Review: Midnight, Texas | Charlaine Harris (Buch)

Widmen wir uns heute nach meiner gestrigen Euphorie für eine Buch-Verfilmung wieder einem Buch, wobei selbst dieses auch schon wieder Pate gestanden hat für eine TV-Serie, über die ich allerdings noch nichts Nähergehendes zu berichten weiß. Macht aber so viel auch nicht, denn wirklich vom Hocker gehauen hat mich das Buch schon nicht, aber das erzähle ich nachfolgend ja alles im Detail.

Midnight, Texas

Midnight Crossroad – Midnight, Texas Book 1, USA 2014, 416 Seiten

Midnight, Texas von Charlaine Harris | © Heyne
© Heyne

Autorin:
Charlaine Harris
Übersetzerin:
Sonja Rebernik-Heidegger

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-31910-3

Genre:
Fantasy | Drama | Mystery

 

Inhalt:

Die abgeschiedene Ortschaft Midnight beherbergt eine ganze Anzahl merkwürdiger Gestalten, die allesamt ihre persönlichen Gründe haben, lieber unter dem Radar der Öffentlichkeit und somit für sich zu bleiben, weshalb sich auch der Hellseher Manfred hier schnell heimisch fühlt, nachdem er just erst in das verschlafen wirkenden Nest gezogen ist. Sein Vermieter Bobo wiederum, seines Zeichens der Pfandhausbesitzer im Ort, hat ganz andere Gründe, sich hier niedergelassen zu haben, weiß aber immerhin um die Existenz des Übernatürlichen, wohnt schließlich mit dem schweigsamen Lemuel ein echter Vampir in dessen Keller. Dennoch mag Bobo nicht glauben, dass seine Nachbarin Fiji eine echte Hexe ist, wie sie frank und frei zuzugeben bereit ist, während Manfred die Sache da schon differenzierter sieht, doch zeichnet sich Midnight eben auch dadurch aus, dass man nicht ungefragt in anderer Leute Privatsphäre dringt. Als allerdings ein Mord die Gemeinschaft erschüttert, scheint es mit der Anonymität und Ruhe vorbei zu sein, hat schließlich der verantwortliche Sheriff schnell ausgerechnet Bobo in Verdacht, der Täter zu sein…

Rezension:

Mit ihren insgesamt dreizehn Bänden ist die Sookie Stackhouse-Reihe über die Jahre hinweg zu einer ungewohnt umfangreichen Buch-Serie herangewachsen und die meiste Zeit habe ich sie auch als durchaus unterhaltsam empfunden, weshalb ich nun schnell hellhörig geworden bin, als Midnight, Texas angekündigt worden ist, der erste Band einer – ebenfalls übernatürlich angehauchten – Buchreihe von Charlaine Harris, die – ähnlich wie seinerzeit mit True Blood – auch längst eine Serienadaption nach sich gezogen hat, von der ich allerdings bis dato noch nicht wirklich etwas gehört, geschweige denn gesehen habe. Eigentlich ist das ja aber auch der richtige Weg, sich zuerst der Buchvorlage und erst später der Adaption zu widmen, weshalb ich nun frohen Mutes an die Lektüre des Bandes gegangen bin, auch wenn mich Sookies Abenteuer letzthin ja nun wirklich nicht mehr vom Hocker zu hauen wussten.

Bobo freute sich, Fiji zu sehen. Er mochte ihre Sommersprossen, ihre Sanftmütigkeit und ihre Kochkünste. Es machte ihm nichts aus, dass Fiji behauptete, eine Hexe zu sein. In Midnight hatten alle eine Vergangenheit und eine verrückte Seite. Manche zeigten es eben mehr als andere. Das Licht, das durch das große Fenster am Eingang fiel, beleuchtete Fiji von hinten, während sie sich durch die jahrzehntelang angehäuften Gegenstände wand, die sich im Midnight Pawn angesammelt hatten. Sie lächelte, als sie schließlich vor Bobo trat.

Leider muss ich aber auch hier sagen, dass Midnight, Texas nur sehr behäbig in fahrt kommt und einen gewissen, angestaubten Charme mit sich bringt, denn wo Sookie anfänglich noch voller Elan, Pep, Tempo und Mysterien gewesen ist, scheint Harris hier gesteigerten Wert darauf zu legen, auch das alltägliche Leben der Bewohner von Midnight abzubilden, was es so zwar auch schon in ihrer vorangegangenen Buchreihe gegeben hat, dort aber nicht annähernd so prominent platziert worden ist wie hier. Dabei beginnt der Band noch recht vielversprechend mit einem einleitenden Kapitel, das den geneigten Leser sozusagen durch die Straßen von Midnight führt und vor dem inneren Auge eine Karte entstehen lässt und gleichsam die wichtigsten Bewohner des Städtchens vorstellt. Der Aufhänger aber, dass Midnight nur so vor Geheimnissen und übernatürlichen Figuren wimmle, entpuppt sich schnell als Strohfeuer, auch wenn wir es hier mit einem Hellseher, einer Hexe und einer Art Vampir zu tun bekommen, doch eigentlich liegt selbst da schon der Hund begraben, denn die Autorin scheint sich nicht recht entscheiden zu können, wie normal und akzeptiert solche Außergewöhnlichkeiten zu sein scheinen, so dass Pfandhausbesitzer Bobo beispielsweise den Vampir Lemuel beherbergt und auch um dessen Natur weiß, sich andererseits beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass seine Nachbarin Fiji eine echte und wahrhaftige Hexe ist, was sich doch oftmals ein wenig merkwürdig ausnimmt.

Vor allem aber dauert es tatsächlich gute hundert Seiten, bis so etwas wie ein Plot überhaupt in Fahrt kommt, der dann immerhin das Tempo und die Spannung ein wenig zu erhöhen weiß, doch so richtig mitreißend wird es eigentlich nie, was sehr bedauerlich ist, da ich große Hoffnungen in die Reihe und somit Midnight, Texas gelegt hatte und es begrüßt hätte, wenn Harris hier – mit frischem Thema und Sujet, unverbrauchten Figuren und Setting – zu alter Kurzweil würde auflaufen können. Stattdessen wird die meiste Zeit ausgiebig Nachbarschaftshilfe betrieben, sich unterhalten, im Diner gegessen und darüber nachgegrübelt, wie man nun weiter vorgehen könnte, was den aufgedeckten Mord in der kleinen Stadt anbelangt. Ein wenig irritierend ist derweil auch der Midnight-Neuzugang Manfred, bei dem es sich um den frisch zugezogenen Hellseher handelt, der sich ebenfalls wenig daraus zu machen scheint, nun Tür an Tür mit Hexe und Vampir zu leben, während sich die Autorin bezüglich weiterer Fähigkeiten oder dergleichen ansonsten recht bedeckt hält und ich einzig bei dem schweigsamen Reverend des Ortes schon eine recht konkrete und naheliegende Vermutung habe, die sich hier aber noch nicht aufklärt. Auch in anderen Punkten ist das Buch spürbar als Auftakt einer Reihe – oder nach derzeitigem Stand Trilogie – angelegt, doch mag ich das dem Buch nicht einmal ankreiden, denn World-Building ist in einem annehmbaren Rahmen ja nun einmal eine gute Sache.

In diesem Augenblick fällt Manfred auf, dass ihm – trotz der Kameradschaftlichkeit, die sich im Laufe des Vormittags entwickelt hat – niemand die üblichen Fragen gestellt hat: Warum ziehen Sie an einen so gottverlassenen Ort? Was führt Sie hierher? Was machen Sie beruflich? Wo haben Sie vorher gewohnt?
Und Manfred erkennt, dass Midnight der richtige Ort für ihn ist. Tatsächlich scheint es, als würde er hierhergehören.

Dumm nur, dass besagtes World-Building eben oft den Vorzug gegenüber einer spannenden und stringenten Geschichte bekommt, denn während ich jetzt alles über Fijis Selbstzweifel, ihre Ess- und Lebensgewohnheiten und ihre Garderobe zu wissen meine, ist mir Midnight nicht wirklich näher als nach dem einführenden Kapitel, während die Auflösung des Mordes zwar überraschend, aber auch reichlich konstruiert wirkt, zumal es einen sehr ähnlichen Clou eben auch schon bei Sookie gegeben hat. Dabei hat Midnight, Texas durchaus so seine Momente und war jetzt auch nicht richtiggehend langweilig, doch hätte sich hier wohl noch weitaus mehr draus machen können, wenn die Geschichte nicht so vor sich hindümpeln würde und der Band noch dazu mit einem rund dreißigseitigen Outro, das es in dieser Ausführlichkeit auch nicht gebraucht hätte, um die Geschichte zu einem Abschluss zu bringen, wobei ich andererseits auch einräumen muss, seinerzeit eine Weile gebraucht zu haben, mich mit Sookie anzufreunden, weshalb ich der Reihe durchaus noch eine Chance geben werde, wenn bereits Mitte Mai mit Geisterstunde der zweite Band erscheinen wird.

Fazit & Wertung:

Mit Midnight, Texas schickt sich Autorin Charlaine Harris an, den Grundstein für eine weitere, von übernatürlichen Wesen bevölkerte Buchreihe zu legen, konzentriert sich zuweilen aber viel zu sehr auf die Alltäglichkeiten der Bewohner des abgeschiedenen Ortes, als sich um einen spannenden und konsistenten Plot zu bemühen, weshalb die Geschichte nie so recht in Fahrt zu kommen scheint und vielversprechende Ansätze oft ungenutzt verpuffen. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man der illustren Schar von Midnights Bewohnern zwar nicht absprechen, doch müsste hier noch einiges mehr passieren, um wirklich fesseln zu können.

6,5 von 10 Geheimnissen in einer kleinen Stadt

Midnight, Texas

  • Geheimnisse in einer kleinen Stadt - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Mit Midnight, Texas schickt sich Autorin Charlaine Harris an, den Grundstein für eine weitere, von übernatürlichen Wesen bevölkerte Buchreihe zu legen, konzentriert sich zuweilen aber viel zu sehr auf die Alltäglichkeiten der Bewohner des abgeschiedenen Ortes, als sich um einen spannenden und konsistenten Plot zu bemühen, weshalb die Geschichte nie so recht in Fahrt zu kommen scheint und vielversprechende Ansätze oft ungenutzt verpuffen. Einen gewissen Unterhaltungswert kann man der illustren Schar von Midnights Bewohnern zwar nicht absprechen, doch müsste hier noch einiges mehr passieren, um wirklich fesseln zu können.

6.5/10
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Weitere Details zum Buch und der Autorin findet ihr auf der Seite von Heyne.

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Midnight, Texas ist am 12.02.18 bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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