Review: Eine dunkle Begierde (Film)

Das Osterfest naht und ich offeriere die nächste Film-Kritik. Am Wochenende wird es hier um einiges ruhiger sein weil ich mich in einen wohlverdienten Kurzurlaub begebe, dennoch wird es den einen oder anderen neuen Artikel geben, den ich im Vorfeld vorbereitet habe und auch auf den nächsten Media Monday werdet ihr nicht verzichten müssen. Nur bitte habt Verständnis, wenn ich etwaige Kommentare oder Mails in den nächsten Tagen nicht oder nur sehr sporadisch beantworten kann, denn schließlich bin ich weg. Bis dahin euch allen einen weiterhin schönen Abend und ein ebensolches Osterfest.

Eine dunkle Begierde

A dangerous Method, CA/DE/UK/CH 2011, 99 Min.

Eine dunkle Begierde | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Regisseur:
David Cronenberg
Autor:
Christopher Hampton (Drehbuch & Theater-Vorlage)

Main-Cast:
Keira Knightley (Sabina Spielrein)
Viggo Mortensen (Sigmund Freud)
Michael Fassbender (Carl Jung)
Vincent Cassel (Otto Gross)
in weiteren Rollen:
Sarah Gadon (Emma Jung)

Genre:
Drama | Historie | Biografie

Trailer:

 

Inhalt:

1904 wird Sabina Spielrein in die Züricher Privatklinik von Professor Beuler eingewiesen. Dort nimmt sich Dr. Carl Jung der für verrückt erklärten jungen Dame an und möchte die bis dato noch theoretischen und experimentellen Behandlungsmethoden seines Vorbildes Professor Sigmund Freud an Sabina Spielrein austesten und beginnt eine Gesprächstherapie. Zwei Jahre vergehen und Jung erzielt beachtliche Fortschritte, so dass seine Patientin nunmehr auch als seine Assistentin fungiert und ob ihres persönlichen Interesses selbst ein Studium der Psychologie aufgenommen hat. Zu dieser Zeit trifft Jung in Wien auch das erste Mal auf sein Idol Freud, der sich prompt als eloquenter und geistreicher Gesprächspartner entpuppt und wenngleich sich Jung ein ums andere Mal über Freuds Engstirnigkeit bezüglich seiner festgefahrenen Meinungen und Ansichten echauffiert, entspinnt sich zwischen den beiden Wissenschaftlern schnell ein inniges Band der Freundschaft.

Szenenbild aus Eine dunkle Begierde | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Dieser Freundschaft ist es auch geschuldet, dass Freud seinen Kollegen und Freund Otto Gross an Jung überweist und darum bittet, diesen zu therapieren. Doch Gross seinerseits beeinflusst auch Jung und überzeugt ihn schlussendlich, seiner lang verhohlenen Begierde nach Sabina Spielrein nachzugeben. Der einst von klaren Prinzipien geleitete Jung beginnt eine Affäre mit seiner ehemaligen Patientin und hintergeht wissentlich seine ihm Angetraute. Schnell jedoch machen Gerüchte die Runde und Jung trachtet danach, die Liaison zu beenden. Noch ahnt er nicht, dass sein Fehltritt gleichsam zum Zerwürfnis mit seinem Mentor Freud führen wird, dessen Ansichten wiederum bei Sabina Spielrein auf offene Ohren stoßen, zumal sie selbst um die Kraft der Sexualität in all ihren Ausprägungen weiß.

Rezension:

Zweifelsohne passt Eine dunkle Begierde nicht unbedingt in das Œuvre des Regisseurs David Cronenberg, der mitunter als Mitbegründer des Body Horror gilt, wenngleich er sich schon mit seinen letzten Filmen mehr und mehr aus diesem Sujet entfernt hat. Dennoch erscheint es durchaus plausibel, dass viele seiner alteingesessenen Fans sich gerade bei diesem dialoglastigen Werk vor den Kopf gestoßen fühlen. Diese Fokussierung auf das gesprochene Wort rührt natürlich zuvorderst daher, dass es sich um die Adaption des Theaterstückes Die Methode von Christopher Hampton handelt, der hier wiederum als Drehbuchautor verantwortlich zeichnet und sich seinerseits von dem Sachbuch Eine gefährliche Methode von John Kerr inspirieren ließ. So kommt es auch, dass trotz wechselnder und teils imposanter Schauplätze der Film in weiten Teilen wie ein Kammerspiel wirkt, dem einige Außenaufnahmen spendiert worden sind. Und dennoch liegt darin auch die Stärke dieses von vielen meiner Meinung nach zu Unrecht gescholtenen Werkes des renommierten Regisseurs.

Szenenbild aus Eine dunkle Begierde | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Natürlich ist der Film in weiten Teilen ruhig und in seiner Erzählweise beinahe behäbig zu nennen, doch zieht er seine Kraft aus geschliffenen und präzisen Dialogen und dem eindringlichen Spiel seiner Hauptdarsteller. Die wenigen Ausbrüche und sexuell aufgeladenen Szenen wirken dadurch umso mehr und untermauern die dichte und beklemmende Atmosphäre des Films. Sowohl Michael Fassbender als C. G. Jung als auch Viggo Mortensen als Sigmund Freud bestechen mit ihren auf den Punkt gebrachten Darbietungen und strahlen zu jedem Zeitpunkt genau die Beherrschtheit aus, die Keira Knightleys Figur Sabina Spielrein zuweilen abgeht. Und wer hier Knightley mangelndes Talent vorwirft, muss sich von mir den Vorwurf gefallen lassen, diese Aussage auf purer Antipathie zu gründen, denn auch wenn sie stellenweise nah am Overacting ist, erscheint die Amivalenz ihrer Figur absolut glaubhaft und macht eine merkliche Entwicklung durch. Skeptiker mögen gerne versuchen, eine vermeintliche Geisteskrankheit besser darzustellen. Lobend erwähnen kann man indes auch Vincent Cassels Darbietung als Otto Gross, der hier zwar eine deutlich kleinere Rolle als noch in Cronenbergs Tödliche Versprechen (ebenfalls auch mit Viggo Mortensen) hat, aber dennoch lange im Gedächtnis bleibt.

Seinem Ursprung als Theaterstück geschuldet ist es aber natürlich auch so, dass die Geschichte oftmals ein wenig fragmentarisch und sprunghaft wirkt, ebenso wie man sich mit den Ansichten und Lehren sowohl von Jung als auch Freud intensiver hätte auseinandersetzen können, doch sind dies nur Wermutstropfen in einem ansonsten überzeugenden Film, der gerade durch seine minimalistische Inszenierung besticht, die sich auch in den nur spärlich gesetzten Klangkompositionen niederschlägt. Hier sagt tatsächlich ein Blick, eine Geste mehr als tausend Worte und es scheint offensichtlich, dass Cronenberg sich in Eine dunkle Begierde zuvorderst auf das Dreiecksgeflecht Spielrein Jung und Freud konzentriert und mit diesen namhaften Gestalten glaubhaft durch die Belle Époque mäandert, ohne sich indes auf die Seite eines der Analytiker zu schlagen oder unumstößliche Wahrheiten abzuliefern. Cronenberg nähert sich behutsam dem Seelenleben seiner Figuren, deutet mehr an, als dass er zeigt und schafft gerade dadurch den nötigen Interpretationsspielraum, den beispielsweise eine objektive und sachliche Biografie nie hätte bieten können.

Szenenbild aus Eine dunkle Begierde | © Universal Pictures
© Universal Pictures

Dementsprechend geht es auch nicht zuvorderst um die Psychoanalyse oder deren Methoden, die auch wirklich nur marginal angeschnitten werden, so dass man nicht umhin kommt, sich zuweilen zu fragen, wovon genau eigentlich bei Jung und Freud eigentlich die Rede ist. Dennoch wird der sich nach und nach auswachsende Zerwürfnis zwischen den beiden Egomanen gut herausgearbeitet, so dass ihnen letztlich ihre Starrköpfigkeit zum Verhängnis wird, während es Spielrein gelingt, sich dem Konflikt letztlich zu entziehen. Entsprechend resignativ ist der Schluss der Erzählung und schlichte Texttafeln informieren über die weiteren Geschicke der Protagonisten. Am Ende ist Eine dunkle Begierde ein Film, der mehr dokumentarischen, den unterhaltenden Charakter besitzt, der sich zwar der Psyche verschreibt, diese aber nicht zeigt, sondern andeutet, keine klare Stellung bezieht und keine absoluten Aussagen trifft, gerade dadurch aber – zumindest in meinen Augen – so gut geworden ist.

Fazit & Wertung:

Eine dunkle Begierde ist großes Schauspieler-Kino fernab reißerischer Blockbuster-Mentalität und besticht trotz seiner geschichtlichen Sprunghaftigkeit durch inszenatorische Finesse und eine intensive Atmosphäre.

8 von 10 Therapiesitzungen

Eine dunkle Begierde

  • Therapiesitzungen - 8/10
    8/10

Fazit & Wertung:

Eine dunkle Begierde ist großes Schauspieler-Kino fernab reißerischer Blockbuster-Mentalität und besticht trotz seiner geschichtlichen Sprunghaftigkeit durch inszenatorische Finesse und eine intensive Atmosphäre.

8.0/10
Leser-Wertung 1/10 (1 Stimmen)
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Eine dunkle Begierde ist am 14.06.12 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von Universal Pictures erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

DVD:

Blu-ray:

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