Review: Dragged Across Concrete (Film)

Ihr ahnt es fast, auch zum Wochenende gibt es noch eine Film-Kritik und die ist diesmal sogar wieder brandaktuell, denn den Film gibt es exakt seit heute im Handel.

Dragged Across Concrete

Dragged Across Concrete, USA/CA 2018, 159 Min.

Dragged Across Concrete | © Universum Film
© Universum Film

Regisseur:
S. Craig Zahler
Autor:
S. Craig Zahler

Main-Cast:

Mel Gibson (Brett Ridgeman)
Vince Vaughn (Anthony Lurasetti)
Tory Kittles (Henry Johns)
Michael Jai White (Biscuit)
Jennifer Carpenter (Kelly Summer)
Laurie Holden (Melanie Ridgeman)
Fred Melamed (Mr. Edmington)
Udo Kier (Friedrich)
Thomas Kretschmann (Lorentz Vogelmann)
Don Johnson (Chief Lt. Calvert)

Genre:
Krimi | Drama | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Dragged Across Concrete | © Universum Film
© Universum Film

Brett Ridgeman und Anthony Lurasetti sind schon seit Jahren im Dienst der Polizei und greifen in den Ghettos von Bulwark seit jeher hart durch. Aufgrund ihrer Quote hat man auf dem Revier zwar immer ein Auge zugedrückt, wenn die Jungs ein wenig zu hart durchgegriffen haben, um ihren Standpunkt zu untermauern, doch ist es diesmal anders, als jemand sie bei ihrem rabiaten Vorgehen filmt und die Aufnahmen an die Presse geraten. Ridgeman und Lurasetti werden für jeweils sechs Wochen vom Dienst suspendiert, doch sind beide auf den kläglichen Lohn angewiesen, der ihnen nun für anderthalb Monate verwehrt werden wird, weshalb Ridgeman in seiner Frustration und mangels Alternativen beschließt, dass es sein gutes Recht wäre, einen Kriminellen auszunehmen und sich mit dessen Geld zu sanieren, um Frau und Tochter ein besseres Leben in einer besseren Gegend zu ermöglichen. Der deutlich jüngere Lurasetti ist von diesem Plan zwar nicht gerade angetan, doch steht bei ihm – so hofft er – alsbald eine Verlobung ins Haus und Geld ist für das junge Liebesglück beileibe nicht verkehrt. Die beiden legen sich geduldig auf die Lauer und beginnen, den Gangster Vogelmann zu überwachen, der angeblich einen großen Coup plant, doch was mit viel Langeweile und Geduld beginnt, läuft ebenso schnell aus dem Ruder, als Vogelmann seinen Plan in die Tat umzusetzen beginnt…

Rezension:

Kürzlich erst ist mir bewusst klargeworden, dass ich S. Craig Zahler nicht nur als Filmemacher von Bone Tomahawk kenne, sondern auch als Schriftsteller von Die Toten der North Ganson Street und während ich jüngst mit der Lektüre eines weiteren Buches von ihm begonnen habe und Brawl in Cell Block 99 auf meiner Wunschliste weiter nach oben gerutscht ist, trudelte nun die Neuveröffentlichung Dragged Across Concrete bei mir ein, auf die ich logischerweise aufgrund seiner eigenwillig vor sich hin köchelnden Erzählweise mit mehr als expliziten, regelrecht aufrüttelnden Gewaltspitzen ebenfalls recht gespannt gewesen bin. Dabei scheint der allgemeine Tenor zu sein, dass sein neuster Film mit mehr als zweieinhalb Stunden deutlich zu lang geraten ist (wobei sich diesbezüglich Zahler gegen das Studio durchzusetzen wusste, auch wenn das eine breite Kinoauswertung in den USA verhindert hat). Dem kann ich mich nicht anschließen, auch wenn ich verstehe, dass man in Erwartung eines reißerischen Action-Thrillers hier enttäuscht sein dürfte, denn auch wenn die – stets eruptiven – Gewaltausbrüche rar gesät sind, sollte man diese Mär auch weit eher als düsteres Cop-Drama betrachten und als solches macht der Film mit seiner beklemmenden, getragenen Atmosphäre und dem vorherrschenden Fatalismus eine durchaus gute Figur.

Szenenbild aus Dragged Across Concrete | © Universum Film
© Universum Film

Wie auch schon bei Zahler Regie-Debüt Bone Tomahawk erstreckt sich ein Großteil der ausufernden Gewalt und Action auf lediglich das letzte Drittel des Films, während das Geschehen zuvor wahlweise böswillig als Vorgeplänkel oder wohlwollend als ausgedehnte, auf kleiner Flamme köchelnde Exposition betrachtet werden kann. In dieser Hinsicht erinnert Zahlers neuestes Werk – auch dank seinem Setting – an jüngere Werke von Nicolas Winding Refn (Drive), der ebenfalls nicht jedermanns Sache sein dürfte und beispielsweise in einer anderthalbstündigen Episode seiner Serie Too Old To Die Young das erzählt, was andere in überschaubare vierzig Minuten Laufzeit packen würden. Das mag für den einen einschläfernd oder prätentiös wirken, gibt dem anderen aber einiges an Flair und Atmosphäre, auch wenn Zahlers Einsatz von ungewöhnlichen Kameraperspektiven und Neonlicht-durchfluteten Szenerien deutlich zurückhaltender – sprich kaum vorhanden – ist. So präsentiert sich auch Dragged Across Concrete als zwar langsame, aber einnehmende Fahrt in den Kaninchenbau, der eines an Schrecken und Gewalt bereithält, wenn man sich auf diese Erzählweise einzulassen bereit ist, was freilich vielerorts an einer fehlenden Aufmerksamkeitsspanne oder Bereitschaft hierzu scheitern dürfte, ohne das bewerten oder verurteilen zu wollen.

Die Besetzungsliste des Films liest sich dabei ebenso umfangreich wie namhaft, doch stehen im Kern der Erzählung erwartungsgemäß Mel Gibson (Machete Kills) und Vince Vaughn (True Detective) als abgehalftertes, desillusioniertes, zu allem bereites Cop-Duo, während der Rest der Belegschaft überwiegend zu besseren Statisten verkommt und die Auftritte sich auf teils wenige Minuten beschränken, was bei einer Spielzeit von über 160 Minuten nicht eben viel ist. Dabei zeichnet Zahler um die beiden Polizisten herum ein mehr als deprimierendes Zerrbild unserer Realität und man mag sich ebenso darüber streiten, ob er mit dieser Darstellung einen tieferen Zweck verfolgt und etwas anzuprangern gedenkt oder sich schlichtweg der Versatzstücke des Genres bedient, um eine möglichst hoffnungslose, von Tristesse und Verzweiflung dominierte Kulisse zu schaffen, in deren Mitte sich die beiden wortkargen Cops – die meiste Zeit in ihrem Auto – durch die Stadt bewegen, um einen gleichermaßen waghalsigen wie illegalen Coup zu planen, der freilich schnell aus dem Ruder läuft und die beiden in eine akute Sinnkrise stürzt, ob es nicht besser gewesen wäre, den hehren Idealen ihres längst vergessenen Eids zu folgen oder ob sie ohnehin das Blatt nicht zu wenden gewusst hätten.

Szenenbild aus Dragged Across Concrete | © Universum Film
© Universum Film

Um diesen Ansatz zu untermauern, bedient sich Zahler teils perfider wie abgründiger Mittel, um dem Zuschauer das Schicksal eines der Opfer in all seiner drastischen Unbarmherzigkeit erfahren zu lassen, wodurch der Plot dieses im Grunde simpel gestrickten Cop-Films enorm gewinnt, denn wer fürchtet, Gibsons und Vaughns Figur zwei Stunden lang beim Beschatten und Observieren beobachten zu "müssen", irrt sich insofern, dass Zahler jede Chance nutzt, das Geschehen aufzubrechen und von weiteren Warten zu beleuchten, was einerseits dem Zuschauer einen teils gehörigen Wissensvorsprung verschafft, andererseits die persönlichen Dramen und Beweggründe der einzelnen Figuren gekonnt unterstreicht. Das ändert allerdings zugegebenermaßen nichts daran, dass es eine gute Dreiviertelstunde dauert, bis sich überhaupt so etwas wie ein Plot oder eine Prämisse aus dem Gezeigten herausschält, nachdem beispielsweise der Auftritt von Don Johnson (Cold in July) binnen weniger Minuten bereits abgehandelt worden ist, was freilich Geduld und Bereitschaft erfordert, in diese überwiegend von nächtlicher Schwärze erdrückte Tristesse abzutauchen, aus der es dem Gefühl nach kein Entrinnen, keine Erlösung gibt, was schlussendlich auch in aller Konsequenz eine befreiende Katharsis verwehrt, ohne damit behaupten zu wollen, diese schicksalsträchtige Begegnung unterschiedlicher, zu allem bereiter Interessengruppen wurde nicht auch manches – teils fragwürdige – Happy-End bereithalten. So macht Zahler seinem Ruf erneut alle Ehre und dreht mit Dragged Across Concrete mitnichten einen Film für die Massen, aber einen, den Genre-Fans zu schätzen wissen werden, denn konsequenter und kompromissloser gehen dieser Tage nicht viele Filmemacher zu Werke.

Fazit & Wertung:

Mit Dragged Across Concrete liefert S. Craig Zahler einen weiteren, eigenwillig wie intensiv inszenierten Genre-Beitrag ab, der diesmal als fatalistisches Cop-Drama daherkommt, dass mit dem bewusst zurückgenommen agierenden Duo Gibson und Vaughn zu überzeugen versteht. Nichtsdestotrotz mag die auf beinahe drei Stunde ausgewalzte Mär viele verschrecken, denn wer Zahler einzig aufgrund der eruptiven Gewaltausbrüche zu schätzen meint, wird diesbezüglich viel Sitzfleisch mitbringen müssen, doch ist es eben auch nicht das, was im Mittelpunkt der Erzählung steht, sondern lediglich drastisches Mittel, um Konsequenzen und die Erbarmungslosigkeit der Welt zu verdeutlichen.

7,5 von 10 fatal falschen Entscheidungen

Dragged Across Concrete

  • Fatal falsche Entscheidungen - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Dragged Across Concrete liefert S. Craig Zahler einen weiteren, eigenwillig wie intensiv inszenierten Genre-Beitrag ab, der diesmal als fatalistisches Cop-Drama daherkommt, dass mit dem bewusst zurückgenommen agierenden Duo Gibson und Vaughn zu überzeugen versteht. Nichtsdestotrotz mag die auf beinahe drei Stunde ausgewalzte Mär viele verschrecken, denn wer Zahler einzig aufgrund der eruptiven Gewaltausbrüche zu schätzen meint, wird diesbezüglich viel Sitzfleisch mitbringen müssen, doch ist es eben auch nicht das, was im Mittelpunkt der Erzählung steht, sondern lediglich drastisches Mittel, um Konsequenzen und die Erbarmungslosigkeit der Welt zu verdeutlichen.

7.5/10
Leser-Wertung 0/10 (0 Stimmen)
Sende

Dragged Across Concrete ist am 23.08.19 auf DVD und Blu-ray bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

Sharing is Caring:

Hinterlasse einen Kommentar