Review: Arrival (Film)

Wie versprochen hier nun zum Wochenende noch der beste Film aus dem verbloggten Dreiergespann, der nur haarscharf an einer Höchstwertung meinerseits vorbeigeschrammt ist, was meine Faszination und Begeisterung aber in keiner Weise schmälern soll.

Arrival

Arrival, USA 2016, 116 Min.

Arrival | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Regisseur:
Denis Villeneuve
Autoren:
Eric Heisserer (Drehbuch)
Ted Chiang (Buch-Vorlage)

Main-Cast:
Amy Adams (Louise Banks)
Jeremy Renner (Ian Donnelly)
Forest Whitaker (Colonel Weber)
in weiteren Rollen:
Michael Stuhlbarg (Agent Halpern)
Tzi Ma (General Shang)

Genre:
Drama | Mystery | Science-Fiction | Thriller

Trailer:

 

Inhalt:

Szenenbild aus Arrival | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Nachdem an zwölf über den gesamten Erdball verstreuten Orten ebenso viele muschelförmige, außerirdische Schiffe gelandet sind oder besser gesagt über dem Boden schweben, scheitern erste Versuche der Kontaktaufnahme an der zu erwartenden Sprachbarriere, woraufhin das US-Militär die Linguistik-Expertin Dr. Louise Banks zu Rate zieht, die als Koryphäe auf ihrem Gebiet hoffentlich in der Lage ist, die zutiefst fremdartigen Schriftzeichen und Laute der Wesen zu entschlüsseln. Während Banks gemeinsam mit dem Physiker-Kollegen Dr. Ian Donnelly und einem ganzen Team aus Spezialisten nur mühsam Fortschritte macht und zunehmend den Druck seitens der Regierung zu spüren bekommt, spitzt sich andernorts auf der Welt die Lage immer weiter zu, denn nicht jedes Staatsoberhaupt glaubt an die friedlichen Absichten der außerirdischen Wesen. Derweil greifen auf dem gesamten Erdball Panik und Chaos immer weiter um sich und noch immer ist nicht klar, aus welchen Beweggründen die Aliens überhaupt Kontakt aufgenommen haben…

Rezension:

Ausnahmeregisseur Denis Villeneuve (Sicario), der jüngst mit Blade Runner 2049 Erfolge feiert zählt nicht erst seit dieser vielbeachteten Fortsetzung zur Oberliga der Regisseure und hat mich bislang mit jedem seiner Filme mehr oder minder zu begeistern gewusst, was zu meiner großen Freude nun auch bei Arrival nicht anders gewesen ist, auch wenn er sich hier 2016 auf für ihn noch vergleichsweise unbekanntes Terrain gewagt hat, dem er aber scheinbar mühelos seinen eigenen Stempel aufzudrücken wusste, was viele – wie mich – in schiere Verzückung geraten ließ, wohingegen anderen sein Ausflug ins Science-Fiction-Genre – der nicht von ungefähr an Filme wie Nolans Interstellar oder auch den gar nicht so geheimen Geheimtipp Predestination erinnert – nicht recht zu munden wusste, was die bedeutungsschwangere Inszenierung, die sich aus dem Thema ergebenden Logiklücken und allgemein die Handlung seines Werkes anbelangt, über die man zugegebenermaßen auch recht wenig verlieren kann, ohne sich gleich in spoilerverseuchte Gefilde vorzuwagen.

Szenenbild aus Arrival | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Entsprechend schwammig müssen leider auch meine Worte zum Film an sich ausfallen, während ich mich weiter unten – gut sichtbar gekennzeichnet – noch einmal ausführlich zum eigentlichen Thema des Films auslassen mag, das zunächst einmal gar nicht so offensichtlich ist, denn während zu Beginn von Arrival die Handlung mehr als überschaubar damit umrissen werden könnte, dass zwölf außerirdische Schiffe auf der Erde landen und die Linguistik-Expertin Louise Banks hinzugezogen wird, um Kontakt zu den unbekannten Wesenheiten aufzunehmen, deren Schrift und Sprache den Menschen ein Rätsel ist, verbirgt sich unter der Oberfläche natürlich noch einiges mehr, womit Villeneuve vermehrt mit dem Pseudo-Genre des Mindfuck kokettiert, wenn man sich das unerwartete Ende, die schlussendliche Auflösung des Ganzen besieht, die ich zugegebenermaßen schon nach gut zwei Dritteln zu erkennen meinte, was auch den einzigen Grund darstellt, weshalb ich mich nicht dazu durchringen konnte, hier die Höchstwertung zu vergeben, denn in allen weiteren Aspekten und Belangen kratzt der Film schon beinahe bedenklich am Label "Perfektion" wenn man denn eben bereit ist, sich auf das Gedankenexperiment einzulassen und hinzunehmen, dass die eigentliche Prämisse des Films, ebenso wie die Frage darum, warum es die Aliens auf die Erde verschlagen hat, als pures Vehikel für eine in eine gänzlich andere Richtung deutende Geschichte dient.

Dabei wird das Geschehen merklich von Amy Adams (Her) dominiert, die hier wie sonst auch zu brillieren weiß und nicht nur als ambitionierte Wissenschaftlerin, sondern auch als Charakter, als Mensch, als Mutter zu überzeugen versteht und gerade im ersten Teil ganz wunderbar imstande ist, Empathie für ihre Figur zu generieren, die unter anderer Regie schnell auch zur gesichtslosen Wissenschaftlerin hätte verkommen können. Jeremy Renner (Kill the Messenger) derweil macht einen grundsoliden Job, steht aber merklich im Schatten der eigentlichen Hauptdarstellerin und spielt spürbar kaum mehr als die zweite Geige, ebenso wie Forest Whitaker (Southpaw), der routiniert eine doch vergleichsweise klischeebehaftete, gefühlt schon hunderte Male gesehene Figur verkörpert, was ebenfalls einen der wenigen, kleineren Mängel des Films darstellt, doch liegt wie gesagt der Fokus hier weit weniger auf dem, was man der Inhaltsangabe zu entnehmen meint, was dann auch erklärt, warum man den Film entweder lieben oder hassen dürfte, denn entweder hat man ein Faible für die unerwarteten, spekulativen, assoziativen und teils beinahe esoterischen Wendungen des Films oder fühlt sich schlichtweg betrogen, weil man etwas gänzlich anderes erwartet haben mag und entsprechend enttäuscht ist.

Szenenbild aus Arrival | © Sony Pictures Home Entertainment Inc.
© Sony Pictures Home Entertainment Inc.

Fernab der dramaturgischen Marschrichtung von Arrival besticht Villeneuves Science-Fiction-Werk aber in inszenatorischer Hinsicht nicht minder und bietet einige spektakuläre Kamerafahrten und nicht minder beeindruckende Einstellungen der Aliens, skizziert mit kurzen Ausschnitten aus TV-Sendungen immer mal wieder die weltpolitische Lage und bleibt trotz teils bombastischer Sequenzen ein merkwürdig intimer, manchmal ja beinahe kammerspielartiger Film, dem nichts ferner liegt, als Budget und Möglichkeiten für seelenloses Effektgewitter zu verschwenden, während das sich zunehmend verworrener präsentierende Geschehen jederzeit wie aus einem Guss wirkt und sich diese Konsequenz bis zuletzt bewahrt, bis sich auch die letzten Puzzle-Teile zu einem überzeugenden Ganzen fügen, inklusive obligatorischem Aha-Effekt, den es wie gesagt für meine Begriffe in dieser Ausführlichkeit zwar nicht gebraucht hätte, der aber vor allem dennoch genügend halbwegs offene Fragen zurücklässt, um zu ausgiebigen Diskussionen im Nachgang zum Film einzuladen.

Fazit & Wertung:

Virtuos gelingt es Denis Villeneuve mit scheinbarer Leichtigkeit, mit Arrival einen der überzeugendsten Science-Fictioner der letzten Jahre zu präsentieren, der nicht nur eine ausgefeilte und clevere Geschichte erzählt, auch wenn die einzelnen Versatzstücke nicht unbedingt alle neu sein mögen, sondern vor allem emotional zu berühren weiß und eine zutiefst menschliche Geschichte offeriert, in der die Aliens dann in letzter Konsequenz beinahe schon eine untergeordnete Rolle spielen.

9,5 von 10 Geheimnissen der Sprache

Arrival

  • Geheimnisse der Sprache - 9.5/10
    9.5/10

Fazit & Wertung:

Virtuos gelingt es Denis Villeneuve mit scheinbarer Leichtigkeit, mit Arrival einen der überzeugendsten Science-Fictioner der letzten Jahre zu präsentieren, der nicht nur eine ausgefeilte und clevere Geschichte erzählt, auch wenn die einzelnen Versatzstücke nicht unbedingt alle neu sein mögen, sondern vor allem emotional zu berühren weiß und eine zutiefst menschliche Geschichte offeriert, in der die Aliens dann in letzter Konsequenz beinahe schon eine untergeordnete Rolle spielen.

9.5/10
Leser-Wertung 9.67/10 (9 Stimmen)
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Meinungen aus der Blogosphäre:
Der Kinogänger: 8/10 Punkte
moviescape.blog: 10/10 Punkte
Vieraugen Kino: 9/10 Punkte

Und hier wie besprochen noch ein kleinerer Spoiler-Part, den ich mir diesmal nicht verkneifen konnte,
der aber bei Unkenntnis mit Vorsicht zu genießen ist.

SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER – SPOILER

Anklicken, um Spoiler-Text anzuzeigen

Größter Spoilerpunkt bei Arrival ist natürlich die Sache mit der Zeit, denn schnell wird offenbar, dass für die Aliens die Zeit nicht linear verläuft und mitnichten nur in eine Richtung, wie wir Menschen das erleben und mit zunehmender Auseinandersetzung mit der fremdartigen, außerirdischen Sprache – die ihrerseits aus kreisförmigen, weder Anfang noch Ende besitzenden Zeichen besteht, eignet sich Hauptfigur Louise Banks zunehmend die Fähigkeit an, sich an zukünftige Ereignisse zu "erinnern", was dann auch die "Rückblenden" in Bezug auf ihre verstorbene Tochter in ein neues Licht rückt, handelt es sich schließlich nicht um Erinnerungen an die Vergangenheit, sondern an zukünftige Ereignisse, an denen auch Renners Figur des Ian Donnelly – als Vater des Kindes – beteiligt ist, wie am Ende deutlich wird, auch wenn die Hinweise im Verlauf des Films im Grunde nur allzu deutlich verstreut sind und kaum eine Überraschung darstellen dürften. Das für sich genommen ist schon ein ausnehmend einfallsreicher Clou und die Erklärung anhand der Sapir-Whorf-Hypothese, die besagt, dass sich das Gehirn beim Erlernen einer neuen Sprache auch neu vernetzen würde, fand ich ausnehmend stimmig in die Handlung integriert, so dass man recht bald die Verbindung zwischen Luise‘ vermeintlichen Visionen und der Denkweise der Aliens ziehen kann.

Vor allem aber beinhaltet Arrival in Bezug auf die nicht-lineare Zeit gehörige Anspielungen, die sich mitnichten in der Schriftsprache der Außerirdischen erschöpfen, sondern ihre Entsprechung im Palindrom des Namens von Louise‘ und Ians Tochter Hannah finden, wobei der Film als solches im Grunde gleichsam als Palindrom betrachtet werden kann, sind Beginn und Ende schließlich identisch, während sich die weiteren Geschehnisse – dem Denkmuster der Aliens folgend – auch gänzlich anders hätten anordnen lassen. Natürlich ist das Erscheinen der Aliens selbst, die quasi nur zu dem Zweck zur Erde gereist sind, um den Menschen ihre "Sprache" beizubringen, damit sie sie wiederum in mehreren tausend Jahren retten können im Grunde sehr fadenscheinig und wird relativ kommentarlos abgetan, doch liegt der Fokus eben auch weit mehr auf Louise‘ persönlichem Schicksal und darauf, wie ihre neue Denkweise ihr Leben verändert, bis hin zu dem Wissen darum, dass ihr Mann sie verlassen, ihre Tochter in jungen Jahren sterben wird.

Die sich ergebenden Zeitparadoxa halten sich dabei tatsächlich auch sehr im Rahmen, beziehungsweise bieten enormen Diskussionsstoff, denn warum hat Louise nicht versucht, etwas an den Ereignissen zu ändern und sei es nur, ihrem Mann nicht zu erzählen, dass sie die Zukunft kennt, damit der wiederum sie nicht verlässt – um nur ein Beispiel zu nennen. Ansonsten ist der Film von einer starken Symbolik durchzogen und lässt des Öfteren an die sich selbst verzehrende Schlange Ouroboros denken (auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob sie nicht sogar im Film erwähnt worden ist), weshalb ich auch den Verweis auf Predestination im Artikel untergebracht habe, denn in der Betrachtung und dem Umgang mit der Zeit ähneln sich beide Filme doch in vielen Belangen. So mögen diese Ansätze und Ideen vielen ZuschauerInnen ein Dorn im Auge gewesen sein, die sich eine etwas "bodenständigere" Science-Fiction-Geschichte gewünscht haben, machen für mich persönlich – und sicherlich viele andere auch – den eigentlichen und speziellen Reiz von Arrival aus, zumal man sicher sein kann, längst nicht alle Querverweise, Hinweise und Deutungsmöglichkeiten erschlossen zu haben, denn unabhängig von der eigenen Aufmerksamkeit werden sich hier bei anstehenden Wiederholungssichtungen beinah zwangsläufig weitere, neue Perspektiven ergeben und das allein hat in diesem Fall größte Hochachtung verdient und sorgt nicht zuletzt für reichlich Gesprächsstoff im Freundes- und Bekanntenkreis.

SPOILER ENDE – SPOILER ENDE – SPOILER ENDE

– – –

Arrival ist am 24.03.17 auf DVD und Blu-ray bei Sony Pictures Home Entertainment Inc. erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

vgw

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Kommentare (4)

  1. mwj 23. Oktober 2017
  2. MWD 3. November 2017
  3. Jo 16. Februar 2018

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