale kulminiert, doch auch wenn mir I Walk the Line (1.13) in seiner Gänze mitunter am besten gefallen hat, sieht man insbesondere hier bei den Effekten leider mehr als einmal das vergleichsweise geringe Budget, wobei es eigentlich der finale Cliffhanger war, mit dem ich nicht ganz glücklich war, aber spannend wird es allemal, zu erleben wie es mit den Earp-Schwestern weitergehen wird, denn eine zweite Staffel befindet sich zum Glück längst in der Mache. So krankt Wynonna Earp zwar an einem für meine Begriffe sehr holprigen Einstieg und braucht einige Folgen, um wirklich zu packen, doch speziell Melanie Scrofano als Wynonna wie auch Dominique Provost-Chalkley als Waverly überzeugen nach anfänglicher Skepsis auf ganzer Linie und geben ein ungleiches, sich aber gleichwohl auf wundersame Art ergänzendes Geschwister-Paar, das die Serie ohne viel Aufhebens dominiert.
Überhaupt muss man Wynonna Earp auch für seine vielen starken Frauenrollen loben, denn nicht damit genug, in Gestalt von Wynonna oder beispielsweise auch der Polizistin Nicole Haught zwei schlagkräftige und toughe Frauen zu präsentieren, emanzipiert sich Waverly sozusagen in nur einer Staffel vom schüchternen Mäuschen zur mutigen Heldin, denn während sie anfänglich wie das typische naive Landei erscheint, offenbart sie doch vermehrt andere Seiten und erweist sich nicht nur hinsichtlich ihres Wissens als unverzichtbar (ihr merkt, ihre Figur hat es mir beinahe noch mehr angetan als Wynonna selbst). Tim Rozon als durchtrieben-undurchsichtiger Doc Holliday ist dabei aber nicht minder überzeugend geraten, während der von Shamier Anderson verkörperte Dolls mit seiner Prinzipienreiterei und Ernsthaftigkeit noch am ehesten im Fahrwasser ausgelutschter Stereotypen bewegt und nur langsam an Profil gewinnt. Nicht unerwähnt lassen möchte ich im Gegenzug allerdings auch Michael Eklund, der hier den Wiedergänger-Anführer Bobo Del Rey verkörpert und eine ähnlich exaltierte und (körperlich) dominant-animalische Persönlichkeit darstellt wie schon in Dirk Gentlys holistische Detektei.
© Syfy
Nicht zuletzt aber muss man auch sagen, dass das Tempo der Staffel zuweilen ebenso seinen Tribut fordert wie das Thema, so dass man sich mit einigen logischen Auslassungen und Patzern abfinden muss und mancher Handlungsstrang spürbar zu kurz kommt, auch wenn das in der allgemeinen Hektik gerne unterzugehen droht. Nichtsdestotrotz bin ich einerseits mehr als froh, der Serie eine Chance gegeben zu haben, andererseits, dass man in Art und Ausrichtung mehr und mehr auf Linie gefunden hat, denn im direkten Vergleich der ersten paar Folgen mit den finalen drei bis vier Folgen würde man wirklich meinen, es würden mehrere Jahre an Entwicklung zwischen den Episoden liegen, so grundlegend unterscheiden sie sich hinsichtlich Dramaturgie und Inszenierung. Was allerdings immer passt, ist der grundlegende Ton der Serie, der es wahrscheinlich war, mich dazu zu verleiten, am Ball zu bleiben, denn Wynonna Earp gibt sich ernsthaft, ohne sich zu ernst zu nehmen und vermag damit die trashige Prämisse auf wunderbar subtil augenzwinkernde Art zu legitimeren.
Wynonna Earp | Staffel 1
-
Zur Strecke gebrachte Wiedergänger - 7.5/10
7.5/10
Fazit & Wertung:
Die von Spartensender Syfy ins Leben gerufene Serie Wynonna Earp krankt in ihren ersten Episoden noch an einer sehr sprunghaften und zerfahren wirkenden Erzählweise, doch findet die Serie erstaunlich schnell einen überzeugenden Mittelweg aus Western-Story, Action-Serie und Fantasy-Trash, mausert sich im Verlauf der insgesamt 13 Episoden alsbald gar zu einem rundweg überzeugenden Serienerlebnis, dessen nächste Staffel ich nun umso mehr herbeisehne.
Meinungen aus der Blogosphäre:
Mind Palace: 4/5 Punkte
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Keep the Home Fires Burning (6,5/10)
03. Leavin’ on Your Mind (6,5/10)
04. The Blade (7/10)
05. Digging Up Bones (6,5/10)
06. Constant Cravings (7/10)
07. Walkin’ After Midnight (8/10)
09. Bury Me with My Guns On (8,5/10)
10. She Wouldn’t Be Gone (8,5/10)
11. Landslide (8/10)
12. House of Memories (8,5/10)
13. I Walk the Line (8,5/10)
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Wynonna Earp | Staffel 1 ist seit dem 01.03.17 exklusiv bei Netflix verfügbar.
Waverly <3
Nach zwei Folgen überwiegt der Trash, aber wir bleiben mal dran, weil es immer coole Sprüche und coole Settingaspekte gibt.