Nun, spät ist es geworden, aber da wäre ich wieder und hätte einen gelungenen, unterhaltsamen Disney-Film im Gepäck.
Encanto
Encanto, USA/CO 2021, 102 Min.
© Walt Disney
Jared Bush
Byron Howard
Charise Castro Smith (Co-Regisseur)
Charise Castro Smith
Jared Bush
Stephanie Beatriz (Mirabel [Stimme])
María Cecilia Botero (Abuela Alma [Stimme])
John Leguizamo (Bruno [Stimme])
Mauro Castillo (Félix [Stimme])
Jessica Darrow (Luisa [Stimme])
Angie Cepeda (Julieta [Stimme])
Carolina Gaitán (Pepa [Stimme])
Diane Guerrero (Isabela [Stimme])
Wilmer Valderrama (Agustín [Stimme])
Rhenzy Feliz (Camilo [Stimme])
Ravi Cabot-Conyers (Antonio [Stimme])
Animation | Komödie | Drama | Fantasy | Musical
Trailer:
Inhalt:
© Walt Disney
In den Bergen Kolumbiens, in einem abgelegenen, verborgenen Tal, lebt die Familie Madrigal und jeder im Dorf kennt und schätzt die Mitglieder der Familie, zumal sämtliche Nachkommen der strengen Matriarchin Abuela über magische Kräfte verfügen. Einzig der aufgeweckten Mirabel wurde dieses Geschenk verwehrt und sie ging bei der gescheiterten Zeremonie leer aus. Natürlich fühlt sie sich zuweilen fehl am Platze, wenn allein ihre Schwestern Blumen aus dem nichts erschaffen oder buchstäblich ganze Berge versetzen können, doch ihre positive Art macht das mehr als wett. Ausgerechnet Mirabel ist es dann aber, die in einer Art Vision den Niedergang des magischen Hauses Madrigal erkennt, doch ist man schnell bei der Hand, ihr zu unterstellen, sich nur aufspielen zu wollen, zumal es schier abwegig scheint, dass etwas die Familie wirklich bedrohen könnte. Dennoch hält Mirabel an ihren Befürchtungen fest und beginnt zu forschen, was es mit der Vision auf sich haben könnte…
Rezension:
Pünktlich zu Weihnachten kredenzte uns Disney+ im vergangenen Jahr das Fantasy-Musical Encanto, das irritierenderweise als Disney-Weihnachtsfilm beworben worden ist. Doch auch wenn die Handlung des Films mit Weihnachten nichts zu tun hat, war es doch ein schönes Geschenk unter dem Baum, denn auch wenn hier viele, klassische Disney-Knöpfe gedrückt werden, was Dramaturgie, Tränendrüse, Familienzusammenhalt, putzige Tierchen und fantasievolle Abenteuer angeht, hat die in Kolumbien verortete Story doch ihren ganz eigenen Vibe, zumal die besagten Knöpfe ja auch durchaus gern -weil ungemein gekonnt – gedrückt werden dürfen. Ansonsten gelingt es gleich in den ersten Minuten, das magische Erbe der Familie Madrigal begreiflich zu machen, indem Mirabel den Kindern des Dorfes eine erwartungsgemäß fetzige Eröffnungsnummer zum Besten gibt, die natürlich in der deutschen Fassung auch wieder samt und sonders – und durchaus gelungen – synchronisiert worden ist. Bedenkt man allerdings, dass die Songs im Original von Lin-Manuel Miranda stammen, der federführend bei und für Hamilton verantwortlich gewesen ist, dürfte da bei der Übersetzung durchaus einiges verloren gegangen sein.
© Walt Disney
Aber sei es drum, die Songs sind dennoch mitreißend und großartig, bedienen vor allem unterschiedlichste Stilrichtungen, wenn Protagonistin Mirabel von einem Fettnäpfchen ins Nächste stolpert und ihren Schwestern auf den Zahn zu fühlen beginnt, was den drohenden Niedergang des Hauses Madrigal anbelangt. Die Story von Encanto ist dabei eigentlich recht simpel geraten, was aber in Anbetracht des Musical-Charakters in den Hintergrund rückt und gar nicht mal störend ins Gewicht fällt. So habe ich zuletzt auch nicht schlecht geschaut, als ich gemerkt habe, dass sich ein Großteil des Films innerhalb des Anwesens der Familie Madrigal abspielt. Eine klassische Heldenreise oder dergleichen gibt es demnach nicht, doch genügen die internen Zwistigkeiten ohne Not, um die Handlung mit genügend Reibung anzureichern, denn kürzt man einmal die Musik und das Fantastische heraus, bleibt tatsächlich eine Art Familiendrama, in dem sich wohl jede*r auf die eine oder andere Art wiederfinden dürfte, denn wie so oft werden universelle Themen bedient.
Das ist dann leider im Umkehrschluss auch einer der wenigen Kritikpunkte an dem Film, nämlich, dass hier merklich die Kräfte der Familienmitglieder darauf abgestimmt sind, im weiteren Verlauf von Encanto noch zur Entfaltung zu kommen, ganz so wie die Geschwister jeweils unterschiedliche Stereotypen bedienen, wodurch man eben zuweilen merkt, wie konstruiert im Grunde alles ist, um sich in den Dienst der Geschichte zu stellen, die erzählt werden soll. Das geht einher mit einer doch sehr ambitionierten Anzahl an Familienmitglieder, die dadurch teils zwangsläufig vernachlässigt werden müssen und entsprechend wenig Profil erhalten. Anderes hingegen bleibt vorhersehbar und wenn das erste Mal der verstoßene Onkel Bruno erwähnt wird, ahnt, nein weiß man bereits, dass der natürlich noch eine tragende Rolle spielen wird, zumal er derjenige in der Familie gewesen ist, dem ein Blick in die Zukunft vergönnt ist. Wirkliche Kritik soll das aber nun auch nicht sein, denn derartige Gesetzmäßigkeiten gehören eben auch dazu und am Ende des Tages handelt es sich eben auch um einen Film für die ganze Familie und das setzt voraus, dass ihm auch alle folgen können.
© Walt Disney
Viel wichtiger als der übergeordnete Handlungsbogen sind aber ohnehin auch hier Herz und Witz sowie universelle Konzepte von Zusammenhalt und Vergebung, die gewohnt klischeebefreit inhärenter Teil der Erzählung sind, bei der man -wieder einmal – gegen Ende durchaus ein Tränchen verdrücken dürfte, weil es die Beteiligten verstehen, die Klaviatur der Gefühle mit Bravour zu spielen und eine auch zuweilen überraschend ernste und tragische Geschichte enthüllen, welche die Basis für das magische Erbe der Familie Madrigal bilden. So reiht sich dann auch Encanto bei den immens vielen, immens überzeugenden Produktionen ein, die das Mäusestudio im Laufe der Jahrzehnte so hervorgebracht hat, auch wenn ich hier manchmal das Gefühl hatte, man würde schon beinahe zu routiniert die Versatzstücke aneinanderreihen, die es für das Erfüllen der Erfolgskonzept-Formel verlangt. Diesem Umstand nicht zu viel Bedeutung beimessend, bleibt aber auch eine magisch inszenierte Erzählung, deren Musicaleinlagen mindestens so sehr überzeugen wie die Qualität der Animationen und insbesondere die Mimik der Figuren, die zwar einem gewissen, cartoonigen Stil entsprechen, vor der kolumbianischen Kulisse aber auch gleichsam ungemein lebensecht wirken. Und so ist es am Ende dann doch irgendwie der Disney-Weihnachtsfilm gewesen, der zu Heiligabend ins Haus geschneit ist.
Encanto
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Magische Talente der Familie Madrigal - 8/10
8/10
Fazit & Wertung:
Auch der sich zu gleichen Teilen auf Musical und Magie verlassende Animationsfilm Encanto macht den Disney-Studios alle Ehre und punktet mit einer schmissig inszenierten, gleichermaßen witzigen wie rührenden Geschichte. Deren größtes Manko dürfte es am Ende sein, dass man schon sehr genau merkt, wie selbstsicher hier die üblichen Zutaten vermengt werden, um einen familientauglichen Blockbuster zu kreieren; wobei das zugegebenermaßen auch wieder formidabel funktioniert.
Encanto ist seit dem 24.12.21 bei Disney+ verfügbar.