Review: Die Sehnsucht der Falter (Film)

Da Donnerstage ja prädestiniert sind für mittelprächtige Filme, passt die heutige Kritik ja schon wieder ausgenommen gut zeitlich und wird dann bereits morgen von einem deutlich lohnenderen Werk verdrängt werden.

Die Sehnsucht der Falter

The Moth Diaries, USA/CA/IE 2011, 82 Min.

Die Sehnsucht der Falter | © EuroVideo
© EuroVideo

Regisseurin:
Mary Harron
Autorinnen:
Mary Harron (Drehbuch)
Rachel Klein (Buch-Vorlage)

Main-Cast:

Lily Cole (Ernessa)
Sarah Gadon (Lucy)
Sarah Bolger (Rebecca)
Judy Parfitt (Mrs. Rood)
Scott Speedman (Mr. Davies)

Genre:
Drama | Fantasy | Horror | Mystery

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Die Sehnsucht der Falter | © EuroVideo
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Zwei Jahre schon ist Rebecca im Internat und hat in der lebensfrohen Lucie ihre beste Freundin gefunden, die sie als Gegenpart zu ihrem eher verschlossenen Wesen auch dringend braucht, denn anders als die meisten Mädchen an der Schule schleppt Lucie kaum seelischen Ballast mit sich herum und bereichert mit ihrer unbeschwerten Art auch Rebebccas Leben. Das soll sich nun im neu beginnenden Schuljahr allerdings ändern, als die wortkarge und in sich gekehrte Ernessa im Zimmer gegenüber einzieht und Lucie zunehmend für sich beansprucht. Rebecca, zunächst von schlichter Eifersucht getrieben, macht alsbald irritierende Entdeckungen und hat Ernessa zunehmend unter Verdacht, mehr – oder zumindest etwas anderes – zu sein als sie vorgibt, doch glaubt niemand der jungen Frau und schiebt ihre Anschuldigungen auf enttäuschte Erwartungen an ihre ehemals beste Freundin. Als aber Personen in Rebeccas unmittelbaren Umfeld verschwinden oder zu Schaden kommen, sieht sie sich in ihren Verdachtsmomenten zunehmend bestätigt und auch Lucie wirkt zusehends blasser und kraftloser…

Rezension:

Nachdem ich im Rahmen des Horrorctober vor gar nicht allzu langer Zeit dem unsäglichen Crush eine Chance gegeben habe, unter anderem aufgrund der Beteiligung von Sarah Bolger, stieß ich über zwei Ecken auch auf Die Sehnsucht der Falter von dem ich zugegebenermaßen zuvor noch nie gehört hatte und bei dem es sich dem ersten Eindruck nach um eine Art Vampir-Drama mit Thriller-Einschlag handeln würde. Kurzerhand aus Neugierde den Film geordert, landete er recht bald im Player, weshalb ich auch heute dazu komme, von ihm zu berichten, wobei es hier einmal mehr eine Frage der persönlichen Erwartungshaltung sein dürfte, ob und was man mit dem Film anzufangen vermag. So mag das Ganze schon ein wenig nach klassischem Horror in einem Mädchen-Internat aussehen und der Film bietet durchaus auch einige einschlägige Szenen in diese Richtung, sieht seinen Fokus aber weit mehr auf der zugrundeliegenden Coming-of-Age-Story, in deren Mittelpunkt dann nicht einmal die an erster Stelle im Cast genannte Lily Cole steht, sondern weit mehr die von Bolger verkörperte Rebecca, die sich zunehmend von Neuzugang Ernessa (Cole) bedroht und bedrängt sieht, ohne dass Außenstehende ihr auch nur ein Wort glauben würden.

Szenenbild aus Die Sehnsucht der Falter | © EuroVideo
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Entsprechend ist Die Sehnsucht der Falter weit getragener, meistenteils unaufgeregter, als man das von dieser Art Film erwarten würde, so dass man in Erwartung eines echten Schockers wohl sicherlich die Nase rümpfen dürfte, derweil die vorherrschende Atmosphäre, die zunehmende Beklemmung und Bedrohlichkeit, die wachsende Verzweiflung Rebeccas eigentlich sehr schön skizziert und ausgearbeitet werden. Verantwortlich hierfür ist Regisseurin Mary Harron, die wohl nach am ehesten für ihre Arbeit an American Psycho bekannt sein dürfte, aber beispielsweise auch bei sämtlichen Episoden der gleichsam empfehlenswerten Miniserie Alias Grace Regie geführt hat. Beide Projekte haben zudem gemein, dass hier wie dort auch Sarah Gadon als Darstellerin verpflichtet worden ist und hier nun die beste Freundin von Rebecca mimt, die zunehmend unter den Einfluss und die Fittiche der mysteriösen Ernessa gerät. Das Vampirthema an sich wird dann auch zunächst unterschwellig in die Handlung gewoben, auch wenn die Zeichen eindeutig sein mögen und die Motive und Bezüge nicht eben mit Innovationswille daherkommen, sondern ganz auf alte Klischees und Versatzstücke setzen. Dafür aber, dass das Grauen erst langsam und zunächst unmerklich in Rebeccas Alltag sickert, ist der Film in letzter Konsequenz mit seinen kaum mehr als 80 Minuten Laufzeit zu kurz geraten, so dass man das Gefühl hat, die Story nehme – nicht nur zum Ende hin – gerne auch mal die eine oder andere Abkürzung.

So bleibt vieles von dem Potential ungenutzt und insbesondere Traumsequenzen, in denen Ernessa Rebecca erscheint und sie bedroht, lassen erahnen, was möglich gewesen wäre, wenn man die eigentliche Handlung noch konsequenter und mutiger zum Exzess getrieben hätte. Stattdessen bleibt aber vieles vage, wird selten ausformuliert und vermag bei all der eindrücklichen Atmosphäre dann auch nicht hundertprozentig zu überzeugen, zumal man sich manche Nebenhandlung wie etwa die um den engagierten Literaturprofessor, hier dargestellt von Scott Speedman (The Captive), auch bedenkenlos hätte sparen können, weil sie nichts Sinnstiftendes zum Plot beizutragen hat, sondern lediglich Teile der ohnehin knapp bemessenen Screentime in Beschlag nimmt. Darstellerisch gibt es da zum Glück weniger zu motzen und nicht nur Sarah Bolger (Into the Badlands) meistert ihre unverhoffte Hauptrolle souverän, sondern auch Lily Cole und selbstredend Sarah Gadon (Enemy) wissen zu überzeugen, was aber eben nicht darüber hinwegtäuscht, dass Die Sehnsucht der Falter zunächst ein wenig zu langsam, später zu gehetzt inszeniert wirkt.

Szenenbild aus Die Sehnsucht der Falter | © EuroVideo
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So wundert es mich dann auch gar nicht mehr so sehr, dass ich von Harrons Film aus 2011 bis dato noch nie etwas gehört hatte, doch in Relation zum desaströsen IMDb-Wertungsschnitt von 4,9 Punkten möchte ich zumindest festhalten, dass der Film weit besser ist als sein Ruf, wenn man denn eben mit der richtigen Erwartungshaltung herangeht. Das Gesamtpaket ist demnach als durchaus solide zu bezeichnen, auch wenn viele Möglichkeiten ungenutzt gelassen werden. So proklamiert die Literaturverfilmung des gleichnamigen Bestsellers von Rachel Klein im Film selbst, eine Vampirgeschichte enthalte stets "Blut, Sex und Tod", doch während das Blut wenn überhaupt dann plakativ oder metaphorisch zum Tragen kommt, muss Sex – oder vielleicht besser Begehren – der übergriffigen Art seitens Ernessa weichen, während immerhin der Tod wohl als immanenter Bestandteil der Geschichte gewertet werden darf, während die Schlinge um Rebecca sich zunehmend enger zieht. In Erwartung eines übernatürlich angehauchten Coming-of-Age-Dramas mit ein paar wenigen verstörenden Szenen wird man hier auf alle Fälle weit glücklicher, als wenn man sich eine "klassische" Vampirgeschichte erwartet.

Fazit & Wertung:

Regisseurin Mary Harron geht durchaus ambitioniert an ihre Literaturverfilmung Die Sehnsucht der Falter heran, doch während die Coming-of-Age-Aspekte und die allgemeine, zunehmend bedrohlicher werdende Atmosphäre noch zu überzeugen wissen, wird dramaturgisch doch einiges ungenutzt gelassen, während die Abfolge der Geschehnisse an Hektik zunimmt und die Ereignisse sich zu überschlagen beginnen. In seinem Ansatz solide, aber bei weitem nicht so gut, wie diese doch recht handzahme Mär hätte werden können.

6 von 10 nächtlichen Beobachtungen

Die Sehnsucht der Falter

  • Nächtliche Beobachtungen - 6/10
    6/10

Fazit & Wertung:

Regisseurin Mary Harron geht durchaus ambitioniert an ihre Literaturverfilmung Die Sehnsucht der Falter heran, doch während die Coming-of-Age-Aspekte und die allgemeine, zunehmend bedrohlicher werdende Atmosphäre noch zu überzeugen wissen, wird dramaturgisch doch einiges ungenutzt gelassen, während die Abfolge der Geschehnisse an Hektik zunimmt und die Ereignisse sich zu überschlagen beginnen. In seinem Ansatz solide, aber bei weitem nicht so gut, wie diese doch recht handzahme Mär hätte werden können.

6.0/10
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vgw

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