Review: Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel (Graphic Novel)

Kommen wir auch heute wieder zu einer Graphic Novel für die noch junge Woche, die sich diesmal erneut außerhalb dessen bewegt, was ich hier üblicherweise in letzter Zeit rezensiere, aber dadurch nicht weniger gelungen ist.

Mercy
Band 1
Die Dame, die Kälte und der Teufel

Mercy 1: La dama, il gelo e il diavolo, IT 2019, 68 Seiten

Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel | © Panini
© Panini

Autorin:
Mirka Andolfo
Zeichnerin:
Mirka Andolfo

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-741-61756-0

Genre:
Mystery | Fantasy | Horror

 

Inhalt:

Von den meisten unbemerkt kommt eines verschneiten Abends die Adlige Lady Nolwenn Hellaine in Begleitung ihres Butlers Goodwill im verschlafenen Städtchen Woodsburgh an. Schnell beginnt die hiesige Bevölkerung das Tuscheln, doch niemand weiß, weshalb es sie von Seattle aus in diese Kleinstadt verschlagen hat, die noch dazu von einer Kreatur heimgesucht scheint, die allerorts nur als "Teufel von Woodsburgh" bekannt ist. Doch auch Hellaine hat so ihre düsteren Seiten, die sie sorgsam zu verbergen versucht, während nicht nur die Waise Rory sofort fasziniert ist von der schönen Frau, als sie sie das erste Mal erblickt. Aller Skepsis zum Trotz wird den Bewohnern des Ortes einstweilen nichts anderes übrigbleiben, als weiter über Lady Hellaines Herkunft und Absichten zu spekulieren, derweil sie prompt zu einem Empfang lädt, um sich allen wichtigen Herrschaften zu empfehlen…

Rezension:

Ich muss ja zugeben, dass die neapolitanische Künstlerin Mirka Andolfo bisher gänzlich an mir vorbeigegangen ist, obwohl sie wohl mit ihrem 2017 erschienenen Dreiteiler ControNatura einiges an Aufsehen erregt hat. Der ist mir aber ebenfalls entgangen, wobei ich auch gestehen muss, dass Mercy: Die Dame, die Kälte und der Teufel wohl eher meinem Geschmack und meinen Genre-Präferenzen entsprechen dürfte. Zumindest spricht meine Begeisterung für diesen Auftaktband sehr dafür, die richtige Wahl getroffen zu haben, denn dank morbider Atmosphäre, beklemmendem Flair und reichlich Mystery- und Grusel-Faktor vermag die Story schnell in ihren Bann zu ziehen. Die stammt nun – ebenso wie die großartigen Zeichnungen – von Mirka Andolfo und für mich steht fest, sie künftig gewissenhafter im Auge behalten zu wollen, derweil ich vorrangig dem zweiten Band dieser in mehreren Ländern quasi zeitgleich erschienenen Geschichte entgegenfiebere.

Ausschnitt aus Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel | © Panini
© Panini

Denn wie das immer so ist mit diesen wunderschön gestalteten und großformatigen Alben, bringen sie auch den Nachteil mit sich, dass die Geschichten vergleichsweise knapp an Seiten ausfallen, wenn man die meiste Zeit die "üblichen" Trades mit fünf bis sechs Einzelheften gewohnt ist, die dergestalt weit über hundert Seiten aufzuweisen haben. Im Fall von Mercy sind es derweil nicht einmal siebzig Seiten, bevor die Story nach gerade einmal zwei Kapiteln ihr vorläufiges Ende findet. Entsprechend wenig weiß man noch über Protagonistin Lady Nolwenn Hellaine, die in Begleitung ihres nicht minder mysteriösen Butlers Goodwill nach Woodsburgh kommt. Freilich lässt einen Andolfo nicht gänzlich im Regen stehen und ist auch um nebulöse Andeutungen und manch verstörende Szene nicht verlegen, doch ist man eben noch weit davon entfernt, das Mysterium um diese beiden Figuren gänzlich zu durchschauen. Wie so oft macht das aber natürlich auch zu einem guten Teil den Reiz des Ganzen aus und so bleibt nur zu hoffen, dass hier alsbald Nachschub angekündigt werden wird.

So faszinierend Hellaine und ihr Begleiter aber auch sein mögen, trägt ganz entscheidend die düstere Optik dazu bei, dass man sich so vollumfänglich in die Geschichte zu vertiefen vermag und auch wenn die Zeichnungen von Andolfo schon gehörig Eindruck zu schinden vermögen, ist es vor allem auch die gelungene Farbgebung nebst Schattenwurf und Akzentuierung, welche die Immersion noch einmal merklich verstärkt. Besonders deutlich wird das an einem Einblick in den Schaffensprozess des Bandes, der den Weg von der groben Seitenskizze zum Endergebnis nachzeichnet und dabei eben verdeutlicht, wie sehr der letzte Feinschliff zum Flair des Ganzen beiträgt, auch wenn die getuschten Zeichnungen an sich schon eine Augenweide sein mögen. Nichtsdestotrotz muss ich aber auch ein Stück weit eine Warnung aussprechen, denn Mercy: Die Dame, die Kälte und der Teufel ist bei aller betörenden Schönheit auch gleichsam nichts für Zartbesaitete und die seltenen, aber expliziten Gewaltspitzen haben es wirklich in sich, wenn ich da jetzt natürlich – auch aus Spoiler-Gründen – nicht ins Detail gehen möchte.

Ausschnitt aus Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel | © Panini
© Panini

Wen das aber nicht schreckt, der bekommt ein phantasmagorisch anmutendes Märchen für Erwachsene geboten, das zwar noch wenig darüber preisgibt, wohin die Reise geht, aber dennoch bereits uneingeschränkt zu faszinieren weiß. Bleibt als größter Kritikpunkt bislang tatsächlich bestehen, dass Mercy deutlich zu kurz ausfällt und ich gern direkt mehr von Woodsburgh, seinen Bewohnern und Lady Hellaine gesehen und erfahren hätte. Denn die Mischung aus Mystery, Suspense, Horror und Drama gefällt eben nicht nur optisch, sondern überzeugt auch inhaltlich, speziell, wenn das Übernatürliche und Unerklärliche sich Bahn brechen und man sich beim Rätseln darüber ertappt, was es nicht nur mit der blassen Lady, sondern auch den vorgestellten Figuren aus der Kleinstadt auf sich hat, welche ohnehin schon ihre eigenen, düsteren Geheimnisse birgt.

Fazit & Wertung:

Mirka Andolfo gelingt mit Mercy: Die Dame, die Kälte und der Teufel eine betörende Mischung aus Mystery und Horror, die mit beispielloser Optik überzeugt und in ein vor Geheimnissen strotzendes Städtchen entführt, in dessen Schatten sich zahllose Schrecken verbergen. Und im Zentrum all dessen die undurchsichtige Protagonistin Lady Hellaine, deren Herkunft genauso nebulös ist wie ihre Beweggründe und Absichten es sind. Bitte gerne schnell mehr davon!

8,5 von 10 Geheimnissen einer mysteriösen Frau

Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel

  • Geheimnisse einer mysteriösen Frau - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Mirka Andolfo gelingt mit Mercy: Die Dame, die Kälte und der Teufel eine betörende Mischung aus Mystery und Horror, die mit beispielloser Optik überzeugt und in ein vor Geheimnissen strotzendes Städtchen entführt, in dessen Schatten sich zahllose Schrecken verbergen. Und im Zentrum all dessen die undurchsichtige Protagonistin Lady Hellaine, deren Herkunft genauso nebulös ist wie ihre Beweggründe und Absichten es sind. Bitte gerne schnell mehr davon!

8.5/10
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Mercy 1: Die Dame, die Kälte und der Teufel ist am 24.03.2020 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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