Gut Ding will Weile haben und umso mehr freue ich mich, euch heute endlich von der ersten Staffel Broadchurch erzählen zu können und damit eine weitere von gerade einmal läppischen fünfzehn noch ausstehenden, sprich noch zu schreibenden Serien-Kritiken zu kredenzen.
Broadchurch
Staffel 1
Broadchurch, UK 2013-, ca. 45 Min. je Folge
© STUDIOCANAL
Chris Chibnall
Jane Featherstone
Chris Chibnall
David Tennant (Alec Hardy)
Olivia Colman (Ellie Miller)
Jodie Whittaker (Beth Latimer)
Andrew Buchan (Mark Latimer)
Carolyn Pickles (Maggie Radcliffe)
Arthur Darvill (Rev. Paul Coates)
Jonathan Bailey (Olly Stevens)
Matthew Gravelle (Joe Miller)
Adam Wilson (Tom Miller)
Joe Sims (Nigel Carter)
Charlotte Beaumont (Chloe Latimer)
Simone McAullay (Becca Fisher)
Pauline Quirke (Susan Wright)
Will Mellor (Steve Connelly)
Susan Brown (Liz Roper)
David Bradley (Jack Marshall)
Vicky McClure (Karen White)
Tanya Franks (Lucy Stevens)
Peter De Jersey (SOCO Brian Young)
Steve Bennett (PC Bob Daniels)
Marcus Garvey (Pete Lawson)
Tracey Childs (CS Elaine Jenkinson)
Jacob Anderson (Dean Thomas)
Benji Yapp (Fred Miller)
Simon Ludders (Trevor Smith)
Sanchia McCormack (Nicky Smith)
Oskar McNamara (Danny Latimer)
Krimi | Drama | Mystery
Trailer:
Inhalt:
© STUDIOCANAL
Eines Morgens wird am Strand nahe Broadchurch unterhalb einer Klippe die Leiche des jungen Danny Latimer gefunden. Schnell macht die schreckliche Nachricht die Runde und der Rest der Familie Latimer ist am Boden zerstört. Die ortsansässige Ellie Miller, deren Sohn Dannys bester Freund war, sowie DI Alec Hardy nehmen die Ermittlungen auf und setzen alles daran, den Mörder dingfest zu machen. Dabei wühlen sie allerdings auch gehörig Staub auf und zerren einige Geheimnisse der lokalen Bevölkerung ans Tageslicht, während sich die Einwohner von Broadchurch alsbald untereinander zu verdächtigen und bezichtigen beginnen und Familie Latimer noch immer darauf hofft, dass ihrem Sohn Gerechtigkeit widerfährt…
Rezension:
Ohne Zweifel ist die BBC Aushängeschild für allerhand qualitativ hochwertige, oft geradezu kultige, britische Fernsehserien, doch wie die für den ebenfalls britischen Sender ITV produzierte Serie Broadchurch zeigt, hat die BBC mitnichten die Genialität für sich gepachtet und so ist auch diese außergewöhnliche Krimiserie Paradebeispiel für britische Fernsehunterhaltung allererster Güte, wobei hier mehr als einmal allzu deutlich wird, worin sich die Herangehensweise an derartige Kriminalstoffe im Vergleich zu beispielsweise amerikanischen Produktionen grundlegend unterscheidet. Selbstredend hat jedes Format seine Vor- und Nachteile und es gibt hier wie da auch Ausnahmen von der Regel, doch soll diese Rezension ja auch nicht zu einem Essay darüber verkommen, worin die Unterschiede in unterschiedlichen Produktionsländern begründet liegen. Was sich aber ohne Zweifel festhalten lässt, ist, dass das Konzept, in einer Staffel einen einzigen, den gesamten Ort Broadchurch in Aufregung versetzenden Mordfall abzuhandeln und dabei von Folge zu Folge tiefer in den Ort einzutauchen, den man gemeinsam mit dem frisch hinzugezogenen Ermittler Alec Hardy sozusagen erkundet, in diesem speziellen Fall bahnbrechend gut aufgeht. Dabei benötigt die Serie noch nicht einmal großartige Effekthascherei oder ausufernde Action-Szenen, sondern verlässt sich voll und ganz auf ihre Figuren und die emotionale Zugkraft ihrer Prämisse, um ohne jegliche Einbrüche ein durchweg hohes Niveau halten zu können und gerade zum Ende hin emotional enorm berührt.
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Dabei kommt es der Serie sicherlich sehr zupass, dass auch die zahlreichen Darsteller bis zuletzt selbst nicht wussten, wer der Täter und somit Mörder sein würde, ebenso wie jede Person in ihrem Spiel absolut glaubwürdig ist und zwar allerhand falsche Fährten gestreut werden, jedoch nie als bloßes Mittel zum Zweck, denn wäre dem so, würde man sich als Zuschauer sicher schnell verschaukelt vorkommen, doch in der Art und Weise, wie hier neue Erkenntnisse die Ermittlungen ein ums andere Mal in neue Bahnen lenken, hat man nie das Gefühl, alles wirke überkonstruiert oder diene nur dazu, die restliche Spielzeit zu füllen. Das wiederum die Figuren allesamt so sehr in ihren Bann zu schlagen wissen, liegt natürlich vorrangig an dem extrem prominenten Cast, der – um noch einmal auf die BBC zurückzukommen – speziell für Fans von Doctor Who einige Schmankerl bereithält, denn nicht damit genug, dass der charismatische David Tennant hier den heruntergekommenen DI Alec Hardy gibt, trumpft der als Rory bekannte Arthur Darvill in seiner Rolle des Reverend Paul Coates nicht minder auf. Neben Tennant ist es aber noch mehr Olivia Colman (The Night Manager), die das Herz des Ermittler-Teams ausmacht, denn während Hardy oftmals rabiat zu Werke geht, geht Ellie Miller oftmals bedeutend feinfühliger zu Werke und bremst ihn in den richtigen Momenten, was jetzt in dieser Ausgestaltung des Ermittler-Duos nicht gerade neu sein mag, aber selten so stimmig präsentiert wurde wie hier, zumal die Serie wie gesagt merklich dadurch gewinnt, dass sich Hardy und Miller nicht Woche um Woche mit einem immer neuen Fall herumschlagen müssen, sondern stattdessen wirklich tief in die Materie tauchen und mehr als nur ein dunkles Geheimnis von Broadchurch ans Licht bringen.
Nicht nur in den ersten Folgen bildet aber fernab des beinahe schon obligatorischen Ermittler-Duos die Familie Latimer den Kern der Erzählung und wo andernorts ein familiärer Verlust oder Trauerfall in wenigen Worten und Minuten abgehandelt wird, sind hier der Schmerz, die Ohnmacht, Wut und Trauer deutlich spürbar, werden mehr als nur angerissen oder skizziert, sondern regelrecht erfahrbar gemacht. Besonders hervorzuheben ist dabei sicherlich die Rolle von Jodie Whittaker (Perrier’s Bounty) als Mutter des tot aufgefundenen Danny, wenngleich ihr Andrew Buchan als Vater Mark Latimer in kaum etwas nachsteht und nicht minder eindrücklich zu agieren weiß. An der Glaubwürdigkeit, an der Nähe zu der Familie Latimer bemisst sich tatsächlich in großen Teilen die Qualität von Broadchurch und sowohl Autoren und Regisseure als auch die DarstellerInnen machen hier einen großartigen Job, so dass einem gegen Ende beinahe unweigerlich die Tränen in den Augen stehen und man selten so viel Befriedigung dabei empfunden haben wird, wenn im Fernsehen ein Mörder dingfest gemacht worden ist, einfach weil einem nicht nur der Ort und dessen Einwohner, sondern speziell die Latimers im Laufe der acht Episoden dermaßen ans Herz gewachsen sind. Hinzu kommt, dass die Auflösung des Falles geradezu spektakulär geraten ist, wenn ein derart reißerisches Attribut an dieser Stelle denn überhaupt angebracht ist, denn schockierend trifft es weit eher und erschüttert bis ins Mark, auch wenn ich den Teufel tun werde, in dieser Richtung in irgendeiner Form ins Detail zu gehen, auch wenn sich der Reiz der Serie tatsächlich meinem Gefühl nach gar nicht mal so sehr aus dem Rätsel speist, wer denn nun der Täter gewesen sein mag und folglich sicherlich auch bei einer Wiederholungssichtung funktionieren würde.
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Denn weitaus mehr Wert wird hier auf die vielschichtigen Figuren und Zusammenhänge gelegt, was sich vor allem in dem wachsenden Misstrauen und den zunehmenden Verdächtigungen der Bewohner des Ortes untereinander widerspiegelt, derweil auch die Reaktionen der Öffentlichkeit, speziell hinsichtlich der Medien immer wieder in den Vordergrund gerückt werden. Und mit der Erwähnung dieser paar Figuren habe ich mitnichten auch nur annähernd das Figurenkonsortium umrissen, das in der ersten Staffel Broadchurch eine Rolle spielt oder unter Verdacht gerät, zumal es selbst in Bezug auf Ermittler Hardy Geheimnisse aus dessen Vergangenheit zu ergründen gilt und er weit mehr ist als einfach nur der Polizist, dem die Auflösung des Falls angetragen worden ist. Im Vorfeld hätte ich sicherlich nicht glauben können oder wollen, dass mich ein sich über acht Folgen erstreckender Kriminalfall in einer englischen Kleinstadt so dermaßen in seinen Bann ziehen könnte, doch würde es sich nicht um eine Serie handeln, müsste ich von wahrhaft großem Kino sprechen, was hier offeriert wird. Für mich als Freund von Serials übrigens ist es noch einmal doppelt spannend, dass es in der zweiten Staffel an genau dieser Stelle, exakt diesem Ort weitergehen wird, während eine dritte und definitiv letzte Staffel sich bereits in Planung beziehungsweise Produktion befindet, wobei die Staffel auch gut und gerne für sich allein hätte stehen können und keiner Fortsetzung zwingend bedurft hätte. Dies ist übrigens der Fall – denn enden möchte ich mit einem ziemlichen Kuriosum – bei dem amerikanischen Remake der britischen Serienproduktion, für das ebenfalls Serienschöpfer Chris Chibnall verantwortlich zeichnete und das gerade einmal ein Jahr später – 2014 – unter dem Titel Gracepoint das Licht der Welt erblickte und ebenfalls mit David Tennant in der Hauptrolle aufzuwarten wusste, dessen ungeachtet aber nach einer Staffel wieder eingestampft worden ist, womit sich der Kreis schließt zu meiner eingangs erwähnten These, dass unterschiedliche Länder unterschiedliche Serien hervorbringen und wer Broadchurch gesehen hat weiß, dass ein amerikanisches Remake – Tennant hin oder her – nicht annähernd dessen Intensität erreichen dürfte.
Broadchurch | Staffel 1
-
Mutmaßungen und Verdächtigungen - 9/10
9/10
Fazit & Wertung:
Mit Broadchurch ist Chris Chibnall ein von der ersten Minute an ungemein packender Krimi gelungen, dessen Virtuosität sich allerdings von Folge zu Folge immer weiter zu entfalten weiß und zunehmend in seinen Bann schlägt, was nicht zuletzt auch an der hochkarätigen Besetzung – allen voran David Tennant und Olivia Colman – und dem allgemein intensiven Schauspiel liegt, zu großen Teilen aber eben auch in einem akribisch geplanten, aber nie konstruiert wirkenden Plot begründet liegt.
Episodenübersicht: Staffel 1
02. Geheimnisse (8,5/10)
03. Alibi (8,5/10)
04. Vorwürfe (9/10)
06. Zusammenbruch (9,5/10)
07. Verdacht (9,5/10)
08. Enthüllung (10/10)
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Broadchurch | Staffel 1 ist am 21.05.15 auf DVD und Blu-ray im Vertrieb von STUDIOCANAL erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!
Bin wegen David Tennant drauf aufmerksam geworden und werd mal reinschauen. Klingt ja gut, aber muss man ja doch recht regelmäßig gucken.
Da waren ja nun wirklich sehr viele Namen dabei, die ich von Dr.Who und Torchwood kannte… für mich eine der besten Serien der letzten Zeit, die ich sehen durfte… auch wenn ich zwischendurch nicht mehr weiterschauen konnte, weil eine bestimmte Folge auf mich fast schon traumatisierend gewirkt hat. Zu erklären, warum das so war, käme aber dem Spoilern gleich.
Ich gebe der Serie die volle Punktzahl. Auch wenn ich stellenweise nur noch am Heulen war.