Unglaublich, dass nun schon wieder ein weiterer Sammelband aus der Ideenschmiede von Mark Millar veröffentlicht worden ist, aber zum Glück gehört er ja zu dem kleinen Kreis erlauchter Kreativer, bei denen nicht nur Quantität, sondern regelmäßig auch Qualität zu überzeugen wissen und genauso verhält es sich auch hier wieder, wie ihr meiner nun folgenden Review werdet entnehmen können.
Empress
Empress #1-7, USA 2016/2017, 200 Seiten
© Panini
Mark Millar
Stuart Immonen
Panini Verlag
978-3-741-60284-9
Science-Fiction | Abenteuer
Inhalt:
Vor 65 Millionen Jahren gab es bereits intelligentes Leben auf dem Planeten Erde, der von dem sadistischen wie herrischen König Morax regiert wird. Jüngst ist ihm ob seiner Boshaftigkeit selbst seine eigene Frau Emporia abhandengekommen und hat gemeinsam mit ihren Kindern und dem getreuen Leibwächter Dane Havelock die Flucht ergriffen, um bei ihrer Schwester Unterschlupf zu finden, von deren Existenz Morax nicht einmal ahnt. Die lebt allerdings Welten entfernt und die Flüchtigen werden die Hilfe eines Teleporters benötigen, um die beschwerliche Reise zu bestehen, doch Morax bleibt selbstredend nicht lange verborgen, dass seine eigene Gemahlin die Flucht ergriffen hat, weshalb er bereit ist, sämtliche Register zu ziehen, um sie und seine Kinder wieder einzufangen…
Rezension:
Und wieder einmal wartet Mastermind Mark Millar mit einer stimmungsvollen Story auf und begeistert mich zum x-ten Mal mit seiner Kreativität und seinem Einfallsreichtum, wobei die insgesamt sieben Hefte umfassende Empress-Reihe noch am ehesten an Starlight erinnert, was das Science-Fiction-Setting anbelangt, derweil die Geschichten ansonsten in gänzlich unterschiedliche Richtungen gehen. Dennoch ist seine Zukunft grundsätzlich eine hoffnungsfrohe, auch wenn er immer wieder düstere Töne anschlägt, denn auch wenn ein brutaler Diktator der namensgebenden Empress auf den Fersen ist und vor nichts zurückschreckt, um gegenüber der verängstigten Bevölkerung der unterschiedlichen Planeten ein Exempel zu statuieren, ist es doch immer Hoffnung, die mitschwingt, wobei Stammschreiber Christian Endres bereits in der Einleitung auf diese Familienfreundlichkeit hinweist, die ich nach Sichtung des Bandes bezeugen kann, auch wenn ich zugeben muss, dass er zuweilen auf einem schmalen Grat wandert.
Aber Moment einmal, habe ich da gerade etwa von Zukunft gesprochen? Das ist natürlich falsch, denn Empress ist tatsächlich 65 Millionen Jahre in der Vergangenheit angesiedelt, was sich zunächst konfus anhören mag, doch nimmt sich Millar so natürlich die Freiheit, eine gänzlich neue Welt zu erschaffen, die zwar ihrem Ursprung nach mit der unsrigen zumindest verwandt ist, während er sich andererseits Querverweise auf irdische Kulturen schenken kann, schließlich warten die noch in ferner Zukunft. Überhaupt aber ersinnt Millar wieder eine interessante, durch und durch stimmungsvolle und ausgefallene Welt voller merkwürdiger, faszinierender, spannender Gestalten und Geschöpfe, zumal er das nicht nur des reinen Selbstzwecks wegen tut, sondern jede noch so beiläufige Äußerung sich im Verlauf der immer temporeicher werdenden Story noch als wichtig entpuppen kann, so dass es sich lohnt, genau aufzupassen.
Den Kern des Bandes aber machen die Figuren aus und auch hier greift Millar nicht unbedingt auf das "übliche" Figurenkonsortium zurück wie beispielsweise eine bunt zusammengewürfelte Schiffs-Besatzung, sondern stellt stattdessen Königin Emporia und ihre drei Kinder nebst deren persönlichem Beschützer Dane in den Mittelpunkt der Erzählung, wohingegen als Antagonist der einer unbekannten Rasse entstammende König Morax daherkommt, der versucht, seiner im entlaufenen Frau habhaft zu werden. Allein das schon ist eine mehr als ungewöhnliche Konstellation und wenn dann noch der kleinwüchsige Tor Blinder – ein Veteran des Eintagekriegs – und dessen mechanischer Freund Ship, eine fliegende, sich und andere teleportieren könnende Kugel zum Team stoßen, nimmt die Reise im Grunde erst ihren Anfang. Kaum verwunderlich, dass die Filmrechte für diesen Stoff mal wieder längst verschachert worden sind, denn Empress macht einfach gehörig Spaß und weiß mehr als einmal zu überraschen und faszinieren, insbesondere auch, was das Finale und die Auflösung der Chose anbelangt, denn obwohl der Band eigentlich nicht als Auftakt einer Reihe vermarktet und verkauft wird, hält sich Millar doch ein gehöriges Hintertürchen für etwaige Fortsetzungen offen, auf die ich tatsächlich sehr hoffe, denn im Verlauf der rund 200 Seiten wachsen einem die Figuren gehörig ans Herz.
Das mag mitunter einer der Gründe sein, dass Millars Geschichten ein ums andere Mal so trefflich funktionieren, denn bei all den teils absurden Einfällen ist dort immer ein emotionaler Kern, stehen dort vielschichtige Figuren mit Problemen, Nöten und Ängsten, die als Identifikationsfigur und Anker taugen und gefühlsmäßig zu involvieren wissen und das ist eben auch bei Empress nicht anders. Ansonsten ist der Erfolg des Bandes aber auch zu großen Teilen Stuart Immonen zu verdanken, der als Zeichner sämtlicher sieben Hefte einen trefflichen Job verrichtet und Millars visionäre Vorstellungen regelrecht lebendig werden lässt und dabei um keinerlei Reminiszenz verlegen ist, so dass viele Teile der bereisten Galaxis an das eine oder andere Science-Fiction-Franchise oder -Setting erinnern, ohne aber schnöde abzukupfern und uninspiriert zu klauen, denn dafür besitzt die Story ohnehin genügend Alleinstellungsmerkmale, um sich solcher Taschenspieler-Tricks nicht bedienen zu müssen. Alles in allem ein Band, den man gelesen haben sollte, wenn man Millars Werke grundsätzlich schätzt oder dem Science-Fiction-Genre auch nur ein wenig abgewinnen kann, denn diese Space Opera braucht sich sicherlich nicht vor den anderen Vertretern ihrer Zunft zu verstecken.
Empress
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Kurzstrecken-Teleportationen - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Mit Empress liefert Mark Millar den nächsten Kracher aus seiner ihm eigenen Ideenschmiede und entführt erneut in ferne Galaxien einer noch ferneren Vergangenheit, erzählt fernab von Bombast und effekthascherischen Weltraumkämpfen eine zutiefst emotionale, vor allem aber auch spannende und ungemein einfallsreiche Geschichte, die hoffentlich beizeiten eine Fortsetzung erfahren wird, denn das Potential dazu ist auf alle Fälle gegeben.
Empress erscheint am 27.06.17 im Panini Verlag. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!