Review: Vicious – Das Böse in uns | V. E. Schwab (Buch)

Wir bleiben dem Thema Fantasy treu und ich widme mich auch in der Buch-Rezension diese Woche zwei magisch begabten, erbitterten Kontrahenten, wobei in dem Fall ja wohl besser die Rede von Superkräften sein sollte, wohingegen das Cover für mein Empfinden auffallend laut Fantasy schreit. Sei es drum, es geht ja um den Inhalt, und dem widme ich mich jetzt.

Vicious
Das Böse in uns

Vicious, USA 2013, 400 Seiten

Vicious - Das Böse in uns von V. E. Schwab | © FISCHER Tor
© FISCHER Tor

Autorin:
V. E. Schwab
Übersetzerinnen:
Petra Huber
Sara Riffel

Verlag (D):
FISCHER Tor
ISBN:
978-3-596-70503-0

Genre:
Fantasy | Mystery | Thriller

 

Inhalt:

In Wahrheit fand Victor Friedhöfe genauso scheußlich. Er mochte Tote nicht, weil er sie nicht beeinflussen konnte. Sydney dagegen hasste Tote, weil ihr Einfluss auf sie so groß war. Ihre Arme waren fest vor der Brust verschränkt, und mit dem behandschuhten Daumen rieb sie über die Stelle an ihrem Oberarm, wo die Kugel sie getroffen hatte. Es wurde langsam zum nervösen Tick.

Eli Ever und Victor Vale sind beste Freunde und studieren gemeinsam Medizin, sind aber auch beide besessen von den Gerüchten um die sogenannten EOs, also ExtraOrdinäre, Menschen mit Kräften, weshalb Eli letztlich beschließt, seine Abschlussarbeit diesem doch kaum wissenschaftlich betrachteten Gebiet zu widmen. Schnell kommt er darauf, dass möglicherweise eine Nahtoderfahrung ausschlaggebend dafür ist, dass Menschen Kräfte entwickeln und so dauert es nicht lang, bis die beiden einen waghalsigen Selbstversuch wagen. Tatsächlich gelingt das Experiment und Eli scheint unverwundbar geworden zu sein, wohingegen Victors erster Versuch fehlschlägt. Doch die Rückkehr ins Leben hinterlässt auch andere Spuren und Eli scheint Victor zunehmend fremd zu werden…

Zehn Jahre später befindet sich Victor Vale auf einem Friedhof und trachtet danach, Rache an seinem ehemaligen Kommilitonen Eli zu nehmen, nachdem Victor die letzten Jahre im Gefängnis verbracht hat. Und es verspricht eine blutige Fehde zu werden, einen Unsterblichen zur Strecke zu bringen, wobei Victor nunmehr selbst über Kräfte verfügt und bereits einen perfiden Plan entworfen hat…

Rezension:

Nachdem ich mich jüngst erst mit dem zweiten Teil der Weltenwanderer-Trilogie Die Verzauberung der Schatten beschäftigt hatte, trudelte quasi noch währenddessen gleich der nächste Roman von V. E. Schwab bei mir ein, der – wie es der Zufall will – heute auch deutsche Erstveröffentlichung in den hiesigen Buchläden feiert. Dabei handelt es sich allerdings mitnichten um ein neues Werk der Autorin, sondern um den ersten Teil ihrer bereits 2013 begonnenen "Villains Series", wenngleich die es bislang, lässt man eine vorgelagerte Kurzgeschichte außeracht, erst auf zwei Bände gebracht hat, so dass der Nachfolger hierzulande bereits ein knappes halbes Jahr später erscheinen wird, wohingegen eigentlich fünf Jahre zwischen den Bänden lagen. Vicious – Das Böse in uns hat derweil einiges an Lorbeeren eingeheimst und entsprechend darf man sich wohl sicherlich beim Erfolg der Weltenwanderer-Trilogie bedanken, dass wir nun auch in den Genuss dieser Reihe kommen. Nichtsdestotrotz merkt man, dass dieses Werk zuvor entstanden ist, denn auch wenn die Übersetzung seitens Petra Huber und Sara Riffel wieder sehr gelungen daherkommt, merkt man dem allgemeinen Stil doch an, dass das alles noch nicht so ausgefeilt und eloquent wirkt, stellenweise beinahe etwas unbeholfen, gerade wenn die Lektüre eines vergleichbaren Werkes nur so kurze Zeit zurückliegt, wie bei mir der Fall gewesen.

Anfangs hatte Victor noch darüber nachgedacht, wie er ihn loswerden könnte, aber dann geschah etwas Seltsames. Er begann, Eli zu mögen. Eli war altklug und ätzend charmant, ein Typ, der sich dank seiner guten Gene und raschen Auffassungsgabe alles erlauben durfte. Er war wie gemacht für Sportteams und Studentenverbindungen, hatte jedoch überraschenderweise keine Lust, irgendwo einzutreten.

Es ist aber auch schwierig, Figuren zu charakterisieren, wie Schwab sie hier dem geneigten Leser präsentiert, denn als neuer Blick auf das Superhelden-Genre sind es hier eben sogenannte EOs (ExtraOrdinäre), die mit diversen Kräften daherkommen, nachdem sie allesamt eine Nahtoderfahrung haben durchleben müssen. Diese ungewöhnliche Art, an Kräfte zu gelangen, hinterlässt derweil Spuren und so ist an vielerlei Stelle die Rede davon, in ihrem Inneren würde nunmehr etwas fehlen und das wird tatsächlich mehr als deutlich, wenn es um Moral, Skrupel und Empathie geht. So lässt sich in diesem übernatürlich angehauchten Reigen auch oft kaum ausmachen, wer nun Held und wer Schurke ist, denn auch wenn die Gewichtung von Protagonist Victor zu Antagonist Eli schon durchaus ein klares Gefälle hat, ist auch Victor in seinen Taten mitnichten ein Unschuldslamm und muss sich eher daran erinnern, was richtig und falsch ist, als dass er dies wirklich fühlen würde. Entsprechend fällt es zuweilen schwer, sich wirklich mit den überwiegend aus EOs bestehenden Figuren zu identifizieren, doch was bei der Charakterzeichnung vielleicht nicht hundertprozentig überzeugt, macht Schwab in vielen Punkten beim Plot und dessen Struktur wieder wett.

Die eigentliche Story von Vicious erstreckt sich nämlich im Grunde auf kaum mehr als einen Tag und die jeweiligen Kapitelüberschriften geben einen Hinweis darauf, zu welcher Zeit man sich befindet, derweil es mehrere, dem Geschehen zeitlich vorgelagerte Achsen gibt, die sich auf wenige Tage bis hin zum Zeitraum von zehn Jahren erstrecken und so umreißen, was ausschlaggebend für die schwelende Fehde zwischen Victor und Eli gewesen ist. Und während diese Storys zunächst autark voneinander existieren, gelingt es Schwab zusehends, diese miteinander zu verschachteln und ineinander zu verschränken, so dass sich letztlich ein stimmiges und wohldurchdachtes Gesamtbild ergibt, das die in der "Gegenwart" doch recht stringente Geschichte gehörig aufwertet. Gelungenes Storytelling, ein frischer Blick auf das Superhelden-Genre und eine Geschichte reich an Wendungen und Überraschungen machen die Lektüre also durchaus lohnend, auch wenn man eben kleine Abstriche bei der Ausgestaltung der Figuren machen muss, die sich aber zu Teilen aus der Geschichte selbst ergeben.

Fünfzehn Augenpaare waren auf Eli und Professor Lyne gerichtet, während die Stille andauerte und langsam ungemütlich wurde. Eli würde ein Thema niemals nur aus Spaß vorschlagen. Aber das konnte er unmöglich ernst meinen.
»Ich fürchte, das werden Sie genauer erklären müssen«, sagte Lyne.
Elis Lächeln erlosch nicht. »Ein Argument für die theoretische Möglichkeit der Existenz ExtraOrdinärer Menschen, im Einklang mit den Gesetzen der Biologie, Chemie und Psychologie.«

Und V. E. Schwab punktet dafür mit Ideenreichtum, denn auch die Fähigkeiten der EOs sind gelungen und spannend geraten, mitnichten zufällig oder profan, wobei ich allerdings gar nicht vorwegnehmen möchte, wie sich entscheidet, mit welcher Fähigkeit man aus der zeitweiligen Todeserfahrung zurückkehrt. Dank frischer Ideen und stets knapp gehaltener Kapitel – einhergehend mit den steten Zeitsprüngen – bietet Vicious eine durchweg kurzweilige Erfahrung, wobei ich nicht unerwähnt lassen möchte, dass man sich nicht von dem comicartigen Cover und dem Superhelden-Thema täuschen lassen sollte, denn im Kern handelt es sich eben auch um einen grimmig dargebrachten Rache-Thriller, bei dem es auch oft überraschend derb, schonungslos und konsequent zur Sache geht. Wem das nicht mundet oder wer mit der allgemeinen Gefühlskälte der handelnden Figuren nicht klarkommt, der sollte sich freilich eine andere Art Buch suchen, doch für alle anderen, dem Thema zugeneigten Leser bietet sich hier spannende und einfallsreiche Unterhaltung, deren Fortsetzung Vengeful zudem nicht lange auf sich warten lassen wird und bereits Ende April 2020 hierzulande erscheinen soll.

Fazit & Wertung:

Mit Vicious – Das Böse in uns offeriert V. E. Schwab eine ganz und gar andersartige und erfrischend abgründige Superhelden-Geschichte, die vom Strumpfhosen tragenden Klischee nicht weiter entfernt sein könnte und sich als grimmiger Rache-Thriller entpuppt. Einzig bei der Figurenzeichnung schwächelt die Erzählung zuweilen, macht das aber zumindest teilweise mit einem gelungen durchkonstruierten und überraschenden Plot wieder wett.

7,5 von 10 durch eine Nahtoderfahrung entwickelte Kräfte

Vicious – Das Böse in uns

  • Durch eine Nahtoderfahrung entwickelte Kräfte - 7.5/10
    7.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Vicious – Das Böse in uns offeriert V. E. Schwab eine ganz und gar andersartige und erfrischend abgründige Superhelden-Geschichte, die vom Strumpfhosen tragenden Klischee nicht weiter entfernt sein könnte und sich als grimmiger Rache-Thriller entpuppt. Einzig bei der Figurenzeichnung schwächelt die Erzählung zuweilen, macht das aber zumindest teilweise mit einem gelungen durchkonstruierten und überraschenden Plot wieder wett.

7.5/10
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Weitere Details zum Buch und der Autorin findet ihr auf der Seite von FISCHER Tor.

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Vicious – Das Böse in uns ist am 27.11.19 bei FISCHER Tor erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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