Es wird wieder Zeit für eine Serien-Kritik und wieder einmal hat es eine Netflix-Produktion getroffen, der ich bereits in ihrer ersten Staffel verfallen bin, weshalb es gänzlich außerfrage stand, mich nun auch der Fortsetzung zu widmen. Das derzeit ziemlich bescheidene Wetter – hier zumindest – passt derweil überraschend gut zum pessimistischen Ton der Serie, wobei der ja wirklich nur die halbe Wahrheit ist.
Lemony Snickets
Eine Reihe betrüblicher Ereignisse
Staffel 2
A Series of Unfortunate Events, USA 2017-, ca. 50 Min. je Folge
© Netflix
Mark Hudis
Barry Sonnenfeld
Cindy Holland
Brian Wright
Ted Biaselli
Daniel Handler
Barry Sonnenfeld
Patrick Warburton (Lemony Snicket)
Malina Weissman (Violet Baudelaire)
K. Todd Freeman (Arthur Poe)
Presley Smith (Sunny Baudelaire)
Avi Lake (Isadora Quagmire)
Dylan Kingwell (Duncan Quagmire)
Sara Rue (Olivia Caliban)
Nathan Fillion (Jacques Snicket)
Roger Bart (Vice Principal Nero)
Kitana Turnbull (Carmelita Spats)
Tony Hale (Jerome Squalor)
David Alan Grier (Hal)
Robbie Amell (Kevin)
Patrick Breen (Larry Your-Waiter)
Usman Ally (Hook-Handed Man)
Matty Cardarople (Henchperson of Indeterminate Gender)
John DeSantis (Bald Man)
Jacqueline Robbins (White Faced Woman #1)
Joyce Robbins (White Faced Woman #2)
Sara Canning (Jacquelyn)
Abenteuer | Drama | Mystery
Trailer:
Inhalt:
© Netflix
Nachdem die drei Baudelaire-Waisen Violet, Klaus und Sunny von Arthur Poe ins Internat verfrachtet worden sind, da ihre letzten Vormünder das Zeitliche gesegnet haben, staunen die drei nicht schlecht, als sie den zwei verbliebenen Quagmire-Drillingen begegnen, die ein ähnliches Schicksal teilen. Graf Olaf allerdings ist ihnen erneut auf den Fersen und taucht alsbald als neuer Sportlehrer auf, der die Baudelaires prompt wieder ins Visier nimmt. Doch erneut unterschätzt er Findigkeit und Einfallsreichtum der Kinder, die ihm auch hier wieder einen Schritt voraus sind. Doch alsbald wird Graf Olaf unerwartete Unterstützung durch Esmé Elend bekommen, die sich seiner Entourage aus Verbrechern anschließen wird. Ohne dass die Baudelaires es ahnen, ist ihnen aber auch Jacques Snicket – Lemonys Bruder und ebenfalls Mitglied der VFD – bereits auf den Fersen, um die Waisen vor Graf Olafs schändlichem Einfluss zu retten…
Rezension:
Bereits die erste Staffel Eine Reihe betrüblicher Ereignisse wusste mich ja schon beinahe restlos zu begeistern, trotz oder gerade weil ich zumindest mit dem 2004 entstandenen Film vertraut gewesen bin, der so etwa drei Viertel der Handlung in der Staffel umfasst hat. Hier nun vermag sich die Netflix-Serie also gleich in mehrerer Hinsicht zu emanzipieren, denn ein Vergleich zum Film ist nun natürlich nicht mehr gegeben, derweil auch von dem in der ersten Staffel noch vorherrschenden Schema, die Waisen alle zwei Folgen einem neuen Vormund zuzuweisen, bis Graf Olaf dann wieder in Erscheinung tritt und das nur kurze Glück zunichtemacht, hier vermehrt abgewichen wird. Das wiederum hängt natürlich auch mit der zugrundeliegenden Buch-Vorlage zusammen, denn mittlerweile sind wir bei den Bänden fünf bis neun angelangt. Findigen Mathematikern wird dabei schnell aufgehen, dass Netflix auch weiterhin den Plan verfolgt, je eines der Bücher in zwei TV-Episoden abzuhandeln, weshalb wir es hier mit gleich fünf Zweiteilern zu tun bekommen, womit diese Staffel auch geringfügig länger ausfällt als die vorangegangene, die lediglich vier Bücher abgedeckt hat. Das bedeutet leider aber auch, dass die zumindest schon bestätigte und in Planung befindliche dritte Staffel ziemlich wahrscheinlich den Abschluss der Serie markieren wird und ihrerseits die finalen Bände zehn bis dreizehn umfassen wird.
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Hier nun soll es aber natürlich erst einmal um die zweite Staffel gehen und die wusste mich vom ersten Moment an wieder genauso zu verzaubern wie im vergangenen Jahr die erste Staffel, zumal die Ereignisse in Die Schule des Schreckens: Teil 1 (2.01) beinahe minutiös an das Staffel-Finale anschließen, aber auch um ein wenig selbstreferenziellen Humor nicht verlegen sind, wenn Violet beispielsweise anmerkt, es fühle sich an als würden sie seit Monaten dort sitzen. Dennoch handelt es sich bei den ersten beiden Teilen meines Erachtens nach um eine der schwächeren Geschichten, wobei ich gar nicht genau festmachen kann, woran das liegen mag, denn eigentlich sind wieder alle Zutaten vorhanden, verhalten sich die Erwachsenen erwartungsgemäß dämlich, während Graf Olaf, diesmal als Sportlehrer wieder windige Pläne verfolgt, die Baudelaires in die Finger zu bekommen. Ähnlich ausgezeichnet, aber eben (noch) nicht unumwunden großartig präsentiert sich der anschließende Zweiteiler Die dunkle Allee (2.03+2.04), der im Kern hauptsächlich dazu dient, die von Lucy Punch verkörperte Esmé Squalor (Esmé Elend im Deutschen) als sekundäre Antagonistin einzuführen, die sich fortan der Truppe um Graf Olaf anschließt und ihre ganz eigenen Ziele verfolgt.
Dafür allerdings finden sich auch hier schon einige wunderbare Elemente, wie etwa die zwei Überlebenden der Quagmire-Drillinge, ebenfalls Waisen, deren Eltern wir in der ersten Staffel in Gestalt von Cobie Smulders und Will Arnett kennengelernt haben. Die Überscheidungen im Schicksal der jeweiligen Geschwister sind natürlich bewusst frappierend und streuen erste Brotkrumen dahingehend, dass sich weit mehr hinter Eine Reihe betrüblicher Ereignisse verbirgt als nur die Auseinandersetzung der Baudelaires mit Graf Olaf. Entsprechend finden sich auch vom ersten Moment an immer wieder Hinweise auf die Geheimorganisation der VFD, der auch die Eltern der Baudelaires sowie Erzähler Lemony Snicket angehört haben. Apropos Lemony Snicket, macht auch Patrick Warburton als besagter Erzähler wieder eine tolle Figur und stellt einen der großartigsten Kniffe in dieser Art des seriellen Erzählens dar, der auch hier immer wieder noch in der Zukunft liegende Ereignisse anteasert, einzelne Wörter und deren Bedeutung erklärt, vor allem aber schlichtweg einen gehörigen Wissensvorsprung besitzt, der sich in mehr oder minder kryptischen Andeutungen niederschlägt. Die Frage, wofür genau VFD nun aber steht, wird erst gegen Ende der Staffel beantwortet werden, auch wenn der findige Zuschauer einen entsprechenden Verweis bereits in der ersten folge der ersten Staffel hätte finden können, was man aber zu diesem Zeitpunkt noch längst nicht ahnt. Für die deutsche Fassung übrigens wurde aus der VFD die FF, was sich zuweilen etwas holprig gestaltet.
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Mit dem Zweiteiler Das düstere Dorf (2.05+2.06) derweil schwingt sich die Serie allerspätestens zu alter Größe auf, was nicht nur an den zahlreichen Querverweisen auf Edgar Allen Poe liegen mag, sondern auch daran, dass hier Lemonys Bruder Jacques seine denkwürdigsten Auftritte absolvieren darf. Der wiederum wird von niemand Geringerem verkörpert als dem großartigen Nathan Fillion, über dessen Erscheinen ich mich bekanntermaßen stets freue. Nicht nur mit Jacques als Person finden sich in dieser Staffel derweil deutlich mehr handlungsübergreifende Elemente, die sich teils durch die gesamte Staffel ziehen, womit die einzelnen Doppelfolgen längst nicht mehr so autark und in sich abgeschlossen wirken, wie das in der ersten Staffel noch der Fall gewesen ist. Zu den bereits bekannten Verbindungselementen zählen aber natürlich auch hier wieder der von K. Todd Freeman verkörperte Arthur Poe und dessen Sekretärin Jacquelyn (Sara Canning), zu denen sich hier unter anderem die Bibliothekarin Olivia Caliban (Sara Rue) gesellt. Ansonsten wissen natürlich vorrangig auch hier die Baudelaires wieder zu begeistern und gleichsam geht Neil Patrick Harris mit gewohntem Elan an seine exaltierte Interpretation des wandlungsfähigen wie findigen Grafen Olaf heran, derweil er auch in diesem Fall den jede zweite Folge wechselnden Titelsong der Serie intoniert hat.
Abgesehen davon also, dass mich die ersten paar Folgen noch nicht ganz so zu begeistern wussten, wie das in der ersten Staffel durchgängig der Fall gewesen ist, punktet Eine Reihe betrüblicher Ereignisse also auch im zweiten Jahr mit gehörigem Einfalls- und Abwechslungsreichtum, während die einzelnen Folgen oder Episoden mit spannenden Figuren und mysteriösen Rätseln nur so vollgestopft sind und Snicket selbst wieder bravourös durch die Geschichte führt, die übrigens in einen allzu garstigen Cliffhanger mündet, der einen – oder mich zumindest – die dritte Staffel kaum erwarten lässt. Dessen ungeachtet mögen nämlich insbesondere in den finalen zwei Folgen so einige Geheimnisse gelüftet worden sein, doch gibt es nicht minder viele Dinge, die noch nicht abschließend geklärt sind und ihrer Auflösung harren, die dann hoffentlich im furiosen Finale dieser in Summe qualitativ ungemein konsistenten Serien-Produktion erfolgt.
Eine Reihe betrüblicher Ereignisse | Staffel 2
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Betrübliche Ereignisse - 8.5/10
8.5/10
Fazit & Wertung:
Die zweite Staffel Eine Reihe betrüblicher Ereignisse steht ihrem Vorgänger in kaum etwas nach und überzeugt diesmal mit gleich fünf spannenden Zweiteilern, welche die Staffel zu erneut zu einem großen Vergnügen machen, zumal nicht nur das Figuren-Ensemble noch einmal abwechslungsreichen Zuwachs bekommt, sondern auch das Rätsel um die Geheimorganisation der VFD zusätzliche Gewichtung erfährt und die Odyssee der Baudelaires dadurch eine zusätzliche Ebene erhält. Die gewohnt schaurig-morbide Atmosphäre und die wechselnden Handlungsorte tun hierbei ihr Übriges.
Episodenübersicht: Staffel 2
02. Die Schule des Schreckens: Teil 2 (8,5/10)
03. Die dunkle Allee: Teil 1 (8,5/10)
04. Die dunkle Allee: Teil 2 (8,5/10)
05. Das düstere Dorf: Teil 1 (9/10)
07. Das schaurige Hospital: Teil 1 (8,5/10)
08. Das schaurige Hospital: Teil 2 (8,5/10)
09. Der grausige Jahrmarkt: Teil 1 (9/10)
10. Der grausige Jahrmarkt: Teil 2 (9/10)
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Eine Reihe betrüblicher Ereignisse | Staffel 2 ist seit dem 30.03.18 exklusiv bei Netflix verfügbar.