Review: Midnight, Texas – Geisterstunde | Charlaine Harris (Buch)

An so einem Fußball-Mittwoch – noch dazu bei schönstem Wetter – ist natürlich im Grunde jeder Blog-Beitrag wie Perlen vor die Säue, doch das Internet ist ja zum Glück beständig und heute trifft es auch nur ein sehr mittelmäßiges Buch, das vielleicht etwas weniger Beachtung bekommt, als es verdient hätte, von daher passt das schon.

Midnight, Texas – Geisterstunde

Day Shift – Midnight, Texas Book 2, USA 2015, 432 Seiten

Midnight, Texas - Geisterstunde von Charlaine Harris | © Heyne
© Heyne

Autorin:
Charlaine Harris
Übersetzerin:
Sonja Rebernik-Heidegger

Verlag (D):
Heyne
ISBN:
978-3-453-31915-8

Genre:
Fantasy | Drama | Mystery

 

Inhalt:

Sämtliche Fahrzeuge und ihre Insassen haben sich um das stillgelegte Río Roca Fría Hotel an der südwestlichen Ecke der Kreuzung versammelt. Soweit Manfred weiß, ist es schon seit Jahrzehnten geschlossen. Die Arbeiter beginnen augenblicklich, die Bretter von den Türen und Fenstern zu reißen und das uralte Sperrholz in eine riesige Mulde zu werfen, die ein weiterer Lastwagen auf dem Bürgersteig abgestellt hat. Kurz darauf schwärmen sie in das dunkle Innere des Hotels.

Hellseher Manfred begibt sich aus dem verschlafenen Midnight nach Dallas, um dort mit einigen seiner Klienten private Sitzungen abzuhalten. Dort begegnet Manfred unerwartet der ebenfalls aus Midnight stammenden Olivia, denkt sich dabei aber zunächst nichts, bis am nächsten Morgen ein Ehepaar tot aufgefunden wird, dass er zuvor noch in Gesellschaft von Olivia gesehen hat. Als dann auch noch eine seiner Kundinnen während ihrer Sitzung quasi in seinen Armen tot zusammenbricht, wird es langsam unangenehm für Manfred, denn nicht damit genug, dass ihm die Polizei einige unangenehme Fragen stellt, wirft der Sohn der Verstorbenen ihm zudem vor, teuren Schmuck aus der Handtasche der Toten geklaut zu haben. Und selbst daheim in Midnight kommt Manfred kaum zur Ruhe, denn sowohl die Pressevertreter als auch eine Handvoll Neuankömmlinge, einer merkwürdiger als der andere, finden schneller in das entlegene Nest, als allen Beteiligten lieb sein kann…

Rezension:

Kaum dreieinhalb Monate ist es her, dass ich an dieser Stelle von Midnight, Texas, dem ersten Band von Charlaine Harris‘ neuer Buchreihe berichtet habe (auch wenn sich mehr und mehr der Eindruck verhärtet, dass es wohl bei einer Trilogie bleiben wird) und schon kommt mit Midnight, Texas – Geisterstunde die deutsche Fassung des zweiten Bandes von 2015 daher und führt die Geschichte um Hellseher Manfred, Pfandhausbesitzer Bobo, Hexe Fiji und all die anderen illustren Bewohner des gleichermaßen verschlafenen wie mysteriösen Örtchens Midnight fort. Atmosphärisch fühlt man sich auch tatsächlich nach wenigen Seiten wieder in Midnight daheim und es dauert nicht lang, bis man die einzelnen Figuren wieder zuzuordnen weiß, insbesondere, was deren geheime Talente und Fähigkeiten angeht, denn Hexen und Hellseher sind mitnichten die exotischsten Geschöpfe, die sich in dem texanischen Kaff herumtreiben.

In Midnight trug Olivia Jeans, T-Shirts und Stiefel und kaum Make-up oder Schmuck. Die Augen der Dallas-Version waren hingegen stark geschminkt, ihre Haare waren im Nacken zu einer makellosen Rolle eingedreht, und ihr ärmelloses, schwarzes Kleid glänzte seidig. Dazu trug sie eine Kette aus einander überlappenden Blättern. Manfred nahm an, dass die Kette aus Jade bestand, auch wenn er keine Ahnung von Edelsteinen hatte.

Und die Prämisse von Midnight, Texas – Geisterstunde könnte auch hier wieder vielversprechender kaum sein, denn allein die Idee, eine ganze Menagerie Fabelwesen und Mythenkreaturen in einem abgelegenen Örtchen zusammenzupferchen, das sich vornehmlich dadurch auszeichnet, dass niemand der Bewohner allzu viele Fragen stellt, verdient auch im zweiten Band Hochachtung, doch ebenso schleichen sich dieselben Schwächen und Verfehlungen in die Dramaturgie des Bandes, so dass der Plot fernab des oft nur mäßigen Spannungsaufbaus mit einem gewissen Hausfrauen-Charme kokettiert und es Charlaine Harris ein Anliegen gewesen sein muss, möglichst akribisch zu dokumentieren, welche Sorten Eistee kredenzt und welche Art Kuchen verspeist werden. Nicht falsch verstehen, auch dieser zweite Band liest sich locker weg, lässt nur ebenfalls ein wenig den Elan früherer Harris-Veröffentlichungen missen, während interessante und/oder sympathische Figuren wie Bobo oder Energie-Vampir Lemuel hier nur am Rande in Erscheinung treten. Die eigentliche Story ist solide, krankt aber ein wenig daran, dass sich hier einfachere Lösungswege finden ließen, wenn man nicht so zimperlich wäre, was aber in Anbetracht der Ausgestaltung der Charaktere in Ordnung geht.

Immerhin kommt der zweite Band weitaus schneller in Fahrt als sein Vorgänger, weil er sich natürlich nicht mehr annähernd so lange mit der Exposition des Settings und der Figuren herumschlagen muss, sondern lediglich kurz umreißt, was sich seit dem letzten Besuch in Midnight zugetragen und verändert hat. Die Wiedereröffnung des Hotels am Ort scheint dabei die Veränderung mit der größten Tragweite zu sein, doch bleiben die genauen Hintergründe hier noch im Verborgenen, weshalb davon auszugehen ist, das dies im bereits Oktober erscheinenden Nachfolger Midnight, Texas – Nachtschicht erneut zum Tragen kommen wird, wobei es sich wie gesagt nach derzeitigem Stand bereits um den Abschluss der Reihe handelt. Dass ich das nicht weitaus mehr bedauere, spricht leider auch schon sehr dafür, dass Harris mich hier nicht annähernd so zu packen gewusst hat wie mit ihrer Sookie-Stackhouse-Reihe, die allerdings gegen Ende ebenfalls enorm zu schwächeln begonnen hat. Apropos Sookie, findet selbige hier ebenfalls kurz Erwähnung und man darf sich auf ein Wiedersehen mit Barry Horowitz – oder Barry Bellboy – freuen, dem man zum ersten Mal in Untot in Dallas über den Weg gelaufen ist.

Manfred ließ sich ihr gegenüber nieder und griff über den Tisch, um ihre Hände in seine zu nehmen. Seine Klienten hatten unterschiedliche Vorlieben. Die einen wollten Tarot-Karten, die anderen den Spiegel, und wieder andere nahmen Andenken an geliebte Menschen mit, die Manfred in der Hand halten sollte. Rachel dagegen wollte berührt werden. Er umfasste ihre kalten Hände mit seinen warmen Fingern, senkte den Kopf und schloss die Augen.

So spielt auch hier ein Teil der Handlung in Dallas, ohne dass darüber die Bewohner von Midnight vernachlässigt würden, zumal sich dort noch einige Subplots entspinnen, um die grundsätzlich eher magere Hautstory ein wenig aufzupolstern, was die Autorin freilich nicht zum ersten und sicherlich auch nicht zum letzten Mal so gehandhabt hat. Grundsätzlich mag ich diesen Ansatz auch, wenn öfter mal auch ein Blick über den Tellerrand gewagt wird, nur bringt das im Fall von Midnight, Texas – Geisterstunde leider mit sich, dass die Geschichte recht sang- und klanglos zu Ende geht und trotz mancher Mystery- oder gar Thriller-Einschübe die meiste Zeit doch auffallend unaufgeregt über die Bühne geht. Ich werde mir freilich auch noch den dritten Band zu Gemüte führen, und sei es nur, um die Reihe als abgeschlossen betrachten zu können, doch gibt es da in meinem Augen sicherlich weitaus lohnendere Werke in diesem Sujet, als dass man sich zwingend nach Midnight verirren müsste. Ein wenig scheint es, als habe Charlaine Harris mit ihrer Abkehr von der langlebigen Vampir-Roman-Reihe auch selbst an Biss eingebüßt.

Fazit & Wertung:

Auch wenn Charlaine Harris‘ Midnight, Texas – Geisterstunde ein wenig zügiger in Fahrt kommt als der Vorgänger-Band, weiß die aus mehreren Handlungssträngen und allerhand Trivialitäten zusammengeschusterte Handlung nur leidlich zu überzeugen. So gelungen manche Passagen nämlich auch sein mögen, stellt sich doch nie so etwas wie echte Spannung oder gar ein Gefühl von Bedrohung ein, was ein wenig mager ist in Anbetracht der Möglichkeiten, die einem eine von übernatürlichen Wesen bevölkerte Stadt bieten würde.

6,5 von 10 Geheimnisse in einer kleinen Stadt

Midnight, Texas – Geisterstunde

  • Geheimnisse in einer kleinen Stadt - 6.5/10
    6.5/10

Fazit & Wertung:

Auch wenn Charlaine Harris‘ Midnight, Texas – Geisterstunde ein wenig zügiger in Fahrt kommt als der Vorgänger-Band, weiß die aus mehreren Handlungssträngen und allerhand Trivialitäten zusammengeschusterte Handlung nur leidlich zu überzeugen. So gelungen manche Passagen nämlich auch sein mögen, stellt sich doch nie so etwas wie echte Spannung oder gar ein Gefühl von Bedrohung ein, was ein wenig mager ist in Anbetracht der Möglichkeiten, die einem eine von übernatürlichen Wesen bevölkerte Stadt bieten würde.

6.5/10
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Weitere Details zum Buch und der Autorin findet ihr auf der Seite von Heyne.

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Midnight, Texas – Geisterstunde ist am 15.05.18 bei Heyne erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über den folgenden Link und unterstützt damit das Medienjournal!

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