Review: Die Mädchen von Tanner Hall (Film)

Heute trete ich mal wieder – wenn auch bedauerlicherweise – den Gegenbeweis an, dass ich alles was ich mir so anschaue zumindest solide bis gut finde, denn dem der heutigen Kritik zugrundeliegende Film konnte ich wirklich nicht viel Gutes abgewinnen, wenn man einmal von überzeugender darstellerischer Leistung absieht, die hier aber für meinen persönlichen Geschmack auch nicht mehr viel retten konnte, wie ich nachfolgend erläutere. Dafür steht für den morgigen Tag wieder ein ganz und gar großartiger Film an, so dass ich euch auf einer deutlich positiveren Note ins Wochenende schicken kann, als dass nach der heutigen Film-Kritik der Fall gewesen wäre.

Die Mädchen von Tanner Hall

Tanner Hall, USA 2009, 96 Min.

Die Mädchen von Tanner Hall | © Universum Film
© Universum Film

Regisseurinnen:
Francesca Gregorini
Tatiana von Furstenberg
Autorinnen:
Tatiana von Furstenberg
Francesca Gregorini

Main-Cast:
Rooney Mara (Fernanda)
Georgia King (Victoria)
Brie Larson (Kate)
Amy Ferguson (Lucasta)
Amy Sedaris (Mrs. Middlewood)
in weiteren Rollen:
Shawn Pyfrom (Hank)
Chris Kattan (Mr. Middlewood)
Tom Everett Scott (Gio)

Genre:
Drama | Romantik

Trailer:

 

Szenenbild aus Die Mädchen von Tanner Hall | © Universum Film
© Universum Film

Inhalt:

Der Herbst naht und mit ihm kehren auch die Mädchen zur Klosterschule Tanner Hall zurück. Eine von ihnen ist die kluge, aber auch zurückhaltende Fernanda, die zusammen mit der oft aufmüpfigen Kate und ihrer Freundin Lucasta ein eingeschworenes Trio bildet. Das ändert sich, als Neuzugang Victoria – die Fernanda noch aus ihrer Kindheit kennt – zwischen sie zu drängen versucht und ihre Freundschaft auf die Probe stellt. Unterdessen verguckt sich Fernanda in Gio, einen verheirateten Freund der Familie, während Kate nicht ganz unbeabsichtigt die Aufmerksamkeit eines ihrer Lehrer auf sich zieht…

Rezension:

Kommen wir heute zu einem Film, dem ich mehr aus Komplettierungsgründen als aus echtem Interesse Zeit und Aufmerksamkeit gewidmet habe, was sich leider auch in der Bewertung widerspiegelt, wobei ich ja wirklich die Hoffnung hatte, hier ein filmisches Kleinod, eine Indie-Perle serviert zu bekommen, doch stattdessen traumwandelt man in Die Mädchen von Tanner Hall gute anderthalb Stunden mit einer vierköpfigen Gruppe junger Frauen durch deren Leben, was wohl grob dem Coming-of-Age-Sujet zuzuordnen wäre, doch wo mich andere Werke dieser Gattung mit Charme, Witz und Esprit zu begeistern verstehen, sind es hier der dröge Alltag in einem Mädchen-Internat sowie eine gute Handvoll persönlicher Probleme und Dramen, die überwiegend selbstverursacht und -verschuldet sind und nie über das zugrundeliegende Klischee hinauskommen, mit denen die Autorinnen wie gleichermaßen Regisseurinnen Tatiana von Furstenberg und Francesca Gregorini ihren Film anzureichern zu versuchen, der dennoch kaum auf einen roten Faden, geschweige denn auf einen grünen Zweig kommt.

Szenenbild aus Die Mädchen von Tanner Hall | © Universum Film
© Universum Film

Dem angesprochenen Komplettierungswunsch liegt natürlich der Umstand zugrunde, dass es sich hierbei um die erste Hauptrolle für Rooney Mara (Una und Ray) gehandelt, die ich aus nachvollziehbaren Gründen in meinem Sujet aufgenommen wissen wollte und ihr zumindest kann man auch keinen Vorwurf machen, dass Die Mädchen von Tanner Hall in der Belanglosigkeit versandet, denn die Rolle der schüchternen wie zurückhaltenden Fernanda, die hier eine zaghafte Liebesbeziehung mit einem verheirateten Mann beginnt (Klischee Nummer 1) spielt sie durchaus glaubhaft und mit der gebotenen Nuanciertheit, während aber freilich vom ersten Moment an abzusehen ist, wohin die Reise führt. Zudem ist hier ebenfalls die ungemein talentierte Brie Larson (The Gambler) vertreten, der ich ebenfalls ein wenig mehr Aufmerksamkeit zu schenken mir vorgenommen habe und auch sie überzeugt in der Rolle der frech-frivolen Kate, die sich einen Spaß daraus macht, regelrecht aggressiv mit ihrem Lehrer zu flirten (Klischee Nummer 2), der sich dementsprechend alsbald Hoffnungen zu machen beginnt, mit ihr durchzubrennen. Des Weiteren hätten wir hier noch Georgia King (Kill Your Friends) als intrigante wie einsame Victoria, deren Tragik durch ihr mangelndes Selbstwertgefühl und ihre alkoholabhängige Mutter (Klischee Nummer 3) noch verstärkt wird sowie zuletzt Amy Ferguson als ebenfalls schüchterne und introvertierte Lucasta, die alsbald erkennen wird, lesbisch zu sein (Klischee Nummer 4).

Nichts von alledem ist verwerflich und um jede der Stories hätte man eine interessante Geschichte stricken können, doch wo ich oft im positiven Sinne das Wort "unaufgeregt" für die Einordnung des Erzähltempos bemühe, müsste ich hier von "einschläfernd" sprechen, zumal keinem dieser Ansätze etwas neues, überraschendes oder auch nur zu Herzen gehendes abgerungen wird. Stattdessen werden alle diese Plot-Points gesammelt, abgespult und teilweise bereits im Mittelteil fallen gelassen, so dass beispielsweise Lucastas erste Begegnung mit einem ebenfalls lesbischen Mädchen gleichzeitig den Schlussakt für ihre Figur bedeutet, obwohl man nun damit hätte beginnen können auszuloten, inwieweit sich ihr Verhalten ändern, sie möglicherweise aufblühen würde. Ähnlich ergeht es Larsons Figur Kate, die nach einer vermeintlich ach so dramatischen oder überraschenden Wendung aufs erzählerische Abstellgleis manövriert wird, denn nachdem die Geschichte um ihren Flirt mit dem Lehrer auserzählt worden ist, schien sie zu der Geschichte wohl nichts mehr beitragen zu können nach Meinung von Gregorini und von Furstenberg.

Szenenbild aus Die Mädchen von Tanner Hall | © Universum Film
© Universum Film

Als wäre dem aber nicht genug, hätte ich dem Drama um die vier Mädchen und deren jeweiliges Erwachsenwerden sicherlich noch eine gewisse Sympathie zugesprochen, doch dann wären da eben noch der heimlich vernarrte Lehrer Mr. Middlewood (Chris Kattan) und dessen Ehefrau (Amy Sedaris), deren insbesondere sexuelle Probleme so dermaßen plump, peinlich und platt in die Handlung gewoben werden, dass ich mir nicht sicher bin, ob man hier unterhalten, provozieren oder schockieren wollte. Fakt ist, bei mir haben sie einzig und allein zu ausgeprägtem Fremdschämen geführt, denn was hier an Dialog zum Besten gegeben wird, könnte meinetwegen im entsprechenden Kontext noch in einer Seth Rogen-Komödie unterkommen (und würde auch dort für den Effekt des Fremdschämens bemüht werden), zerstört hier aber das letzte bisschen Atmosphäre und Ernsthaftigkeit, denn mit einem dergestalt aufgezogenen Sub-Plot im Gepäck kann man schlichtweg auch den Rest der Chose nicht mehr ernst nehmen, gerade wenn es angeblich gefühlvoll oder gar tragisch sein soll. Last but not least wirkt Die Mädchen von Tanner Hall dank grobkörnigem, farbarmen Bild tatsächlich so, als wäre der Film nicht 2009, sondern irgendwann im letzten Jahrtausend entstanden, was das angestaubte Gefühl der sich wie Kaugummi ziehenden Story nur noch verstärkt. Dabei ist mir durchaus bewusst, dass ich wahrscheinlich auch nicht zur ausgewiesenen Zielgruppe des Films gehöre, doch habe ich das in der Vergangenheit schon von so einigen Filmen behauptet, die mich aber dennoch zu überzeugen, teils gar regelrecht zu begeistern gewusst haben. Hier war es dann eher der Anspruch des Bloggers in mir, adäquat darüber schreiben zu können, der mich nicht bereits im Vorfeld hat ausschalten lassen.

Fazit & Wertung:

In ihrem gemeinsamen Drehbuch- und Regie-Debüt Die Mädchen von Tanner Hall schicken sich Tatiana von Furstenberg und Francesca Gregorini an, eine an einem Mädcheninternat angesiedelte Coming-of-Age-Story zu inszenieren, doch versäumen sie es dabei, auch nur in einem Punkt über interessante Ansätze oder Klischees hinauszugehen, während ein Großteil der durchweg generischen Handlungen ohnehin sang- und klanglos ins Leere läuft und der biedere Look des Ganzen sein Übriges tut, die einschläfernde Wirkung dieses richtungslosen Reigens noch zu verstärken.

3 von 10 Lektionen des Erwachsenwerdens

Die Mädchen von Tanner Hall

  • Lektionen des Erwachsenwerdens - 3/10
    3/10

Fazit & Wertung:

In ihrem gemeinsamen Drehbuch- und Regie-Debüt Die Mädchen von Tanner Hall schicken sich Tatiana von Furstenberg und Francesca Gregorini an, eine an einem Mädcheninternat angesiedelte Coming-of-Age-Story zu inszenieren, doch versäumen sie es dabei, auch nur in einem Punkt über interessante Ansätze oder Klischees hinauszugehen, während ein Großteil der durchweg generischen Handlungen ohnehin sang- und klanglos ins Leere läuft und der biedere Look des Ganzen sein Übriges tut, die einschläfernde Wirkung dieses richtungslosen Reigens noch zu verstärken.

3.0/10
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Die Mädchen von Tanner Hall ist am 30.03.12 auf DVD bei Universum Film erschienen. Hat der Artikel euer Interesse geweckt, dann bestellt doch über einen der Links und unterstützt damit das Medienjournal!

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vgw

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