Wie das immer mal wieder zum Wochenende der Fall ist, habe ich heute ein richtig empfehlenswertes Kleinod an Film für euch, das bis vor kurzer Zeit gänzlich an mir vorbeigerauscht ist, mich aber nachhaltig zu begeistern gewusst hat in seiner intensiven, teils regelrecht beklemmenden Inszenierung. Wie es Der Zufall – eher das Timing – so will, ist der Film übrigens just seit heute im Handel, also quasi seit wenigen Stunden erhältlich.
Feinde
Hostiles
Hostiles, USA 2017, 134 Min.
© Universum Film
Scott Cooper
Scott Cooper (Drehbuch)
Donald E. Stewart (Manuskript)
Christian Bale (Capt. Joseph J. Blocker)
Rosamund Pike (Rosalee Quaid)
Wes Studi (Chief Yellow Hawk)
Jesse Plemons (Lt. Rudy Kidder)
Adam Beach (Black Hawk)
Rory Cochrane (Master Sgt. Thomas Metz)
Ben Foster (Philip Wills)
Drama | Western
Trailer:
Inhalt:
In Fort Berringer, New Mexico neigt sich 1892 die Dienstzeit des hochdekorierten Kriegshelden Captain Joseph Blocker ihrem Ende, doch der befehlshabende Colonel Abraham Biggs hat einen letzten Auftrag für ihn. So hat die Regierung beschlossen, den seit sieben Jahren inhaftierten Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk als Zeichen des guten Willens zu begnadigen und Blocker obliegt es nun, den sterbenskranken Mann sicher in seine Heimat, das in Montana gelegen Tal der Bären zu eskortieren, Blocker weigert sich und erkennt in Yellow Hawk nur den verhassten Feind, der Dutzende seiner Freunde auf dem Gewissen hat, gleichwohl auch Blocker zahllose Indianer im Laufe seiner Dienstzeit getötet hat. Schlussendlich beugt er sich allerdings widerwillig seinem Vorgesetzten und tritt mit einer ausgesuchten Gruppe die beschwerliche Reise an, nur um alsbald auf die Witwe Rosalee Quaid zu stoßen, der gesamte Familie von einer Schar Comanchen brutal ermordet worden ist. Zunächst sieht Blocker sich in seiner Meinung zu den Ureinwohnern bestätigt, beginnt allerdings im Laufe der Reise, sein vorherrschendes Schwarz-Weiß-Denken zu hinterfragen…
© Universum Film
Rezension:
Relativ aufs Geratewohl habe ich jüngst mein Interesse an Feinde – Hostiles bekundet, ohne allzu viel über den Film zu wissen, außer, dass Christina Bale hier die Hauptrolle spielen würde, was für sich genommen ja doch meist schon ein Garant für außergewöhnliche Filme und Schauspielkunst darstellt. Und es war mal wieder von Vorteil, so gänzlich unbedarft an den Film heranzugehen, denn umso mehr wusste mich die ungemein intensive und bedrückende Atmosphäre dieses Western-Dramas in ihren Bann zu schlagen. Nun handelt es sich aber mitnichten um Scott Coopers ersten Film, sondern bereits seine vierte Regie-Arbeit, die aber auch gleichsam den Zenit seines bisherigen Schaffens darstellt, denn wo Auge um Auge und Black Mass vielversprechende Ansätze in einem nicht ganz ausgegorenen Skript präsentiert haben, sitzt hier beinahe jede Einstellung und vermag jede noch so trivial wirkende Dialogzeile zu überzeugen, was einmal mehr seinen Status als herausragender Darsteller-Regisseur untermauert mit dem feinen Unterschied, dass hier auch Skript und Prämisse auf einem ähnlich hohen Niveau daherkommen. Dem Film liegt dabei ein Manuskript des bereits 1999 verstorbenen Donald E. Stewart zugrunde, der unter anderem an den Drehbüchern einer Reihe Jack-Ryan-Verfilmungen in den 90ern beteiligt gewesen ist.
© Universum Film
Umso überraschender, wie aktuell das 1892 angesiedelte Geschehen anmutet, nachdem es die letzten beinahe zwanzig Jahre unbemerkt im Nachlass des Autors seiner Entdeckung harrte. So bedarf es keiner großen Mittel oder Gesten, um die tiefe Kluft zwischen den Amerikanern und den Ureinwohnern zu verdeutlichen, denen hier anhand von Captain Blocker und Häuptling Yellow Hawk zwei Repräsentanten unterschiedlicher Seiten und Ansichten zugedacht werden. Allein aber die Eröffnungsszene, in der man dem grausigen Überfall der Comanchen auf die Familie Quaid beiwohnt, ist an inszenatorischer Dichte kaum zu überbieten und lässt Rosamunde Pike (Gone Girl) bereits brillieren, bevor Bales Blocker überhaupt seinen ersten Schritt auf der Leinwand getan hat. Nichtsdestotrotz verdient Christian Bale (The Big Short) auch für diesen Film erneut hohes Lob und stellt seine Wandlungsfähigkeit unter Beweis, was nicht unbedingt die Rolle als Kriegsheld anbelangt, sondern den nuancierten Wandel, den seine Figur im Verlauf der mehr als zweistündigen Odyssee durchläuft. Wes Studi als Cheyenne-Häuptling gibt sich diesbezüglich weitaus zurückhaltender und hat anfänglich kaum eine Dialogzeile, doch ändert sich dies im Verlauf der zaghaften Annäherung zwischen den verfeindeten Parteien zunehmend.
Dabei ist es weniger die Story an sich mit ihren vielen, beinahe schon episodischen Treffen und Einsprengseln, die Feinde – Hostiles so ungemein faszinierend und packend machen, sondern vielmehr der Umstand, dass jede der an dem Treck beteiligten Figuren ihre eigene Motivation, ihre eigenen Wünsche und Hoffnungen verliehen bekommt, womit wir wieder beim Thema wären, dass Cooper weit weniger Geschichten, sondern vielmehr Figuren in Szene zu setzen versteht, was dem Film hier aber durchweg zum Vorteil gereicht. Entsprechend schmerzt nämlich auch jeder Tod, jeder Verlust in der eingeschworenen Gruppe, die sich zusehends zusammenrauft und alsbald nicht mehr aus bloßem Pflichtgefühl heraus allen Widrigkeiten der Reise trotzt, denn so sehr beim stoischen Blocker ein Umdenken und Einlenken zu erkennen ist, so sehr gewinnen auch die weiteren Mitglieder des Trecks zunehmend an Profil und Kanten. Dabei vermag es Cooper gar, weitestgehend auf den doch insbesondere in amerikanischen Filmen dieser Ausrichtung gern gesehenen Patriotismus zu verzichten und vor allem, beide Seiten der Medaille zu beleuchten. Entsprechend handelt es sich nicht um einen belehrenden Film der Marke "die bösen Amerikaner" oder alternativ "die bösen Indianer" sondern vielmehr ein ausgefeiltes Charakter-Drama, das quasi nur zufällig im Gewand eines Westerns daherkommt.
© Universum Film
Entsprechend dürfen auch fernab der Hauptbesetzung die weiteren Darsteller lobend erwähnt werden, zu denen unter anderem Jesse Plemons (Game Night) und Ben Foster (The Saints) gehören, die dieser vielschichtig-diffizilen Charakterstudie weitere Mosaikteile hinzufügen. Dabei verlangt Feinde – Hostiles dem geneigten Zuschauer sicherlich auch einiges ab und ist ausnehmend ruhig, oft beinahe getragen und melancholisch erzählt, doch kann ich nicht behaupten, mich auch nur eine Sekunde gelangweilt zu haben, insbesondere, da hier so vieles im Subtext mitschwingt, was man kaum stimmiger und überzeugender hätte transportieren können. Dem gesamten Treck wohnt dabei nicht nur aufgrund der schweren Erkrankung von Yellow Hawk und der schwelenden Fehde zwischen ihm und Blocker ein gewisser Fatalismus inne, nein, Cooper vermag diese dem Grunde nach so simple Ausgangslage auch noch gewinnbringend auszubauen und zu erweitern, was sich in teils verstörender Konsequenz und regelrecht eruptiven Gewaltausbrüchen niederschlägt, die diesen Film zwar zu schwerer, aber auch ungemein lohnenswerter Kost machen.
Feinde – Hostiles
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Etappen einer beschwerlichen Reise - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Scott Cooper liefert mit Feinde – Hostiles seine bisher überzeugendste Regie-Arbeit ab und lässt nicht nur Christian Bale in diesem tragisch-fatalistisches Charakter-Drama über die gesamte Laufzeit brillieren und regt bei aller inhaltlichen Schwere zum Nachdenken an, sondern entwickelt auch mit zunehmender Laufzeit eine emotionale Wucht sondergleichen, die fernab von Pathos und Klischee auf schier urtümliche Weise zu fesseln versteht.
Feinde – Hostiles ist am 12.10.18 auf DVD, Blu-ray und 4K UHD Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
DVD:
Blu-ray:
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