Review: Unsane – Ausgeliefert (Film)

Nachfolgende Film-Kritik habe ich jetzt zwar zugunsten von Aktualität schon mehrfach nach hinten verschoben, aber immerhin im August habe ich es dann doch noch geschafft, mich zu Soderberghs Film zu äußern.

Unsane
Ausgeliefert

Unsane, USA 2018, 98 Min.

Unsane - Ausgeliefert | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Regisseur:
Steven Soderbergh
Autoren:
Jonathan Bernstein
James Greer

Main-Cast:

Claire Foy (Sawyer Valentini)
Joshua Leonard (David Strine)
Jay Pharoah (Nate Hoffman)
Juno Temple (Violet)
Aimee Mullins (Ashley Brighterhouse)
Amy Irving (Angela Valentini)

Genre:
Drama | Horror | Mystery | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Unsane - Ausgeliefert | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Sawyer Valentini ist vor nicht allzu langer Zeit in eine fremde Stadt gezogen und hat einen Job als Analystin angenommen, doch findet sie nicht so recht Anschluss, während sie via Tinder auf die Suche nach Bettbekanntschaften geht. Nicht einmal Sawyers Mutter allerdings weiß, dass sie aufgrund eines Stalkers den Wohnort gewechselt hat und den zu allem Überfluss auch noch in den Gesichtern der Männer zu erkennen meint, die sie über das Internet kennenlernt. Sawyer beschließt, sich Hilfe zu suchen und wird bei einer Psychiaterin vorstellig, doch das "Standardformular" das sie ausfüllen lässt, beschert ihr prompt – und ohne ihr Wissen und Wollen – einen wenigstens vierundzwanzigstündigen Aufenthalt in der psychiatrischen Anstalt Highland Creek. Sawyer lehnt sich auf, verlangt ihre Freilassung, ruft die Polizei, doch hat das nur zur Folge, dass man sie aufgrund ihrer angeblichen Gewaltbereitschaft für weitere sieben Tage dortbehalten will. Mitinsasse Nate rät ihr zwar, die Füße stillzuhalten und die Zeit abzusitzen, doch dann erkennt Sawyer in einem der Pfleger ihren Stalker wieder…

Rezension:

Was habe ich mich seinerzeit gefreut, als Logan Lucky angekündigt und dann veröffentlicht wurde, nachdem Steven Soderbergh wenige Jahre zuvor verkündet hatte, dem Filmgeschäft den Rücken zu kehren. Dergestalt Blut geleckt, veröffentlichte Soderbergh kaum ein Jahr später also mit Unsane – Ausgeliefert das zweite Werk seiner eigens gegründeten Verleih-Firma Fingerprint Releasing und erfand sich dabei stilistisch wie inszenatorisch ein weiteres Mal neu, denn dieser klaustrophobisch anmutende Psychiatrie-Thriller wurde schließlich in gerade einmal zehn Tagen und ausnahmslos via iPhone 7 gedreht, während der innovative Regisseur auch gleich noch den Schnitt mitübernommen hat. Und es scheint ihm gut getan zu haben, sich zeitweise aus dem Film-Business zurückzuziehen und sich stattdessen Serien-Projekten zu widmen, derweil er nun mit seinen Werken gänzlich frei von Studio-Einflussnahme wirken kann, denn die hätten wahrscheinlich schon beim spröden Charme der Aufnahmen ihr Veto eingelegt, ganz zu schweigen von so mancher Storywendung, die den Streifen mehr in die Ecke eines Genre-Reißers rücken lassen.

Szenenbild aus Unsane - Ausgeliefert | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Vermutlich werde auch ich auf lange Sicht kein großer Fan ausschließlich mit dem Smartphone gedrehter Filme, doch passt der Look in diesem speziellen Fall und bei der Thematik tatsächlich ausnehmend gut, zumal man durchaus staunen kann, was an Qualität mittlerweile aus den kleinen Geräten herauszuholen ist. Die zuweilen sichtbare Körnung, leichte Verzerrungen und Unschärfen tragen hierbei maßgeblich zur Atmosphäre des Gezeigten bei, was sich ab dem Moment noch verstärkt, wenn Sawyer in der Psychiatrie landet. Und das dauert gar nicht allzu lang, denn wie erwähnt lässt sich Unsane bei den Genre-Filmen verorten und kommt dementsprechend schnörkellos daher, so dass ein einziger normaler Tag im Leben der Protagonistin reicht, um sich auf sie einzustimmen und ihr Leid nachempfinden zu können, auch wenn es später noch zu erhellenden Rückblenden kommen soll.

Dabei ist es einzig Claire Foy zu verdanken, dass man zwar einerseits Sawyer als rational denkende junge Frau kennenlernt, die sich auch absolut logisch und nachvollziehbar verhält, als sie erkennen muss, gegen ihren Willen eingewiesen worden zu sein und bei der man dennoch immer öfter daran zweifelt, ob sie sich nicht womöglich doch etwas zusammenfabuliert oder spätestens mit der regelmäßigen Medikamentengabe – weder sie noch der Zuschauer wissen, was genau dort verabreicht wird – mürbe gemacht worden sein könnte. So beschreiten Soderbergh und seine Hauptdarstellerin einen schmalen Grat zwischen nachvollziehbarer Impulsivität und aufkeimender Psychose, bis man kaum noch sicher sein kann, welche Marschrichtung Unsane schlussendlich einzuschlagen gedenkt. Mit einem vergleichsweisen Paukenschlag vermögen der Regisseur, respektive die verantwortlichen Drehbuchautoren Jonathan Bernstein und James Greer, dann aber schnell und nachhaltig, die Fronten zu klären und dem imposant reißerischen finalen Akt der Chose nichts mehr im Wege stehen zu lassen.

Szenenbild aus Unsane - Ausgeliefert | © Twentieth Century Fox
© Twentieth Century Fox

Das wirkt zwar mancherorts auffallend konstruiert und grenzwertig unglaubwürdig, doch unterhält es einfach formidabel, zumal die Handlung stets auch mit einem lustvollen Augenzwinkern dargebracht wird und manches Mal vor pechschwarzem Humor nur so trieft, wozu ebenfalls die von Foy verkörperte Figur der Sawyer in ihrem Zynismus nicht unmaßgeblich beiträgt. Das wird eigentlich nur noch getoppt von einem kleinen Gastauftritt eines alten Bekannten des Regisseurs (immerhin sieben gemeinsame Projekte bislang), der ihm hier sicherlich mit seinem wenige Minuten währenden Part einen Freundschaftsdienst erwiesen hat und sich mit seiner trockenen Art als echter Szenendieb entpuppt. Aber selbst ohne dieses Cameo bliebe Unsane – Ausgeliefert ein ausgemacht unterhaltsamer und atmosphärischer Film, den man zwar nicht zu ernst nehmen sollte, der aber in seinen kaum hundert Minuten jederzeit unterhält und insbesondere Claire Foy zu Hochform auflaufen lässt. Vor allem aber mag man über die Kürze des Abspanns staunen, der noch einmal verdeutlicht, mit welch vergleichsweise geringen Mitteln – auch personell – hier ein Filmprojekt realisiert worden ist, dass mit ungleich aufwändigeren und kostspieligeren Produktionen locker auf Augenhöhe zu agieren vermag. Und ich bin jetzt schon gespannt, was Steven Soderbergh sich als nächstes einfallen lassen wird.

Fazit & Wertung:

Mit Unsane – Ausgeliefert liefert Kult-Regisseur Steven Soderbergh einen kleinen fiesen Genre-Beitrag ab und erfindet sich damit als Filmemacher wieder ein Stück weit neu, während der eigenwillige Look des Films mitnichten sein einziges Alleinstellungsmerkmal darstellt. Vor allem anderen aber vermag hier Claire Foy als psychisch labile, unfreiwillige Psychiatrie-Insassin zu glänzen. Das lässt dann auch zeitweise über den doch sehr konstruierten Plot hinwegsehen.

7,5 von 10 Nächten in der Psychiatrie

Unsane – Ausgeliefert

  • Nächte in der Psychiatrie - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Unsane – Ausgeliefert liefert Kult-Regisseur Steven Soderbergh einen kleinen fiesen Genre-Beitrag ab und erfindet sich damit als Filmemacher wieder ein Stück weit neu, während der eigenwillige Look des Films mitnichten sein einziges Alleinstellungsmerkmal darstellt. Vor allem anderen aber vermag hier Claire Foy als psychisch labile, unfreiwillige Psychiatrie-Insassin zu glänzen. Das lässt dann auch zeitweise über den doch sehr konstruierten Plot hinwegsehen.

7.5/10
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Unsane – Ausgeliefert ist am 26.07.18 auf DVD und Blu-ray bei Twentieth Century Fox erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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