Review: El Camino Christmas (Film)

Ausnahmsweise – weil Weihnachten ist – breche ich auf den letzten Metern des sich dem Ende neigenden Jahres noch einmal mit meinen üblichen Rezensions-Gewohnheiten und schiebe heute eine weitere Film-Kritik ein, bevor ich mich dann dafür morgen außerplanmäßig einem Buch widmen werde, denn im Gegensatz zu dem dann zu besprechenden Buch könnte ich heute noch einen Weihnachtsfilm anbieten und in Anbetracht der mittelmäßigen Qualität eignet der sich geradezu hervorragend, um ihn beispielsweise beim heutigen Ausnüchtern/Ausruhen einzuschieben, so man denn einen Netflix-Account besitzt, wo er bereits im vergangenen Jahr Premiere gefeiert hat.

El Camino Christmas

El Camino Christmas, USA 2017, 89 Min.

El Camino Christmas | © Netflix
© Netflix

Regisseur:
David E. Talbert
Autoren:
Theodore Melfi
Christopher Wehner

Main-Cast:

Luke Grimes (Eric Roth)
Vincent D’Onofrio (Carl Hooker)
Dax Shepard (Deputy Billy Calhoun)
Kurtwood Smith (Sheriff Bob Fuller)
Michelle Mylett (Kate Daniels)

Emilio Rivera (Vicente Santos)
Kimberly Quinn (Jewels)
Jessica Alba (Beth Flowers)
Tim Allen (Larry Roth)

Genre:
Krimi | Komödie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus El Camino Christmas | © Netflix
© Netflix

Zur Weihnachtszeit macht sich Eric Roth ins verschlafene Kaff El Camino, Nevada auf, um dort nach all den Jahren seinen Vater kennenzulernen. Vor Rot begegnet Eric allerdings nicht nur der alleinerziehenden Mutter Kate Daniels, sondern auch dem Kriegsveteranen und Säufer Larry, bevor er mit der örtlichen Polizei, namentlich dem korrupten wie bärbeißigen Carl Hooker und dessen Deputy Billy Calhoun aneinandergerät und sich in einer Gefängniszelle widerfindet. Calhoun allerdings will Eric helfen und ermöglicht ihm die Flucht, doch im nahegelegenen Schnapsladen kommt es kurz darauf zum Eklat, als Hooker dem vermeintlich Inhaftierten erneut begegnet und Verstärkung anfordert, während sich unerwartet eine Art merkwürdiges Geiseldrama entspinnt, obwohl Eric sich doch eigentlich nichts hat zu Schulden kommen lassen und lediglich seinen Vater treffen wollte, der natürlich näher ist, als er ahnt…

Rezension:

Gleich vorweg, El Camino Christmas gewinnt keine Innovationspreise und gestaltet sich auch nicht annähernd so komisch wie erhofft oder proklamiert, denn auch wenn man zuweilen auf wahlweise trockenen oder schwarzen Humor zurückgreift, präsentiert sich das überschaubare Geschehen doch weitestgehend ernsthaft und zieht seine Komik mehr aus der absurden Situation, der ungemein konstruierten Aneinanderreihung von Zufällen und nicht zuletzt aus den teils überaus spleenig überzeichneten Figuren, an deren Spitze sich mit reichlich Abstand Dax Shepard (Hit and Run) findet, der mit seinem Deputy einen ziemlichen Idioten darstellt, dessen Gerechtigkeitssinn und gutmütige Art aber auch unvermittelt für sich einzunehmen wissen. Überhaupt punktet der von David E. Talbert inszenierte Streifen aber eher mit seinem Star-Appeal als mit echtem inszenatorischen Geschick und so kann auch ich nicht verhehlen, dass mich neben Shepard natürlich vorrangig Vincent D’Onofrio, Jessica Alba und nicht zuletzt Tim Allen haben einschalten lassen.

Szenenbild aus El Camino Christmas | © Netflix
© Netflix

Dabei werden die Figuren an sich auch überzeugend eingeführt und in Stellung gebracht, wobei insbesondere der vorrangig durch die langlebigen Sitcoms Hör’ mal, wer da hämmert und Last Man Standing bekannte Tim Allen herrlich gegen den Strich besetzt ist, während Vincent D’Onofrio in einer Variation seiner Rolle aus CHIPS überzeugt, doch ist es eben so offenkundig, wer im weiteren Geschehen welche Rolle zu spielen hat, dass sich kaum so etwas wie Neugierde, geschweige denn Spannung einstellen will, wie der Plot von El Camino Christmas sich denn wohl entwickeln wird. Bei Figuren wie der von Jessica Alba (Stretch) verkörperten Reporterin Beth Flowers merkt man zudem, dass sie für die eigentliche Geschichte im Grunde keine Bewandtnis haben und – so scheint es – nur Teil der Szenerie sind, um mit dem bekannten Namen werben zu können, denn die Screentime tendiert ebenfalls gefühlt gen null. Und während die Charaktere durchaus das Potential gehabt hätten, eine ungewöhnliche und interessante Geschichte zu erzählen, wirkt der Kniff, das Geschehen recht schnell in eine Art Geisel-Drama zu verwandeln, gleichermaßen platt wie planlos, denn eine Eskalation der Situation hat man schon deutlich glaubwürdiger serviert bekommen.

In diesem Zusammenhang kommt dann hinzu, dass die Laufzeit von El Camino Christmas mit nicht ganz neunzig Minuten (wohlgemerkt mit Abspann) doch spürbar knapp bemessen ist und so wirkt alles, was ansatzweise gut und packend hätte werden können, hier nur angerissen und kaum ausformuliert, derweil der findige Zuschauer ohnehin nach wenigen Minuten weiß, wer denn nun Erics Vater sein soll, womit das große "Rätsel" der Story und die sich zum Ende hin abzeichnende "Überraschung" sang- und klanglos verpuffen. Das steht wiederum auch Hauptfigur Eric nicht gerade gut zu Gesicht, der zwar von Luke Grimes (Kill the King) durchaus routiniert und solide verkörpert wird, aber auch vergleichsweise wenig Kanten und Charakter spendiert bekommt. Da wusste selbst noch die Figur der alleinerziehenden Mutter mehr zu überzeugen, die hier von Michelle Mylett dargestellt wird und bei der ich eine Weile habe rätseln müssen, woher mir ihr Gesicht bekannt vorkommt, bis ich mich an ihre Rolle in der Mini-Serie Ascension erinnert habe und die hier aus ihrem eher generischen Part als Love-Interest tatsächlich erstaunlich viel macht.

Szenenbild aus El Camino Christmas | © Netflix
© Netflix

So möchte El Camino Christmas spürbar eine Art unkonventioneller und unangepasster Anti-Weihnachtsfilm sein, der dem Gefühl nach auch eher zufällig an den Feiertagen spielt, doch offenbaren sich eben an jeder Ecke vermeidbare Mängel und Patzer, die sich mal mehr, mal weniger leicht hätten vermeiden lassen und die das Filmerlebnis schlussendlich im absoluten Mittelmaß versanden lassen, dem dann auch das gewisse Star-Aufgebot nicht mehr helfen kann, das ohnehin zugegebenermaßen kaum aus der A-Riege der Hollywood-Größen stammt, sondern eher einem filmisch vielseitig interessierten Zuschauer in Gänze etwas sagt. Dessen ungeachtet ist Talberts Film jetzt aber auch nicht langweilig und komplett misslungen, sondern macht einfach nur wenig aus seinen Möglichkeiten und Ansätzen, weshalb er gerade an einem zweiten Weihnachtsfeiertag und bei in der Einleitung genannten Gelegenheiten – Stichwort "Gammeltag" – in seiner mittelmäßigen Art auch gerade die richtige Wahl sein könnte, wenn man sich vorrangig berieseln und ab und an etwas schmunzeln möchte.

Fazit & Wertung:

David E. Talbert mag versucht haben, mit El Camino Christmas eine Art Gegenentwurf zum klassischen Weihnachts-Wohlfühlfilm zu schaffen, doch eklatante inszenatorische Schwächen und ein wenig überraschender, viel zu gehetzt abgehandelter Plot lassen diese grundsätzlich gute Idee schnell in der Belanglosigkeit versanden. Als Genre-Flick für zwischendurch mit einer Handvoll bekannter Namen mag die anderthalbstündige Chose dennoch taugen und unterhält solide, hat darüber hinaus aber leider nichts zu bieten, was man nicht anderswo schön überzeugender dargeboten bekommen hat.

5,5 von 10 Begegnungen im Schnapsladen

El Camino Christmas

  • Begegnungen im Schnapsladen - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

David E. Talbert mag versucht haben, mit El Camino Christmas eine Art Gegenentwurf zum klassischen Weihnachts-Wohlfühlfilm zu schaffen, doch eklatante inszenatorische Schwächen und ein wenig überraschender, viel zu gehetzt abgehandelter Plot lassen diese grundsätzlich gute Idee schnell in der Belanglosigkeit versanden. Als Genre-Flick für zwischendurch mit einer Handvoll bekannter Namen mag die anderthalbstündige Chose dennoch taugen und unterhält solide, hat darüber hinaus aber leider nichts zu bieten, was man nicht anderswo schön überzeugender dargeboten bekommen hat.

5.5/10
Leser-Wertung 5/10 (6 Stimmen)
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El Camino Christmas ist seit dem 08.12.17 exklusiv bei Netflix verfügbar.

vgw

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