Review: Voyagers (Film)

Da will man mal aktuell sein und reserviert zu diesem Zweck gedanklich den Dienstags-Slot für einen hoffentlich guten Film und dann kommt so eine Gurke wie nachfolgendes Werk daher, die nun wirklich kaum Argumente zu bieten hat, die das Ansehen rechtfertigen würden.

Voyagers

Voyagers, USA/CZ/RO/UK 2021, 108 Min.

Voyagers | © Amazon Prime Video
© Amazon Prime Video

Regisseur:
Neil Burger
Autor:
Neil Burger

Main-Cast:
Tye Sheridan (Christopher)
Lily-Rose Depp (Sela)
Fionn Whitehead (Zac)
Colin Farrell (Richard)
in weiteren Rollen:
Chanté Adams (Phoebe)
Isaac Hempstead Wright (Edward)
Viveik Kalra (Peter)
Archie Madekwe (Kai)
Quintessa Swindell (Julie)

Genre:
Abenteuer | Science-Fiction | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Voyagers | © Amazon Prime Video
© Amazon Prime Video

Im Jahr 2063 sieht die Menschheit bereits ihrem Ende entgegen und verfolgt schlussendlich den oft beschworenen Plan, andernorts eine neue Heimat für die menschliche Rasse zu finden. Und tatsächlich entdecken Wissenschaftler*innen einen Ort, der perfekt geeignet scheint, doch möchte man niemandem zumuten, seine Lebzeit an Bord eines Raumschiffs zu verbringen und dabei das Ziel der Reise nicht einmal mehr zu erleben, weshalb stattdessen die gesamte Schiffsbesatzung mit modernster Technik herangezüchtet wird. Einer an diesem Unterfangen beteiligten Wissenschaftler mit Namen Richard Alling beschließt derweil, die Kinder begleiten zu wollen und argumentiert, dass dadurch der Start beschleunigt werden könne. Gesagt, getan, sind bald mehrere Jahre vergangen, in denen das Raumschiff unterwegs ist und aus den Kindern sind Jugendliche geworden, welche die Erde nie gesehen haben, sie dadurch aber auch nicht vermissen können. Eines Tages aber kommt Richard bei einem Unglück ums Leben und plötzlich sieht sich die Crew ohne Erwachsenen in einer fordernden Lage. Christopher setzt sich für demokratische Wahlen ein und wird letztlich zum neuen Anführer gekürt. Dem ist jüngst aufgefallen, dass eine täglich einzunehmende blaue Flüssigkeit ihn und seine Kamerad*innen künstlich stumpf und emotionslos hält, weshalb er deren Absetzung verordnet. Dumm nur, dass nun alle im jugendlichen Überschwang und mit reichlich Hormonstau über die Stränge schlagen und ausgerechnet Christophers bester Freund Zac alsbald den Aufstand probt…

Rezension:

Es gab ja durchaus einen kurzen Moment der Vorfreude, als ich das erste Mal von Voyagers gehört habe, denn ein originär für die große Leinwand produzierter Science-Fiction-Thriller, der ohne Zusatzkosten nun stattdessen bei Amazon Prime aufschlägt, hört sich für Genre-Fans natürlich erst einmal nicht schlecht an. Es ist nun aber nicht nur längst nicht alles Gold, was glänzt, sondern auch längst nicht alles gut, was man im Kino gerne hätte zeigen wollen. Selbst echte Schauwerte sind hier Mangelware, auch wenn du noch am positivsten ins Gewicht fallen, während mancherorts die Rede von einem "stargespickten" Film war, was ich nun auch nicht unbedingt unterschreiben will. Ja, Tye Sheridan ist vielen mittlerweile ein Begriff, aber auch weit entfernt von einem echten Charakterkopf und Lily-Rose Depp profitiert noch immer mehr von ihrem Vater, als dass sie mit eindrucksvoller Schauspielerei im Gedächtnis geblieben wäre. Bleibt am Ende lediglich noch Colin Farrell, dessen Mitwirken allerdings mitnichten als Hauptrolle tituliert werden kann. Die Probleme beim neuen Film von Neil Burger (Ohne Limit) fangen aber weit früher an als bei Besetzung und Spezialeffekten, denn vor allem anderen fällt der uninspirierte und holprig inszenierte Plot auf, der sich zwar reichlich an Goldings Herr der Fliegen bedient und das Ganze von einer Insel in den Weltraum verfrachtet – was so in etwa aufs Selbe hinausläuft –, dabei aber vor allem zeigt, wie man es nicht machen sollte.

Szenenbild aus Voyagers | © Amazon Prime Video
© Amazon Prime Video

Binnen Minuten wird – erst mittels Texttafel, dann mit wenigen Momenten auf der Erde – die Ausgangslage und Prämisse von Voyagers umrissen, bevor es auch schon ab ins All und nach einem mehrjährigen Zeitsprung hin zu der adoleszenten Besatzung geht, die samt und sonders für ebenjene Mission gezüchtet worden ist, der Menschheit eine neue Heimstatt zu suchen. Wir befinden uns also auf einem Generationenschiff, dessen derzeitige Crew das Ende der Reise nicht mehr erleben wird, das kennt man nun schon wirklich aus Dutzenden von Büchern und Filmen und so macht sich Burger – der übrigens auch das Drehbuch zusammengeschustert hat – schon gar nicht mehr die Mühe, Einzelheiten zur Mission zu erörtern, denn deren Sinn und Zweck sollte ja in Grundzügen bekannt sein. Die Logik, damit ausgerechnet diese Reagenzglas-Schöpfungen zu betrauen, weil sie besser für die Strapazen der Reise geeignet seien, sich ihrerseits um Himmels willen aber auch nicht fortpflanzen sollen – dazu später mehr –, sollte man dann auch nicht zu sehr hinterfragen. Ähnlich an den Haaren herbeigezogen wirkt, dass eben der von Farrell verkörperte Richard als einziger Erwachsener und "echter" Mensch an Bord ist, aber man braucht natürlich einen Auslöser für das, was folgen soll, um dem Ganzen das Label "Thriller" verpassen zu können.

So bleibt sich Colin Farrell nach Artemis Fowl seiner eher mäßigen Rollenwahl treu und gibt den fürsorglichen und verständnisvollen Lehrer und Ziehvater, bevor der Plot es verlangt, dass Richard das Zeitliche segnet und die Jugendlichen in zunächst vorbildlicher Demokratie eine neue Führung bestimmen, bevor es alsbald zu Aufstand und Revolte kommt. Komisch eigentlich, wurden sie doch extra gezüchtet und isoliert, damit ihnen die Erde nicht fehlt und ihnen menschliche Tribe und Gelüste fremd bleiben, was übrigens über die tägliche Gabe eines blauen Getränks erreicht wird, wie die Besatzung bald feststellt. Und der Effekt ist faszinierend – ironisch gemeint –, denn wenn man meinen würde, die Drogen würden langsam aus dem Körper geschwemmt und zaghaft kämen erste Emotionen wieder zum Vorschein, staunt man nicht schlecht, dass anscheinend das Wegschütten der blauen Flüssigkeit allein genügt, um einen Emotions-Flashback und -Overkill auszulösen, der in manischer Manier bebildert wird, gleichwohl einem Danny Boyle beispielsweise das weitaus eleganter gelungen wäre. Da macht es dann auch kaum was, dass bis zu diesem Zeitpunkt quasi keinerlei Figurenzeichnung in Voyagers stattgefunden hat, denn während die distinguierten Teenager sich zuvor regelrecht roboterhaft gaben, lassen sie ihren Gelüsten nun freien Lauf und nicht wenige benehmen sich prompt wie altgediente Schul-Rowdys, während man andernorts wild – aber natürlich gleichzeitig jugendfrei – an den unmöglichsten Orten fummelt und kopuliert.

Szenenbild aus Voyagers | © Amazon Prime Video
© Amazon Prime Video

Die sterile Atmospähre allerdings erhält man aufrecht und so bleiben Geschehen und Figuren merkwürdig unnahbar, ob es sich nun um den "Helden" Christopher (Tye Sheridan, Ready Player One) handelt, der trotz Hormonschub Ruhe bewahrt, oder die von Christophers einst bestem Freund Zac (Fionn Whitehead, Dunkirk) bedrängte Sela (Lily-Rose Depp, Das Geheimnis der zwei Schwestern). Was aber mit übergriffigen Handlungen und Schulhof-Dominanz-Gehabe beginnt, wächst sich bald zu einer echten Konfrontation aus zwischen demokratischem Anführer Christopher und dem den Aufstand probenden Zac, der so gar keine Lust hat, nach dessen Pfeife zu tanzen und sich zum gewalttätigen Agitator aufschwingt. Selbst das Setting erweist sich dabei allerdings als Schwachpunkt, denn die Gänge wirken alle gleich, beliebig und endlos, so dass man eine Reizüberflutung kaum befürchten muss, aber auch kein Gespür dafür bekommt, wie groß, klein, beengt oder weitläufig das Schiff nun wirklich ist oder sein soll. Die Auseinandersetzungen verlaufen dabei erwartungsgemäß plakativ und was ein spannendes und vielschichtiges Psychogramm, eine eingehende Betrachtung gesellschaftlicher Strukturen und nicht zuletzt eine Abhandlung über deren Zusammenbruch hätte werden können, endet als wenig logisches, wenig begeisterndes Filmchen, dessen Thrill wichtiger zu sein scheint als eine kohärente Handlung, dabei aber genauso sehr enttäuscht wie der Rest.

Fazit & Wertung:

Neil Burger kredenzt mit Voyagers einen in so ziemlich sämtlichen Belangen enttäuschenden Science-Fiction-Thriller, der seine Prämisse zwar dem Kultbuch Herr der Fliegen entlehnt, daraus allerdings eine absolut stumpfe und streckenweise himmelschreiend unlogische Story zimmert, die nicht einmal von ihren Figuren gerettet werden kann, weil deren Charakteristika sich auf rudimentäre Verhaltensweisen und Ansichten beschränken, die nicht eben dazu einladen, sich ihnen oder ihrem Schicksal verbunden zu fühlen.

4 von 10 unterdrückten Emotionen

Voyagers

  • Unterdrückte Emotionen - 4/10
    4/10

Fazit & Wertung:

Neil Burger kredenzt mit Voyagers einen in so ziemlich sämtlichen Belangen enttäuschenden Science-Fiction-Thriller, der seine Prämisse zwar dem Kultbuch Herr der Fliegen entlehnt, daraus allerdings eine absolut stumpfe und streckenweise himmelschreiend unlogische Story zimmert, die nicht einmal von ihren Figuren gerettet werden kann, weil deren Charakteristika sich auf rudimentäre Verhaltensweisen und Ansichten beschränken, die nicht eben dazu einladen, sich ihnen oder ihrem Schicksal verbunden zu fühlen.

4.0/10
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Voyagers ist seit dem 30.04.21 exklusiv bei Amazon Prime Instant Video verfügbar.

Amazon Prime:

vgw

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