Review: Die Ballade von Halo Jones 1 (Graphic Novel)

Kommen wir heute mal zu einem zwar alten, aber mitnichten angestaubten Werk, dass es tatsächlich dann auch mal – nach mehr als dreißig Jahren – nach Deutschland geschafft hat und nun im hochwertigen Albenformat vorliegt.

Die Ballade von Halo Jones 1

The Ballad of Halo Jones, USA 1984, 72 Seiten

Die Ballade von Halo Jones 1 | © Panini
© Panini

Autor:
Alan Moore
Zeichner:
Ian Gibson

Verlag (D):
Panini Verlag
ISBN:
978-3-741-62069-0

Genre:
Science-Fiction | Action | Abenteuer

 

Inhalt:

Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Rodice, ihrer Mitbewohnerin Brinna und deren Roboterhund schlägt sich die achtzehnjährige Halo Jones mehr schlecht als recht durchs Leben, das sie in einem futuristischen, ringförmigen Slum führt, der vor New York schwimmt. Doch Halo wünscht sich nichts sehnlicher, als aus diesem offenen Gefängnis auszubrechen, die Welt und das All zu erkunden, denn ihr Umfeld bietet keinerlei Perspektiven, wartet dafür lediglich mit Gefahren sondergleichen auf, denn der kleinste Anlass kann zu einem ausgelassenen Tumult führen und nicht selten kommt es vor, dass eine Auseinandersetzung auf der Straße mit dem Tod endet. So ist es kaum verwunderlich, dass selbst eine Einkaufsexpedition zu einem mörderischen Trip werden kann und ein ebensolcher Ausflug steht Halo und Rodice bevor, als sie mit Schrecken erkennen müssen, dass ihre Vorräte sich dem Ende neigen…

Rezension:

Halo Jones scheint in der Szene ein Begriff, eine Marke zu sein und Kultstatus zu genießen. Dennoch hat es nun beinahe vierzig Jahre gedauert, bis man auch hierzulande in den Genuss der Abenteuer der jungen Dame kommt, die zu Beginn des ersten Bandes Die Ballade von Halo Jones zarte achtzehn Jahre alt ist und wie so viele andere in den ringförmig angelegten Slums des 50. Jahrhundert lebt, die weder Lebensqualität noch Perspektive, dafür aber allerhand Gefahren zu bieten haben. Ursprünglich erschienen die jeweils fünf Seiten umfassenden Kurzgeschichten im ebenfalls kultigen 2000 AD und wurden schon einmal in nachkolorierter Fassung zur Jahrtausendwende neu aufgelegt und erstmals in Albenform veröffentlicht. Diese Art Album – nebst Farbgebung und Format – ist es nun wohl auch, die der deutschen Ausgabe von Panini zugrunde liegt. Hierbei umfasst das hochformatige Werk die ersten zehn Kapitel rund um Halo Jones und kommt damit auf 50 Heftseiten, die aber freilich noch von gleich zwei informativen Nachwörtern – eines von Autor Alan Moore aus dem Jahre 1986, eines von Zeichner Ian Gibson aus dem Jahre 2001 – ergänzt werden. Zudem gibt es natürlich auch noch die obligatorische Cover-Galerie und eine bewusst nachgelagerte und herrlich satirisch überspitzte Werbeanzeige für die Slums, in denen Halo zu Beginn ihr Dasein fristet.

Ausschnitt aus Die Ballade von Halo Jones 1 | © Panini
© Panini

Bewusst nachgelagert deshalb, weil es zum Konzept von Die Ballade von Halo Jones gehört, dass der Leser unvermittelt und ohne Kenntnis der Umstände, der Ökonomie, der Regeln und Gesetze in die Story geworfen wird, weshalb man auch ein Vorwort vergebens sucht und sich ganz allein in Halos Welt zurechtfinden darf. Die strotzt, wie man es von Alan Moore gewohnt ist, natürlich vor aberwitzigen Ideen, skurrilen Gestalten und tatsächlich auch einem gelungen übersetzten, eigenwilligen Slang, den die Bewohner des Rings sich zu eigen gemacht haben. Aber auch thematisch und inhaltlich geht der Band andere Wege, als es insbesondere damals üblich gewesen ist und in einer noch von Testosteron beherrschten Sci-Fi-Welt mag Halo Jones ein echtes Novum gewesen sein, zumal sie mitnichten ebenfalls eine abgebrühte Kämpferin oder dergleichen ist, sondern eben ein stinknormales Mädchen von nebenan, das wie zufällig in einer reichlich abgewrackten und lebensfeindlichen Umgebung daheim ist. So drehen sich dann auch gleich mehrere Storys – wie erwähnt mit handlichen fünf Seiten Umfang – um eine in diesem Milieu brandgefährliche, aber theoretisch alltägliche Shopping-Tour.

Ausschnitt aus Die Ballade von Halo Jones 1 | © Panini
© Panini

Ein wenig schade ist, wenn man darum weiß, dass Moore und Gibson ursprünglich geplant hatten Halos Leben bis zu ihrem Tod zu begleiten und das Ganze auf insgesamt neun Bände auszudehnen, von denen letztlich allerdings nur drei entstanden sind, so dass man in den nächsten Monaten noch zwei Mal mit Nachschub rechnen kann, was Halos Abenteuer angeht. Nichtsdestotrotz mutet es dann aber seltsam an, dass hier weite Teile des Bandes für besagten Einkaufstrip draufgehen, auch wenn an dessen Ende umwälzende Veränderungen stehen, die Halo womöglich den letzten Schubser geben, ihrer Heimat den Rücken zu kehren. Bis dahin aber ist es ein weiter und aufregender Weg, zumal Moore und Gibson ihrer Protagonistin einige interessante Charaktere an die Seite stellen. Dabei ist wie stets faszinierend, wie ausgearbeitet und detailreich die ganze Welt wirkt, die Moore hier ersonnen hat, derweil wohl auch Gibson – fernab der Optik – maßgeblichen Anteil an deren Ausgestaltung gehabt hat. Auf alle Fälle ist es einmal etwas gänzlich Anderes und Ausgefallenes, was man mit Die Ballade von Halo Jones kredenzt bekommt und atmet das Flair und die Nostalgie vergangener Tage, auch wenn es sich "nur" um die nachträglich kolorierte Fassung und nicht das eigentliche Original handeln mag.

Fazit & Wertung:

Der erste Band der ohne Frage kultträchtigen 2000-AD-Reihe Die Ballade von Halo Jones punktet nicht nur mit ungemein wertiger Aufmachung, sondern auch inhaltlich mit einer zwar mehr als dreißig Jahre alten, aber mitnichten in die Jahre gekommenen Zukunftsvision von Alan Moore, in deren Zentrum die unbedarfte aber hoffnungsvolle Halo Jones steht, die sich in einer lebensfeindlichen Umgebung zu behaupten hat.

8,5 von 10 lebensbedrohlichen Alltagssituationen

Die Ballade von Halo Jones 1

  • Lebensbedrohliche Alltagssituationen - 8.5/10
    8.5/10

Fazit & Wertung:

Der erste Band der ohne Frage kultträchtigen 2000-AD-Reihe Die Ballade von Halo Jones punktet nicht nur mit ungemein wertiger Aufmachung, sondern auch inhaltlich mit einer zwar mehr als dreißig Jahre alten, aber mitnichten in die Jahre gekommenen Zukunftsvision von Alan Moore, in deren Zentrum die unbedarfte aber hoffnungsvolle Halo Jones steht, die sich in einer lebensfeindlichen Umgebung zu behaupten hat.

8.5/10
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Die Ballade von Halo Jones 1 ist am 22.09.2020 im Panini Verlag erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den nachfolgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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