Review: Take This Waltz (Film)

Es gibt sie immer noch zuhauf, die Filme die ich schon vor Jahren gesehen haben wollte und bei denen ich schon im Vorfeld beinahe sicher wusste, dass ich sie mögen würde. Einen davon hole ich auch heute wieder nach, doch das Ende der Fahnenstange rückt damit keinen Deut näher.

Take This Waltz

Take This Waltz, CA/ES/JP 2011, 116 Min.

Take This Waltz | © Indigo
© Indigo

Regisseurin:
Sarah Polley
Autorin:
Sarah Polley

Main-Cast:
Michelle Williams (Margot)
Seth Rogen (Lou)
Luke Kirby (Daniel)
Sarah Silverman (Geraldine)

Genre:
Drama | Romantik | Komödie

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Take This Waltz | © Indigo
© Indigo

Margot und Lou sind nunmehr seit einigen Jahren verheiratet und brennende Leidenschaft ist längst einer innigen Vertrautheit und Routine gewichen. Theoretisch sind sie glücklich, auch wenn ihre Beziehung längst nicht mehr so voller Überraschungen und Spontanität ist, doch nachdem Margot im Urlaub die Bekanntschaft mit dem charmanten Daniel macht, beginnt sie sich zu fragen, ob das nun wirklich alles gewesen sein soll. Nichtsdestotrotz ist sie geneigt, das Ganze als belanglose Schwärmerei abzutun, und ist entsprechend verdutzt, als sie erfährt, dass Daniel direkt auf der anderen Straßenseite wohnt. Während Lou von ihren Gefühlen und Zweifeln, ihrer Faszination für Daniel nichts ahnt, muss Margot sich fragen, ob er es wert ist, ihre Ehe aufs Spiel zu setzen…

Rezension:

Lange hat es gedauert, bis ich mich nun endlich Take This Waltz gewidmet habe, von dem ich bislang nur Gutes gehört, aber auch einiges erwartet habe, was natürlich eine gewisse Fallhöhe in Sachen Erwartungshaltung ergibt, die Regisseurin Sarah Polley allerdings spielend meistert. Denn ihre rund zweistündige Betrachtung einer auf Vertrauen, Alltag und Gemütlichkeit fußenden Langzeitbeziehung, die durch eine Urlaubsbekanntschaft auf die Probe gestellt wird und letztlich zu zerbrechen droht, kommt so herrlich unprätentiös, lebensnah und ungeschönt daher, dass es eine wahre Freude ist. Die Probleme ihrer Figuren sind weder essentiell, noch werden sie dramaturgisch zu Stereotypen stilisiert und dennoch geht es im Grunde um alles, denn gerade zu Beginn findet Polley leise Bilder und Einstellungen, welche die Intimität und die beiderseitige Zuneigung zwischen Margot und Lou skizzieren und damit ebenfalls eine Fallhöhe etablieren, denn nicht nur Margot, sondern auch der Zuschauer wird sich unzweifelhaft immer wieder fragen müssen, ob es die Schwärmerei und Faszination für Daniel wert ist, dass Margot ihre Ehe aufs Spiel setzt.

Szenenbild aus Take This Waltz | © Indigo
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Ganz zuvorderst ist es natürlich Michelle Williams (Manchester by the Sea) zu verdanken, dass diese Erzählung aufgeht und funktioniert, denn auch wenn die von ihr verkörperte Margot absolut durchschnittlich, zuweilen unsicher oder fahrig wirken mag, erfordert es doch einiges an Talent und Können, um einer dergestalt lebensnahen und lebensechten Figur eine derartige Authentizität angedeihen zu lassen, auch wenn ihr dabei das nuancierte Drehbuch – ebenfalls von Sarah Polley (Alias Grace) – eine große Hilfe gewesen sein mag. Ebenso ergeht es Seth Rogen (Wie der Vater…), der ja eher für alberne Komödien bekannt ist und hier den grundsympathischen wie soliden Lou verkörpern darf, der zwar mitnichten der große Herzensbrecher und feurige Liebhaber sein mag, aber ungeachtet von Routine und Alltag eine liebevolle und intime Beziehung zu Margot hat. Gerade diese Natürlichkeit und Ehrlichkeit findet man natürlich eher selten in einschlägigen Hollywood-Liebesfilmen, womit sich Polleys Regiearbeit Take This Waltz schon einmal wohltuend vom Einheitsbrei abhebt und eher als melancholische Tragikomödie daherkommt.

Dabei ist die Ausgangslage nicht einmal auffallend besonders oder ungewöhnlich, doch der sensible, einfühlsame Blick ist es, der Take This Waltz zu etwas Besonderem macht, zumal Polley gleichermaßen szenisches wie musikalisches Gespür offenbart, so dass allein eine von Video Killed The Radio Star unterlegte Karussell-Fahrt sowie die von dem titelgebenden Take This Waltz von Leonard Cohen begleitete, kreisende Zeitraffer-Montage können getrost als ikonisch bezeichnet werden, zumal hier ohne Worte widerstreitende Gefühle oder eine schleichende Entwicklung inszeniert werden, die eine tiefe Tragik offenbaren und beinahe unweigerlich Gänsehaut hervorrufen dürften. Dabei sind die gegenseitige Schwärmerei und die zaghaften Annäherungsversuche zwischen Margot und Daniel nicht minder feinfühlig geraten und auch der von Luke Kirby (The Marvelous Mrs. Maisel) verkörperte Daniel ist mitnichten ein klassischer Casanova, sondern verzweifelt ebenso sehr an der Situation wie Margot, was gerade dann zu entwaffnender Ehrlichkeit führt, wenn beide sich bei nervösem Lachen der Absurdität und Ausweglosigkeit ihrer Situation bewusst werden.

Szenenbild aus Take This Waltz | © Indigo
© Indigo

Des Weiteren überzeugt zuletzt noch Sarah Silverman (The Book of Henry) in einer kleineren Rolle als Margots Schwägerin Geraldine, doch liegt der eigentliche Fokus bei Take This Waltz ansonsten jederzeit auf dem sich unglücklich wie ahnungslos, verzweifelt wie resigniert umkreisenden Dreiergespann, in deren Zentrum Williams‘ Margot als Hauptbezugspunkt und Identifikationsfigur fungiert. Das getragene, aber nicht schwermütige, sommerlich-schwüle, aber nicht erdrückende Flair, die warmen Farben, der erdige Look und die durchgehend überzeugende Songauswahl tun hierbei ihr Übriges, um den Film insbesondere atmosphärisch und emotional zu einem Erlebnis zu machen, auch wenn das Geschehen weitaus mehr Drama als Komödie sein mag und einem nicht selten das Lachen im Halse steckenbleiben dürfte. Denn so wenig sich Sarah Polley für Hollywood-Kitsch interessiert, so wenig hält sie auch mit der ungeschönten Realität hinter dem Berg und im Leben gibt es eben selten das erhoffte, alle Erwartungen erfüllende Happy-End.

Fazit & Wertung:

Mit Take This Waltz stellt Regisseurin und Drehbuchautorin Sarah Polley reichlich inszenatorisches und dramaturgisches Feingefühl unter Beweis und erzählt eine altbekannte Geschichte mit entwaffnender Authentizität und Ehrlichkeit. Dabei ist es aber auch dem überzeugenden Ensemble zu verdanken, dass dieser Ansatz in jedem Moment aufgeht und sich zu einer berührenden Tragikomödie voller Herz und Melancholie fügt.

8,5 von 10 schüchternen wie sehnsüchtigen Blicken

Take This Waltz

  • Schüchterne wie sehnsüchtige Blicke - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Take This Waltz stellt Regisseurin und Drehbuchautorin Sarah Polley reichlich inszenatorisches und dramaturgisches Feingefühl unter Beweis und erzählt eine altbekannte Geschichte mit entwaffnender Authentizität und Ehrlichkeit. Dabei ist es aber auch dem überzeugenden Ensemble zu verdanken, dass dieser Ansatz in jedem Moment aufgeht und sich zu einer berührenden Tragikomödie voller Herz und Melancholie fügt.

8.5/10
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Take This Waltz ist am 13.09.13 auf DVD und Blu-ray bei Indigo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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