Review: Stowaway – Blinder Passagier (Film)

Selbst zum Wochenende jetzt noch einmal ein Netflix-Film, auch wenn der ursprünglich von Sony stammt und hierzulande zwischenzeitlich als Amazon Exclusive firmierte, bevor er auf Scheibe erschien. Aber sei es drum, hat der Film ein paar Probleme ganz anderer, substantiellerer Art.

Stowaway
Blinder Passagier

Stowaway, USA/UK/DE 2021, 116 Min.

Stowaway - Blinder Passagier | © EuroVideo
© EuroVideo

Regisseur:
Joe Penna
Autoren:
Joe Penna
Ryan Morrison

Main-Cast:
Anna Kendrick (Zoe Levenson)
Daniel Dae Kim (David Kim)
Shamier Anderson (Michael Adams)
Toni Collette (Marina Barnett)

Genre:
Abenteuer | Science-Fiction | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Stowaway - Blinder Passagier | © EuroVideo
© EuroVideo

Eine gerade einmal dreiköpfige Crew wurde ausgewählt, trainiert und instruiert, um an Bord des Raumschiffs MTS-42 zum Mars zu reisen und den Roten Planeten auf die Kolonisierung durch die Menschheit vorzubereiten. Der Start verläuft mit leichten Turbulenzen reibungslos, doch kaum auf dem Weg, muss die Crew feststellen, dass sie einen blinden Passagier an Bord hat. Dabei handelt es sich um den Bodentechniker Michael Adams, der offenbar vor dem Start verunfallt und bewusstlos geworden ist und sich nun auf dem Weg in die Weiten des Alls wiederfindet. Eine Rückkehr zur Erde, um den unfreiwilligen Passagier abzusetzen, ist technisch nicht möglich und so versucht er, an Bord seinen Teil zu leisten. Die wahren Herausforderungen allerdings stehen noch bevor, denn nicht nur scheinen Teile des Schiffs beschädigt worden zu sein, nein, es verhält sich auch schlichtweg so, dass die Sauerstoffvorräte an Bord nicht für eine vierköpfige Crew geplant worden sind…

Rezension:

Es dürfte jetzt nicht das riesige Geheimnis sein, dass ich grundsätzlich Filme mit Anna Kendrick gerne sehe und so war ich auch früh gespannt auf Stowaway – Blinder Passagier, auch wenn ich skeptisch war, ob ich Kendrick die Astronautin abnehmen würde. Nun hat es zwar letztlich wieder eine ganze Weile gedauert, bis ich Zeit und Muße für den Film gefunden habe, aber am Ende war das Ergebnis die Neugierde auch kaum wert, denn leider enttäuscht der Film auf so vielen Ebenen, dass seine eigentlich vielversprechende Prämisse kaum zum Tragen kommt. Die ist es nämlich, mithilfe der autarken Situation an Bord des Schiffs eine Art Weltall-Kammerspiel zu inszenieren, bei dem zunehmend philosophische, im weiteren Verlauf regelrecht existenzialistische Fragestellungen aufgeworfen und behandelt werden. So darf man sich natürlich hier auch keinen Weltraum-Thriller klassischer Bauart erwarten, gleichwohl Regisseur Joe Penna in seinem zweiten Spielfilm zuweilen gern auf diesen Pfaden wandelt. Das gelingt ihm auch gar nicht mal schlecht, doch geht die Art der Inszenierung in diesen Szenen einerseits zulasten der menschlichen, emotionalen Komponente, andererseits der Logik, die hier ohnehin oft ein Schattendasein fristet.

Szenenbild aus Stowaway - Blinder Passagier | © EuroVideo
© EuroVideo

Es beginnt mit dem Auffinden des blinden Passagiers, der dann auch namensgebend für den Film an sich sein darf, denn besagtes Mitglied des Bodenpersonals findet sich in einer Art Zwischendecke innerhalb des Schiffs während völlig unklar bleibt, wie er dort hineingeraten sein soll, ganz davon abgesehen, dass die Verkleidung wohl auch jemand wieder hätte anbringen müssen. Auch die G-Kräfte beim Start haben demjenigen anscheinend nichts anhaben können, er muss also wohl extrem gut "verkeilt" gewesen sein. Zu einem frühen Zeitpunkt dachte ich daher auch, Stowaway würde sich in eine gänzlich andere Richtung entwickeln, weil mir die Geschichte des angeblich so verzweifelten Bodentechnikers so wenig koscher zu sein schien. Man kann sich meine Verwunderung vorstellen, als ich langsam aber sicher realisierte, dass das kein Thema mehr werden würde und auch niemanden von der Crew großartig irritiert hätte. Leider zieht sich dieses Konzept, zunehmend auf die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit des Zuschauers zu bauen, durch den gesamten Film und nimmt zunehmend groteske Ausmaße an.

Es liegt mir fern, den weiteren Verlauf und die großen Dramen des Film spoilern zu wollen, doch lässt sich immerhin festhalten, dass wohl wirklich niemand eine so schlecht geplante Mars-Mission auf den Weg bringen würde, denn dass selbst elementarste Lebenserhaltungssysteme nicht entsprechend redundant konzipiert und mit Onboard-Reparaturmöglichkeiten ausgestattet sind, muss man auch erst einmal fressen und so erwachsen die moralischen und ethischen Dilemmata der Crew – die durchaus gelungen und sehenswert, dabei jederzeit überzeugend gespielt sind – auf sehr wackligen Beinen ruhen, die dem Umstand spotten, dass man es hier mit einer Schar hochqualifizierter, überdurchschnittlich intelligenter, jahrelang für diese Mission trainierter Wissenschaftler*innen zu tun hat. Als philosophisches Lehrstück, als Gedankenexperiment und selbst als eine Art Kammerspiel kann (und darf) Stowaway durchaus funktionieren, doch muss man herbe Abstriche zu machen bereit sein, was die Glaubwürdigkeit der Erzählung angeht.

Szenenbild aus Stowaway - Blinder Passagier | © EuroVideo
© EuroVideo

Umso bedauerlicher, weil die Schauspielleistungen allesamt zu überzeugen wissen und man somit der Wissenschaftler*innen-Crew nicht anmerkt, was für ein Quatsch eigentlich gerade um sie herum vorgeht, weil sie mit gebotener Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit die prekäre Lage verhandeln. Kleine Probleme, Anna Kendrick (Nur ein kleiner Gefallen) die Astronautin abzunehmen, hatte ich zwar tatsächlich, doch im Zusammenspiel mit der wie immer großartigen Toni Collette (Nightmare Alley) überzeugt sie auf alle Fälle. Ähnliches gilt für Daniel Dae Kim (Hellboy), dem zudem die Gratwanderung gelingt, seine Figur schlimme Dinge denken und tun zu lassen, ohne dass sie dadurch zum Antagonisten wird oder ihre Sympathien verspielt. Da bleibt der von Shamier Anderson (Wynonna Earp) verkörperte blinde Passagier vergleichsweise blass, doch von einem philosophischen Standpunkt aus betrachtet ist er ohnehin mehr Objekt als Subjekt. Ich sehe, verstehe und honoriere, was Stowaway gerne sein und erzählen möchte, gar keine Frage, nur dass das alles so sehr auf den Schultern kaum vorhandener Logik ruht und wirklich keiner näheren Betrachtung standhält, macht den Film trotz intensiver Szenen und überzeugendem Schauspiel zu einer mittelschweren Enttäuschung.

Fazit & Wertung:

Joe Penna schickt sich gemeinsam mit seinem Co-Drehbuchautor Ryan Morrison an, mit Stowaway – Blinder Passagier eine Art Kammerspiel im All zu inszenieren. Dabei gelingt ihnen ein philosophisches bis beinahe existentialistisches Drama, dass allerdings schwer davon gebeutelt wird, dass die Zustände an Bord und die sich daraus ergebenden Probleme vielerorts der Logik und dem gesunden Menschenverstand trotzen. Das negiert dann leider auch zu großen Teilen das überzeugende Schauspiel und die grundsätzlich vielversprechende Prämisse.

5,5 von 10 Problemen an Bord der MTS-42

Stowaway - Blinder Passagier

  • Probleme an Bord der MTS-42 - 5.5/10
    5.5/10

Fazit & Wertung:

Joe Penna schickt sich gemeinsam mit seinem Co-Drehbuchautor Ryan Morrison an, mit Stowaway – Blinder Passagier eine Art Kammerspiel im All zu inszenieren. Dabei gelingt ihnen ein philosophisches bis beinahe existentialistisches Drama, dass allerdings schwer davon gebeutelt wird, dass die Zustände an Bord und die sich daraus ergebenden Probleme vielerorts der Logik und dem gesunden Menschenverstand trotzen. Das negiert dann leider auch zu großen Teilen das überzeugende Schauspiel und die grundsätzlich vielversprechende Prämisse.

5.5/10
Leser-Wertung 6/10 (2 Stimmen)
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Stowaway – Blinder Passagier ist am 11.11.21 auf DVD und Blu-ray bei EuroVideo erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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Blu-ray:

vgw

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